Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Der Finger Gottes in Arnshaugk

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Der Todenstein-Riese bei Neunhofen Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Das Wappen von Triptis
{{{ANMERKUNG}}}
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[116]
245.
Der Finger Gottes in Arnshaugk.

Es ist lange Zeit her, wohl viele 100 Jahre, als ein junger, feiner Mensch auf dem alten Schlosse Arnshaugk eines Diebstahls beschuldigt wurde. Mochte er seine Unschuld betheuern wie er wollte, man glaubte nicht daran und brachte ihn in die Marterkammer, die sich in dem jetzigen Küchenraume befand. Als er dort unter den Händen der Peiniger ausgestreckt lag, und nach allen den Martern, die man ihm angethan, schon dem Tode nahe war, rief er aus: „So wahr ich den Himmel über mir sehe, so wahr bin ich schuldlos!“ Als man in die Höhe sah, schien wirklich der blaue Himmel hinein. Es war plötzlich während der Marter des Jünglings ein ziemliches Loch in dem sonst so festen Dache entstanden, und dieses Loch läßt sich noch heutiges Tages nicht zuhalten, so oft man es auch mit Ziegeln, Schindeln und Schiefer versucht hat. Heute wird es frisch eingedeckt, morgen steht das Loch wieder offen.

Dieses alte Schloß Arnshaugk ist dasselbe, aus welchem Landgraf Albrecht der Entartete von Thüringen die Witwe eines Ritters von Arnshaugk zur Gemahlin erkor, und aus dessen Nähe Albrechts Sohn, Landgraf Friedrich der Freudige, sich die Tochter seiner Frau Stiefmutter entführte, mit ihr sich vermählte, und durch sie zum Stamm- und Ahnherrn aller jetzt lebenden Fürsten des Wettinischen Hauses Sachsen wurde.