Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Frau Bertha von Reuß

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Schloß Voigtsberg Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der Reußen Männlichkeit
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[52]
186.
Frau Bertha von Reuß.

Die Gemahlin des oben erwähnten Heinrich des Reichen war Frau Bertha, Tochter eines Herzogs in Tyrol und Kärnthen und Kaiser Heinrich VI. nahe Verwandte. Diese liebte ihren Gemahl herzinniglich, und begehrte von ihm, er wolle doch, weil er selbst Heinrich heiße, und auch der Kaiser, ihr naher Freund, diesen Namen führe, und aus Ehrerbietung gegen denselben ihren vier Söhnen den Namen so bestätigen, daß bis an der Welt Ende kein Herr des Voigtlandes einen andern Namen als Heinrich führen sollte [53] und dürfe. Und dies wurde auch wirklich im Jahre 1194 zugesagt und bestätigt. Andere sagen, schon Kaiser Heinrich der Finkler, der die Voigte in das Land gesetzt, habe den Namen Heinrich also geliebt und ihn zu führen anbefohlen. Ob nicht an den Namen jener frühen Landesmutter sich die zahlreichen im Voigtlande wie in Tyrol umgehenden mythischen Sagen von der Bertha oder Perchtha (Perchtl) knüpfen und knüpfen lassen? Klangen doch Berthasagen aus der Göttersage in die Heldensage, und von dieser in die Volkssage verjüngt durch Italien, Elsaß, Thüringen, Voigtland, Salzburg (wo Berchtesgaden an sie erinnert), Tirol und andere Länder, und der alte in Frankreich, Italien und Deutschland heimische Spruch: „Die Zeit ist hin, wo Bertha spann“, bezeichnet jenes mythische Wesen vorzugsweise als Spinnerin, wie sie denn in den voigtländischen Sagen als solche und als Obhüterin des Spinnens noch heute fortlebt.