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Ueber die Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern

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Autor: Emil Krüger
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Titel: Ueber die Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern
Untertitel: (mit Kritik von Ernst Ludwig Dümmler und Erwiderung Krügers)
aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 9 (1893), S. 28–61, 319–322.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br.
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Quelle: Scans auf Commons
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[28]
Ueber die Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern.
Von
Emil Krüger.


In den Jahrbüchern Heinrich’s I. sagt Waitz[1], dass man die Herkunft von Heinrich’s Mutter Hathui oder Haduwich „ohne Grund auf das Karolingische Königshaus hat zurückführen wollen“. Im Excurs 7 (über angebliche Verwandtschaft und Nachkommenschaft Heinrich’s[2]) führt er dann die Belegstellen für Heinrich’s angebliche Abstammung von den Karolingern an und weist sie zurück; ebenso erklärt er daselbst (S. 206) alle diesbezüglichen Combinationen neuerer Genealogen (Gundling, Gebhardi, Eckhart) für nichtig.

Trotz alledem ist die Frage der Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern eine so wichtige, dass es sich wohl lohnt, noch einmal darauf zurückzukommen. Falls Heinrich wirklich von Karl dem Grossen stammte, erscheint seine Wahl in ganz anderem Lichte, als vorher. Während bisher einzig Heinrich’s Machtstellung und Konrad’s I. Empfehlung als ausschlaggebend für Heinrich’s Wahl angesehen wurden, müssen wir von dem Augenblick an, wo Heinrich als Urenkel Ludwig’s des Frommen feststeht, diese seine Abstammung als in erster Linie für seine Wahl massgebend annehmen. Bei Heinrich’s Wahl kam dann also neben seiner persönlichen Tüchtigkeit ganz besonders jener genealogische Sinn in Betracht, den wir das ganze Mittelalter hindurch bei sämmtlichen Deutschen Stämmen immer wieder zu beobachten Gelegenheit haben.

[29] Um die aufgeworfene Frage erschöpfend zu behandeln, müssen wir zunächst die ältesten Belegstellen für Heinrich’s I. Karolingerabstammung nochmals auf ihren Werth hin prüfen:

1. Der noch vor dem Jahre 1000, etwa 995–998, schreibende Richer von S. Remy sagt von Karl dem Einfältigen[3]: „Et sic Rotberto Gallia Celtica collata in Saxoniam secedit; cujus urbes sedesque regias lustrans cum oppidis, nullo renitente obtinuit. Ubi etiam Heinricum regio genere inclitum ac inde oriundum, ducem omnibus praeficit.“

Diese Worte Richer’s wären ein directer Beweis für Heinrich’s I. Abstammung von den Karolingern, wenn nicht starke Gründe dafür sprächen, dass Richer hier „Heinricum“ und „Saxoniam“ statt „Giselbertum“ und „Lotharingiam“ gesetzt hat, dass er also in einer Ueberarbeitung seines Werkes, die noch in seiner eigenen Handschrift vorliegt, die ersteren beiden Namen fälschend eingeschoben hat[4]. Auf Giselbert passte der Text insofern ebenfalls, als er von einer Tochter Lothar’s I. stammte, welche Anfang 846 von dem Grafen Giselbert vom Maasgau (des Herzogs Giselbert Grossvater) ihrem Vater entführt worden war. Richer’s Worte beweisen also nichts für eine Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern.

2. In seiner um 1088 verfassten Schrift über die Wunder des heiligen Servatius von Mastricht[5] gibt der Franzose Jocundus auch eine sehr verworrene, wenig glaubwürdige Darstellung der Lothringischen Verhältnisse und des Uebergangs Lothringens an das Ostfränkische Reich zur Zeit Heinrich’s I. In derselben nennt Jocundus Karl den Einfältigen consequent Lothar und bezeichnet Karl-Lothar und Heinrich I. als consanguinei (a. a. O. S. 98) und cognati (S. 99), Heinrich I. als den cognatus Karl’s (S. 98), Karl als den consanguineus Heinrich’s (S. 99) und Heinrich’s Sohn Otto I. als den nepos Karl’s (S. 99). Auch auf diese Quelle ist wegen ihrer sonstigen Unzuverlässigkeit nicht viel zu geben, trotzdem Jocundus kaum 150 Jahre nach Heinrich’s I. Tode schrieb.

3. Der um 1100 lebende Ekkehard von Aura berichtet in der letzten, nach 1100 verfassten Bearbeitung seiner Weltchronik[6]: [30] Cuonradus rex moriens coram principibus regni regem designat Heinricum, filium Ottonis Saxonum ducis ex Luitgarda filia Arnulfi imperatoris[7].

Die Unrichtigkeit dieser Nachricht ist direct zu erweisen: Heinrich’s I. Geburtsjahr ist mit ziemlicher Genauigkeit auf 876 zu bestimmen[8]. Da nun Ludwig’s des Deutschen Sohn Karlmann frühestens 828, Karlmann’s Sohn Arnolf frühestens 845 geboren war, so kann eine Tochter Arnolf’s nicht lange vor 865 geboren, also auch nicht Mutter des 876 geborenen Heinrich’s I. gewesen sein. Ekkehard’s so bestimmte Angabe ist also auf alle Fälle unrichtig.

4. Der 1288 schreibende Jordanus von Osnabrück endlich bezieht sich für seine Angaben ausdrücklich auf Jocundus[9] und berichtet, dass Heinrich die neuerworbene Provinz Lothringen genannt habe „in honorem Lotharii regis Francorum et imperatoris Romanorum sui avunculi“.

Hier ist, wie der Ausdruck imperator beweist, Lothar I. gemeint, der also als Bruder von Heinrich’s I. Mutter oder Grossmutter bezeichnet wird. Zugleich nennt Jordanus in einer anderen Schrift Heinrich I. den pronepos Karl’s des Grossen[10]. Dass die Angaben dieses späten Schriftstellers ebenfalls keinen grossen Werth haben, liegt auf der Hand.


I.

Bei weitem mehr als alle angeführten Stellen beweist für die Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern eine Quellenstelle ersten Ranges, welche bisher entweder falsch aufgefasst oder, wie auch von Waitz, gänzlich übersehen worden ist. Dieselbe findet sich in der Biographie der Hathumod, einer Vatersschwester Heinrich’s I.

[31] Die von dem Mönch Agius, wahrscheinlich einem Bruder der Hathumod, verfasste Vita Hathumodae[11] muss im Jahre 875 geschrieben sein. Dies ergibt sich mit Sicherheit aus Folgendem:

Einerseits geht aus dem Inhalt hervor, dass die Vita nach dem Tode der Hathumod, also nach dem 29. November 874, geschrieben ist. Anderseits redet der Verfasser, wie wir gleich sehen werden, von einer „neptis (der noch lebenden) regum“ und bezeichnet Ludwig den Jüngeren (den Sohn Ludwig’s des Deutschen) noch als „regis rex filius“. Da unter den reges nur Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle gemeint sein können, so muss – auch nach der zweiten Stelle – die Vita vor dem 28. August 876, dem Todestag Ludwig’s des Deutschen, geschrieben sein. Da aber auch Karl der Kahle an der obigen Stelle noch „rex“ genannt wird, so ist die Vita sicher auch vor dem 17. December 875, dem Datum von Karl’s Kaiserkrönung, verfasst worden.

Die Abfassung derselben fällt also, wie man mit grosser Sicherheit sagen kann, in das Jahr 875.

Nun berichtet uns diese im Jahre 875 verfasste Vita: „Quantae apud seculum nobilitatis sancta ista et incomparabilis femina [sc. Hathumod] fuerit, hinc apparet, quod frater ejus regum neptem in matrimonio habet, soror regis regi filio, digno digna jugalis conjugi juncta est“[12].

Die uns hier als einem Sohne des Königs vermählt genannte Schwester der Hathumod ist auch sonst bekannt; sie hiess Liutgard und hatte sich zwischen 866 und 874 mit Ludwig dem Sachsen, dem zweiten Sohne Ludwig’s des Deutschen (regis regi filio) vermählt.

Mit ebenso bestimmten und deutlichen Worten sagt uns also die Vita, dass im Jahre 875 eine neptis regum mit einem Bruder der Hathumod vermählt war.

Wie unter dem „rex“, dessen Sohn (rex filius) Hathumod’s Schwester zur Frau hatte, Ludwig der Deutsche zu verstehen ist, so ist es auch gewiss, dass unter den 875 lebenden reges, deren neptis Gemahlin von Hathumod’s Bruder war, nur Ludwig der Deutsche († 28. August 876) und Karl der Kahle († 13. October 877) gemeint sein können.

[32] Ebenso sicher ist bei den genauen Verwandtschaftsangaben der Vita, dass auch der Ausdruck „neptis“ hier genau zu nehmen ist und also Bruder- oder Schwestertochter bedeutet. Die Bedeutung „Enkelin“ für neptis wäre einmal ganz gegen den mittelalterlichen Sprachgebrauch und ist hier auch schon deshalb unmöglich, weil die Gemahlin von Hathumod’s Bruder doch nicht Enkelin Ludwig’s des Deutschen und Karl’s des Kahlen zugleich sein konnte, was doch, wenn man neptis als „Enkelin“ fasste, nach dem Ausdruck neptis regum der Fall sein müsste.

Danach steht es also fest, dass im Jahre 875 ein Bruder der Hathumod mit einer Bruder- oder Schwestertochter Ludwig’s des Deutschen und Karl’s des Kahlen vermählt war.

Aber welcher Bruder der Hathumod war dieser Gemahl einer dem Karolingerhause so nahe verwandten Frau?

Aus dem gleichfalls von Agius verfassten Dialogus de obitu Hathumodae abbatissae[13] lernen wir zehn Kinder Liudolf’s und der Aeda kennen: Eine Tochter und drei Söhne starben jung[14],von fünf Töchtern vermählten sich zwei, Liutgard und Enda[15], während drei, Hathumod, Gerberga und Christina[16], in den geistlichen Stand traten; auch ein Sohn, der wahrscheinlich mit Agius, dem Verfasser der Vita und des Dialogus, identisch ist, wurde Geistlicher[17]. Ausser diesen kennen wir noch die beiden weltlichen Söhne Brun und Otto, von welchen also einer der Gemahl der neptis regum gewesen sein wird, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass Liudolf noch weitere Kinder gehabt hat.

Man hat nun bisher die Worte immer auf den älteren Bruder Brun bezogen, wie dies – ohne jeden Grund – auch noch die Monumenta Germaniae[18] thun; und doch ist dies allem Anschein nach unrichtig.

Von Brun wissen wir gar nicht, ob er vermählt war oder nicht; von Nachkommen, die er hinterlassen hätte, wissen wir ebenfalls nichts, und doch hätte sich bei der Bedeutung des Ludolfingischen Hauses sicherlich eine Nachricht von ihnen erhalten, wenn solche vorhanden gewesen wären.

[33] Wir wissen von Brun überhaupt weiter nichts, als dass er im Jahre 880 im Alter von etwa 35 bis 39 Jahren[19] im Kampfe gegen die Normannen seinen Tod fand. Bei dieser Gelegenheit bezeichnen ihn die Annales Fuldenses als „ducem et fratrem reginae[20],“ d. h. als Bruder der Liutgard, der Gemahlin Ludwig’s des Jüngeren. Wäre Brun zugleich der Gemahl von Ludwig’s Base gewesen, so hätte der Annalist dies doch wohl ebenso gut, wenn nicht noch eher erwähnt, als er berichtete, dass Brun ein Bruder der Königin Liutgard war.

Wir können somit die obige wichtige Stelle der Vita Hathumodae nur auf Hathumod’s zweiten Bruder, Otto den Erlauchten, beziehen, von welchem uns Gemahlin und Kinder ausdrücklich genannt werden.

Es ist eigentlich so selbstverständlich, dass die Stelle sich nur auf Otto beziehen kann, dass man schwer begreift, wie es möglich war, dass die so beredten Worte bisher entweder ganz übersehen oder beharrlich auf Brun bezogen wurden, von dem weder eine Gemahlin noch Nachkommen bekannt sind, während Nachrichten über Otto und seine Gemahlin und Kinder zahlreich vorhanden sind.


II.

In dem bereits erwähnten, 875 geschriebenen „Dialogus“ des Agius lauten nach der Lesart der Monumenta (SS. IV, 187) die Verse 631 und 632:

„Vos, qui his utimini, pariter cum conjuge digna,
     Ipsius sitis perpetuo memores!“

Zu „Vos“ bemerken die Monumenta „id est vos moniales“. Danach wären unter „Vos“ die Nonnen von Gandersheim zu verstehen, und „his“ müsste sich auf vorher erwähnte Almosen (elemosinae) beziehen. Die Stelle wäre also zu übersetzen: „Ihr [34] Nonnen, welche Ihr diese Almosen geniesst, seid zugleich mit der würdigen Gattin ihrer (sc. Hathumodae)[21] immer eingedenk!“

Wer die erwähnte „conjunx digna“ war und wie diese mit den Nonnen zusammenkommt, bleibt bei dieser Lesart unklar; man könnte höchstens an des kurz vorher (bis Vers 630) erwähnten Liudolf Gemahlin Aeda denken, welche erst 913 starb. Aber diese war zugleich Mutter der Hathumod, und es wäre doch eine sehr sonderbare Ausdrucksweise, wenn sie mit der Bezeichnung „conjunx digna“ aufgefordert würde, ihrer eigenen Tochter zu gedenken. Aber mehr als alles das stört in obiger Lesart die Masculinform qui, welche sich doch auf Frauen, auf die „moniales“ beziehen soll.

Die Lesart der Monumenta muss sowohl des Inhaltes, wie des Zusammenhangs und der Grammatik wegen zurückgewiesen werden.

Es hat denn auch ein anderer Codex, aus welchem Eccard’s Text stammt, folgende Lesart[22]:

„Vos, qui his uterini, pariter cum conjuge digna
     Ipsius sitis perpetuo memores.“

An dieser Lesart stört allerdings wieder, dass uterini metrisch falsch gebraucht ist, nämlich —◡◡—, während es ◡◡—— gelesen werden muss. Derartige metrische Verstösse sind dem Verfasser aber in grösserer Zahl nachzuweisen, auch lässt sich der Uebelstand leicht heben durch die Umstellung: „Qui his uterini, vos, pariter – – –“, oder durch die leichte Aenderung: „Vos, qui uterini illis, pariter – – –“.

Im übrigen ist diese Lesart grammatisch richtig und gibt, wie wir sehen werden, auch einen ungleich besseren Sinn, als die andere. Ja, sie würde uns, falls sie richtig ist, sogar beweisen, dass im Jahre 875 nur ein Bruder der Hathumod vermählt war, dass dies also der jüngere Otto gewesen sein muss, dessen Gemahlin nachweisbar ist.

[35] Sehen wir zu: Von Vers 537 an stellt sich der Verfasser des Dialogus die Aufgabe, nachzuweisen, dass Hathumod’s Vater Liudolf trotz begangener Sünden selig geworden sei.

Er führt deshalb Liudolf’s Verdienste, seine Romfahrt, seinen Reliquienerwerb, seine Klostergründung auf und erwähnt auch, dass er fünf Töchter und einen Sohn dem geistlichen Stande geweiht habe (Vers 543–564). Ausserdem werden (Vers 565–630) zwei Traumgesichte erzählt, welche gleichfalls die Tendenz haben, Liudolf’s Rettung dazuthun.

Nebenher hat der Verfasser augenscheinlich die Absicht gehabt, auch die bereits erlangte Seligkeit der gestorbenen Kinder Liudolf’s und die sicher zu erhoffende der noch lebenden zu erweisen.

Er erwähnt, dass vier Kinder (eine Tochter und drei Söhne) in zartem Alter gestorben und deshalb ohne Sünde geblieben seien (Vers 539–40, vgl. auch 537–38).

Weiter sagt der Verfasser, dass Liudolf’s Tochter Enda, welche vermählt gewesen war, was ihr etwa an eigenem Verdienst fehlen möge, durch ihren Sohn (der also Geistlicher gewesen sein wird) erhalte (Vers 541–42).

Darauf erfahren wir noch, dass Liudolf seine fünf Töchter (553–54) und einen Sohn (555–56) dem geistlichen Leben geweiht habe.

Unter den fünf Töchtern sind wohl Hathumod, ihre Nachfolgerinnen Gerberga und Christina, Enda und die Königin Liutgard zu verstehen.

Auch Enda und Liutgard waren also wohl vor ihrer Vermählung geistlich gewesen[23]. Gerberga und Liutgard werden dann später (Vers 663 und 668 ff.) nochmals genannt.

So hat der Verfasser also schon bis Vers 556 zehn Kinder Liudolf’s aufgezählt und nur Hathumod’s beide weltliche Brüder Brun und Otto noch nicht erwähnt. Von Vers 565 an machen ihm dann die beiden Traumgesichte und ihre Auslegung zu schaffen (bis Vers 630), und dann folgen die oben erwähnten beiden Verse: „Vos, qui his uterini, pariter cum conjuge digna Ipsius sitis perpetuo memores.“

[36] In diesen Worten sind nun also auch noch die beiden bisher vergessenen Brüder genannt. Das Wort „his“ würde sich entweder auf die sämmtlichen zehn vor den (vielleicht nachträglich eingeschobenen) Traumgesichten erwähnten Geschwister oder auch nur auf die kurz vorher (Vers 625–26) erwähnte Hathumod nebst ihren beiden geistlichen Schwestern beziehen, und die ganze Stelle würde nunmehr in der Uebersetzung lauten: „Ihr (Brüder), die Ihr mit diesen demselben Schosse entsprossen seid, Seid nebst der würdigen Gattin ihrer beständig eingedenk!“

Diese etwas kurze und nachträgliche Erwähnung der beiden weltlichen Brüder Brun und Otto dürfte vielleicht damit zu erklären sein, dass beide, gleich dem Vater in früheren Jahren[24], kein löbliches Leben führten, weshalb sie auch ermahnt werden, Hathumod stets vor Augen zu haben[25].

Bei dieser Lesart und ihrer einzig möglichen Uebersetzung erhalten nun auch die Worte „pariter cum conjuge digna“ einen vorzüglichen Sinn: Es ist eben die Gattin eines der beiden Brüder gemeint, woraus doch mit Sicherheit folgt, dass der andere im Jahre 875 überhaupt nicht vermählt war. Denn andernfalls wäre doch sicher, wie bei den Brüdern selbst, auch hier ein Ausdruck im Pluralis gewählt.

Die hier erwähnte „Conjunx digna“ eines der beiden Brüder muss also mit der zu Anfang der Vita genannten neptis regum identisch und kann somit nur Gemahlin Otto’s gewesen sein, da uns von diesem Gemahlin und Kinder genannt werden.


III.

Der Name von Otto’s Gemahlin ist bekannt; er wird uns an folgenden Stellen genannt:

1. Thietmar sagt von Heinrich I.: „Hic nobilissimo Ottonis et Hathui stemmate editus…“ (SS. III, 735).

[37] 2. Die Vita Mathildis Reginae antiquior sagt von Otto: „Temporibus – – – Conradi [I.] dux – – – extiterat nomine Otto – – –, cujus conjugium veneranda matrona Haduwich subierat“ (SS. X, 575).

3. Die Vita Mathildis Reginae (junior) sagt: „Cui [Ottoni] Hathuwic, matrona venerabilis, conjugali copulabatur vinculo“ (SS. IV, 284).

4. Den Todestag gibt das Necrologium Merseburgense zum 24. December: „Hathuwi mater Heinrici regis“ (Neue Mittheilungen des Thüringisch-Sächsischen Vereins, Bd. XI [1865], S. 246).

5. Das Todesjahr endlich geben wahrscheinlich die Annales Necrol. Fuldenses zu 903: „Hadwih comitissa“ (SS. XIII, 189).

Otto’s des Erlauchten Gemahlin Hadwig, mit der er sich vor 875, etwa um 870, vermählt haben muss, war also mit grosser Sicherheit eine neptis, d. h. eine Bruder- oder Schwestertochter Ludwig’s des Deutschen und Karl’s des Kahlen.

Aber wer waren die Eltern der Hadwig? Wenn wir die Altersverhältnisse Otto’s, sowie des Karolingerhauses eingehender betrachten, so können wir in Bezug auf Hadwig’s Herkunft, ohne sie noch näher zu kennen, einen sehr wichtigen Wahrscheinlichkeitsschluss ziehen: Otto’s Vater Liudolf war im Jahre 866 gestorben (SS. II, 231); seine Gemahlin, Billing’s Tochter Oda, starb erst im Jahre 913 „anno 107 vitae suae“[26]. Sie muss also um 807 geboren sein und sich, da die 840 geborene Hathumod (abgesehen von den vier jung gestorbenen) ihr ältestes Kind gewesen zu sein scheint, erst ziemlich spät, etwa um 835, vermählt, trotzdem aber ihrem Gemahl noch zwölf Kinder geboren haben.

Otto selbst muss danach als jüngerer Bruder Brun’s und Hathumod’s um 845 geboren sein und wird sich, da der 876 geborene Heinrich I. sein dritter Sohn war, um 870 mit Hadwig vermählt haben. Hadwig selbst kann also kaum viel vor 850, kann aber auch nur wenige Jahre später geboren sein. Folglich kann dieselbe, welche eine Nichte Ludwig’s des Deutschen und Karl’s des Kahlen gewesen sein muss, vor allem keine Tochter Lothar’s I. gewesen sein, denn dessen jedenfalls jüngste Tochter, Rotrudis, wurde schon 839 getauft.

[38] Ebenso wenig dürfte aber Hadwig eine Tochter einer der rechten Schwestern Lothar’s I. und Ludwig’s gewesen sein, denn von den drei uns genannten Töchtern aus Ludwig’s des Frommen erster Ehe blieben zwei (Hildegard und Rotrudis) wohl unvermählt, und der Gemahl der dritten (Alpaïs) starb schon 816. Alle drei waren überdies so alt, dass schwerlich eine von ihnen die Mutter der erst um 850 geborenen Hadwig gewesen sein kann.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Hadwig also die Tochter einer rechten Schwester Karl’s des Kahlen aus Ludwig des Frommen zweiter Ehe gewesen; nur eine solche, die selbst ja erst nach 819 geboren war, da Ludwig sich damals erst zum zweiten Mal vermählte, passt auch den Altersverhältnissen nach als Mutter der um 850 geborenen Hadwig.

Nun wissen wir bestimmt, dass Karl der Kahle nur eine Schwester, Gisela, hatte: Agnellus sagt in seinen schon gegen 850 geschriebenen „Vitae Pontificum Ravennatum“[27]: „Antequam moreretur Augustus, divisit imperium suum inter Reges filios suos. Cessit Lothario Augusto maxima pars, Pipino Aquitaniae regnum, Ludovico Bajoariae: hi Ermengardae filii. Carolo vero plus fertilem et opimam largitus est partem et Filiam Giselam suam tradidit marito Curado [lege Eurado] nomine. Hunc et hanc Judith Augusta parturiit.“

Und ebenso sagen die Genealogiae comitum Flandriae (SS. IX, 303): „Hludowicus ymperator genuit – – – Karolum et Gislam ex Judith ymperatrice“.

Diese einzige Schwester Karl’s des Kahlen war etwa 820–823 geboren und muss sich nach Agnellus noch vor Ludwig’s des Frommen Tode, also etwa 839–40, mit ihrem als solchem bekannten Gemahle, dem Markgrafen Eberhard von Friaul, vermählt haben.

Nur Eberhard und Gisela können also in Anbetracht der Zeitverhältnisse als die Eltern von Otto’s des Erlauchten Gemahlin Hadwig in Frage kommen; und wenn wir nun unter ihren urkundlich genannten Kindern eine um 867 noch unvermählte Tochter Namens Heilwich finden, so liegt die Annahme nahe, dass wir in ihr die spätere [39] Gemahlin Otto’s des Erlauchten und Mutter Heinrich’s I. vor uns haben.

Allerdings erhebt sich hier eine Schwierigkeit: Die Namen Hadwig und Heilwig sind nicht die gleichen. So sagt schon Dümmler in seiner Geschichte des Ostfränkischen Reiches (Bd. II, S. 580, Anm. 31, 1865): Die Vermuthung Eckhart’s, der Hathui zu einer Tochter Eberhard’s von Friaul machen will, widerlegt sich, wie Pertz (SS. IV, 167, Anm. 3) richtig bemerkt, schon durch die Verschiedenheit des Namens, da die Tochter des Friauler Markgrafen Heilwich (d. i. Eigilwich), nicht Hedwig hiess.

Aber wenn beide Namen – Haduwig und Heilwig – auch verschieden sind, so ist doch anderseits ihre Aehnlichkeit, ihr Gleichklang so gross, dass es sehr wohl möglich ist, dass beide Namen von den Chronisten mit einander verwechselt sind, oder dass Eberhard’s und Gisela’s Tochter aus irgend einem uns nicht bekannten Grunde nach ihrer Vermählung in Sachsen den ihrem Taufnamen so sehr ähnlichen Namen Hathuwic annahm oder von ihrer neuen Familie beigelegt erhielt.

Der Uebergang eines l in t lässt sich übrigens auch anderweitig nachweisen: In der Genealogia comitum Buloniensium (SS. IX, 300) heisst es von der Tochter Karl’s von Lothringen: „Ermengardis genuit Albertum comitem de Namuco, Albertus genuit Albertum, qui nunc est“.

In den Genealogiae Aquicinctinae (SS. XIV, 621) dagegen heisst es: „Ermengardis genuit Autbertum, comitem de Namurco, et Autbertus genuit Autbertum“.

Heilwig wird uns genannt im Testament ihres Vaters, des Markgrafen Eberhard von Friaul[28], einem Actenstück von unzweifelhafter Echtheit, dessen Datirung allerdings Schwierigkeiten macht. Das Datum lautet: „Actum in comitatu Tarvisiano in corte nostra Musiestro imperante Domino Ludovico Augusto, anno regni ejus, Christo propitio, vicesimo quarto“.

Da hier nur Kaiser Ludwig II. (Sohn Lothar’s I.) gemeint sein kann, und da dessen hier ausdrücklich genannte Königsepoche von Anfang 844 an gerechnet wird, so müsste unser [40] Testament in das Jahr 867 fallen. Dem steht aber die Nachricht der Annales Xantenses entgegen, wonach Eberhard schon im Jahre 866 starb[29].

Es müssen sich also entweder die Ann. Xant. um ein Jahr irren, oder die Urkunde ist um ein Jahr falsch datirt. Ich möchte aber eher der Urkunde den Vorzug geben, so dass also Eberhard 867 gestorben wäre und das Testament kurz vor seinem Tode ausgestellt hätte[30].

In dem Testament werden zuerst die vier Söhne Eberhard’s und Gisela’s, Unruoch, Berengar (der spätere Kaiser), Adalard und Rudolf, bedacht; dann erhalten auch die Töchter ihren Antheil: „De filiabus vero nostris volumus, ut Ingeltrud habeat Ermen et Maressem; Judith vero volumus, ut habeat Balgingam et curtem nostram in pago Moila, quae vocatur Helissem. Heilvinch vero volumus ut habeat Hostrenheim et Luisinga et Wendossa et unum mansum in Engeresteim.“

Der Name der jüngsten Tochter, die also, da ihre Mutter Gisela sich 839–40 mit Eberhard vermählt hatte, um 850 geboren sein mag, wird nachher noch mit den Formen Heilwick und Heilwich gegeben.

Wir sahen also, dass Otto’s des Erlauchten Gemahlin Hadwig hiess und dass dieselbe eine Nichte Ludwig’s des Deutschen und Karl’s des Kahlen war. Wir fanden weiter, dass sie der Zeit nach wohl nur eine Tochter der Gisela, der einzigen rechten Schwester Karl’s des Kahlen, und ihres Gemahls Eberhard sein konnte. Und da wir unter den (im Jahre 867) urkundlich genannten Kindern Eberhard’s und Gisela’s eine jüngste Tochter Namens Heilwich fanden, so dürfte diese trotz der kleinen Namensverschiedenheit Otto’s des Erlauchten Gemahlin und Heinrich’s I. Mutter gewesen sein[31], zumal auch, wie wir sogleich sehen [41] werden, Lothringischer Besitz Heinrich’s I. und seiner Nachkommen gerade auf diesen Zusammenhang hinweist.

Dass bei unserer Ableitung der Mutter Heinrich’s I. auch alle Zeit- und Altersverhältnisse sehr gut zu einander stimmen, sieht man aus folgender Tabelle:


 
 
 
 
 
 
Stammtafel
für die Abstammung
Heinrich’s des I. von den Karolingern.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Karl der Grosse
† 814.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ludwig der Fromme
Geb. 778, † 840.
819 mit Judith Welf.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Liudolf
(Geb. c. 800/810) † 866.
c. 835 mit Oda Billing,
(geb. c. 807, † 913).
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gisela
Geb. c. 820/22.
839/40 mit Eberhard von Friaul, († 867).
 
Karl der Kahle
Geb. 823, † 877.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Hathumod
Geb. 840, † 29. Nov. 874.
 
Noch vier Töchter
u. ein Sohn.
 
Vier Kinder jung gestorben.
 
Brun
Geb. c. 841/44, † 880.
 
Otto der Erlauchte
Geb. um 845, † 912.
 
Heilwich, ident. mit Hadwich, Hathui
Jüngste Tochter. Geboren um 850.
 
Vier Söhne und noch zwei Töchter.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Vermählt um 870.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Thancmar
Geb. 870/75,
† vor 912.
 
Liudolf
Geb. 870/75,
† vor 912.
 
Heinrich I.
Geb. c. 876, † 936.
 


IV.

Es erübrigt vor allem festzustellen, wo die der Heilwich von ihren Eltern gegebenen Besitzungen lagen, und dann nachzuforschen, ob Heinrich I. und seine Nachkommen in derselben Gegend Besitz hatten.

Einen Ueberblick über den Stammesbesitz von Markgraf Eberhard’s Geschlecht erhalten wir vor allem aus seinem bereits erwähnten Testament, dann aber noch aus drei Urkunden von Eberhard’s Wittwe Gisela, ausgestellt am 15. April 868 zu Vitry (Eccard a. a. O. S. 37), am 2. April 870 zu Cisoing (a. a. O. S. 37) und am 1. Juli 874 zu Fives bei Lille (a. a. O. S. 36).

Wir sehen aus den angeführten Quellen, dass das nach Italien verpflanzte Geschlecht zwar in diesem Lande ebenfalls Besitz erworben hatte – der älteste Sohn Unruoch erhielt hier seinen Antheil –, und dass das Geschlecht auch in Alamannien begütert war – Unruoch erhielt hier ebenfalls (nicht näher bezeichneten) [42] Besitz, und die zweite Tochter Judith bekam Balingen in Württemberg –, dass aber der Stammesbesitz des zweifellos Fränkischen Geschlechtes in Niederlothringen, im Gebiet von Maas und Schelde lag.

Hier lässt sich folgender Besitz des Hauses nachweisen:

a) Im pagus Osterbant: 1. Summinium (in pago Hostrevant, Urkunde von 868 und Testament), Somain östlich v. Douay; 2. Cantinium (Testament), Cantin südwestlich v. Somain; 3. Vitrei, Victreiacum (Testament), Vitry westlich Cantin, südwestl. v. Douay; 4. Vuis (Testament), wohl Vis südlich v. Vitry; 5. hier lag auch sicher das im Testament mit Vitry und Vis zusammen genannte Mestucha (nach D’Achéry Mesrucha), welches wir also wohl in Mastaing bei Bouchain, südöstlich v. Douay, wiederfinden.

b) Im pagus Tornacensis (Gegend von Tournay): 6. Cisonium[32] (Testament, Urkunden von 868, 870, 874), Cisoing, südwestlich v. Tournay; 7. Grecina, Grecio, Gressio (Testament, Urkunde von 870 und 874, nach letzterer in pago Tornacensi), Gruson westlich v. Tournay, mitten zwischen Lille und Tournay; 8. Canfinium (Urkunde von 870), wohl Camphin (en Péleve), nordöstlich v. Cisoing, zwischen Gruson und Tournay[33]; 9. Anaspis, Anaspium (Testament), Annappes, dicht östlich bei Lille.

c) In Brabant (in pago Medenentisse): 10. Nivilla (in pago Medenentisse; Urkunde v. 874), Nivelles südl. v. Brüssel; 11. Wakeslare (in supra dicto pago, Urkunde v. 874), wohl Wespelaer südöstl. v. Mecheln; 12. und 13. In Brabant lagen auch vielleicht die der ältesten Tochter Ingeltrud zugetheilten Orte Ermen und Maressem (bei D’Achéry Mareshem), bei denen man an Herem (bei Löwen) und etwa an Merchtem nordwestlich v. Brüssel (oder an Moorsel westlich v. Merchtem) denken möchte[34].

d) In der Toxandria (Gegend zwischen Antwerpen und der Maas): 14. Hier erhielt laut Testament Eberhard’s vierter Sohn Rudolf ungenannten Besitz (in comitatu Tassandrio); 15. hier [43] lag auch wohl das im Testament unmittelbar vor dem an Rudolf gegebenen Besitz in der Toxandria genannte Scelleburd: vielleicht Schelle südlich v. Antwerpen.

e) In der Hasbania (Gegend zwischen Brüssel und Lüttich): 16. Hildida[35] (in Hasbanio, Testament), wohl Hooleden östlich v. Löwen.

f) Im pagus Condiestrim (Condroz, Gegend südöstlich von Namur): 17. Hier erhielt nach dem Testament Eberhard’s zweiter Sohn Berengar ungenannten Besitz.

g) Im pagus Moila (Gegend um Krefeld zwischen Rhein und Maas): 18. Helissem (in pago Moila, Testament[36]), wohl Hüls nördlich v. Krefeld.

Zu diesem allen kommt nun endlich noch der Besitz, welchen nach Eberhard’s Testament die jüngste Tochter Heilwich erhielt. Derselbe lag, wie wir sahen, an den Orten Hostrenheim, Luisinga, Wendossa und Engeresteim. Diese vier Orte sind bisher noch nicht bestimmt worden; wir werden dieselben aber doch wohl in der Gegend zu suchen haben, wo der Stammesbesitz des Hauses lag. Hier finden wir denn auch im Osterbant und Hennegau nahe bei einander vier Orte, welche vermuthlich mit den obigen identisch sind. Es sind dies:

19. Hostrenheim (bei D’Achéry Hastrenheim), lag sicher im pagus Hostrevant, worauf wenigstens der Name deutlich hinweist. Nun schenkte, wie wir noch sehen werden, Otto I. im Jahre 973 dem an der Ostgrenze des Osterbant gelegenen Kloster Crespin (nördlich v. Valenciennes) Besitz an vier im Osterbant und Hennegau gelegenen Orten, darunter solchen in Estron. Dieser Ort Estron ist vermuthlich identisch mit Hostrenheim[37], und wir finden beide jedenfalls wieder im heutigen Etrun (südwestlich v. Valenciennes, nördlich v. Cambray), welches also in seinem Namen [44] noch an den alten pagus Hostrevant erinnert und die Gerichtsstätte dieses Gaues gewesen sein dürfte[38].

20. Luisinga. Diesen Ort möchte ich für Leuvignies (östlich Etrun, südöstlich v. Valenciennes) halten.

21. Wendossa (bei D’Achéry Wendesse), vermuthlich Vendegies südlich v. Valenciennes, östlich v. Etrun.

22. Engeresteim. Auch bei diesem Ort ist wahrscheinlich die letzte Silbe abgestossen, und wir finden ihn wohl in Angre (östlich v. Valenciennes, nördlich v. Leuvignies) wieder.

Alle vier Orte, an denen Heilwich Besitz erhielt, lagen also wahrscheinlich im Osterbant und Hennegau, ganz im Stammesgebiet ihres Geschlechtes. Und in eben diesen Gegenden, also weit westlich von ihren Stammlanden, im Fränkischen Lothringen, finden wir urkundlich genannten Besitz Heinrich’s I. und Otto’s I.

Schon am 27. December 929 schenkte Heinrich I. dem Bisthum Toul den Ort Gondreville an der Mosel (bei Toul)[39], und am 30. Juni 930 gab er „quandam nostri proprii juris capellam et duos mansos“ zu Thionville (südl. v. Luxemburg) an St. Maximin bei Trier[40]. Doch liegt dieser Besitz, von dem namentlich der letztere Eigengut gewesen sein muss, zu weit von dem nachgewiesenen Stammesbesitz der Friauler Markgrafen, als dass wir hier schon mit Sicherheit eine durch Heinrich’s Mutter vermittelte Erbschaft annehmen könnten. Immerhin ist aber eine solche bei dem Besitz in Thionville gar nicht ausgeschlossen.

Dann aber schenkte Heinrich am 24. October 931 auf Bitten seines Schwiegersohnes, des Herzogs Giselbert, den Kanonikern [45] zu Crespin (nordöstlich Valenciennes, an der Ostgrenze des Osterbant) 15 Hufen „in villa Onainiis dicta“ also zu Onaing[41]. Onaing liegt nun aber unmittelbar bei Angre, wo Heilwich nach unseren Ermittelungen Besitz erhalten hatte!

Heinrich I. hatte hier also Grundbesitz, der nach dem Wortlaut der Urkunde kein Königsgut, sondern Eigengut war, an einem Orte im westlichen Niederlothringen, welcher mitten im Stammesgebiet von Eberhard’s Geschlecht und unmittelbar neben einem der Orte lag, an denen Eberhard’s jüngste Tochter Heilwich Besitz erhalten hatte.

Weiter schenkte am 18. April 947 Otto I. an das Kloster Kevermunt (Chèvremont bei Lüttich)[42] „quasdam res proprietatis nostre“, nämlich zwei Hufen in Hermalle (Herimala) zwischen Lüttich und Huy, eine Kirche zu Grand-Reng im Hennegau (in villa Ren in pago Henugowe; südwestl. v. Namur und Charleroi, östlich v. Valenciennes, Angre und Onaing), eine Kirche in Vilvoorden (Fillofort, nördlich v. Brüssel in Brabant) und eine Kirche in Buel (Budil), wohl Bouwel nordöstl. v. Mecheln bei Herenthals[43].

Diese Besitzungen waren Eigengut nach dem ausdrücklichen Wortlaute der Urkunde und lagen abermals sämmtlich im Stammesgebiet von Eberhard’s und seiner Tochter Heilwich Geschlecht. Grand-Reng liegt im Hennegau, östlich von Angre, Vendegies, Etrun und Leuvignies, von den vier Orten also, an denen Heilwig laut Testament ihren Antheil erhalten hatte[44]. Vilvoorden und Bouwel liegen südwestlich und nordöstlich von Wespelaer, wo Eberhard’s Sohn Adalard Besitz erhalten hatte (oben Nr. 11). Hermalle endlich lag auf der Grenze der Hasbania und des Condroz, in welchen beiden Gauen uns wiederum Besitz des Friauler Hauses genannt wird (Nr. 16 u. 17).

In einer Urkunde für das Kloster S. Ghislain (westlich von [46] Mons im Hennegau) vom 2. Juni 965 erwähnt Otto I., dass der verstorbene Herzog Gotfrid 18 Mansen in Villers-Ghislain (südöstlich dicht bei Mons) von ihm (Otto) als Lehen gehabt habe[45]. Gotfrid hatte dieses Lehen an St. Ghislain gegeben, und Otto bestätigte nunmehr diese Schenkung und fügte einen Wald und eine Wiese „super fluvium Truile“ hinzu.

Auch dieser Besitz zu Villers Ghislain lag nördlich von dem schon genannten Grand-Reng und östlich von den vier Orten, wo Heilwig Besitz erhalten hatte.

Am 12. Februar 973 schenkte Otto dem Kloster Crespin, welches schon sein Vater Heinrich 931 begabt hatte, Landbesitz in Crespin selbst (nördlich v. Valenciennes), in Ciply (in Cipliaco, südlich dicht bei Mons), in Etrun (Estron, südwestlich von Valenciennes) und in Gelliniaco, welchen Ort wir wohl in Bellaing (dicht westlich bei Valenciennes) oder in Bellignies (östlich v. Valenciennes) wiederfinden[46]. Otto sagt zwar, dass er diese Schenkung mache „nostra imperiali potentia“, aber diese Worte zwingen wohl noch nicht zu der Annahme, dass es sich hier um Reichsgut handelte, und anderseits lagen gerade die hier genannten Orte im eigentlichsten Stammesgebiet des Friauler Hauses, ja Estron-Etrun war, wie wir gesehen haben, sogar wahrscheinlich identisch mit Hostrenheim, wo Eberhard’s Tochter Heilwig Besitz erhalten hatte. Auch hier möchte also trotz der obigen Worte Erbgut anzunehmen sein.

Zu diesem allen kommt schliesslich noch eine Urkunde vom 22. Januar 966, laut welcher Otto I. dem Kloster Blandigni seinen Besitz zu Douchy im Hennegau (südwestlich v. Valenciennes) und zu Crombrugge in Brabant (wo?) bestätigte, welchen Otto’s [47] Schwester, die Königin Gerberga, dem Kloster „ob remedium anime fidelis comitis sui Arnulfi“ gegeben hatte[47].

Man könnte hier freilich annehmen, dass der genannte Besitz der Gerberga von ihrem ersten Gemahl Giselbert oder von ihrem zweiten Gemahl König Ludwig IV. als Leibgedinge gegeben sei; auffällig ist jedoch auch hier wieder, dass gerade in Brabant bedeutender Hausbesitz von Heilwig’s Geschlecht lag, und dass besonders Douchy rings von den Orten Etrun, Vendegies, Leuvignies und Angre, wo Heilwig ihren Besitz erhielt, umgeben ist. Auch hier haben wir also vielleicht Erbgut der Gerberga vor uns.

Auf alle Fälle ist erwiesen, dass das rein Sächsische Geschlecht der Ludolfinger zwischen 930 und 980 höchst auffälligen und bisher unaufgeklärten Eigenbesitz im westlichen Niederlothringen, also sehr fern von seiner Heimath, hatte, und dass dieser Besitz zum allergrössten Theil (Onaing, Grand-Reng, Villers-Ghislain, Ciply, Bellaing, Crespin, Etrun) im Hennegau und Osterbant, also im eigentlichsten Stammesgebiet von Eberhard’s Geschlecht und in der Umgebung der vier Orte lag, wo Eberhard’s Tochter Heilwig ihr Erbe erhalten hatte. Bisher war, wie gesagt, dieser doch gewiss sehr auffällige Besitz des Sächsischen Königshauses ganz unbeachtet und unerklärt geblieben. Nunmehr erklärt sich derselbe sehr natürlich als Erbgut, welches Otto der Erlauchte mit seiner Gemahlin Heilwig-Hadwig, der Tochter Eberhard’s von Friaul, erhalten hatte.


V.

Nach Reginar’s Bericht[48] vermählte sich Zuentebold von Lothringen, Sohn Arnolf’s von Kärnthen, im Jahre 897 mit Oda, der Tochter eines Grafen Otto. Nachdem Zuentebold am 13. August 900 im Kampfe gegen den Grafen Stephan und die dem Metzer Hause angehörenden Brüder Gerard und Matfrid [48] gefallen war, nahm einer der Sieger, Graf Gerard, noch im gleichen Jahre die Oda zur Ehe.

Man hat viel darüber gestritten, ob Oda’s Vater Otto mit Otto dem Erlauchten, dem Vater Heinrich’s I., identisch war oder nicht. Dass Oda in der That eine Tochter Otto’s des Erlauchten und also Schwester Heinrich’s I. war, dürften die folgenden, bisher unbeachtet gebliebenen Urkunden Otto’s I. darthun:

1. Am 30. December 952 schenkte Otto I. dem Kloster des heiligen Moritz in Magdeburg: „omne praedium – – – situm in loco Davindre et infra urbem et extra in pago Hamalant in comitatu Wigmanni, quod nobis nostra amita mulier deo nobisque devota, nomine Uota tradidit“[49].

2. Am 2. Juli 956 schenkte Otto abermals an St. Moritz in Magdeburg „XXX casa in urbe que vocatur Daventria et undecim mansa circa urbem in comitatu Wicmanni comitis – – – et VIII in villa que vocatur Tuncgurun in comitatu Everhardi comitis“[50].

3. Am 28. August 960 schenkte Otto nochmals an St. Moritz in Magdeburg zu seinem, seiner Gemahlin Adelheid und seiner Eltern (oder Vorfahren?) Seelenheil „quasdam res nostrae proprietatis quae nobis Uda nostra nepta legitime hereditando permisit, hoc est in civitate quae vocatur Davantri – – – et in villa quae vocatur Burgila – – – et in villa Ruocuon – – – et in loco Bursion – – – necnon et Sidram – – – et in villa Borglo – – – et in villa Rethon – – –, hoc est situm in pago vocato Hamalant in comitatu Wichmanni comitis, et in loco Yrmilon – – – hoc est situm in pago qui vocatur Velua, nec non et in pago qui vocatur Salalant in comitatu Everhardi comitis in villa Tongoron – – – et in villa Wie – – – et in villa Hunderi[51]“.

Die in den obigen drei Urkunden angeführten, von Uda an Otto I. vererbten Besitzungen lagen theils sicher, theils wahrscheinlich an folgenden Orten:

[49] I. Im Gau Hamaland: 1. in Deventer, 2. in Burgila, wohl Barkulo, östlich v. Zütphen, 3. in Ruocuon, wohl Rekken östlich v. Barkulo, 4. in Bursion, vielleicht Borssel zwischen Deventer und Zütphen, 5. in Sidra (wo?), 6. in Borglo, wohl Burlo südwestlich v. Stadtlohn, 7. in Rethon, wohl Rhede östlich v. Bocholt.

II. Im Gau Salalant: 8. in Tongern nördl. v. Lüttich, 9. in Wie, wohl Wezet = Visé östl. v. Tongern, 10. in Hunderi (wo?).

III. In der Veluwe: 11. in Yrmilon, Ermelo westlich von Deventer.

Nach den drei angeführten Urkunden hatte also Otto I. eine Vatersschwester (amita) Namens Uota oder Oda. Wenn dieselbe in der Urkunde von 960 seine nepta genannt wird, so kann das nur ein fehlerhafter Ausdruck für amita sein, welche letztere Bezeichnung sich auch wirklich in einem anderen Codex findet[52].

Diese Tante Otto’s I. muss am 30. December 952 nach dem Wortlaut der betreffenden Urkunde („mulier deo nobisque devota“) noch gelebt haben, dürfte aber vor dem 2. Juli 956, wo Otto die Schenkung erneuerte und erweiterte, und sicher vor dem 28. August 960, wo sie den genannten Besitz bereits „hereditando“ an Otto hinterlassen hatte, gestorben sein.

Nach dem übereinstimmenden Namen, nach dem in Lothringen gelegenen Besitz und nach den Zeitverhältnissen dürfte kaum noch ein Zweifel möglich sein, dass die um 955 verstorbene Tante Otto’s I., also Otto’s des Erlauchten Tochter, Namens Oda, mit jener Oda, Tochter eines Grafen Otto, identisch ist, welche 897 Zuentebold und 900 den Grafen Gerard geheiratet hatte. Oda muss um 880 geboren sein, starb also um 955 im Alter von etwa 75 Jahren. Da sie ihre Besitzungen ihrem Neffen Otto hinterliess, dürfte sie aus ihren beiden Ehen kinderlos geblieben sein, was auch sonst ziemlich sicher ist.

Die im Gau Hamalant auf der Grenze von Sachsen, Friesland und Niederlothringen gelegenen Besitzungen waren vielleicht Erbgut der Oda, vielleicht auch Leibgedinge von ihrem ersten Gemahle Zuentebold. Die zweimalige Ehe von Otto’s des Erlauchten Tochter Oda mit einem Lothringischen Grossen tritt nunmehr in eine ganz neue und bedeutsame Beleuchtung.

[50] Sowohl Zuentebold als auch Gerard wollten die Herrschaft in Lothringen erringen, und zur Erreichung dieses Zieles war die Vermählung mit einer Frau, die nicht nur Tochter des mächtigsten Mannes im benachbarten Sachsenlande war, sondern vor allem auch durch ihre Mutter einem der ersten Geschlechter Lothringens selbst entstammte, ein vortreffliches Mittel.

Oda’s Mutterbruder Adalard war in Lothringen geblieben, wo er Besitz im Osterbant, im Gau von Tournay und in Brabant erhalten hatte. Er wurde wahrscheinlich der Stammvater der späteren Grafen von Namur, deren erster (nach seinem Oheim, dem Kaiser Berengar) den Namen Berengar führte und von 908 bis 924 als Graf im pagus Lomacensis (östlich von Osterbant, südlich von Brabant) erscheint. So konnten durch die Vermählung mit Oda auch deren mächtige Oheime Graf Adalard und dessen Bruder Rudolf, Abt des Familienklosters Cisoing, für Zuentebold und Gerard gewonnen werden.

Der Nachweis aber, dass Zuentebold’s und Gerard’s Gemahlin Oda eine Tochter Otto’s des Erlauchten war, bildet ein neues Glied in der Beweiskette dafür, dass Oda’s Mutter Hadwig mit Eberhard’s von Friaul Tochter Heilwig identisch war, und dass also Oda, wie ihr Bruder Heinrich I., von den Karolingern stammten.


VI.

Am 18. October 927 schenkte Heinrich I. dem Kerung, Vasallen des Herzogs Arnolf (von Baiern) den Hörigen Noppo: „interventu fidelis dilectique comitis ac propinqui nostri Henrici“[53].

König Heinrich nennt hier also einen Grafen Heinrich seinen „propinquus“, ein Ausdruck, der zwar nicht nothwendig „blutsverwandt“ bedeutet, der diese Bedeutung aber, wie die weiter unten anzuführenden Urkunden bezüglich Eberhard’s beweisen, sehr wohl haben kann und gerade in Urkunden auch wohl meistens hat.

Den gleichen Grafen Heinrich finden wir jedenfalls in den folgenden Urkunden Konrad’s I. und Heinrich’s I.:

[51] 1. 912 August 8, Frankfurt. Konrad I. schenkt dem Bischof von Freising Besitz in pago Ibfigewe et in comitatu Ernusti comitis „interventu fidelium nostrorum, – – – Erchengarii et Heinrici illustrium comitum“[54].

2. 912 September 25, Bodmann. Konrad I. verleiht dem Bischof von Chur eine Inquisitionsvollmacht: „consilio nostrorum fidelium, – – – Erchangarii comitis palatii, Perahtoldi, Chuonradi, Heinrici ceterorumque nobilium virorum nobis assistentium“[55].

3. 913 März 12, Strassburg. Konrad I. bestätigt die Privilegien des Klosters Murbach im Elsass: „per supplicationem fidelium nostrorum – – – Erchengarii, Chuonradi, Hugonis, Ottonis, Heinrici, Bopponis, Udalrici, Eberhardi“[56].

4. 918 Juli 5, Würzburg. Konrad I. bestätigt dem Bisthum Würzburg den in Würzburg zu entrichtenden Zoll. „Inde igitur idem presul (Thiodo von Würzburg) et Heinricus comes rogaverunt nostram serenitatem[WS 1], ut hoc idem nostra auctoritate confirmaremus“[57].

5. 918 September 9, Forchheim. Konrad I. bestätigt dem Bisthum Eichstätt alte Rechte und verleiht ihm neue: „intervenientibus fidelibus nostris – – – Eberhardo et Heinricho comitibus“[58].

6. 920 November 30, Seelheim. Heinrich I. schenkt dem Babo, Vasallen des Grafen Burchard, Besitz zu Singen im Hegau: „rogatu et consultu fidelium nostrorum Burchardi videlicet, Ebarhardi, Chuonradi, Heinrici atque Utonis venerabilium comitum“[59].

7. 927 October 18 (die oben angeführte Urkunde).

8. 934 Juni 25, Nordhausen. Heinrich I. bekundet: „qualiter nos Sigifrido dilecto ac fideli comiti nostro rogatu Henrici fidelis comitis nostri quasdam res nostras in proprietatem donavimus, hoc est in pago Suevia nominato in comitatu ipsius Sigifridi“[60].

Wir haben hier also einen Grafen Heinrich, welcher in den Jahren 912 bis 934 dreimal (912, 918, 927) in Bairischen und [52] dreimal (912, 913, 920) in Schwäbischen Angelegenheiten als Fürbitter auftritt. Er ist es auch wohl, der am 5. Juli 918 zu Würzburg bei König Konrad erscheint. Ob er dagegen auch noch mit dem am 25. Juni 934 zu Nordhausen bei Heinrich I. erscheinenden Grafen Heinrich identisch ist, möchte schon fraglicher sein.

Man hat über die Person dieses Grafen Heinrich, welcher 927 von Heinrich I. als propinquus bezeichnet wird, viel gestritten. Erwägt man indessen, dass uns aus anderweitigen Nachrichten nur von einem einzigen gleichzeitigen Grafen Namens Heinrich, nämlich dem bekannten Welfen „Heinrich mit dem goldenen Wagen“, berichtet wird, und dass die Welfen in Baiern, wie in Schwaben gleich begütert waren, so wird es höchst wahrscheinlich, dass der in obigen Urkunden uns entgegentretende Graf Heinrich der gleichnamige und gleichzeitige Welfe ist.

Leider liegt die Stammtafel der Welfen für das 9. und 10. Jahrhundert noch sehr im Argen, und es wäre hohe Zeit, dieselbe im Interesse der Geschichte Schwabens in diesem Zeitraum genauer festzustellen, zumal die Welfen jedenfalls Stammesgenossen der Alaholfinger[61] waren. Der hier folgende Stammbaum der Welfen dürfte nach den genauesten Zusammenstellungen richtig sein, kann indessen für jetzt nicht näher nachgewiesen werden, da dies zu weit führen würde. Auch ist ein solcher Nachweis für unsern Zweck unnöthig, da es für denselben genügt, zu wissen, dass Graf Heinrich dem Welfischen Hause angehörte und dies letztere kaum einem Zweifel unterliegen kann.

Man sieht aus der nebenstehenden Stammtafel wiederum, dass eine Blutsverwandtschaft vierten Grades zwischen König Heinrich I. und dem Welfen Heinrich nachweisbar ist, wenn Heinrich durch seine Mutter Hadwig von Ludwig’s des Frommen zweiter Gemahlin, der Welfin Judith, stammte.


VII.

Am 28. December 927 verlieh Heinrich I. zu Mainz dem Bisthum Toul die Einkünfte der Grafschaft des Ortes Toul: „rogatu Ebarhardi fidelis et dilecti comitis atque propinqui nostri[62],


[53]
Stammtafel des Welfischen Hauses (zu Seite 52).


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Welf
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Judith
† 843.
819 mit Ludwig
dem Frommen,
† 840.
 
Konrad I.
† c. 862.
Graf im Argengau 838/39 bis 856,
Graf im Linzgau 844,
Graf im Eritgau 839, 851,
Graf von Paris.
 
Rudolf
† 866.
Graf in der Munterishuntare,
Graf im Affagau 854,
Comes palacii 854, 857,
Gründet (861) d. Kl. Wiesensteig.
 
 
 
 
 
Edico (= Ato) I.
(831-857).
Graf in Asenheim (südw. Baar) 831-857,
Graf im Affagau 843,
Graf im Hegau 846,
Graf im Zürichgau 844 (837?)
Wird zwischen 858 u. 866 Geistlicher.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Karl der Kahle.
 
Gisela
(Geb. 820/22).
839/40 mit Eberhard
von Friaul.
† 866/67.
 
Burgundische Linie der Welfen.
 
Erich (Erihus)
861.
 
Welf
(Geb. c. 820).
Graf im Argengau 846-858,
Graf im Linzgau 849/50,
Graf im Baier. Albgau 857. 858.
Wohl er 858/59 tutor hereditarius des Klosters Rheinau, Abt von Rheinau (876).
?
 
Sohn N.
?
 
Lambert
Verlässt zw. 858 u. 867 den geistlichen Stand.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heilwig = Hadwig
Geboren c. 850,
um 870 mit Otto
dem Erlauchten,
Geb. um 845, † 912.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Edico (Ato) II. „comes“.
Jedenfalls Enkel Edico’s I.
(Geboren c. 840/50, † vor 902),
Uxor Adallind (lebt 902).
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heinrich I.
Geb. c. 876, † 936.
Nennt 927 den Welfen Heinrich seinen propinquus.
 
 
 
 
 
 
 
Heinrich I.
„mit dem goldenen Wagen“.
(Geb. c. 870/75) „Comes“.
Urkundlich 912–934.
927 propinquus von Heinrich I. genannt.
 
Beringer. Reginolf. Gerhard.
Ermordet 902.
 
Adellinda
Aebtissin von Buchau.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad
Geb c. 900/5, † 976.
Bischof von Konstanz, 934–976.
 
Rudolf
Geb c. 925/930.
Wohl bedeutend jüngerer Halbbruder Konrad’s.
Wohl er 959 Graf im Baier. Sundargau.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heinrich
Geb. c. 965/70.
† 990.
 
Welf
Geb. c. 970,
† 1030
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Welf
 
Cunina


[54] und am 27. December 929 schenkte Heinrich I. dem Bisthum Toul die villa Gondreville (östlich von Toul) auf Fürbitte des „dilectus consanguineus noster comes Hebarhardus“[63].

Hier tritt also zweimal unzweifelhaft derselbe Graf Eberhard als Fürbitter für Toul auf und wird von Heinrich I. als propinquus und consanguineus bezeichnet. Auch über die Person dieses Eberhard ist viel gestritten worden. Früher hielt man ihn für Konrad’s I. Bruder Eberhard, aber Stein (Konrad I., S. 292) und Waitz[64] meinen, dass hier ein Graf Eberhard von Hamaland gemeint sei, der mit Amalrada, einer Schwester von Heinrich’s Gemahlin Mathilde, verheirathet war.

Diese Meinung der beiden Forscher ist sicher irrig, denn 1. war dieser letztere Graf Eberhard ein Sachse, der schwerlich einen Grund oder eine Berechtigung hatte, für ein Oberlothringisches Bisthum als Fürbitter aufzutreten; 2. wäre für das genannte, nur auf Verschwägerung beruhende Verwandtschaftsverhältniss zwischen Heinrich I. und dem Sachsen Eberhard niemals der Ausdruck „consanguineus“ gebraucht worden, welche Bezeichnung ausnahmslos auf Blutsverwandtschaft geht.

Man kann auch aus anderen Gründen, besonders aber deshalb, weil das Konradinische Haus sich schon zur Zeit Ludwig’s des Kindes eine Machtstellung in Lothringen erworben hatte, nur an Konrad’s I. Bruder Eberhard denken, und es fragt sich nur, wie Heinrich I. mit diesem blutsverwandt war.

Um das festzustellen, ist es nöthig, etwas näher auf die Konradinische Genealogie einzugehen.

Dieselbe ist in nebenstehender Stammtafel festgestellt:

Es sprechen starke Gründe dafür, dass Udo I. eine Tochter des Welfen Konrad, des Bruders der Kaiserin Judith, zur Gemahlin hatte:

1. Eine Abstammung Konrad’s I. von den Welfen ist durch Ekkehard von St. Gallen bezeugt. König Konrad sagt nach Ekkehard[65], dass einer von den beiden Grafen Warin und Ruthard,


[55]
Stammtafel des Konradinischen Hauses (zu Seite 54).


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gebhard I.
(832–879)
Geb. c. 805/10.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Udo I.
(861–879)
(Geb. c. 830?)
† vor 886.
 
 
 
Waldo,
Abt.
 
Berengar
861. 866.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad der Aeltere
(Geb. c. 850?) † 906, (886–906)
Graf im Lahngau, Engerngau,
Hessengau und Gossfeld.
Gemahlin Glismude. 906. 912.
† 24. April 924.
 
 
 
 
 
 
 
Eberhard I.
(889–902)
† 902.
 
Rudolf,
Bischof von Würzburg,
892–908,
† 908.
 
Gebhard II.
(888-910)
† 910.
Herzog von Lothringen 903.
Graf im Rheingau u.
in d. Wetterau.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad I.
Geb. nicht vor 870,
wohl erst um 875.
† 23. Dec. 918.
 
Otto
(904–13.)
 
Eberhard II.
904, † 939.
(Geb. c. 875/80).
Marchio 914.
Graf im Lothring.
Duisburggau 904, 937.
927 propinquus, 929
consanguineus von
Heinrich I. genannt.
 
Konrad
Kurzpold
(Geb. c. 885/90),
† 948.
 
(?) Wernher I.
(Geb. 885/90),
† vor 946.
 
Udo II.
Geb. um 895,
† 949.
 
Hermann I.
Geb. c. 895,
† 948.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad
der Rothe.
(Geb. c. 910/20),
† 955.
 
Gebhard
Geb. c. 920.
† 938.
 
Udo
† 982.
 
Konrad
† 997.
 
Heribert
† 997.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Otto
Geboren 948/50.
 


[56] welche den heiligen Othmar, Abt von St. Gallen, im Jahre 759 verfolgt hatten, zu seinen „parentes“ zähle. An eine Abstammung Konrad’s I. von Warin oder Ruthard in männlicher Linie ist aus vielen Gründen nicht zu denken, ebensowenig an eine Abstammung von Warin überhaupt. Dagegen wissen wir bestimmt, dass Ruthard Stammvater der Welfen war[66], und zwar dürfte er Vater oder Grossvater von der Kaiserin Judith Vater Welf gewesen sein. Und auch die späteren Welfen hielten sich, wie die angeführte Stelle bei Ekkehard beweist, als Nachkommen Ruthard’s der von diesem gegen Othmar begangenen Sünde schuldig und suchten dieselbe zu sühnen.

Wir können also nur an eine Abstammung Konrad’s I. von dem Grafen Ruthard in weiblicher Linie denken; Konrad war also durch eine seiner Ahnfrauen dem Welfischen Hause entsprossen.

2. Eine Abstammung Konrad’s von den Welfen wird auch durch das Eigengut erwiesen, welches Konrad I. laut seiner Urkunde vom 11. Januar 912 zu Munichinga (Munderkingen) im Kletgau hatte[67]. Dies war unzweifelhaft Welfisches Erbe, denn die Welfen waren nicht nur im östlichen Schwaben, sondern auch im Kletgau reich begütert. Auch dieser Besitz im Kletgau weist also auf eine Welfische Ahnfrau Konrad’s I. hin.

3. Dass diese unzweifelhaft vorhandene Verwandtschaft der Konradiner mit den Welfen gerade durch die Gemahlin Udo’s I., also die Grossmutter Konrad’s I., vermittelt war, wird dadurch wahrscheinlich, dass wir bei zwei Söhnen Udo’s I. zuerst die Welfischen Stammesnamen Konrad und Rudolf finden. Udo I. kann der Zeit nach nur eine Tochter des Welfen Konrad, des Bruders der Kaiserin Judith, zur Frau gehabt haben, und seine [57] Söhne Konrad der Aeltere und Rudolf hätten in diesem Falle ihre Namen von dem mütterlichen Grossvater Konrad († ca. 862) oder von dem mütterlichen Oheim Konrad († ca. 880) und von dem mütterlichen Grossoheim Rudolf († 866) erhalten[68].

4. König Arnolf nennt 890 Konrad den Aelteren, den Vater König Konrad’s I., seinen nepos, – eine Bezeichnung, die nur auf Blutsverwandtschaft gedeutet, also nicht etwa auf Arnolf’s vermuthliche Vermählung mit einer Konradinerin, einer Base Konrad’s des Aelteren, bezogen werden kann. Auch diese Blutsverwandtschaft zwischen Arnolf und Konrad dem Aelteren wird durch unsere schon oben näher begründete Annahme einer Vermählung Udo’s I. mit einer Tochter des Welfen Konrad nachgewiesen, wie folgende Tabelle zeigt:


 
 
 
 
Welf
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad
† c. 862.
(Geboren um 800).
 
Judith
819 mit Ludwig dem Frommen
 
Rudolf
† 866.
 
Emma
827 mit Ludwig dem Deutschen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad II.
† ca. 880.
 
Tochter N.
vor 861 mit Udo I. vom Lahngau
(Geb. c. 830) † 880/85.
 
 
 
 
 
Karlmann
Geb. ca. 828, † 880.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Burgundische Linie der Welfen
 
Konrad der Aeltere
(Geb. um 850?), † 906.
890 von Arnolf nepos genannt.
 
 
 
 
 
Arnolf
(Geb. c. 845/50), † 899.
Nennt 890 Konrad den Aelteren seinen nepos.
 


5. Hincmar von Rheims nennt zu 861 und 865 den Grafen Adalard, den Mutterbruder von Karl’s des Kahlen Gemahlin Irmintrud, einen propinquus von Udo I. und dessen Bruder Berengar[69]. Nun war Adalard, was hier nicht näher nachgewiesen [58] werden kann, ein Sohn des Ediconen Hugo von Tours († 837), des Schwiegervaters Lothar’s I. Eine zweite Tochter Hugo’s ist aber als Gemahlin des Welfen Konrad († ca. 862) bezeugt. Udo hatte also, wenn er Schwiegersohn Konrad’s war, zugleich eine Schwestertochter des Grafen Adalard zur Frau; er und sein Bruder Berengar konnten also sehr wohl deswegen als propinqui Adalard’s bezeichnet werden[70]:


 
 
Hugo,
Graf von Tours,
† 837.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Graf Adalard,
861 propinquus von Udo
und Berengar genannt.
 
Adelais
mit dem Welfen
Konrad † c. 862.
 
 
 
Gebhard I.
(832-879.)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Tochter N.
 
Udo I.
Geb. c. 830, † 880/85.
 
Berengar.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[865 propinqui des Grafen Adalard genannt.]
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Konrad der Aeltere.
(Geb. ca. 850), † 906.
 
 


6. Zu diesem allen kommt nun noch, dass durch die von uns vermuthete Vermählung Udo’s I. mit einer Tochter des Welfen Konrad auch die durch zwei Urkunden bezeugte Blutsverwandtschaft zwischen Heinrich I. und König Konrad’s I. Bruder Eberhard hergestellt wird, und zwar wiederum nur dann, wenn Heinrich zugleich durch seine Mutter Hadwig ein Urenkel der Welfin Judith war:


 
 
 
 
Welf
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Judith
819 mit Ludwig dem Frommen.
 
Rudolf
† 866.
 
Konrad
† 862.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gisela
Geb. 820/22.
835/40 mit
Eberhard von Friaul.
 
 
 
Tochter N.
(Geb. c. 830?),
vor 861 (c. 850) mit
Udo I. vom Lahngau,
† 880/85.
 
 
 
Konrad
† 880.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heilwig
(Geb. ca. 850),
um 870 mit
Otto dem Erlauchten.
 
Konrad der Aeltere
(Geb. c. 850), † 906.
mit Glismude.
 
Rudolf
† 908.
 
Burgundische Linie
der Welfen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heinrich I.
Geb. c. 876, † 936.
Nennt 827 u 829 Eberhard seinen
propinquus und consanguineus.
 
Konrad I.
† 918.
 
Eberhard
† 939.
927 u. 929 von Heinrich I. propinquus
und consanguineus genannt.
 
 
 


[59] Die grosse Wahrscheinlichkeit der Ehe Udo’s I. mit der Tochter des Welfen Konrad bringt zugleich die Frage der Abstammung Konrad’s I. von den Karolingern ihrer Lösung näher. Dass auch Konrad I. irgendwie mit den Karolingern blutsverwandt war, dafür sprechen ebenfalls manche Gründe, die indessen hier nicht näher erörtert werden können. Durch seine Welfische Grossmutter kann diese Verwandtschaft aber nicht vermittelt worden sein, also bleibt als einzige Möglichkeit die übrig, dass Konrad’s Mutter Glismude aus dem Karolingerhause stammte. Glismudens Herkunft ist freilich noch ganz unbekannt.


VIII.

Die Aufzählung der Beweise und Gründe, welche für Heinrich’s I. Abstammung von den Karolingern sprechen, kann nicht abgeschlossen werden, ohne dass wir noch zwei ebenfalls nach derselben Richtung weisende Stellen anführen. Die Echtheit der ersten wird freilich angezweifelt und die andere bleibt vorläufig dunkel, beide haben aber doch im Zusammenhang mit allem bereits Angeführten einen gewissen Werth.

Am 5. April 932 stellte Heinrich I. zu Aachen eine Urkunde für das Kloster Brogne (bei Namur) aus[71], die freilich von den Herausgebern (a. a. O.) für unecht erklärt wird, deren Inhalt und Zeugen aber doch auf gleichzeitige oder fast gleichzeitige Entstehung hinweisen.

Heinrich bestätigt auf Bitten des Abtes Gerard († 959) den Besitz des von letzterem gestifteten Klosters Brogne (bei Namur) und sagt dann wörtlich: „Preterea quia locus ille consistit in vicinia castri Namucensis, precamur comitem Namuci sicut fidelem et amicum nostrum, ut particeps nobiscum existat ipsius ecclesie orationum – – –“ Als Zeugen sind genannt: Richarius Leodiensis episcopus [920–945], Richvinus Strazburgensis episcopus [913–934], Rotgerus Treverensis episcopus [915–930 Januar], Benedictus Metensis episcopus[72], comes Wicbertus, comes Berengarius, comes Hermannus. Mit den angeführten Zeugen hat [60] also nicht alles seine Richtigkeit; doch ist der genannte Graf Wicbert ersichtlich der gleichnamige Gründer des Klosters Gembloux († 962), und der Graf Berengar ist eben jener von Heinrich in der Urkunde genannte comes Namuci, der auch sonst urkundlich von 908 bis 924 erscheint.

Es wurde oben bereits erwähnt, dass Berengar, der Stammvater der Grafen von Namur, allgemein als ein Nachkomme Eberhard’s von Friaul angesehen wird, und zwar muss er in diesem Falle ein Sohn Adalard’s (geboren ca. 845/50) gewesen sein. Diesen Berengar bezeichnet Heinrich also in obiger Urkunde als seinen „amicus“, ein Wort, welches häufig für Blutsverwandtschaft gebraucht wird. Dass diese Bezeichnung trefflich zu unserer Aufstellung passt, liegt auf der Hand, denn Berengar war danach ja sogar der consobrinus Heinrich’s, nämlich Brudersohn von Heinrich’s Mutter Heilwig-Hathuwi.

Die zweite der oben gemeinten Stellen findet sich in der Ueberarbeitung des schon um 1050 verfassten Chronicon Eberspergense[73]. Es heisst daselbst von dem etwa um 950 geborenen, am 12. März 1029 als senex gestorbenen Grafen Udalrich von Ebersberg in (Baiern): „Post hec Udalricus genuit Adalperonem et Eberhardum et Willibirgam et alias tres filias, qui fuerunt de regio semine Hainrici cesaris et Karoli Magni regis invictissimi. Adalpero duxit uxorem Richlindem, filiam Rudolfi Suevi, sororem Welfhardi comitis, qui rebellavit Heinrico regi secundo.“

Hier erfahren wir also, dass die Kinder des Grafen Udalrich von Ebersberg vom Samen Heinrich’s I. und Karl’s des Grossen zugleich waren. Dass mit dem Hainricus cesar nicht etwa Heinrich II. gemeint ist, geht daraus hervor, dass letzterer kinderlos und jünger war als Udalrich selbst; auch wird Heinrich II. ja nachher in der Stelle selbst als „Heinricus rex“ erwähnt.

Die Stelle kann also trotz der Bezeichnung „cesar“ nur auf Heinrich I. bezogen werden, und auch hier soll doch wohl gesagt werden, dass die Abstammung der Kinder Udalrich’s von Heinrich I. zugleich eine solche von Karl dem Grossen in sich schloss, was ja nach unseren Nachweisen in der That stimmte.

[61] Wie nun freilich Udalrich’s Kinder von Heinrich I. stammten, ist vorläufig nicht nachweisbar. Nach dem Wortlaut muss man annehmen, dass Udalrich’s Gemahlin Richardis von Eppenstein die Vermittlerin der Verwandtschaft war. Diese müsste dann der Zeit nach geradezu eine Enkelin Heinrich’s gewesen sein. Vielleicht war die Mutter der Richardis eine Tochter aus Heinrich’s erster Ehe mit der Hatheburg[74]. Auf eine Verwandtschaft der Ebersberger mit den Ludolfingern könnte auch der gemeinschaftliche Name Hathumod hinweisen, der sich sowohl im Ebersberger Hause wiederholt, als auch schon bei einer Schwester Otto’s des Erlauchten, der Aebtissin Hathumod († 874), findet.

Vielleicht kann durch die Forschung auch diese Verwandtschaft noch aufgeklärt werden. Vorläufig dürften aber auch wohl schon die beigebrachten Belege die Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern aus dem Reich der Erdichtung, in welches noch Waitz sie verwiesen hat, in das Licht hoher Wahrscheinlichkeit gerückt haben.




[319] Zur Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern. Eine Kritik. Emil Krüger hat in dieser Zeitschr. IX, 28–61 einen Aufsatz „Ueber die Abstammung Heinrich’s I. von den Karolingern“ veröffentlicht, der durch die Zuversichtlichkeit seiner Behauptungen bei ungenügender Begründung zu starken Bedenken Anlass gibt. Für die Sache im allgemeinen bleibt es sehr auffallend, dass der in Sächsischen Dingen wohlunterrichtete Widukind zur Empfehlung Otto’s (des Erlauchten) zwar seine Verschwägerung mit Ludwig dem Kinde (den er mit Ludwig dem Jüngeren verwechselt), nicht aber jene vermeintliche Verwandtschaft erwähnt. Während der Baierische Markgraf Liutbold und Konrad der Aeltere in Urkunden Arnolf’s und Ludwig’s als Blutsverwandte bezeichnet werden, haben wir kein entsprechendes Zeugniss für einen Liudolfinger. Doch Agius, der Biograph Hathumod’s, der [320] Tochter Liudolf’s, sagt freilich, dass von den Brüdern derselben der eine „regum neptem“ zur Ehe habe. Dass das Wort neptis gerade hier durchaus eine Nichte im engeren Sinne, eine Bruders- oder Schwestertochter, bedeuten müsse, ist eine völlig unerwiesene Behauptung. Es heisst überhaupt, wie es auch Grandaur in den Geschichtschreibern der Deutschen Vorzeit übersetzt, eine Verwandte. Dem Zusammenhange nach kann sich diese Verbindung auf jeden der beiden Brüder beziehen: Joh. Ge. Eckhart, dem Krüger folgt, dachte an Otto, Pertz an Bruno. Die Beerbung des letzteren, als er im Jahre 880 gegen die Dänen gefallen war, durch seinen Bruder lässt schliessen, dass ihm männliche Leibeserben fehlten. Aus diesem Umstande aber, sowie daraus, dass in einer so quellenarmen Zeit seine Gemahlin nicht erwähnt wird, folgern zu wollen, er müsse unvermählt gestorben sein, ist reine Willkür. Wenn die sogen. Annal. Fuldenses ihn 880 kurzweg als Bruder der Königin bezeichnen, d. h. der regierenden, so berechtigt dies gewiss noch zu keinen weiteren Schlüssen. Mit der Heranziehung einer Stelle aus dem Dialoge des Agius, welche besagen soll, dass nur einer der beiden Brüder verheirathet war, ist der Verfasser völlig verunglückt: ich verweise für das allein mögliche Verständniss derselben auf Fr. Rückert’s Uebersetzung und auf die neue Ausgabe Traube’s im 3. Bande der Poetae Carolini. (Diese, in denen Krüger auch den von ihm benutzten Sedulius hätte finden können, sind ihm ebenso unbekannt geblieben, wie die SS. rerum Langobard. von Waitz, denn er citirt Agnellus nach – Muratori.) Otto’s Gemahlin Hadwich wird nun nach Eckhart’s Vorgange mit Heilwich, der Tochter Eberhard’s von Friaul und Enkelin Ludwig’s des Frommen, verschmolzen (die diesen Namen vielleicht nach ihrer Sächsischen Urgrossmutter Eigilwich führte). Pertz verwarf diese Vermuthung, weil beide Namen verschieden seien und ich pflichtete ihm darin bei. Später habe ich in der 2. Auflage meiner Gesch. des Ostfränk. Reiches (III, 584 Anm. 3), die von Krüger nicht beachtet worden ist, nach einer Bemerkung Wattenbach’s zugegeben, dass in den Niedersächsischen Chroniken wohl Verwechselungen dieser beiden Namen vorkommen möchten. Immerhin bleibt es für diese Zeit unwahrscheinlich und unerweislich. Jedoch der Verfasser hat noch einen andern Beweis dafür: er glaubt darthun zu können, dass die vier nach dem Testamente Eberhard’s seiner Tochter Heilwich zufallenden Besitzungen sich später in den Händen Heinrich’s und Otto’s I. befunden hätten. Hiebei bleibt jedoch der geographische Nachweis ganz unsicher, indem Krüger jene vier Orte nach entfernter Namensähnlichkeit aus der Gegenwart bestimmt, ohne sich um die urkundliche Ueberlieferung des Mittelalters zu kümmern. Trotzdem kehrt keiner dieser Orte selbst, abgesehen von Estron = Hostrenheim (!), [321] in den Urkunden des Sächsischen Hauses wieder, sondern nur solche kommen vor, die vielleicht in ihrer Nähe lagen. Endlich ist bei dieser Darlegung zwischen Königsgut und Eigengut nicht scharf geschieden. Die wichtige Entdeckung, dass Oda, die Wittwe Zwentibold’s, von Otto I. als Tante erwähnt wird, hat dem Verfasser leider schon E. von Ottenthal vorweg genommen (Mitthlgn. des Instituts f. Oesterreich. Geschichtsforschung VII, 335; vgl. meine Gesch. des Ostfränk. Reiches III, 455). Die Behauptung ihrer Kinderlosigkeit ist unbegründet, da sie zwei Töchter hinterliess. Auf die übrigen Ausführungen, die Verwandtschaft mit den Welfen, den Konradinern und gar den Ebersbergern betreffend, brauche ich hier nicht einzugehen, sie schweben völlig in der Luft. Wir können dem Verfasser, falls er sich auf fernere genealogische Untersuchungen einlassen sollte, nicht dringend genug Vorsicht und Nüchternheit empfehlen, ohne welche aller Scharfsinn fruchtlos verschwendet wird.

E. Dümmler.     


Erwiderung. Auf die vorstehende Kritik des Herrn E. Dümmler habe ich wenig zu erwidern. Ob die Begründung meiner Vermuthung von der Karolingerabstammung Heinrich’s I. wirklich in so ungünstigem Verhältniss zu ihrer Zuversichtlichkeit steht, muss ich der Beurtheilung weiterer Kreise überlassen. Ich bin trotz der Gegengründe Dümmler’s auch heute noch der Ansicht, dass meine beiden Hauptgründe gewichtig und unerschüttert sind, dass nämlich:

1. die fragliche Stelle der Vita Hathumodae sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auf Otto den Erlauchten und nicht auf Brun bezieht, zumal die bisherige gegentheilige Ansicht, die noch in den „Monumenta“ mit grosser „Zuversichtlichkeit“ vorgebracht wird, selbst des Schattens eines Grundes entbehrt, – und dass:

2. von mir direct erwiesen ist, dass das Sächsisohe Königshaus fern von seinen Sächsischen Stammesbesitzungen im Fränkischen Lothringen zahlreichen Besitz – und darunter Eigengut – genau in der Gegend hatte, wo das ebenfalls von mir zahlreich nachgewiesene Stammesgut des Markgrafen Eberhard v. Friaul lag.

Sollte dieser Nachweis wirklich so unsicher und unerheblich sein, wie Dümmler ihn hinstellt?

Um auf einige Einzelheiten einzugehen, so ist es nach meiner Kenntniss der mittelalterlichen Urkunden und sonstiger Quellen durchaus unrichtig, dass das Wort neptis „überhaupt eine Verwandte heisst“. Es hat vielmehr fast immer die Bedeutung Bruder- oder Schwestertochter und kommt nur sehr selten in dem Sinne von Base oder sonstiger näherer Verwandter, und zwar stets Blutsverwandter vor. Dass das Wort hier, wo so viele andere genaue Verwandtschaftsbezeichnungen [322] angeführt werden, nur die Bedeutung Bruder- oder Schwestertochter haben kann, scheint mir ganz sicher zu sein.

Was die Heranziehung der Stelle aus dem Dialog des Agius betrifft, so habe ich ja die Lesart nicht erfunden, vielmehr dieselbe, welche sich in dem von Eckhardt benutzten Codex findet, nur als zu meiner Vermuthung passend herangezogen. Es ist mir daher nicht klar, inwiefern ich mit dieser Stelle „verunglückt“ sein soll. Ich weiss sehr wohl, dass die von Dümmler verfochtene Lesart vieles für sich hat; gegen dieselbe spricht aber, dass zu ihrer Ermöglichung das „qui“, welches alle Codices übereinstimmend haben und welches auch die Monumenta (SS. IV, 187, Vers 631) noch ganz kritiklos wiederholen, erst in „quae“ verwandelt werden muss, und dass die „conjunx digna“, die dann nur als Gemahlin Liudolf’s (und also als Mutter der Hathumod!) aufgefasst werden kann, sehr schlecht in diesen Zusammenhang passt.

Bezüglich des geographischen Nachweises bemerke ich noch, dass die Bestimmung der vier Orte, an denen Eberhard’s Tochter Heilwich Besitz erhielt, mir ziemlich sicher erscheint, und dass besonders an der Identifizirung von Hostrenheim mit dem Estron von 973 und dem heutigen Étrun nach meiner Meinung garnicht zu zweifeln ist, zumal ich die ganz sichere Analogie von Asenheim-Aasen (und die wahrscheinliche von Helisheim-Hüls und von Engeresteim-Angre) angeführt habe.

Dass die Verwandtschaft mit den Welfen und Konradinern nicht so gar in der Luft schwebt, wie D. meint, könnte nur bei näherem Eingehen auf die Genealogie beider Geschlechter nachgewiesen werden und muss deshalb für später aufbewahrt bleiben.

Dass mir die neuen Ausgaben von Sedulius, Agnellus und Agius entgangen sind, ist richtig, doch ist dies für die Sache belanglos und auch wohl zu entschuldigen bei einem Manne, der seine historischen Forschungen nur als Nebenbeschäftigung betreiben kann.

Den mir zum Schluss gegebenen Rath muss ich selbst von einem früheren Lehrer höflich, aber entschieden zurückweisen; ich muss fast vermuthen, dass Herrn Dümmler, von anderem ganz abgesehen, meine Arbeiten über die Werdenberger in den St. Galler Mittheilungen, über die Habsburger im Jahrbuch f. Schweizerische Geschichte und über die Zähringer in der Zeitschrift f. Geschichte d. Oberrheins entgangen sind, denn andernfalls hätte er doch wohl beachtet, dass ich gerade auf genealogischem Gebiete einige Leistungen aufzuweisen habe und also wohl weiss, wie weit ich in der Combination gehen darf, ohne welche auch die nüchternste und vorsichtigste Forschung nun einmal nicht auskommen kann

E. Krüger.     

Anmerkungen

  1. Dritte Auflage (Leipzig 1885) S. 13.
  2. a. a. O. S. 206–8
  3. SS. III, 573
  4. Vgl. Waitz, a. a. O. S. 26.
  5. SS. XII, 98–99.
  6. SS. VI, 175.
  7. Daraus die Ann. Magdeburg. (SS. XVI, 142), sowie andere bei Waitz (a. a. O. S. 206) angeführte Stellen.
  8. Heinrich starb 936 ungefähr sechzigjährig nach Widukind I, 41 (SS. III, 435–36).
  9. „sicut legitur et invenitur in translationibus beati Servatii confessoris“. Vgl. v. Karajan, Zur Gesch. des Concils von Lyon im Jahre 1245, in den Denkschriften der kais. Akademie der Wissenschaften, philosoph.-hist. Klasse, Bd. II (1851). Vgl. Waitz, a. a. O. S. 230.
  10. Waitz, a. a. O. S. 230.
  11. SS. IV, 165 ff.
  12. SS. IV, 167.
  13. SS. IV, 176–189
  14. a. a. O. Vers 539 (S. 186).
  15. Vers 541 und „Vita“, SS. IV, S. 167 u. 175,14.
  16. Vers 553 (quinque sorores), 668 u. 677 (Gerberg), SS. IV, S. 172,2 (Christina).
  17. Vers 555.
  18. SS. IV, 167, Anm. 3.
  19. Hathumod scheint Liudolf’s ältestes Kind gewesen zu sein, da es im Dialogus (Vers 621–22) von Liudolf heisst:

    Huic erat attiguus ramus, quia proxima carne
    Hathumod alma suis juvit eum meritis.

    Da nun Hathumod am 29. Novbr. 874 starb und „omnes anni vitae ejus fuerunt 34“ (Vita, SS. IV, 175), so muss sie 840 geboren sein. Brun’s Geburtsjahr könnte also frühestens 841 sein. Die vier jung gestorbenen Geschwister können allerdings älter als Hathumod gewesen sein.
  20. SS. I. 393.
  21. Dass „Ipsius“ sich auf Hathumod bezieht, wird durch die unmittelbar folgenden Verse bewiesen:

    Haec etenim, haec est, quae ramum prendere palmis
    Haec quae elemosinas suasit ei [sc. Liudolfo] varias.

  22. Eccard, veterum monumentorum quaternio, S. 25. Auch die Monumenta geben a. a. O. diese Lesart am Rande an.
  23. Hätte Hathumod ausser den in der Vita genannten Gerberga und Christina noch geistliche Schwestern gehabt, so wären diese sicher dort auch genannt.
  24. Vgl. Vers 543–546 und 627–630.
  25. Stören könnte in unserer Auffassung der Stelle nur, dass es gleich darauf (Vers 635) weiter heisst:

    Vos debitrices simul estis utrique parenti“,

    dass also hier sicher die Schwestern der Hathumod angeredet werden. Doch kann man dies auch so erklären, dass hinter Vers 634 ein Abschnitt zu machen ist, und dass also der Verfasser mit Vers 635 zu den im ganzen Dialog apostrophierten geistlichen Schwestern der Hathumod zurückkehrt.
  26. SS. III, 52.
  27. Muratori, Scriptores II.
  28. Ich gebe den Text nach Eccard, veterum monumentorom quaternio, S. 38–39; derselbe fliesst aus Miraeus, Codex donationum, I, S. 19–22. Einige abweichende Lesarten hat der Text bei D’Achéry, spicilegium II, S. 876 ff. (Ausg. von 1723).
  29. SS. II, 231.
  30. Dass Eberhard vor dem 15. April 868 gestorben war, zeigt eine Urkunde seiner Wittwe Gisela vom gen. Datum (Eccard a. a. O. S. 37).
  31. Heinrich I. erhielt seinen Namen vielleicht von seinem Mutterbruder Unruoch. Auch diese beiden Namen sind zwar verschieden, aber doch einander sehr ähnlich, wie durch die Zwischenform „Hunrocus“ dargethan wird. Eberhard’s Vater hiess nämlich ebenfalls Unruoch, und Eberhard wird in einem Gedichte des Sedulius an ihn „Hunroci proles“ genannt (Dümmler, Gesta Berengarii S. 17 Anm. 2; Wiener Jahrb. f. vaterl. G. I, 185). Wir haben hier also die Namenreihe Unruoch, Hunrocus, Henricus, und so wurde vielleicht der den Sachsen fremd klingende Name des mütterlichen Oheims in den bei ihnen gebräuchlichen, ähnlich lautenden Namen Heinrich umgeändert.
  32. Cisonium in pago Tornacensi situm. – D’Achéry spicilegium II (1723), 879.
  33. Vielleicht auch identisch mit dem im Testament genannten Cantinium (Nr. 2), welches letztere wenigstens in den Texten von D’Achéry und Miraeus auch Canfinium heisst.
  34. Auch an Harmelen und Maarssen, südl. v. Amsterdam, möchte man denken, wenn diese Orte nicht zu weit nördlich lägen.
  35. Hildina bei Miraeus, Hildiola bei D’Achéry
  36. Helisheim bei D’Achéry. Im Atlas von Spruner-Menke ist Helissem a. d. Roer, nw. von Wassenberg, verzeichnet. Auch diese Gegend dürfte zum pagus Moila gehört haben, doch ist dem Verfasser nicht bekannt, worauf sich Spruner’s Angabe gründet.
  37. Die Endsilbe „heim“ fiel häufig fort, so auch, wie wir schon sahen, bei Helisheim (Nr. 18), welches wir im heutigen Hüls wiederfanden. Vgl. unten bei Engeresteim.
  38. Wie z. B. auch der heutige Ort Aasen (bei Donaueschingen) die alte Gerichtsstätte der Grafschaft Asenheim war. Auch Aasen hiess im Mittelalter Asenheim; wir haben also auch hier ein Beispiel für den Wegfall der Endsilbe „heim“.
  39. Mon. Germ., Diplom. Reg. et Imp. Tom. I S. 57 Nr. 21.
  40. A. a. O. S. 59 Nr. 24. In dieser Gegend wird uns weiter abwärts an der Mosel noch weiterer Besitz des Sächsischen Hauses genannt. Am 8. Jan. 966 schenkte Otto I. dem Kloster S. Maximin bei Trier: „quasdam curtes nostras Emmele et Winteriche in pago Muselgowe“, d. i. Oberemmel nö. v. Saarburg (u. auch nö. v. Thionville) oder Niederemmel sw. v. Berncastel und Winterich bei Mühlheim, Kreis Berncastel (a. a. O. S. 429 Nr. 315). Und am 15. März 973 schenkte Otto I. dem Kloster Echternach Besitz in Eckfeld (sw. v. Wittlich und Daun) und Lehmen sw. v. Coblenz (a. a. O. S. 581 Nr. 428). Die Herkunft dieses Besitzes, der ebenfalls Eigengut gewesen zu sein scheint, bleibt vorläufig dunkel.
  41. A. a. O. S. 65–66 Nr. 30
  42. Caprimons vulgo Chèvremont ad Wesam fluvium secundo a Leodio lapide, fuit olim Arx insignis etc. (Miraeus, codex donationum I, S. 254. Anm.).
  43. A. a. O. S. 170 Nr. 88.
  44. Es ist natürlich durchaus nicht gesagt, dass Heilwig nur an diesen vier Orten Besitz erhalten hatte. Ihr Antheil konnte später wieder abgeändert sein, sie konnte auch von dem geistlich gewordenen Bruder Rudolf, von ihrer Mutter Gisela und von sonstigen Verwandten weiteren Besitz geerbt haben.
  45. A. a. O. S. 408 Nr. 291.
  46. A. a. O. S. 579–80 Nr. 426. Ein Fragment (von 967), wonach Otto I. dem Kloster zu Nivelles genannten Besitz im Scheldegau und im pagus Strya (?) schenkte, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt (a. a. O. S. 487 Nr. 354). Auch in Nivelles lag übrigens Besitz des Friauler Hauses (oben Nr. 10). Zu diesem Fragment kommt endlich noch eine angebliche Urkunde Otto’s III. mit dem sicher falschen Datum des 24. April 983. Otto schenkt in derselben der Kirche zu Cambray einen Forst innerhalb genau angegebener Grenzen, welcher danach im Hennegau südlich von Grand-Reng an der Sambre und Helpe lag. Hier möchte man indessen eher an Reichsgut denken. Die Urkunde findet sich bei Miraeus, Opp. diplom. et hist. II, 1128; ihr Datum ist vorläufig nicht zu entwirren.
  47. A. a. O. S. 431 Nr. 317. Aus dem Wortlaut geht nicht klar hervor, ob Gerberga beide Schenkungen oder nur die zu Crombrugge gemacht hatte. Grammatisch würde sich der gebrauchte Ausdruck (quam villam – – Gerbirgis regina – – reddidit) nur auf Crombrugge beziehen, doch dürfte, nach dem Inhalt zu schliessen, Gerberga wohl beide Schenkungen gemacht haben.
  48. SS. I, 607.
  49. Mon. Germ., Diplom. reg. et imp. I S. 241 Nr. 159.
  50. M. G., Dipl. reg. et imp. I S. 264 Nr. 181. Dass der hier genannte Besitz zu Deventer und Tongern auch von Uota herrührte, obwohl dieselbe hier nicht genannt ist, wird dadurch sicher, dass einmal Uda auch nach der folgenden Urkunde von 960 Besitz in Tongern gehabt hatte, und dass es von dem Besitz in Deventer sowohl hier, wie auch schon 952, ausdrücklich heisst, dass er theils innerhalb, theils ausserhalb der Stadt lag.
  51. M. G., Dipl. reg. et imp. I S. 299 Nr. 216.
  52. Vgl. M. G. a. a. O., Anm.
  53. Mon. Germ., Dipl. reg. et imp. I S. 51 Nr. 14.
  54. A. a. O. S. 10 Nr. 9.
  55. A. a. O. S. 12 Nr. 11.
  56. A. a. O. S. 16 Nr. 17.
  57. A. a. O. S. 32 Nr. 35.
  58. A. a. O. S. 33 Nr. 36
  59. A. a. O. S. 40 Nr. 2
  60. A. a. O. S. 70 Nr. 36.
  61. Vgl. über dieses älteste und reichste Geschlecht Schwabens die Besitznachweise des Verfassers in ZGOberrhein N. F. 7, 478 ff.
  62. Mon. Germ., Dipl. reg. et imp. I S. 52 Nr. 16.
  63. A. a. O. S. 57 Nr. 21.
  64. Jahrbücher Heinrich’s I., dritte Auflage (1885), Excurs 7, S. 207.
  65. Neu herausgegeben in den Mitthgn. z. vaterl. Gesch. des St. Galler Vereins, N. F. Heft 5–6 (1877). S. 62 f.: Ingreditur tandem (Konrad I.) oratorium beati Otmari auctoritate Romana in sanctum levata – nam parentes ejus erant, qui eum vexaverant – seque reum, quasi ipse interfuerit factis, ad ejus aram reddidit – und S. 79 ff.: Rex vero castellum illud odiosum [Stammheim, Kant. Zürich] sancto Otmaro causa mali tanti tradidit diruendum, omnique anno ille, dum vixit, censum capitis sui in cera ad sepulchrum ejus [sc. Otmari], uti filius carnificum illorum [sc. Warini et Ruothardi], pro reatu in eum quasi proprio misit. Quod et Ruodolfus postea, Welfhardi comitis pater, cum ejusdem quidem prosapiae fuerit, in censu calibum de metallo Faucium Juliarum fecit.
  66. Vgl. die angeführten St. Galler Mitthlgen., N. F. Heft 2 (1870), S. 75 Anm. 224 und besonders Heft 3 (1872), S. 9 Anm. 16.
  67. Mon. Germ., Dipl. reg. et imp. I S. 3 Nr. 2
  68. Man vergleiche die oben gegebene Welfische Stammtafel.
  69. SS. I, p. 455 u. 470 zu 861 u. 865. 861: Hludowicus socerum Karlomanni filii sui, Arnustum, honoribus privat et nepotes ipsius a regno suo expellit; qui cum Adalardo, Irmintrudis reginae avunculo, suo autem propinquo, – – Karolum adeunt – Die nepotes des Markgrafen Ernst waren Gebhard’s Söhne Udo und Berengar, wie anderweitig feststeht. Sie werden uns zu 861 auch von den Ann. Fuld. (SS. I, p. 374) genannt (Utonem quoque et Berengarium fratrem ejus – – exauctoravit – –. Uto et Berengarius cum Waldone fratre suo in Gallias ad Karolum regem secesserunt). Karl der Kahle nahm sie auf und übergab dem Grafen Adalard und den Brüdern Udo und Berengar die Grenzhut gegen die Normannen. Im Jahre 865 nahm er ihnen dieselbe jedoch wieder (SS. I, 470): Adalardo, cui custodiam contra Nortmannos commiserat, sed et suis propinquis Hugoni (irrthümlich statt Utoni) et Berengario – – collatos honores tollit. – Udo und Berengar verschworen sich dann 866 abermals mit Ludwig dem Jüngeren gegen dessen Vater Ludwig den Deutschen (SS. I, 379).
  70. Der Ausdruck „propinquus“ geht, wie bereits bemerkt wurde, nicht ausschliesslich auf Blutsverwandtschaft, wie die Bezeichnungen consanguineus, avunculus oder nepos dies allerdings thun. In Urkunden dürfte allerdings auch „propinquus“ meistens Blutsverwandtschaft bezeichnen.
  71. Mon. Germ., Dipl. reg. et imp. I S. 77 Nr. 43.
  72. Hier war freilich schon seit 929 (927) Adalbero Bischof.
  73. SS. XXV, 870.
  74. Auch Abstammung von einer Schwester Heinrich’s I. wäre möglich, da ja auch eine solche noch zugleich auf Karl den Grossen zurückführte.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: serenitaten