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Ueber die Dresdner Kunstausstellung vom Jahre 1803

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Titel: Ueber die Dresdner Kunstausstellung vom Jahre 1803.
Untertitel:
aus: Journal des Luxus und der Moden
Herausgeber: F. J. Bertuch und G. M. Kraus
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1803
Verlag: Landes-Industrie-Comptoir
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Erscheinungsort: Weimar
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Katalog der Ausstellung siehe Verzeichniß sämmtlicher in der Churfürstl. Sächsischen Academie der Künste im Jahre 1803 öffentlich ausgestellter Kunstwerke
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Ueber die Dresdner Kunstausstellung vom Jahre 1803.
Dresden, im März 1803.     

Die hiesige Kunstausstellung, die allezeit vom fünften dieses Monats an, ohngefähr vier Wochen dauert, dient der gebildeten Welt zu einem fröhlichen Uebergange aus dem Winter in den Sommer. Die einzelnen warmen Tage, welche diese Jahreszeit sonst immer mitbringt, diesmal aber noch vergessen hat, sind auch diejenigen, die dieser Anstalt die meiste Gesellschaft zuführen. Wem die Kunst allein Langeweile machen würde, der läßt sich solche dann doch um der Leute willen gefallen, die sich mit ihm um sie her versammeln, und manchem freundlichen Kinde gewährt die Ausstellung die erste Veranlassung, aus den einsamen vier Mauern zu schlüpfen, worein man es den ganzen Winter über verschlossen hatte, und – sich selbst auszustellen.

Ein neues Interesse muß diese Anstalt denenjenigen, welche mit dem Beschauen der aufgestellten Kunstsachen einen angenehmen Spaziergang verknüpft wünschen, seit diesem Jahre durch den veränderten Ort darbieten, zu dem der Eingang auf dem Brühlschen Garten sich befindet, einem Garten, der in dieser Jahreszeit wegen seiner Nähe und Trockenheit am meisten besucht wird. [256]

Dieses ist indessen nicht der einzige Vortheil des neuen Lokals vor dem alten. Der wesentliche besteht in dem besseren Lichte, welches durch die großen Fenster den Gemälden zu Theil wird; besonders in dem durch zwei Wände getrennten Saale. Dieser ist auch beinahe ausschließend zu dem Bessern der ausgestellten Kunstsachen benutzt worden, dahingegen dem weniger guten Lichte des Nebenzimmers solche Bilder zugefallen sind, denen ein besseres nicht das rechte gewesen seyn würde. In der That möchte man glauben, daß der verstorbene Bürger, der, weil gar zu schlechte Gedichte für seinen Musenalmanach einliefen, Willens war, einen Beiläufer desselben, unter dem Titel: Schofelalmanach zu errichten, die Direktion der hiesigen Akademie auf die Idee gebracht habe, ein Schofelzimmer zu veranstalten. Auch sieht es aus, als wäre ein lachendes Gesicht, das um so satirischer zu nennen ist, je unschuldiger es zu der Satire kommt, nicht ohne Absicht als Warnungstafel der Thüre dieses Zimmers gegenüber gehängt worden. Demohngeachtet möchte es nicht anzurathen seyn, sich davon den Eingang verbieten zu lassen. Denn ob es schon in eine Art von Siberien für verbrecherische Kunstwerke führt, so giebt es doch auch hier, wie in dem ordentlichen Siberien Verbannte, welche ganz unschuldig zu ihrer Verbannung gekommen sind.

Im Ganzen ist, wie immer, bei der hiesigen Ausstellung, in Vergleichung mit Porträts und Kopieen, eine auffallende Armuth an neuerfundenen historischen Kompositionen zu bemerken, deren Ursachen freilich in der geringen Aufmunterung liegen mögen, welche der Kunst von unserm frivolen Zeitalter wiederfährt. Der heutige Luxus ist weniger solide, als der vormalige. Die ächte Kunst, und überhaupt [257] alles Dauernde, ist ihm zu ernst und fest. Er treibt mit dem Vergänglichen sein leeres Spiel, und in seiner Unbestimmtheit und einem Wechsel ohne Aufhören, zeigt sich der heutige Charakter aller gebildeten Nationen.

Unter der geringen Anzahl historischer und mythologischer Vorstellungen, zeichnete sich hauptsächlich ein Oelgemälde vom Herrn Gareis aus, dessen Gegenstand Orpheus war, wie er durch Gesang und Saitenspiel den Pluto und die Proserpina bewegt, ihm die verlorne Geliebte zurückzugeben. Jeder, der das große Talent des jungen Künstlers vor kurzem noch mit Schmerz einen durchaus verkehrten Weg betreten sah, muß schon beim ersten Blick auf dieses Gemälde von der Freude ergriffen werden. Herr Gareis hat seitdem die bedeutendsten Fortschritte gemacht, er ist der vorige nicht mehr, wenigstens nicht der, welcher er in seinem vorjährigen Bilde war. In der Komposition möchte freilich manches schwer zu entschuldigen seyn. Die doppelte Beleuchtung, nach der Pluto, Proserpina und was zu ihrem Reiche gehört, von der Glut des Orkus, Orpheus hingegen von dem Tage das Licht erhält, thut nicht die beste Wirkung, auch liegt ihr nur eine scheinbar gute Idee zum Grunde. Die Art, wie Pluto den Cerberus unter sich hat, ist nicht weniger tadelhaft, auch sollten wohl nicht die Verdammten ausschließend gezeigt werden. Am meisten wird ein jeder den Schatten der Euridice vermissen, an den der Künstler wohl zuerst hätte denken sollen. Von einem der Verdammten, den der Gesang des Orpheus aus seiner Kluft in die Höhe lockt, ist nichts als die beiden Hände zu sehen, womit er sich an dem Felsen anklammert. Sollte auch Herrn G. ein großes Vorbild hierzu verleitet haben, eine gute Wirkung machen diese beiden Hände gewiß nicht. [258]

Doch genug von dem, was man wohl anders wünschte, da so vieles Vortreffliche es vergütet! Wie voll von Seele steht nicht allein dieser Orpheus da! Man sieht die zauberischen Töne auf seinem Gesichte. Es ist klar, weshalb der harte Pluto vor sich hinstarrt, und wie der Schmerz in den Zügen des schönen Sängers auf Proserpinen den Eindruck machen, den man an ihr wahrnimmt. – Vielleicht trägt die jetzige Manier des Herrn G. noch ein wenig die Spur von Paris, wo er sich gegenwärtig aufhält, und wo er zu dem Range gelangt ist, von dem das ganze Gemälde zeugt. Allein auch davon wird der brave Künstler zurückkommen. Der Riesenschritt von dem vorigen schmutzigen Kolorit zu diesen reinen Farben, von den flachen und armen Figuren zu diesen runden und schönen Formen, bürgt für sein Genie, wie für seinen Fleiß, und überhaupt für das Gerechte der Hoffnungen, welche sich die Kunst von diesem Künstler seit seiner frühesten Jugend gemacht hat. –

Ein Oelgemälde des Herrn Mons, den Marius auf Karthago’s Ruinen vorstellend, zeugt von dem Studium dieses Malers nach guten Mustern. –

Herr Professor Seidelmann gewinnt die Freunde seiner bei der sorgfältigsten Ausführung sehr geistreichen Zeichnungen auch diesmal durch zwei Kopieen, eine von der persischen Sibille des Guercino, die andere von einer Figur aus der Geisselung des heil. Gregor von Dominichino. –

Der immer noch sehr thätige Herr Professor Graff hat vier schöne Porträts gegeben, worunter eins, welches den hiesigen Konsistorialpräsidenten von Gärtner vorstellt, ganz [259] außerordentlich gelungen ist. Von den zwei kleinen Brustbildern in Pastell, welche Herr Hofmaler Schmidt ausgestellt hat, ist das von Bonaparte darum besonders merkwürdig, weil es nach dem Zeugnisse mehrerer Personen, die diesen wichtigen Mann selbst gesehen haben, unter den vielen Bildnissen, die von ihm da sind, das einzige vollkommen ähnliche seyn soll.

Wie gemeiniglich, hat Herr Professor Grassi auch diesmal seinen zarten Pinsel für sich reden lassen. Das weibliche Porträt in Oel von ihm, ist ein überaus reizendes Gemälde. Die vorgestellte Dame hat den linken Arm aufgestemmt, und den Kopf leise in der Hand dieses Armes ruhen. Eine Urne daneben würde auf Trauer deuten, wenn nicht die Dame sowohl, als die auffallend bunten Kleider ihr zu widersprechen schienen.

Durch Herrn Direktor Tischbein aus Leipzig ist die Ausstellung mit zwei Oelgemälden verschönert worden. An dem einen, einer jungen Dame in Lebensgröße, der durch eine Taube ein Zweig zugebracht wird, zeigt sich die leichte Manier dieses Künstlers, und die Art seiner Gewänder deutlicher, als irgendwo. Auf dem andern Bilde, drei Kinder (halbe Figuren) ist das kleine Kinderköpfchen überaus lieblich, und die Gruppe sehr gefällig.

Drei Pastellgemälde von Dem. Stock ertheilen ihr das schon oft verdiente Lob einer so geistreichen, als fleißigen Künstlerin. Die Madonna mit dem Kinde nach Bagno Cavallo, ist eine vortreffliche Kopie. Die andern beiden ein heiteres, aufblühendes Mädchen, und ein junger Mann, Porträts nach der Natur, scheinen zu leben. [260]

Von den drei Gemälden in Oel, welche Dem. Alberti ausgestellt hat, gehört das eine mit zu den vorzüglicheren der Ausstellung. Sein Gegenstand ist ein kleines Mädchen, das auf[WS 1] grünen Rasen hingestreckt, ein Lamm liebkoset. Der ruhige Genuß des Augenblicks ist sehr gut in dem kindlichen Gesichte ausgedrückt. Das Beschränkte der Wünsche dieser Kleinen scheint die Künstlerin auch in den Umgebungen allegorisch haben andeuten wollen. Das Mädchen ist von Bäumen eingeschlossen, und hat genug an den bunten Blumen, die vor ihr aufwachsen, auch schon welche gepflückt in einem Körbchen neben sich stehen. Von Aussichten in die Ferne weiß die Glückliche nichts.

Herr Caffee aus Leipzig zeigt seine bekannte Manier in vier Pastellgemälden nach der Natur, welche mit den Personen, die sie vorstellen, viel Aehnlichkeit haben.

Von dem rühmlich bekannten Herrn Schnorr sind drei sehr graziöse Zeichnungen, die eine zu einem Kupfer in Wielands Werken, die andern beiden zu Kupfern aus dem Gedicht Siama und Galmori zu sehen.

Mit großem Bedauern vermissen die Freunde der Kunst einen Beitrag von Herrn Runge, einem Künstler, welcher sie voriges Jahr mit einer schönen Allegorie erfreut hatte, und der überhaupt in Allem, was er neuerlich hervorbringt, seinen hohen Beruf darthut, auf dem eigenen, poetischen Wege fortzugehen, den er betreten hat.

Noch ein Mann, der es auch im Praktischen bereits zu einer seltenen Höhe gebracht hat, der so dichterische Landschaftsmaler Herr Mechau, ist diesmal leider, nicht unter [261] den Künstlern, welche die Ausstellung mit Werken von sich beschenkt haben.

Unter den Landschaften, welche Herr Professor Klengel gegeben, möchte wohl die Abenddämmerung den Preis davon tragen. Herr K. läßt in ihr gleichsam die Landschaft selbst heraustreten, statt daß er sie sonst zuweilen in einen warmen Duft hüllt, der das Auge berauscht. Diese Landschaft ist außerordentlich schön. Weniger gelungen möchte vielleicht der andre dargestellte Abend seyn, bei welchem ein großer Theil der Sonnenscheibe sichtbar wird. Hierbei kann indessen den Künstler nur in soferne einige Schuld treffen, als ihn bereits mehrere Versuche von der Undankbarkeit des Gegenstandes überzeugt haben sollten. Zwar hat Herr K. diesmal dadurch, daß er ein Stück seiner Sonne hinter einen Baumstamm, ein anderes hinter einen dunkeln Hügel verbirgt, der Scheibe ein stärkeres Licht, als in manchen seiner frühern Arbeiten dieser Art zu geben vermocht. Allein gegen die rothen Wolken, welche hervorgebracht werden, ist und bleibt dieser bläulichhelle runde Fleck ohne Stralen, dennoch viel zu unkräftig. Herr K. scheint das wohl einzusehen, und darauf auszugehen, dem Beschauer die Sonne darzustellen, wie sie einem von ihr bereits Geblendeten erscheinen müßte. Sollten jedoch dergleichen Täuschungen nicht eher für ein Panorama, als für eine reizende Landschaft von der Hand dieses schätzbaren Künstlers gehören! Noch ist eine Mondscheinlandschaft vom Herrn K. zu sehen. Allein sein gewöhnliches Glück folgt ihm selten bis in die Nacht hinein. Durch die unaufhörlichen Opfer, welche Herr K. der Sonne bringt, scheint er es mit dem Monde verdorben zu haben. Der Günstling indessen, dem die Sonne ihre Wirkungen so nachzuschaffen [262] erlaubt, wie ihm, wird den Zorn des lieben Mondes immer auf die leichte Achsel nehmen können.

Von einer vormaligen Schülerin des Hrn. Klengel, welche diesem Meister alle mögliche Ehre macht, der Dem. Freystein, sieht man zwei sehr schöne und mit keckem Pinsel in Oel gemalte Ansichten, die eine aus dem Grunde bei Lohmen, die andre vom Schlosse daselbst.

Herr Zingg hat durch vier in Sepia getuschte landschaftliche Ansichten den zahlreichen Freunden seiner sorgfältigen Arbeiten viel Vergnügen gemacht. Auch sieht man diesen Künstler und seine Manier in mehrern geschickten Schülern wieder aufleben.

Außerordentlich schön ist eine mit Sepia getuschte Zeichnung von dem Kreidenfelsen auf der Insel Rügen. Kraft und Weichheit am rechten Orte. Der Künstler heißt Herr Friedrich.

Die drei in Oel gemalten Feuersbrünste vom Herrn Oldendorp, verdienen diesmal ein vorzügliches Lob. Man muß den Fleiß bewundern, mit dem der Künstler fortfährt, sich diesem Fache ausschließend hinzugeben. Zuverläßig ist er darin seit einem Jahre sehr merklich vorwärts gekommen. Der Brand von Magdeburg hat vielleicht in Ansehung der Darstellung der Flammen das ausgezeichnetste Verdienst. Sehr gut ist indessen auch die Feuersbrunst an einem neblichten Abende vorgetragen. Weniger gelungen könnte man vielleicht diejenige nennen, worauf der Mond erscheint.

In der Blumen- und Fruchtmalerei zeichnet sich Herr Lommarzsch durch ein Oelgemälde nach de Heem, [263] und Dem. Friedrich durch ein selbst erfundenes Blumenstück aus.

In Ansehung der Stickereien hat Dem. Ludwig mit ihren zwei Stücken die andern eingegangenen bei weitem übertroffen.

Die Meißner Porzellanmanufaktur zeigt schöne Figuren in Biscuit, und mitunter sehr gute Emailgemälde.

Von den Bildhauerarbeiten interessiren die hiesigen Einwohner zwei kolossale Brustbilder von dem Kurfürsten zu Sachsen am meisten. Die eine ist vom Herrn Inspektor Matthäi, die andere vom Herrn Ulrich.

An Kopieen sieht man einen großen Ueberfluß; und außer mehreren vortrefflichen leider auch welche, die andre Jahre viel besser ausgestellt waren. So der kleine Johannes nach Albano, der zwei oder dreimal eingekommen ist, aber durchaus nicht mit einer Kopie verglichen werden kann, mit der vor einigen Jahren Dem. Stock die Ausstellung beschenkte.

Ein Gemälde vom Herrn Schubert[1] und noch eine Landschaft des Herrn Klengel, sind zwar versprochen worden, aber wenigstens bis jetzt nicht eingelangt. [264]


Nachschrift.

Die zurückgebliebene Landschaft vom Herrn Professor Klengel ist erschienen und von zu ausgezeichneter Schönheit, als daß sie übergangen werden dürfte. Vielleicht hat dieser Meister noch niemals eine reizendere geliefert. In ihr findet man mehr, als in seinen gewöhnlichen Landschaften, eine reiche, große Komposition. Es ist ein Morgen. Zur Staffage dient ein Opfer im Vorgrunde unter hohen Bäumen vor einer Bildsäule des Pan. In dem davon durch einen Fluß getrennten Mittelgrunde erheben sich anmuthige, bewachsene Hügel, und ganz hinten steigen blaue und nur leicht noch geröthete Berge aus dünnem Morgendufte kühn in den Himmel. Dieser ist klar und mit einzelnen glänzenden Wölkchen bestreut. Welch eine Harmonie im Ganzen! Keine Spur von dem braunen Tone, worein der geschickte Künstler bisweilen verfällt. Auch Dem. Freystein hat noch zwei Landschaften auf die Ausstellung gegeben, wovon die eine den Königstein darstellt, und ebenfalls ungemein gelungen ist.

* * *      





  1. Dieses ist gar nicht ausgestellt worden, sondern blos an dem Tage, da der Kurfürst die Ausstellung besehen hat, sichtbar gewesen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: auf auf