Unser Gruß zum 1. Mai

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Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
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Titel: Unser Gruß zum 1. Mai.
Untertitel: Mai-Festzeitung der Sozialdemokratie
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Herausgeber: Buchhandlung Vorwärts
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Paul Singer
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Erscheinungsort: Berlin
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Unser Gruß zum 1. Mai.

Von all‘ den Festen, die es einst geblendet
Und nur verschärft der alten Ketten Druck,
Hat sich das Volk im Innern abgewendet
               Mit einem Ruck,

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Und wo es ihnen scheinbar treu geblieben,

Weil es die alten, gute Weise singt,
Da hat sich’s einen neuen Text geschrieben,
               Der anders klingt.
Doch weiter geht’s, trotz hunderttausend Pfaffen;

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Der Nebel sank, der Blick ward weit und frei;

Sein eignes Fest hat sich das Volk geschaffen:
               Den ersten Mai!

Und wie ein Blitz hat die Idee gezündet,
Die so gewaltig ist, als schlicht sie scheint;

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Sie hat die Völker ringsumher verbündet

               Und sie geeint.
Was keinem Buche tiefdurchdacht gelungen,
Nicht dem lebend‘gen Wort voll Gluth und Kraft ―
Das hat der Arbeit Frühlingsfest erzwungen ―

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               Die Brüderschaft.

Vom Südgestad bis zu des Nordlands Riffen
Flog die Idee ein flügelstarker Weih,
Und selbst die müde Dumpfheit hat begriffen
               Den ersten Mai!

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Sie ziehn einher in Kitteln und in Blusen,

Nachdem besiegt die erste zage Scheu ―
Ein wunderbares Hochgefühl im Busen,
               Das ihnen neu!
Es weicht der Druck, den immerfort empfunden

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Im einerlei der Alltagsfrohn das Hirn,

Es küßt ein goldner Sonnenstrahl für Stunden
               Die braune Stirn.
Und ihrer Macht sind inne sie geworden
Und daß die Arbeit unbezwinglich sei,

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Wenn sie zusammenhält in Süd und Norden,

               Am ersten Mai.

Auch die Verzagten lernten wieder hoffen;
Des Festes Losung: der Achtstundentag
Hat darum die Bedrücker auch getroffen

40
               Als Nackenschlag.

Sie hatten Epigramme erst gekritzelt,
Die höhnisch waren, aber flach und dumm,
Sie hatten erst gespöttelt und gewitzelt ―
               Nun sind sie stumm.

45
Denn riesengroß und drohend ist erstanden,

Ein Siegfried für den Drachen Tyrannei,
Der Arbeit wimmelnd Volk in allen Landen
               Am ersten Mai.

Wohl pochen sie auf ihrer Heere Mannen,

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Als eine Mauer, die dem Sturm nicht weicht,

Doch können sie das dumpfe Grau’n nicht bannen,
               Das sie beschleicht.
Es fröstelt sie und wie ein banges Ahnen
Hat es an diesem Tag sie angeweht,

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Daß es mit ihrer Macht auf steilen Bahnen

               Nun abwärts geht.
Der Arbeit Fest, sie müssen’s grimmig hassen;
Ohnmächtig ballt sich ihre Faust beim Schrei,
Der sich elektrisch fortpflanzt durch die Massen

60
               Am ersten Mai.


Doch weil es so, weil sie die Fäuste ballen
Und weil es Wermuth träuft in ihren Wein,
Soll dieses Fest das liebste uns von allen
               Für immer sein.

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Vom Fels zum Meer, von nordischen Gestaden

Bis zu den Bergen, die den rauhen Fuß
In ewig blauer Fluth des Südens baden,
               Ihm unsern Gruß.
Wir feiern es ― es soll die Arbeit ehren,

70
Und wurmt’s die satten Protzen nebenbei,

So thut’s uns wohl ― sie können doch nicht wehren
               Dem ersten Mai!
                                        R. L.