Unsere Bilder (Die Gartenlaube 1878/19)
[322] Unsere Bilder. Der Leser findet heute der „Gartenlaube“, wenn er jetzt zurückblättert, ein Idyll und ein Stück Natur-Epos in Bildern beigegeben. Wir führen ihn zunächst mit dem Kindchen, dessen Puppe den Kopf verloren hat, „Vor die rechte Schmiede“ – (S. 319) und dann ohne Zwischenvorhang sogleich zu unsern „Schmugglern in Nöthen“. Mit der ärztlichen Praxis, welche das Kind dem freundlichen Schmiedemeister zumuthet, findet jeder Kinderfreund sich selbst ab. Ob der Puppe der lose Kopf festgenagelt oder angeleimt werden soll, ist noch nicht ermittelt. Wir müssen das lediglich der Betheiligten überlassen. – Die schöne Harmlosigkeit verläßt uns plötzlich, blicken wir auf die „Schmuggler in Nöthen“ (Abbildung S. 311). Wir stehen da vor einem Alpenbilde, für dessen schaurige Erscheinung die Natur des Hochgebirges noch Stoff liefert, wenn der Bewohner der Ebene schon lange unter blühenden Bäumen sich von der Frühlingssonne bescheinen läßt. Die Österreichischen Zollgrenzen bieten sowohl nach der Schweizerseite, wie nach Italien hin dem Maler oft genug die halsbrechendsten Gelegenheiten zur Beobachtung solcher Scenen, wo der Mensch mit gleichem Trotze gegen Gesetz und Natur kämpft. Wir haben früher einmal erzählt, mit welcher Beharrlichkeit im Wagniß die Tiroler das Salz, das Oesterreich, wohl vertragsmäßig den benachbarten Schweizercantonen zu einem billigeren Preis, als im eigenen Lande lieferte, in langen Pascherzügen wieder nach Tirol zurücktrugen; an den italienischen Grenzen ist besonders die Seide eine einträgliche Schwärzerwaare, und einem solchen Zuge begegnen wir in dem Bilde Albert Richter’s. Durch die scheinbare Holzbelastung der Saumthiere dürfen wir uns nicht täuschen lassen. Eine leichte Arbeit hat der Schmuggler im Gebirge nicht. Wenn die Bora schneetrunken über den schmalen Saumpfad zu rasen beginnt, wie sie den Schmuggelzug unseres Bildes überfallen hat, dann ist es gewöhnlich zu spät sein Testament zu machen!