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Unterstand

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Textdaten
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Autor: Bn.
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Titel: Unterstand
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 611-612
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[600]

Unterstand.
Nach dem Gemälde von F. v. Defregger.

[611] Unterstand. (Zu dem Bilde S. 600 und 601.) Ein Wetter, schon auf halber Höhe des Aufstiegs zum „Kellerjoch“, den nach langem Zaudern und Ueberlegen endlich heute die Mutigen der Fremdenpension unternahmen – unbegreiflich, unerlaubt nach dem Barometerstand von gestern Abend! Die Wetterkundigen der Gesellschaft, der Herr Professor und der englische Reverend, waren einig über die vorzügliche Aussicht nach längerer Regenzeit, man brach um fünf Uhr morgens drunten im Zillerthal auf, die Damen stiegen ausgezeichnet, es herrschte eitel Lust und Freudigkeit über die herrliche Partie. Aber um acht Uhr schon – o weh! – kamen die bekannten Vorboten: der starke Südwind, die Tintenbläue der Berge, die rasch aufschießenden „Windbäume“ am Himmel. Und nun: dunkles Grau überall, Blitze und rollender Donner! Man muß noch Gott danken für den trockenen Unterstand in der Almhütte hier, den sich auch andere Bergkraxler, Holzknechte, Jäger und Boten zu nutze machten, welche breit und bequem ihren Platz am Tisch behaupteten und mit einem gewissen humoristischen Behagen das mißgestimmte „Stadtvolk“ an der Thür dort betrachten. Der Sennerin pressiert es nicht mit dem Kaffeekochen, sie überläßt das ruhig dem Führer, der ihr alle die „Herrischen“ da hereinbrachte; sie ist noch weit [612] entfernt von der industriellen Ausbeutung derartiger Schicksalsfälle und wird das Nachlassen des Wetters mit ebensoviel Erleichterung begrüßen wie die verunglückten Bergwanderer selbst. Eine nur unter diesen betrachtet das unliebsame Intermezzo als Gewinn: die lebhafte Schriftstellerin, welche die Gelegenheit zum Studium des tiroler Gebirgsvolks nicht unbenutzt vorüber lassen will, aber auf ihre vielen Fragen die zweideutig schlauen Antworten erhält, deren verborgener Sinn die große Heiterkeit der zuhorchenden Bauerngemüter erregt. Eine Ahnung davon scheint ihrer schweigenden Nachbarin aufzugehen, während die männlichen Geistesgrößen der Gesellschaft sich von den Vorgängen in der Hütte ganz abkehren und nicht nur den Wiederabstieg ins Thal, sondern, an der Hand des Taschenfahrplanes, den Rückzug überhaupt besprechen. Sie haben es satt, gründlich satt, das ewige Regenwetter, sie werden diesem allzu grünen Zillerthal den Rücken wenden und nach ihren Städten zurückkehren, wo es sich auch im Regen angenehm und bequem lebt. Und ihre Damen sind, wie immer, ganz derselben Meinung.

Das alles liest man mit stiller Belustigung aus dem Bild des Meisters, der uns schon so viel prächtige Schilderungen aus Tirol malte und hoffentlich noch viel weitere schenken wird! Bn.