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Unverhoffte Jagd (1877)

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Textdaten
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Autor: Guido Hammer
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Titel: Unverhoffte Jagd (1877)
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 46, S. 779–782
Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Jagd auf Trappen
Wild-, Wald- und Waidmannsbilder Nr. 43
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[779]
Wild-, Wald- und Waidmannsbilder.
Von Guido Hammer.
Nr. 43. Unverhoffte Jagd.


Ein reifkalter Spätherbsttag – die Erinnerung daran verweist mich nun schon auf viele, viele Jahre zurück – hatte mich wieder einmal zu einem mir befreundeten Förster eines dem Jagdschlosse Moritzburg nahe gelegenen Revieres hinausgeführt, mit dem ich der Feldjagd obliegen wollte, die damals in jener Gegend noch recht ergiebig war. Von früh morgens an bis zur späten Tagesneige, die dann doch endlich Halali gebot, waren wir, außer bei einem kurzen Mittagshalte, ununterbrochen auf der Suche geblieben, als mein lieber Jagdgeber den friedlichen Klang der Vesperglocke vom hinter dem Walde verborgenen Kirchdorfe her dahin deutete: wir sollen der Schenke zueilen. Beschleunigten Schrittes wandte daher der Gute sich einer an der nahen Heerstraße gelegenen Ausspannung zu, um hier vor dem Heimgang erst noch ein wenig zu rasten, sowie dabei seinen trocken gewordenen Gaumen durch ein „Einfaches“ (Lagerbier kannte man zu jener glücklichen Zeit in dieser Gegend noch gar nicht) anzufrischen, dem dann freilich auch noch – nur aus sanitätlicher Rücksicht, wie der durstige Nimrod behauptete – einige „Brände“ nachgeschluckt wurden. Bei dieser nichts weniger als schwelgerischen Zeche konnte mein Jägersmann aber doch mit bewundernswerther Ausdauer stundenlang sitzen bleiben, folgte er doch wahrscheinlich dabei nur einem seiner beliebten Waidsprüche:

„Ich sitze gern im Schenkenhaus;
Dort schlägt kein Reis das Aug’ mir aus.“

Mir aber war’s eben auch recht, in der verräucherten Gaststube, die mit ihrer glänzend schwarzen Balkendecke und mächtigen Holzsäule inmitten des dämmergefüllten Raumes eine höchst gemüthliche war, ausharren zu müssen. Hat doch ein solches Local mit seinen ständigen wie wechselnden Insassen, den Wirthsleuten [780] und den Gästen, für mich von jeher eine ganz besondere Anziehungskraft ausgeübt, und so auch heute.

Da saß am großen grünen, von einem Holzgerüst umgebenen Kachelofen, dem eine schon recht behagliche Wärme entströmte, beim Schein eines Talglichtes, das geknickt in einem höchst primitiven Drahtleuchter umherschwankte, eine Gruppe Frachtfuhrleute, kernfeste, wetterharte Gestalten, in ihren blauen Ueberhemden und plumpen Aufschlagstiefeln gar prächtig anzuschauen, welche hier bereits zum Abend ausgespannt hatten und nun ihr reichlich aufgetragenes wohlduftendes und gewiß auch recht schmackhaftes Mahl verzehrten. Vortrefflich hierzu stimmte der Hintergrund. Diesen bildete ein in Tabaksqualm schier verhüllter großer vergatterter Ausschank, hinter dessen mit allerhand inhaltreichen seltsam geformten Flaschen, mächtigen Biergläsern und sonstigen Trinkgeschirren, wie blank geputzten Zinnmaßen besetzter Brüstung die wohlbeleibte Wirthsgestalt auftauchte. Das unvermeidliche grüne Sammetkäppchen auf dem dicken Schädel, wartete dieser Biedere hier selbstgefällig seines Amtes und war jeden Augenblick bereit, die durstigen Kehlen seiner Gäste zu netzen.

Andererseits füllten nun auch noch heimkehrende Landleute, zumeist Waldarbeiter, wie der ihnen anhaftende eigenthümliche Haidegeruch es gleich verrieth, die Schenke, und diese ergötzten mein Auge nicht minder durch ihre charakteristischen Erscheinungen als die schon vorher Geschilderten. Ganz besonders aber fesselte von den Hinzugekommenen meine Aufmerksamkeit ein großer, starkknochiger, trotz seines schneeweißen Haares noch völlig ungebeugter, wetterfester Mann; er war, wie ich sogleich erfuhr, der älteste und bravste Waldarbeiter des ganzen Forstbezirkes und namentlich auch bei den Königsjagden in Moritzburg ein unentbehrlicher Treibmann, meinem Jagdgeber und Gewährsmann also auch ein alter Bekannter. Daher begrüßte der muntere Alte seinen Vorgesetzten, als er seiner ansichtig geworden, in zutraulichster Art mit einem „Guten Abend, Herr Förster! ’s freut mich, Sie hie zu treffen, denn das paßt mer g’rade, Ihnen hinte noch was zu erzählen.“ Und nun stattete er seinem aufmerkenden Brodherrn folgenden originellen Bericht ab:

„Heute Morgen, als ich mit meinem Schiebbock auf’s Revier nach dem hintern Holzschlage ’nausfuhr, da stand gar nich weit vom Schmäligswege, wo der spitze Feldzippel sich in’s Holz ’reinschiebt, ein ganzer Schwarm großmächtiger Vögel, solch Zeug ich in meinem ganzen Leben noch nich gesehen. Das waren doch Kerle, wie die Truthühner.“

Auf des Försters Vermuthung: es seien wohl wilde Gänse gewesen, welche dort in dem anstoßenden Stücke Saat gelegen, entgegnete aber der Alte:

„O nee – die Sorte kennen mer genau, haben doch dergleichen Aeser vergangenen Herbst mei Bissel Wintersaat, das ich hinterm Hause stehen hatte, in eener Nacht total ruginirt. Nee, nee, dergleichen Beester waren’s nich; denn sie hatten ooch nich etwa Latschen, sondern ganz gehörig lange Beene. Und rennen konnte das Teufelsviehzeug, als es vor mir flüchtig wurde, g’rade wie die Windhunde.“

Nun schoß uns sozusagen das Blatt – dieser Beschreibung nach hatte der gute Mann Trappen gesehen. War dies doch auch gar nicht so unmöglich, da auf weiter gelegenen, nachbarlichen Fluren dann und wann einmal ein Stück dieses stattlichsten Federwildes geschossen wurde. Ja, in nicht allzu ferner Umgegend, bei Großenhain nämlich, wo die weitgedehnten Flächen ein recht günstiges Terrain dazu bieten, hatten bisher fast jedes Jahre wenigstens einige Exemplare dieser seltenen Vogelgattung Stand gehalten. Daher konnte ja wohl leicht auch einmal ein auf dem Striche befindliches oder versprengtes Gesperre dieser Ungewöhnlichen sich hierher verirrt haben. Mein darnach lüstern gewordener Waidmann beschloß augenblicklich, des andern Morgens mit mir Auslug nach den Vermutheten und im glücklichen Falle Jagd auf sie zu halten, und beorderte demnach vor Allem auch den gemüthlichen Berichterstatter, den alten „Bienenlob“, wie er allgemein genannt wurde, dazu, uns zu begleiten.

Frohgemuth, weil um eine aufregende Jagdhoffnung reicher, machten wir uns auf den Weg, dem traulichen Jägerheim zu, und ich konnte hier kaum den andern Tag erwarten, an welchem wir dem seltenen Wilde nachzuspüren gedachten.

Nach unruhig vollbrachter Nacht, während welcher ich mich im Traume mit riesengroßem, phantastisch geformtem Geflügel umhergebalgt hatte, dämmerte endlich der Morgen, und ich verließ schleunigst das Lager. Rechtzeitig meldete sich dann auch alsbald unser „Bienenlob“ im Forsthause, und auch wir, der Förster und ich, säumten nun keinen Augenblick länger, für Alles wohl vorbereitet, zum vorgenommenen Ausfluge aufzubrechen. Vorerst galt es hierbei, dem Orte, wo der Alte gestern die „Beester“ gesehen, zuzusteuern. Deshalb wanderten wir wohl anderthalb Stunden weit hinaus, ehe wir nur in die Nähe des Feldstückes kamen, wo die fraglichen Vögel gestanden haben sollten. Von hier aus, den Wind wohl beachtend, schlichen wir nun mit aller Vorsicht bis zu der erwähnten Stelle, von wo aus gestern die heute Gesuchten entflohen sein sollten.

Trotz des hier genommenen sorgfältigsten Umblickes, wobei auch der vom Förster wohlweislich eingesteckte Feldstecher seine Dienste leisten mußte, war weit und breit keine Feder zu erblicken, auch etwaige Fährten nicht zu sehen, da wir uns auf hochgrasigem und haideüberwuchertem Terrain, beziehungsweise auf schon seit mehreren Tagen hartgefrorenem Feldboden befanden. So erwies sich denn unsere erste Ausschau nach den Ersehnten als gänzlich erfolglos, ja auch nicht einmal zu weiteren Hoffnungen berechtigend. Dennoch sahen wir nicht kleinmüthig von jedem weiteren Schritte ab; vielmehr ward nun der freilich etwas gewagte Anschlag zum Beschluß erhoben: Nero, den vortrefflichen, mit ungewöhnlich feiner Nase begabten und seiner englischen Abstammung zufolge weithin suchenden Hühnerhund zu lösen, und die vor uns ausgebreitete Fläche abrevieren zu lassen, um dadurch wenigstens über das „Sein oder Nichtsein“ der Begehrten an dieser Stelle in’s Klare zu kommen. Zu diesem Zwecke nahmen wir beiden Schützen vorläufig eine kleine Erhöhung ein, von der man Alles, so weit das Auge ringsum, selbst das bewaffnete, reichte, überblicken konnte, den Nero aber ließ der Förster durch unsern braven Führer von derjenigen Stelle aus, wo dieser gestern die Laufvögel hatte forteilen sehen, die vorliegenden Fluren absuchen. Das Jagdgebiet sofort flüchtig nehmend, stieß er wohl hier und da einen lose sitzenden Hasen vor sich heraus, bis er plötzlich anzog, und zwar in höchst auffällig markirter Weise. Rascher schlugen jetzt unsere Herzen, und als der Kluge vollends fest vorstand und wir nun ohne Zögern, mit dem gehörigen Abstand voneinander, auf den Hund zuschritten, da hegten wir von Neuem die beste Hoffnung. Freilich hatten wir erwartet, daß, stieße Nero wirklich auf die gesuchten Trappen, diese sofort vor ihm flüchtig werden würden, aber gern ließen wir jetzt diese Annahme als eine irrige gelten, trösteten wir uns doch damit, daß es sich ja ereignen könne, daß dieses für uns unberechenbare Wild auch einmal einem umsichtigen Vorstehehunde aushielte.

In diesem tröstlichen Glauben schritten wir gespannt, aber auch auf’s Bedächtigste vorwärts. Kaum waren wir jedoch nur annähernd auf Schußweite herangekommen, so bewegten sich vor dem Hunde auch schon die hohen Schmälen. Deshalb ließ der Förster, rasch entschlossen, den Hund einspringen, sodaß die Flüchtlinge alsbald schwirrend vor ihm aufstanden und uns veranlaßten, rasch hinter einander vier Schüsse unserer Büchsflinten darnach abzugeben. Dieses kleine Rottenfeuer brachte wirklich ein Stück der weithin Beschossenen zu Falle, welches nun auch sofort vom Hunde apportirt ward. Aber wir fanden nicht, was wir gesucht hatten. Die immerhin recht starken, aber von uns doch gleich erkannten Vögel, von denen wir jetzt ein Exemplar in Händen hielten, waren nur ein Flug Birkwild, der uns geäfft hatte. Da nun auch dieses Geflügel nur ausnahmsweise im Reviere vorkam, so glaubten wir jetzt zuversichtlich, der gute, ehrliche „Bienenlob“ habe gestern auch nur solches gesehen und die ihm – unserer Meinung nach – unbekannten Vögel seien ihm nur in seinem überraschten Sinne so übertrieben groß und schnelllaufend vorgekommen, wie er es uns in seiner drastischen Art beschrieben. Als daher der Förster dem herangekommenen Alten in bester Laune lachend vorhielt, daß in diesem Falle einmal seinen Augen die gestern von ihm gesehenen „Beester“ und deren „Beene“ etwas zu groß, auch ihr Laufen als zu schnell erschienen, und ihm zum Beweise des Gesagten nun die eben erlegte Beute vorzeigte, da schüttelte der greise Mann unwirsch, ja ordentlich zornig, das graue Haupt und sprach:

„Solch wildes Hühnervolk, von der die Bürkhinne hie ist“ – er erkannte die Wildgattung auf den ersten Blick – „das [781] habe ich in meinem Leben wahrscheinlich mehr gesehen als Sie, Herr Förster. Solch Zeugs gab’s früher hie, wo noch nich jeder Schwanz weggeschossen wurde, zu Haufen. Ja, in jener Zeit, als ich noch jung und Sie noch nich geboren waren, da kollerten die Rackers im Frühjahre, eso im März ’rum – obig der Ecke auf den weiten Brüchen hinterm Auer, da wo der Wildzaun d’ran hingeht, bis nunger an die Altenteiche – wie die alten Trommeln, und springen that dabei die verrücktige Bande, wie besessene Kobolde. Nee, nee – die Art kennen mer noch zu genau von früher her, als daß mer sie etwa mit dem

Trappen.
Nach der Natur gezeichnet von Guido Hammer.

mir gestern vor’s Gesicht gekommenen groben Zeuge verwechseln könnten. Das war eine ganz andere Bande, wie die, von der die lumpige Bürkhinne hie herstammt.“

Nun, uns verdroß diese etwas derbe Zurechtweisung keineswegs; unsere Enttäuschung wandelte sich dadurch in neue, froheste Hoffnung um, denn an der Wahrhaftigkeit unseres gekränkten Belehrers brauchten wir keinen Augenblick zu zweifeln. Darum ward mit frischem Muthe weiter nach den Mysteriösen gesucht und nicht, wie wir bereits beschlossen, dem in das Holz hereingestrichenen Birkwild nachgezogen. Vielmehr ging es nun immer weiter hinaus auf die Fluren, wobei kein Feld, kein Acker, brachliegend oder bestellt, keine Wiese oder sonstiges Stück offenes Land unberührt gelassen wurde. Alles, alles gingen wir mit größter Gewissenhaftigkeit ab, den Hund dabei jetzt nur noch kurz suchen lassend, aber nirgends wollte das „langbeenige Viehzeug“ zum Vorschein kommen. Da wandten wir uns noch zuguterletzt einem wüsteliegenden Stücke Rodeland, das früher Bauernbusch gewesen und äußerstes Grenzstück im Reviere war, zu, weniger in der Voraussetzung, hier noch unsere Sehnsucht erfüllt zu sehen und das Gesuchte zu finden, als vielmehr dabei nur gelegentlich einen weiterhin liegenden kleinen Waldteich abzugehen und dort vielleicht noch ein paar Enten zu schießen. Da der Boden vor uns ein wenig hügelig war und man von seinen Erhöhungen aus weithin Alles übersehen konnte, ward noch einmal verlorener Weise mit dem Feldstecher Umschau gehalten, und mit so geschärftem Blicke auch dieses öde Stück auf’s Sorgfältigste durchforscht, bald vom Förster, bald von mir. Auch „Bienenlob“ versuchte es einmal damit, behauptete aber: durch diese „Röhre“ sähe er gar „nischt“, da könne er ebenso gut in einen Sack „’neingucken“. So war denn [782] das verschmähte Glas eben wieder zu seinem Besitzer zurückgekommen und abermals von diesem zu neuem Auslug benutzt worden, als ich in dessen Mienen eine auffallende Erregtheit wahrnahm, ja seine Hand zittern sah. Und mit einem: „Der Satan soll mir gleich einen Waidmann setzen, wenn dort die Teufelsbraten nicht stehen,“ reichte der Förster mir den Gucker, und beschrieb mir genau den Fleck, wo er das hohe Federvieh zu sehen geglaubt. „Da über den dürren Haidestreifen hin, genau in der Richtung des dort stehenden Kiefernkuschels, rechts von dem alten Stocke auf der kleinen fahlen Blöße, da stehen sie – ich will keinen Finger je wieder krumm machen, wenn’s nicht trifft.“

Rasch fand ich mich zurecht, schaute scharf hinauf nach dem mir bezeichneten, etwa fünfhundert Schritte entfernten Plätzchen – und wirklich! da standen und saßen die Vermutheten und endlich doch Gefundenen leibhaftig vor meinem erstaunten Auge. Wir waren gut gedeckt und zudem im besten Winde; diese seltsamen Gäste schienen keine Ahnung von ihren Beobachtern zu haben. Dennoch kauerten wir uns alle Drei vorsichtig auf den Boden hinter dichten Anflug nieder und beriethen hier, wie wohl am besten bis auf Schußweite, wenn auch nur für den Büchsenlauf unserer Doppelzeuge, an die Erschauten hinanzukommen sei. Nach Einigung der Ansichten hierüber, wobei der alte „Schneesieber Bienenlob“ ganz vortreffliche Taktik bekundete, schlichen der Förster und ich mit unsäglicher Vorsicht, jede irgend geeignete Deckung wahrnehmend, dem scheuen Wilde zu, während der Waldarbeiter mit dem Hunde auf dem Entdeckungsposten ausharren mußte, um für etwaige Vorkommnisse freien Ueberblick zu behalten. So kamen wir, und zwar zu unserem eigenen Erstaunen, wirklich bis auf ein paar hundert Schritte an die inzwischen ganz ruhig Gebliebenen hinan, als sie nun doch auf einmal rege wurden und zu enteilen sich anschickten. Da schossen wir, Alles auf’s Spiel, nämlich auf eine Kugel setzend, genau zugleich die Büchsenläufe unserer Gewehre den Flüchtigen über die Köpfe hinhaltend, nach den vor der Hand nur erst im Laufen Begriffenen ab, und zu unserer Freude blieb ein Stück der Trappen, nach vergeblichem Bemühen mit den anderen fortzukommen, zurück und verschwand bald hinter einem Haidebusche, während die Davongeeilten in die Höhe und zum Fluge kamen, dann aber ebenfalls schnell hinter Hügelland des nachbarlichen Grenzrevieres, wo sie wieder einzufallen schienen, unseren Blicken entschwanden.

Rasch ward nun der Hund herbeigeholt und, an der Leine behalten, auf den Anschuß gesetzt, von wo aus uns sehr bald das kluge Thier, nachdem wir ihn von der erst angenommenen Fährte der Entflohenen, die wir auf dem den Tag über weich gewordenen Boden nicht unschwer erkennen konnten, abgeführt hatten, auf die untrügliche Spur des Angeschossenen brachte und darauf fortleitete, bis er, die Nase herumwerfend, plötzlich seitwärts abbog und uns nun direct auf Schweiß brachte, der allenthalben an den langen Grashalmen und Schmälen sich zeigte. So konnten wir denn jetzt ohne Gefahr den Hühnerhund frei weitersuchen lassen, der auch, nur erst von der Leine gelöst, sogleich flüchtig auf der nicht mehr zu verfehlenden Spur fortschoß, in wenigen Minuten schon zurückkehrte und stolz, als wüßte er, was Hohes ihm zur Beute geworden, den glücklichen Fang – einen jungen Trapphahn! – herzubrachte.

Gern theilten wir unsere herzinnige Freude darüber mit dem getreuen, braven „Bienenlob“, dem anstelligen Anstifter der geglückten Jagd, der darob aber nicht wenig stolz war. Hatten wir doch in der That nur ihm allein unseren heutigen Waidmannsegen zu verdanken. Ein verabreichter doppelter Tagelohn brachte dem Genügsamen noch einen geschätzten materiellen Gewinn, der ihm schließlich doch noch weit über das Vergnügen ging, welches er unverkennbar an der Erlegung der von ihm so bezeichnend beschriebenen „langbeenigen Beester“ hatte.

Mir aber war an diesem Tage außer dem gehabten Hochgenuß der Jagd auch noch der geworden: zum ersten Male in meinem Leben Trappen in Freiheit gesehen zu haben. Nicht mindere Freude gewährte mir am andern Tage die Gelegenheit, an der prächtigen Jagdbeute, dem erlegten Trappen, direct nach der Natur studiren zu können, so daß ich die mir lebhaft im Gedächtniß gebliebene Gruppe, wie ich sie durch’s Fernglas beobachtet, darnach ausführen und sie nun, nach langen Jahren, an dieser Stelle meinen „Wild-, Wald- und Waidmannsbildern“ einverleiben konnte.