Venus Vita

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Textdaten
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Autor: Richard Dehmel
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Titel: Venus Vita
Untertitel:
aus: Aber die Liebe
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Dr. E. Albert & Co. Separat-Conto
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Erscheinungsort: München
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans dieser Ausgabe auf Commons
S. 227-228
Kurzbeschreibung:
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 VENUS VITA


Und einen Feldweg, und um Morgengrauen,
     die kahlen Bäume stehen da wie tot,
     ich aber wandre, ohne aufzuschauen.
Ich fühle eine Furcht; und Regen droht.

5
     Ich höre den gedüngten Acker schweigen;

     und heute wird kein Morgenrot.
Die Straße teilt sich. In den schwarzen Zweigen
     sagt keine Tafel mir die rechte Spur:
     soll ich hinunter, soll ich steigen.

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Da däucht mir, in der tiefen Flur

     rief mich mein Name; aus ersticktem Munde.
     Ich horche; Nichts. Im Osten nur
enttaucht ein Licht dem fernen blassen Grunde.
     Es ist kein Stern, es schimmert warm und traut,

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     mir dämmert eine längst vergangne Stunde,

und wieder hör’ich fern und laut
     die bange Stimme meinen Namen rufen;
     und mir graut.
Mir scheinen plötzlich diese Ackerhufen

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     bekannt; ich bin so wandermatt;

     und dieser Pfad, und diese Wurzelstufen?
hinab! – Schon wird der Abhang glatt;
     [228] auf Einmal, wie von einem Kinderwagen,
     springt mir ein Rad

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unter den Füßen auf. Ich seh es jagen,

     es springt und rollt den Kiesweg vor mir her,
     seh’s Funken schlagen;
mein Schreck, mein Zittern wird Begehr,
     ich muß ihm nach, es haben! bis zur Kehle

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     hämmert mein Herz, das Rad rennt immer mehr,

und immer ruft mich klagend jene Seele
     und winkt das Licht,
     das Rad – Ich – jetzt: ich greife, fehle,
es ist ein Lichtrad! halt! nach, eh’s zerbricht!

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     ich fass’es, stürze – wach’ich? meine matten

     Finger umklammern es, – nein – nicht:
in meiner Hand zerrann es wie ein Schatten ...