Verfehlt
[716] Verfehlt. Ein Hoflakai kam einst auf den Gedanken, Friedrich dem Großen zu seinem Geburtstage einen Neujahrswunsch in Versen zu überreichen, und ließ solche von einem Reimschmied anfertigen, der sich alle Mühe gab, die alltäglichsten Gedanken in dem damals üblichen Lohenstein’schen Schwulst, verbunden mit Gottsched’scher wässeriger Breite, zu verarbeiten.
Friedrich rief nach Durchsicht dieses Machwerkes den Spender und fragte streng: „Hat Er das Zeug selbst verfertigt?“
„Nein, Eure Majestät,“ war die zitternde Antwort.
„Das ist Sein Glück, sonst hätte ich Ihn in’s Tollhaus bringen lassen. Da, nehm Er etwas für den guten Willen“ – er reichte ihm einige Goldstücke – „aber laß Er sich’s nicht beifallen, mich im nächsten Jahre in gleicher Weise zu incommodiren.“ L. M.