Vision (Schwab)
Vorbereitet
Sind die Geschicke der Welt.
In allen Zonen drängt sich aus dem Boden
Die Saat hervor,
Die Erd’, als einem Festgewand,
Und harrt des befruchtenden Donners.
Wen in den zögernden Himmel
Sendet die Erde hinauf
Mit dem Flehen der Völker,
Daß ihm gefalle zu lenken
Seiner Allwissenheit Strahl
Auf des Menschengeschlechts arbeitende Flur,
Einer aus seines Königes Rath
Steht auf.
Kaum erhöhet, räumt er
Den ersten Platz.
Denn sie liebten ihn, die Menschen;
Doch bei der Wellen Triumphlied,
Die sein Eiland umschlingen,
Wandelt hinauf er zu Gott.
Wirft er sich nieder und spricht:
„Begonnen ist, o Herr, dein Werk!
Die in der Völker irrenden Händen
Lange geschwankt,
In meine Hand,
Habe sie hoch gehoben in die Luft.
Sie zündet! riefen die Thoren,
Aber sie leuchtete nur.
In ihrem Scheine,
Warf in langdurchwühlten,
Lockeren Boden
Körner des Heils.
Den Geschlechtern der Erde allen,
Deiner Freiheit köstliche Frucht.
Frei im geselligen Tausch
Mögen die Schätze des Erdballs
Frei wandle das vernünftige Wort,
Frei glühe der fromme Glaube
In jeder Menschenbrust;
Frei diene der Bürger dem Gesetz,
Von der neuen Welt jungbrausenden Strömen
Bis zu des Eurotas versiegender Fluth.
Hab’ ich dein Licht;
Hielt ich’s den Völkern vor,
Und der Erde besorgte,
Zweifelnde Herrscher
Haben mir, trauend, Gnade genickt,
Zu dreifaltigem, heiligem,
Freiheitspendendem Bund.
Und jetzo fleh’ ich:
Laß nicht umsonst seyn
Was die Höchsten wollen,
Was die Niedrigsten hoffen,
Was meines Lebens Licht verzehrt hat,
Schaff’ es, du ewiges Licht!“
Winkte der Allmächtige
Den harrenden Geist;
Und eingewiegt ward er
Vom tiefen, träumelosen Schlaf
Bis daß die Zeit gekommen war,
Da berührte der Herr
Des Unsterblichen Haupt,
Und der fernen Erde Getümmel
Und ihn weckt’ ein schmetternder Donner.
Rief der selige Geist:
„Ich höre meiner Herren Schiffe!“
Er schaut die griechische Bucht,
Und der berstenden Kiele Qualm.
Eines Welttheils Jubel
Dröhnt durch sein wunderbar fassendes Ohr.
Die entrollten Lande,
Denn mehr als Eins
Ist, was ihn kümmert.
Nach dem Norden schaut er,
Bewaffnete gebiert, wie Drachensaat.
Doch aus der Zaare Pallast
Tönt ihm entgegen
Der Selbstverläugnung
Weiter,
Nach der heimischen Insel
Schweift sein sorgliches Aug’.
Aber am Ruder dort
Herrliches Schattenbild
Immer die Straße noch weisend stehn,
Und den Steuermann ihm gehorchen.
Siehe, welch Wunder
Gestaltet sich dort?
Im Lande des Aufruhrs, im Lande des Bluts,
Friedlich, in des Gesetzes Schatten,
Wirkendem Flüstern
Bildet die Volksgemeinde sich um.
Und die Krone glänzt,
Und die Freiheit wird
Wie in Albion, unter ihr leuchten.
Und auch anderswo strahlt’s;
Der Einigkeit Geist
Kehrt segnend ein
Zölle sinken,
Und der Welt zum Beispiel
Oeffnen weise Fürsten
Der freien Völker tauschenden Markt.
Sieht er die Lande dunkel,
Oder geröthet
Von der Zwietracht Brand und Mord.
Nur an der fremden
Hält die Gerechtigkeit Wacht,
Und es bebt der Raubstaat
Vor alter Jahrhunderte
Plötzlich reifendem Plan.
Da verschwindet das Gesichte vor ihm,
Und die Erde
Mit ihrem Lärm und Glanz
Sinkt hinab in die wolkige Tiefe.
Lebt der Glaube an’s Licht,
Und mit dem Danke der Menschheit
Wirft der selige Geist
Schweigend sich nieder am Throne des Herrn.
Was er träumend gesehn,
Wenn in den Himmel
Sich verlieren darf seine Seele.
Lächelnd vernimmt es,
Sie schauet nur den Keim,
Den niedrig sprossenden;
Gleichgültig wandelt sie
Ueber den schwarzen Kern,
Dem Dichter aber ist’s gegeben,
Schon offen zu schau’n
Im Kern und im Keim,
Die dereinst erscheint,