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Vom Gifte unserer einheimischen Lurche

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Textdaten
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Titel: Vom Gifte unserer einheimischen Lurche
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 667
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[667] Vom Gifte unserer einheimischen Lurche. Ueber die Giftigkeit unserer einheimischen Lurche, namentlich der Kröten und Salamander, hört man im Volke so verschiedene Ansichten und liest auch in sonst guten naturgeschichtlichen Büchern so ungenaue Berichte, daß es angezeigt erscheint, auf Grund sachverständiger Prüfung eine zutreffende Erklärung zu geben, um so mehr, als wir oft genug mit diesen Thieren in Berührung kommen und viele derselben zur Unterhaltung und Belehrung von jung und alt in Aquarien und Terrarien halten. Zu einer zuverlässigen und aufklärenden Darstellung sind wir durch das Erscheinen eines ausgezeichneten Fachwerkes über Vergiftungen veranlaßt worden. Es ist dies das „Lehrbuch der Intoxikationen“ von Dr. Rudolf Kobert, dem berühmten Professor der Pharmakologie an der Universität Dorpat, ein Buch, in welchem auch den hier ins Auge gefaßten Thiergiften eine lichtvolle Würdigung zu theil geworden ist.

Zuvörderst wollen wir unsere Aufmerksamkeit dem Feuersalamander zuwenden. Es ist bekannt, daß ein gereizter oder sterbender Feuersalamander Fische im Aquarium töten kann, indem er durch seinen Schleim das Wasser vergiftet. Schon im Jahre 1866 gelang es Zalesky unter Leitung von Hoppe-Seyler, aus den Drüsen in der Haut des Salamanders ein Gift rein darzustellen, das er „Samandrin“ nannte; andere Forscher haben es später „Salamandrin“ bezeichnet. Es verursacht, wenn es in den Magen kommt, heftiges Erbrechen, und 2 Milligramm, unter die Haut gebracht, genügen, einen Hund zu töten. Auf die bloße Haut übt es eine reizende Wirkung und kann namentlich auf Schleimhäuten heftige Entzündungen hervorrufen.

Auch der Wassermolch oder Wassersalamander (Triton cristatus) scheidet durch die Haut ein Gift aus, das, ins Blut gebracht, Thiere unter Lähmungserscheinungen tötet. Es ist weniger wirksam als das des Feuersalamanders, seine örtliche Wirkung aber nicht unbedeutend. So berichtet Vulpian, wie ihm eines Morgens ein kleiner Tropfen davon in das eine Nasenloch und ein anderer in ein Auge gelangte. Sofort erfolgte heftiger Schmerz an dem sich röthenden Auge, und bald schwoll dasselbe so an, daß es nicht mehr geöffnet werden konnte. Zugleich trat ein unerträgliches Kitzeln in der Nase ein, welches unaufhörliches Niesen zur Folge hatte. Kaltes Wasser wirkte auf die Entzündungserscheinungen lindernd, aber der Schmerz hielt elf Stunden an.

Zu bemerken ist noch, daß Larven des Feuersalamanders und Wassermolches kein Gift besitzen; sie werden darum auch von anderen Thieren verzehrt, während erwachsene Salamander von den meisten verschont werden.

Wenden wir uns den Froschlurchen zu, so gelten unter ihnen die Kröten und Krötenfrösche beim Volke als giftig – und mit Recht. Sie besitzen in der Haut zahlreiche Giftdrüsen, welche dieselbe warzenartig gerunzelt erscheinen lassen und namentlich in der Schläfengegend Wülste bilden. Aus diesen Drüsen spritzen sie einen unangenehmen Schleim aus, sobald sie von einem Gegner berührt werden. So gewappnet sind die gemeine Kröte, die Kreuzkröte, die grüne italienische Kröte, die Knoblauchkröte, die Unke u. a. In dem Hautschleime dieser Thiere fand man verschiedene Giftstoffe. Calmel wies in ihnen Methylcarbylamin und Methylcarbylaminsäure nach, zwei Stoffe, die noch wenig untersucht sind, aber, ins Blut gebracht, das Nervensystem höherer Thiere blitzartig zu lähmen vermögen. Sie bedingen auch den eigenartigen Geruch der Kröten. Außerdem ist im Krötenschleim noch ein Stoff enthalten, der bei äußerer Berührung auf die Haut reizend wirkt und darum vornehmlich unsere Beachtung verdient. Professor Kobert schreibt darüber: „Ich habe an diese Wirkung erst glauben gelernt, als ich eine Spur der Substanz in den Mund bekam und stundenlang das Brennen der gerötheten und geschwollenen Schleimhaut ertragen mußte.“ Eine Frau, welche mit der Feuerzange eine ins Zimmer gekommene italienische Kröte fassen wollte, bekam dabei ein Tröpfchen ins Auge, was fast unmittelbar die heftigsten Schmerzen sowie die Entwicklung einer schweren Augenentzündung zur Folge hatte. Dieser Stoff heißt „Phrynin“.

Wenn man jedoch unsere Kröten nicht unnöthig angreift, so sind sie völlig unschädlich, und da sie sonst der Landwirthschaft durch Vertilgung von Insekten nützen, sollte man sie in Ruhe lassen.

Der französische Physiologe Paul Bert hat auch durch Reizung gewöhnlicher Frösche aus deren Haut einen giftigen Schleim gewonnen durch den er Sperlinge und Frösche getötet haben will. Die Richtigkeit dieser Versuche wird bezweifelt, doch können wir soviel aus eigener Erfahrung bestätigen, daß auch der Schleim dieser Thiere und selbst der des Laubfrosches einige Schärfe besitzt und auf die Schleimhaut des Auges gebracht, eine leichte Entzündung hervorrufen kann.

Das Lurchgift wird unter gewöhnlichen Umständen, wie sie das Leben mit sich bringt, schwerlich in das Blut eines Menschen gelangen können. Nach dieser Richtung hin brauchen wir es also nicht zu fürchten. Wohl aber müssen wir seine reizenden Eigenschaften beachten und namentlich zu verhüten suchen, daß es in unser Auge gelangt. Dies merke sich die unternehmende Jugend, welche allerlei solches Gethier fängt und in Terrarien sperrt! *