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Vom Schweinekrieg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Otto Beneke
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Titel: Vom Schweinekrieg
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 317–319
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[317]
108. Vom Schweinekrieg.
(1660.)

Zu einer Zeit, da Alles ringsum endlich einmal in gutem Frieden lebte, und die Hamburger dachten, nun käm’s fortan zu keinem Kriege mehr, und E. E. Rath just 500 Mann von der Miliz mit ehrlichem Abschied und Zehrpfennig abgedankt hatte, da ist abermals ein Krieg ausgebrochen, der freilich nicht ganz so arg wurde als der 30-jährige, dessen Wunden eben zu vernarben begannen, denn man schrieb grade 1660.

Die Hamburger hatten nämlich seit undenklichen Zeiten die Gerechtsame, ihre Schweine auf die Eichelmast in den Sachsenwald im Lauenburgischen zu treiben, was mit ihren und den Lübeck’schen Ansprüchen auf den halben Besitz dieses großen herrlichen Waldes zusammenhing. Als nun im genannten Jahre eine beträchtliche Anzahl Hamburgischer Schweine sich abermals, wie gebräuchlich, dort gütlich thut, läßt der Herzog zu Sachsen-Lauenburg ohne Umstände, soviel er deren habhaft werden kann, durch seine Leute wegnehmen, also daß manch schöner Braten der Stadt und ihren Bürgern widerrechtlich entzogen worden, was großen Zorn und heftige Entrüstung bei Vornehm und Gering erregte, denn wer mag sich den Bissen vorm Munde wegschnappen lassen! Und zumal [318] waren es die Knochenhauer, welche unablässig dem Rathe anlagen, daß er solch himmelschreiendes Unrecht nicht dulden und veranstalten möge, daß der Schade gebessert werde. E. E. Rath schickte also flugs mehrere 100 Mann Reiter und Kriegsknechte mit Spießen und Büchsen in den Sachsenwald, wo sie einige Dörfer besetzten und auf Lauenburg zu marschiren droheten, wenn nicht gütliche Beilegung der Sache erfolgte. Das half, der Herzog erkannte der Hamburger Gerechtsame an, und gab von dem gefangenen Vieh, soviel dessen noch lebendig war, heraus. Zwar versuchte er 11 Jahre später nochmals, den Hamburgern und Beiderstädtern ihr gutes Recht der Eichelmast des Sachsenwaldes zu verkümmern; als aber Lübeck und Hamburg 400 Mann gegen die Lauenburger marschiren ließen, da verzogen sich diese. Der Herzog versprach auch, daß er die Hamburgischen Schweine im Sachsenwalde und wo er sie sonst antreffen möge, völlig unturbirt und unangetastet lassen wolle, was noch lange Zeit gegolten hat, bis die Hamburger nach und nach keine Schweine mehr hinschickten, weil es ihnen unbequem wurde und sie reich genug waren, ihre Schweine bereits gemästet zu kaufen. Da ist das alte Herkommen in Verfall gerathen, und wäre jetzt kein Hamburgisches Schwein in Friedrichsruh oder sonst im Sachsenwald mehr sicher zu achten. Merke: man muß sich hüten, gute alte Gerechtsame durch Nichtgebrauch abkommen zu lassen.

Der gemeine Mann aber hatte seinen Spaß an dieser Sache, und als die Stadt-Soldaten von ihrem Feldzuge heimkehrten, der Gott sei Dank (bis auf einen Reiter, der vom Roß gefallen und sich das Beinwerk zerbrochen) keines Menschen Leben und Gesundheit, sondern nur einige Schweine-Schinken gekostet hatte, da wurden sie verlacht, und die ganze Affaire wurde der Schweinekrieg genannt. Dem Candidaten [319] Gärtner aber bekam der Spaß übel. Er war ein kluger anschlägiger Kopf, aber ein allzu lustiger Spottvogel, und hatte sich beikommen lassen, eine Schrift über diesen Krieg zu verfassen und in Druck zu geben, in welcher allen dabei Betheiligten, dem Herzoge, E. H. Rathe, der Stadt-Miliz wie auch den Schweinen gar übel und verkleinerlich mitgespielt war. Wenn es sich nun auch ganz curios und spaßhaft lesen ließ, so hatte er sich doch auch nicht entsehen, den hohen Herren und vornehmen Personen allerhand lügenhafte Dinge nachzureden. Solche Verunglimpfung konnte nun E. E. Rath unmöglich ungeahndet durchschlüpfen lassen, weshalb er befahl, den Studiosum unverzüglich beim Kopfe zu nehmen, damit er, wie dazumal Rechtens, auf dem ehrlosen Block stehend, öffentlich Widerruf thäte und sich zur Bekräftigung dessen, dreimal selber aufs Maul schlage. Dies wurde aber dem jungen Literaten zuvor gesteckt, und noch ehe der Bruchvogt kam, entwich er. Es ist auch nichts Sonderliches aus ihm geworden, weil er seine leidige Verkleinerungs- und Spottsucht nicht bändigen konnte.

Der vom Gaul gefallene Reitersmann wurde übrigens bald vom Feldscherer wiederum curiret. „Denn (wie ein alter Autor vom damaligen Zustande vermeldet) in Hamburg ist gut wund sein. Und wenn Einer in Schlägereien oder sonst im Hauen, Stechen, Fallen und Stoßen unglücklich verletzt wird und zu Schaden kommt, so kann er von fürtrefflichen Wundärzten genugsame Hülfe finden. Wie dann auch in der Barbierer Officinen Jedermann mit Haar-Abschneiden Bart-Stutzen, sammt Kopfwaschen und dergleichen Ausschmückung, ganz ergötzlich kann bedient werden.“

Anmerkungen

[387] Geschichtlich. Steltzner III. 776. – Die Hamb. und Lüb. Ansprache auf den halben Sachsenwald deducirt Klefeker, Hamburg. Verordn. und Verfass. X. 249. – Ein Mag. Magnus Gärtner, Hamb. Candidat, ist von 1672–1684 an fünf Orten Prediger gewesen; von Hövelen, a. a. O. S. 130. lobt Hamburgs Wundärtze.