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Vom großen Faß zu Salmannsweiler

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Ignaz Hub
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Titel: Vom großen Faß zu Salmansweiler
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 87–89
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[87]
Vom großen Faß zu Salmannsweiler.

Duplex gab’s in Salmannsweiler!
Reh’, Fasanen, Lachs und Keiler
Schmaust die fromme Reichsabtei:
„Vivat hoch dem gnäd’gen Abte!“

5
Heisa! wie’s Convent sich labte,

Trank zwei Fuder Weins und drei.

Volle Kannen, volle Züge!
Jedem Pater zur Genüge
Sprudelt heut das goldne Naß;

10
Denn im weiten Klosterkeller,

Angefüllt mit Muskateller,
Fertig stand das Riesenfaß.

Baß der Küperkunst erfahren,
Hat daran gebaut seit Jahren

15
Pater Kellermeister froh.

Losgelassen sind die Geister;
„Hoch der weise Kellermeister!“
Schallt’s im Refektorio.

„Heil, wer solch ein Werk ersonnen,

20
Alles Schönen Zauberbronnen,

Gott dem Herrn zu Preis und Ehr’!“
Feurig klang’s aus Aller Munde;
Kaum gefüllet, durch die Runde
Waren alle Krüge leer.

25
„Vivat Abt und Kellermeister!“

Näselt weindurchglüht ein feister
Mönch und bringt ein mächtig Glas.
Schwere Zungen, schwere Glieder;
Einer sinkt zum Andern nieder,

30
Lallt sein „Deo gratias.“


Bodenlos nur war ein Frater,
Krug für Krug ausstützen that er,

[88]

Und verschlang den letzten Lachs.
Schlau an Meisters Seite rückt er,

35
Und den Kellerschlüssel drückt er

In gestohlnes Kirchenwachs.

Sanft entschlafen liegen Alle;
Erst beim Morgenhoraschalle
Reißt von ihrem Blick der Flor.

40
Taumelnd durch der Kirche Hallen

Die ehrwürd’gen Väter wallen.
„Miserere!“ hallt’s vom Chor.

*     *     *

Edler Labehort im Keller!
Wunderfaß voll Muskateller,

45
Glücklich, wer dir je genaht!

Aber selig, wem voll Wonnen
Täglich strömt dein Zauberbronnen,
Wer zu dir den Schlüssel hat!

Sel’ger, bodenloser Bruder!

50
Wie viel Ohme, wie viel Fuder

Floßen deinem Durste da!
Nächtlich, wenn die Mönchlein schnarchen,
Sitzt er vor der Weines-Archen,
Liegt er da in Gloria.

55
Einstens wieder nach der Mette,

Während Alle schon zu Bette,
Schleicht zum Faß er unverweilt.
Aber ach! zur Qual dem Kunden,
War der Hahnen draus verschwunden,

60
Und ein Zapfen eingekeilt.


Welch ein Seufzen, welch ein Bangen!
Ach! wie brennt er vor Verlangen –
Sieh da, eine Leiter winkt.
Stracks erklimmt er ihre Sprossen,

65
Find’t das Spundloch unverschlossen,

Drinn der Feuernektar blinkt.

[89]

Bäuchlings streckt er nun die Glieder
Auf des Fasses Wölbung nieder,
Wie der Vampyr lechzt nach Blut;

70
Ihm als Rüssel dient der Heber,

Saugend in die durst’ge Leber
Blüthenhauchumwallte Fluth.

Ha, wie saugt er, ha, wie schnaubt er!
Immer tiefer senkt das Haubt er

75
In die Würzedüfte schwer.

Selig aus die Arme breitend –
Aber, ach! dem Rand entgleitend,
Stürzt er in des Fasses Meer.

*     *     *

Lange hielt dafür der Orden,

80
Daß der Bruder flüchtig worden,

Bis der Kellermeister starb,
Offenbarend dem Konvente,
Als er nahm die Sakramente,
Wie der Arme einst verdarb.

85
Alle staunen dieser Kunde,

Lauschen schaudernd seinem Munde:
„Heimlich hab’ ich ihn verscharrt,
Unsers Kellers Ehr’ zu wahren
Und den edlen Wein zu sparen …“

90
Doch wohin? – Sein Mund erstarrt.


Unentdecket blieb die Leiche.
Nachts im Keller, sagt man, schleiche
Nun der Meister auf und ab,
Nie der Strafe Last entbunden,

95
Bis der Bruder einst gefunden

Auf geweihter Statt ein Grab.

Ignaz Hub.     
(Original-Mittheilung.)