Von der deutschen Landwirtschaftsausstellung zu München
[483] Von der deutschen Landwirthschaftsausstellung zu München. (Zu dem Bilde S. 481.) Die Theresienwiese in München ist ein günstiger [484] Ausstellungsplatz, geräumig und doch nahe dem Herzen der Stadt, eben und von allen Seiten leicht zugänglich, überragt von dem unvergleichlich schönen Bilde Bavaria-Ruhmeshalle und gegrüßt im fernen Süd von den kühnen Zackenlinien des Hochgebirgs. Wohl rückt ihr die Stadt immer näher auf den Leib, wohl wird ihr immer mehr der Blick nach Süden abgeschnitten, aber noch ist soviel von ihr übrig, daß sie Raum giebt für manche festliche Veranstaltung.
Auf diesem Platze, wo alljährlich das landwirthschaftliche Oktoberfest eine schau- und vergnügungslustige Menge versammelt, fand denn auch in den Tagen vom 8. bis 12. Juni d. J. die siebente Wanderausstellung der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft statt. Stand sie diesmal insofern unter einem ungünstigen Zeichen, als die Wachsthumsverhältnisse dieses Frühjahrs und Sommers in vielen Theilen unseres deutschen Vaterlandes und Europas keineswegs günstige zu nennen waren, ja stellenweise geradezu ein öffentlicher Nothstand eintrat, so war sie doch wieder dadurch bevorzugt, daß sie sich in Bayern in einem Lande befand, dessen Schwergewicht so recht auf der Landwirthschaft ruht, das ihr also eine ganz besonders rege Theilnahme entgegenbringen mußte. Bayern hat einen Gesamtflächenraum von 7
586 349 ha; davon stehen nach den Mittheilungen, welche der bayerische Ministerialrath Haag auf der Hauptversammlung der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft machte, nicht weniger als 4 563 883 in landwirthschaftlicher Benutzung, und etwa 67% der Bevölkerung Bayerns ziehen ihren Lebensunterhalt mittelbar oder unmittelbar aus der Landwirthschaft. Dem entsprach denn auch der äußere Erfolg der Ausstellung, die an Besucherzahl alle ihre Vorgängerinnen zu Frankfurt a. M., Breslau, Magdeburg, Straßburg, Bremen und Königsberg hinter sich ließ. Eine sehr wirksame Förderung fand sie durch ihren Ehrenpräsidenten, den Prinzen Ludwig von Bayern, der, selbst ausübender Landwirth, seit Jahren eifrig an der Hebung und Verbesserung der Bodenkultur in seinem engeren Heimathlande mitarbeitet. Ihm fiel auch die Aufgabe zu, die Ausstellung durch eine feierliche Ansprache zu eröffnen, wie dies unser Bild darstellt.Das Schwergewicht der Ausstellung lag selbstverständlich in der Vorführung der so außerordentlich blühenden bayerischen Rindviehzucht. Das Generalkomitee des bayerischen Landwirthschaftlichen Vereins hatte eine Art Sammelausstellung von bayerischen Rindern veranstaltet, die über die Hälfte sämtlicher anwesenden Stücke – es waren deren gegen 1300 – ausmachte und ein anschauliches Bild von dem Reichthum gewährte, den Bayern in seinen Gebirgs- und Höhenschlägen besitzt. Ihnen zunächst fesselten die öffentliche Aufmerksamkeit die Pferde, die ebenfalls gut und zahlreich vertreten waren; weiterhin gab es noch alle die Thiere zu sehen, die sonst in der Landwirthschaft von Wichtigkeit sind, Schweine, Schafe, Geflügel u. dgl.; eine Gärtnerei-, ja sogar eine Fischerei- und eine Hundeausstellung hatte sich angeschlossen. Endlich gab es eine Fülle von landwirthschaftlichen Maschinen und Geräthen aller Art, und es war nur ein Glück, daß die vom vielen Schauen und Studieren erschöpften Besucher sich leicht an einem Kruge „selbstgewachsenen“ Gerstensaftes oder in der „Weinkosthalle“ an einem Schluck Rhein-, Mosel- oder – Seewein erquicken konnten.
Wie die Bauten der Ausstellung, vor allem das architektonisch hübsch ausgestattete Thor des Haupteingangs, einen guten Eindruck machten, so hatte auch die gärtnerische Kunst alles gethan, den Platz der Ausstellung vortrefflich herzurichten und beim Besucher den Eindruck hervorzurufen, als trete er in einen wohlgepflegten herrschaftlichen Garten. Große Rasenflächen mit schönen Blattpflanzengruppen dehnten sich vor den Ausstellungshallen, auch der Gabentempel war mit einer gefälligen Anlage umgeben, aus welcher sich kräftig entwickelte Lorbeerbäume – eine zarte Hindeutung auf die Preisgekrönten, deren drinnen prächtige Schätze harrten – stolz hervorhoben. Es ist nur zu wünschen und zu hoffen, daß diesen Pokalen und Silberschalen und anderen Ehrengaben der Himmel das werthvollste Kleinod hinzufüge – ein fruchtbar Wetter.