Vor dem Städtchen
[208] Vor dem Städtchen. (Mit Illustration S. 201.) Es ist ein Bild heiterer Ruhe und süßen Friedens, ein anmuthiges Feierabendbild, das V. Weishaupt uns vorführt. Der Abend ist hereingebrochen, ein klarer, milder Spätsommerabend; der Bursche, welcher die von der Arbeit heimkehrenden Zugstiere vor sich hertreibt, begrüßt mit fröhlichem Zuruf und lebhafter Geberde die Magd, die ohne Zügel und Sattel fest auf dem breiten Rücken ihres Pferdes sitzt. Die beiden Dirnen am Ufer sind noch beschäftigt, Wäsche zu spülen, aber ihr frohes Geplauder macht ihnen die Arbeit zur Unterhaltung. Selbst der alte trotzige Thurm, der sich aus der Häuserfront so drohend hervorschiebt, stört nicht den friedlichen Eindruck der Scene; denn ob er vor Jahrhunderten der Vertheidigung gegen anstürmende Feinde diente oder ob er mit seinen feuchten Verließen an eine Zeit grausamer und willkürlicher Rechtspflege erinnert, diese Tage liegen für ihn und für das Städtchen weit zurück in der Vergangenheit. Wie ein alter, längst ausgedienter Veteran blickt er auf die neue Generation heiterer und genügsamer, bei der Arbeit fröhlicher Menschen, die ihre Häuser an sein bemoostes Gestein angebaut haben.