Vorwort (Hugo Krayn)

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Textdaten
Autor: Lovis Corinth
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Titel: Vorwort
Untertitel:
aus: Hugo Krayn. Junge Kunst, Band 8, S. 5–6
Herausgeber: Karl Schwarz
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1919
Erscheinungsdatum: 1919
Verlag: Klinkhardt & Biermann
Drucker: Julius Klinkhardt
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Internet Archive und Commons
Kurzbeschreibung: Vorwort und Nachruf zu einer Monografie zu Hugo Krayn
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Vorwort.

Epidemien grassierten am Ende des Weltkrieges und Menschen starben beinahe weniger auf den Schlachtfeldern, als die Grippe sie auf ihren Krankenbetten fortgerafft hat. Unter den Künstlern sind viele der verheerenden Seuche zum Opfer gefallen. Alte und Junge, in allen Lagern waren Tote zu bestatten. Auch Hugo Krayn war ein solches Opfer. Als die Berliner Sezession reformiert wurde, war Hugo Krayn unser erstes Mitglied – an Jahren unser Jüngster. Seine Bilder zeigten stets große Begabung. Die Stadt Berlin und seine Einwohner wurden seine Spezialität. Dann voriges Jahr, 1918, hörten seine „arme-Leute-Malereien“ auf und er sandte Bilder in unsere Ausstellung, die deutlich eine neue Phase in seiner Kunst dokumentierten; vor allen Dingen war da ein Bild „Venus“ und eine „Pause in dem Theater“. Über dem Venusbild lagerte ein eigenartiger, blonder Charme. Auch seine Theaterpause zeigte denselben Charme: ein blondes süßes Mädel studiert in der Zwischenpause den Theaterzettel. Dieses Kind des Volkes war auch sein entkleidetes Modell für die „Venus“. Ich habe ihn vor vielen geliebt, denn er war auch vor vielen ausersehen eine Leuchte für unsere Berliner Sezession zu werden. Das Schicksal bestimmte es aber anders; Ende des Winters starb er in kürzester Zeit an [6] der Grippe; er hatte von seiner geliebten Kunst Abschied genommen: Dreiunddreißig Jahre ist er nur alt geworden. Seit Raffael und Masaccios Zeiten waren die früh Verstorbenen in dankbarem Gedächtnis ihrer Zeitgenossen, denn der ewig grüne Lorbeer glänzt als Märtyrerkrone um die Schläfe der Jugend, welche nicht ihre Bahn vollenden konnte, sondern in plötzlicher Entwicklung jäh abbrechen musste.

Berlin, 29. Juni 1919.

LOVIS CORINTH.