Waldverwüstung in Australien
[708 a] Waldverwüstung in Australien. Weite Strecken Australiens werden von den eigenartigen Eukalyptuswäldern überzogen. Dieselben sind mehr einem Parke als einem dichtgeschlossenen Walde ähnlich; die Bäume stehen nämlich in Abständen von 10 bis 20 m und dulden keine Nachbarn und auch kein Unterholz in ihrer Nähe. Ihr weithin ausgebreitetes und in eine Tiefe von 60 bis 70 m dringendes Wurzelwerk bemächtigt sich rasch aller Feuchtigkeit, die dem Boden in einem gewissen Umkreis zugeführt wird, und unterdrückt das Aufkommen jedes ansehnlichen Konkurrenten. Nur die Gräser und solche Pflanzen, die ihre Wurzeln nicht über eine oberflächliche Erdschicht hinab in die Tiefe erstrecken, vermögen zwischen ihnen zu gedeihen. Ansiedler, die in jenen Gebieten Viehzucht betreiben, haben nun gefunden, daß man den Graswuchs auf das Doppelte steigern kann, wenn man in einem gewissen Umkreis die Bäume tötet. Sie machen auch von diesem Mittel, ihre Weiden ertragreicher zu gestalten, den ausgiebigsten Gebrauch und vernichten die Wälder, indem sie die Bäume „ringeln“. Wie Professor Richard Semon in seinem hochinteressanten Werke „Im australischen Busch“ berichtet, geschieht das Ringeln in zwei Weisen. Entweder entfernt man etwa in halber Mannshöhe über dem Boden bloß die Rinde in einem Gürtel von 30–40 cm Breite, oder man entfernt einen viel schmäleren Ring, schlägt aber noch tief in das junge Holz, den Splint, hinein. So geringelte Bäume sterben in einigen Monaten ab. Da das Holz der Eukalypten aber ein sehr festes und widerstandsfähiges ist, bleiben die Baumleichen noch viele Jahre aufrecht stehen. Es giebt keinen trostloseren Anblick, als eine Landschaft mit solchen abgestorbenen Bäumen, wo meilenweit die Baummumien ihre dürren blattlosen Aeste über das frisch unter ihnen grünende Gras emporrecken, ein Vorzeichen dafür, daß die Tage der ungeheuren Buschwälder Australiens selbst gezählt sind.