Warnung für Auswanderer II (Gerstäcker 1869)

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Textdaten
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Autor: Friedrich Gerstäcker
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Titel: Warnung für Auswanderer
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aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 690
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Zum Thema: Warnung für Auswanderer
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[690] Warnung für Auswanderer. Ich habe soeben einen Brief aus Hamburg erhalten, in welchem mir das Folgende angezeigt wird:

„Es hat sich in England eine Gesellschaft zur Ausbeutung der venezulanischen Goldminen gebildet und den Beschluß gefaßt, eine Anzahl Arbeiter nach Venezuela zu senden, um daselbst für Rechnung der Compagnie nach Gold zu graben. Die näheren Bedingungen sind mir noch unbekannt, aber das ist sicher, daß die englischen Actionäre ihre eigenen Landsleute zu schonen scheinen und sich deshalb nach dem großen Menschenmarkt Deutschland gewandt haben, wo sie auch bereits, wie ich zu meiner nicht geringen Verwunderung höre, eine große Anzahl deutscher Familien für ihren Platz gewonnen haben.

„Ich kenne Venezuela und besonders Guyana genau (wenn auch nicht die Minendistricte), indem ich eine lange Reihe von Jahren da zubrachte. Ich weiß, daß der Canton Upata, wo die Minenplätze Caratal und Tupuque belegen sind, sich im Ganzen eines guten Klimas erfreut, es ist mir aber auch bekannt, daß dasselbe dem nach Gold grabenden Weißen, der den größten Theil des Tages in den feuchten Löchern arbeitet, im hohen Grade nachtheilig, ja verderblich ist, aus welchem Grunde sich auch vorzugsweise die farbigen Eingeborenen mit dieser Arbeit befassen.

„Ich war in Ciudad Bolivar (Angostura), als die Minen entdeckt wurden, und auch später, bis 1859, als eine Menge von Menschen dahin wanderte, von denen die meisten durch Krankheit und Entbehrungen umkamen, während die am Leben bleibenden elend und krank zurückkehrten. Seitdem hat sich dieser Zustand etwas gebessert, aber das Klima bleibt natürlich dasselbe, und niemals hat es den Deutschen gelingen wollen, bei persönlicher Arbeit in den Minen ihre Gesundheit zu bewahren.“

So weit der Brief. – Der Zustand dort hat sich allerdings bedeutend gebessert, und der Goldreichthum der venezulanischen Minen ist bedeutend. Aber trotzdem möchte auch ich besonders alle Familien warnen, sich auf Contracte einzulassen, die den Mann zwingen, eine lange Zeit verbindlich zu bleiben, während er vielleicht in der ersten Zeit sogar erkrankt und dann mehr und mehr in Schulden geräth. – Der Tagelohn ist dort in den Minen zwei Pesos, etwas über zwei Thaler, den Tag, dagegen sind die Lebensmittel auch verhältnißmäßig theuer und das heiße Klima bei der schweren Arbeit für unsere Deutschen gefährlich.

Capitalisten haben in den venezulanischen Minen etwas zu hoffen, denn der Quarz ist so außerordentlich reich, daß er jede Arbeit bezahlt, aber der einzelne Goldwäscher übernimmt in einem heißen Klima, das er, vielleicht ohne Erfolg, mit seiner Gesundheit bezahlt, eine schwere Verantwortung, wenn er besonders seine Familie hinüber führt, ohne auch zugleich die Mittel zu haben, wenigstens anfangs für sie zu sorgen. Junge einzelne Leute, die einmal ihr Glück draußen versuchen wollen, können es schon eher wagen, aber dann müssen sie sich besonders vorsichtig mit dem Contracte stellen, wie ich es in meinem „Parcerie-Vertrag“ so deutlich als möglich dargelegt habe. Uebrigens wäre es dabei wohl gut, wenn sich die betreffenden Behörden näher nach diesen Contracten, die von der englischen Compagnie mit hiesigen Familien abgeschlossen sind, erkundigen und solche Contracte überwachen wollten.

Unsere Deutschen sind leider, überseeischen Versprechungen gegenüber, wie die Kinder – sie glauben Alles, was man ihnen sagt, und wenn ihnen Jemand einen oder gar zwei Thaler nur verspricht, so rechnen sie sich augenblicklich nach den hiesigen Kartoffelpreisen aus, wie prachtvoll und sorgenfrei sie davon leben können. Friedrich Gerstäcker.