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Warum sind die Gewitter jetzt häufiger als früher?

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Textdaten
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Autor: Dr. -t.
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Titel: Warum sind die Gewitter jetzt häufiger als früher?
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 639
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[639] Warum sind die Gewitter jetzt häufiger als früher? Daß die Anzahl der Gewitter bedeutend gegen früher zugenommen hat, ist von Professor v. Bezold für die letzten 60 Jahre auch aus der Brandversicherungsstatistik ausgezeichnet nachgewiesen worden. Eine völlig befriedigende Erklärung für diese Erscheinung war man jedoch außer stande zu geben. Denn man sollte viel eher eine Abnahme als eine Zunahme der gewaltigen elektrischen Entladungen erwarten, weil ja doch sowohl das große Eisenbahnnetz, als auch die vielen Telegraphen- und Telephonleitungen, neben der riesigen Zahl hoher Schornsteine, gerade verteilend auf die Spannung der Luftelektricität nach unseren bisherigen Anschauungen wirken müßten.

Freilich wird ja in jedem Jahre eine gewaltige Anzahl der natürlichsten Blitzableiter durch das Niederschlagen der Wälder vernichtet, und auch das mag von Einfluß auf die Vermehrung der Gewitter sein. Die größte Einwirkung auf dieselbe hat aber, nach den Untersuchungen des französischen Gelehrten Pellat, der Wasserdampf der Luft. Pellat stellte folgenden Versuch an. Er nahm zwei Messingschalen und isolierte sie. Darauf wurde das eine der Gefäße mit Wasser gefüllt, während das andere leer blieb. Nun lud er beide Gefäße mit Elektricität und überließ sie bei gewöhnlicher Temperatur mehrere Stunden lang sich selbst. Als er nach Ablauf dieser Zeit die Gefäße wieder untersuchte, stellte sich heraus, daß die leere Schale ihre Elektricität noch fast ungeschwächt besaß, während die mit Wasser gefüllte Schale den größten Teil der Ladung verloren hatte. Diese Thatsache erklärte er dadurch, daß der Wasserdampf, der aus dem Wasser der gefüllten Schale emporstieg, die Elektricität mit sich genommen hatte. Der Schluß liegt nahe, daß auch der von der Erde aufsteigende Wasserdampf denselben Dienst der Erdelektricität leistet und sie den Wolken zuführt. So würden wir gerade in den vielen Dampfschornsteinen, den auf den Eisenschienen hinbrausenden Lokomotiven und auf dem Wasser hingleitenden Dampfschiffen die Faktoren, denen wir die Gewitterzunahme verdanken, zu sehen haben.

Diese Erklärung stimmt auch mit der Thatsache, daß seit 60 Jahren – also etwa dem Zeitpunkt, seit welchem die Industrie solch gewaltigen Aufschwung genommen hat – die Gewitterzunahme zu beobachten ist, überein, und sie stimmt ferner damit, daß die Häufigkeit der Gewitter mit jedem Jahre wächst, denn in jedem Jahre haucht auch eine stets größere Anzahl von Schornsteinen Wasserdampf in die Atmosphäre aus. Dr. –t.