Was ist die Liebe denn?
I. Frage.
„Was ist die Liebe denn?“ – „Was ist das Leben?“
Mag es zurück als Gegenfrage hallen –
So lang kein Liebesstrahl darauf gefallen,
Ist’s eines Chaos nebelhaftes Weben.
Und alle Nebel schwindend niederwallen?
Hörst Du der Lerche Morgensang erschallen
Und siehst sie jubelvoll gen Himmel schweben?
Willst Du ihr folgen in das Licht der Sonnen?
Bis Deinem Blick die Erde ganz zerronnen?
Wohl ist die Lieb’ solch jubelnd Aufwärtsfliegen,
Doch – daß der Himmel für das Herz gewonnen:
Das ist der Gottheit Zeichen, drinn wir siegen!
Des Herzens füllt, weil sie mich ganz durchdrungen
Fragst Du: ob ich noch gern wie sonst gesungen,
Da ich alleinzig mich der Kunst verschworen?
Die Liebe, die mich also ganz erkoren,
Den guten Genius mit Feuerzungen,
Der früher einzog zu der Seele Thoren?
Ein Engel ist sie, der vom Himmel kommen,
Die sel’ge Offenbarung mir zu bringen:
Und einer Täuschung hat er mich entnommen:
Sonst wußte ich von Liebe nur zu singen,
Jetzt sing’ ich, weil ich innig weiß zu lieben.