Zum Inhalt springen

Winterliche Bergfahrt

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Karl Reinecke-Altenau
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Winterliche Bergfahrt
Untertitel:
aus: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1926, S. 30
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum:
Verlag:
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Goslarer Bergkalender 1923, 273. Jahrgang
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[30]


Winterliche Bergfahrt.


     Durch den Bergwald sind wir gefahren.

     Der Bergwald schläft. Der Wind über ihm hält den Atem an, damit er die Ruhe des Schläfers nicht störe. Und das Goldhähnchen im Geäst wagt nur ein leises, leises Silbersingen. Die weiße Einsamkeit macht auch die Menschen stumm. Die Erhabenheit des Schweigens im Winterwald nimmt ihnen jedes laute Wort von der Zunge. In ihren Augen glänzt Bewunderung. In ihrem Herzen pocht eine stille Freude.

     In stummer Ergebung beugen sich die Fichten rings unter harter Not. Mancher Wipfel ist herabgebrochen. Wie leblose Arme hängen die Zweige hernieder. Was kein Schneekapuzlein trägt, ist mit Rauhreifgeglitzer umsponnen. So geht ein heimliches Flimmern durch den Wald. Wenn die Sonne hineinguckt, zaubert sie in Myriaden von Kristallen ein Festgeleucht von Silber und Gold. Dann huscht über das Gesicht der Fichten ein Lächeln. Ein kurzes, frohes Augenzwinkern, – dann fallen ihnen die müden Lieder wieder zu. Blaue Schatten kommen. Der Bergbach unter Eis und Schnee murmelt verschlafen etwas in den Bart. Will er dem Walde ein Wintermärchen erzählen? Träumt er vom Lenz? – Aus dem Silberdämmer des Gehölzes sind wir auf die freihe Höhe gefahren. Vom Walde blieb hier oben nichts als ein paar krumme Fichten. Wind, Schnee und Rauhraif haben Gespenster aus ihnen gemacht und treiben grausames Spiel mit ihnen. In der Runde rings liegen Berge und Wälder in silbrigem Duft, wellen sich weit in die Ferne und verdämmern im flachen Lande.

     Schneeschuhfahrt auf freier Höhe! Über uns lautlose Unendlichkeit, um uns die Stille verschneiter Bergeinsamkeit: der graue Alltag liegt da unten. Abgestreift ist, was wie Last auf die Seele drückt. Bergluft strömt durch die Lungen. Das Herz pocht fröhlicher, und in der Brust ist ein frohes Jauchzen.

     Die Sonne will versinken. Ihr letztes Leuchten streift über die Kämme der Berge. Es malt um die Fichten strahlende Säume, taucht uns in ein tiefes Orange und überzieht den Brocken drüben mit rotem Gold. Jedes Vorwärtsgleiten unserer Schneeschuhe ist funkelndes Gesrpühe. Unsere Fahrt ist Staunen und Andacht.

     Der Sonne Gutenachtkuß ist verhaucht. In den Fenstern des Brockenhauses verlischt ein müdes Blinzeln. Dann ist auch für die Höhen die blaue Stunde gekommen, die Wälder und Täler längst erfüllte. Himmel und Schnee werden eins.

Es ist Zeit, zur Hütte heimzukehren. Um die Dämmerstunde werden die Berggespenster lebendig. Die Markierungsstangen weisen uns den Weg. Sausende Fahrt führt uns bergab. Lebe wohl, du schöner Wald!

     Heute abend in der Hütte, wenn die Scheite im Ofen prasseln, träumen dankbare Menschen von dir.