Winternacht auf dem Meere

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Textdaten
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Autor: H. P.
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Titel: Winternacht auf dem Meere
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 8, S. 129, 131, 132
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[129]

Winternacht auf dem Meere.
Nach einer Originalzeichnung von E. Limmer.

[131] Winternacht auf dem Meere. (Zu dem Bilde S. 129.) Sind es nicht zwei echte Helden von der „Waterkant“, die da in sturmdurchtoster Winternacht am Steuer der „Irma“ sich kaum auf den Füßen zu halten vermögen? Cord und Hinnerk stammen aus demselben Küstendorfe und kamen schon mit zwölf Jahren als Schiffsjungen auf ein und dasselbe Schiff, wo in der strengen Zucht und dem überaus harten Dienst ihre [132] jungen Glieder geschmeidig und tüchtig, ihre jungen Seelen mannhart geschmiedet und gestählt wurden. Sie gehören der immer mehr aussterbenden Klasse der „echten“, d. h. auf Segelschiffen ausgebildeten Seeleute an, haben sich den Wind in allen Meeren gehörig um die Nase wehen lassen und dabei ohne hohe Schule gelernt, die Naturkräfte zu verstehen und zu gebrauchen, ohne zu zittern und zu zagen. Dann kam die Zeit, wo beide des Strandvogts schmucke Tochter liebgewannen, und fast hätte die Jugendfreundschaft zu einem tragischen oder doch blutigen Ende geführt. Da wollte es aber das Glück, daß Cord als Vollmatrose mit seinem Schiff einen Monat früher „binnen“ kam als Hinnerk mit dem seinen und daß er die Theda, eben des Strandvogts Tochter, in herbem Kummer sitzen fand, denn ihr waren Vater und Mutter gestorben; ihr selbst aber, die nie gelernt hatte, zu dienen, fehlte nun das trockene Brot. Natürlich wollte Cord mit beiden Händen zufassen; konnte er doch der Geliebten nicht nur ein Sparkassenbuch einhändigen, sondern auch seine demnächstige Beförderung zum Bootsmann in sichere Aussicht stellen. Theda aber sagte: „Ja, wenn Du Hinnerk wärest!“ Erst wollte er aufbrausen und alles in Grund und Boden schlagen, dann schluckte er „dreimal trocken nieder“, reichte Theda die Hand und murmelte: „Der ,Armin’ steht noch lange aus, ich bleibe aber so lange auf Platz, und Du sollst Hinnerk haben, auf mein Wort! Mußt aber’s Maul halten, Theda, von wegen meiner.“ Und das Friesenmädchen wußte schon „Maul zu halten“ und gab später dem Verschmähten freiwillig den ersten und einzigen Kuß, als er ihr den Heißgeliebten zuführte. Darüber sind nun schon viele Jahre verflossen. Nach hundert und aber hundert Trennungen hat das Geschick die beiden Freunde an Bord der „Irma“ wieder zusammengeführt, Cord den Bootsmann und Hinnerk den Segelmacher, der auch Dienste als Vollmatrose zu leisten hat. Anfangs gingen sie sich ein wenig scheu aus dem Wege: als aber nach der bisher vorn Wetter begünstigten Fährt über das brave tüchtige Schiff die furchtbarsten Stürme hereinbrachen, da fanden sie sich zusammen, die beiden alten Jungen von der Waterkant –

„Glövest Do, dat die ,Irma‘ dat utholen kann?“ fragte Hinnerk, als er zur Hundewache, zwischen 4 bis 6 Uhr nachmittags, als Assistenz an das Steuerrad beordert wurde. Cord räusperte sich und erwiderte dann: „Dat fragst Do noch, wo dat doch nich Din erste Fahrt is.“ Die Rede blieb ihm aber halb in der Kehle stecken, denn mit aller Wucht sauste eine neue Schneebö aus den rabenschwarzen Wolken hernieder, drückte das ächzende Schiff seitwärts in die Wogen und pfiff die schrillsten Melodien im Takelwerk. – „Na, denn man ’ran, wir werden dat Schipp un seine ganze Bagage schonst durch dat ekliche Wetter durchbringen.“

„Weist’ auch, wat heut’ für’n Tag is?“ schreit Hinnerk dem alten Kameraden in die Ohren. Der giebt ihm einen ärgerlichen Rippenstoß in die Seite und schreit durch Sturmesbrausen und Schneegestöber zurück: „Wat for’n Dämlack Do büst! Hüt is Sonntag!“

„Kann wohl sin; aberst wi markt den 7. Januar, wo Du vor finfundtwintig Jahren mi de Theda to führt hast. Do, min oll, leiv Cord!“

„Na, denn man to! Dat wi de ,Irma‘ un ihren Segelmacher richtig to Anker bringen für Theda un die Jungens!“ H. P.