Wintervergnügen im Spreewalde

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Textdaten
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Autor: A. T.
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Titel: Wintervergnügen im Spreewalde
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 20–21, 35–36
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[20–21]

Wintervergnügen im Spreewalde.
Nach einer Originalzeichnung von Werner Zehme.

[35] Wintervergnügen im Spreewalde. (Zu dem Bilde S. 20 und 21.) Jene von Hunderten sich verästelnder Kanäle durchzogene Spreeniederung zwischen Kottbus, Lübbenau und Lübben, der Spreewald geheißen, zeigt hinsichtlich ihres Landschaftsbildes und der damit eng verknüpften Kultur so viel Schönes, Eigenartiges und Anziehendes, daß sie als einzig dastehend in Europa, ja vielleicht der Welt, bezeichnet werden darf. Seit grauer Vorzeit haben in diesem Fluß- und Waldgewirr Wenden festen Fuß gefaßt, die in Sprache, Kleidung, Hausbau, Sitten und Gesängen sich zum größten Teil noch die Eigenart ihrer Vorfahren erhalten haben.

Derb zugehauene Blockhäuser, Kaupen genannt, erheben sich als Einzelgehöfte auf schilfumgürteten, wasserumspülten Inseln. Gurke, Kürbis und Pfeifenkraut umrahmen gar malerisch diese Hütten; hundertjährige Erlen neigen sich über dem Strohdache hin; die Fischnetze und der Bienenkorb fehlen fast nirgends. Das Innere umfaßt in der Regel Stube, Schlafkammer und „Hölle“, letztere für Küche und das Ausgedinge der alten Eltern bestimmt. Dann und wann schwingt sich ein luftiger Holzsteig über einen Kanal, den Verkehr von Ufer zu Ufer zu erleichtern. Sonst aber – und das bleibt das Eigenartigste am Spreewalde! – findet aller Verkehr nur zu Wasser statt, früher durch Einbäume (durch Feuer ausgehöhlte, zu Kähnen behauene Baumstämme), heute durch breite, lange Boote, die man, aufrecht stehend, mittels eines Ruders lenkt. Förster und Polizist, Briefträger und Hausierer, die Bauernfrau, welche den Heu wendenden Dirnen das Mittagsessen bringt: sie alle bedienen sich des Kahnes.

Wenn das Wasser beginnt, leis zu frieren, daß der Kahn nicht mehr geht, das Eis aber noch nicht trägt, dann kommt eine schlimme Zeit für den Spreewaldbewohner. Dann ist er oft für Wochen von jeder Verbindung mit der Welt da draußen abgeschlossen. Setzt aber Frost und Kälte ein, so jauchzt er auf. Nun bricht für ihn eine köstliche, lustige Zeit an. Schlittschuh und Stuhlschlitten treten in ihre Rechte. Besonders bei Burg, einem Hauptdorfe des Spreewaldes, entfaltet sich an hellen Wintersonntagen, wie unsere Ansicht vom Hauptkanal zeigt, ein reges, lärmendes Treiben, an dem gar oft und freudig Berliner Sonntagsausflügler Anteil nehmen.

Manch derbknochige Dorfschöne läßt sich dann im Stuhlschlitten mit Behagen und Stolz von ihrem Galan über die blinkende Eisbahn schieben. Die meisten aber, den mit einer Eisenspitze bewehrten hohen Stab in der Hand, sausen mit blitzenden Augen zwischen dem weitverzweigten [36] Kanalnetze dahin. Da geht es denn zur Hauptstadt des Oberspreewaldes, dem durch seine Gurken und Meerrettiche weitbekannten Lübbenau, oder auch nach den malerischen Spreewalddörfern Straupitz, Lehde und Leipe, wo abends beim Spiele der Musikanten ein flotter Tanz den Schluß des genußreichen Sonntags bildet. A. T.