Wohnung und Krankheit

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Titel: Wohnung und Krankheit
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aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 739
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[739] Wohnung und Krankheit. Als die Cholera vor wenigen Monaten an der Küste des Kaspischen Meeres den Boden von Europa betrat, da fehlte es nicht an gewichtigen Stimmen, die das Vorhandensein einer Gefahr für Deutschland leugneten. Andere sahen schwärzer und behielten leider recht. Die Cholera wußte die Verkehrsmittel der Neuzeit, die Dampfer und Eisenbahnen zu benutzen, in raschem Fluge durchbrauste sie die weite Länderstrecke vom Kaspischen Meere bis zur Ostsee, und ehe der Sommer zur Neige ging, forderte sie auch schon ihre Opfer auf den Schiffen, die jenseit des Oceans im Hafen von New-York lagen. Indem die Cholera so auch bei uns Tausende niederstreckte, gab sie die empfindliche Lehre, daß die Fortschritte der Hygieine in den Großstädten noch nicht zur vollen Geltung gelangt sind. Ein Umstand war es vor allem, der in Hamburg neben der schlechten Beschaffenheit des Trinkwassers der Ausbreitung der Seuche Vorschub leistete – der mangelhafte Zustand der Wohnungen.

Im letzten Halbheft der „Gartenlaube“ ist das Kapitel „Gesundheit und Städteerweiterung“ behandelt und dabei ausgeführt worden, daß es Pflicht der Gemeinde und des Staates sei, für gesunde Wohnungen zu sorgen. Wir wollen heute unsere Aufmerksamkeit auf eine andere Seite der Sache richten. Auch wenn der Staat und die Gemeinde in der angeführten Richtung ihre Pflicht vollauf gethan haben, so ist damit doch nur die Hälfte der Aufgabe gelöst, denn das zweckmäßig gebaute Haus allein schützt uns nicht, es kommt noch darauf an, wie wir es erhalten, wie wir in ihm leben. In den herrlichsten Palästen kann man ungesund wohnen.

Man braucht dabei nicht bloß an die Cholera zu denken, die uns nur in Zwischenräumen heimsucht, andere Seuchen bedrohen uns zu jeder Zeit und fordern mehr Opfer als jene asiatische Plage. Da ist der gefürchtete Typhus, der Würgengel der Kinderwelt – die Diphtherie und der schlimmste Feind der europäischen Menschheit, die Tuberkulose. Gegen diese und andere einheimischen Feinde müssen wir stets gerüstet sein, und wenn wir es sind, dann sind wir auch gegen die Cholera gewappnet und brauchen sie nicht zu fürchten.

Die Natur der Seuchen ist erst seit wenigen Jahren erkannt worden, und neu sind noch die Maßregeln die zur Verhütung dieser Geißeln der Menschheit angewendet werden sollen. Daraus erklärt es sich, daß sie weiteren Volkskreisen nicht genügend bekannt sind und daß hier Unterlassungssünden selbst dort vorkommen, wo eine Schar gebildeter Männer über das Wohl und Wehe der Stadt zu wachen hat. Noch mehr werden aber solche Unterlassungssünden in der privaten häuslichen Hygieine begangen. Eine Wandlung zum Besseren kann nur durch zweckmäßige Belehrung des Volkes erzielt werden. Die Schule bietet in dieser Beziehung fast nichts, die Schüler verlassen meist die Schulbänke, ohne auch nur die wichtigsten Grundsätze der Gesundheitspflege zu kennen. Hier wäre also zuvörderst Hand anzulegen. Aber selbst wenn das ausgeführt wird, so wird doch mit der Schulweisheit allein auch in der Zukunft niemand sein Leben durch auskommen. Er muß sich vielmehr selbst fortbilden, muß Zeit finden, nicht nur Tagesblätter und Romane, sondern auch belehrende Bücher zu lesen. Diese Mahnung bezieht sich aber nicht allein auf Männer, sondern noch mehr auf Frauen. Die Frau waltet am häuslichen Herde, sie sorgt für die Erhaltung und Reinlichkeit der Wohnung, sie ist bei Krankheitsfällen in der Familie die erste naturgemäße Pflegerin, und so ist auch ihr Verhalten von der höchsten Bedeutung für das Gesunderhalten der Wohnung. Es ist darum von größter Wichtigkeit, die Hausfrauen hygieinisch auszubilden und sie zu lehren, wie den Keimen der Seuche der Zutritt zum Hause gewehrt, wie ein trotzdem entstandener Krankheitsherd mit einfachen Mitteln, namentlich durch eine vernünftige Krankenpflege, unterdrückt werden kann.

Dieses Ziel der Aufklärung, das heute in Anbetracht der Choleragefahr auch den sonst Gleichgültigeren so dringend erstrebenswerth scheint, das aber in Wirklichkeit stets und unablässig zu verfolgen ist, hat C. Falkenhorst in seinem volksthümlichen „Buche von der gesunden und praktischen Wohnung“ verfolgt. Er bietet dem Leser hier eine erschöpfende Darstellung der Haushygieine in einer Form, die anregend wirkt, vor allem aber widmet er der Bekämpfung der ansteckenden Krankheiten und einer vernünftigen Krankenpflege Beachtung. Wir möchten es darum als ein zeitgemäßes Fortbildungsbuch, als einen zuverlässigen Rathgeber allen denjenigen empfehlen, die als Hausvorstände über das gesundheitliche Wohl der Familie zu wachen haben.