Zedler:Granadier, Grenadiers
Granadier, Grenadiers, gehören zur Infanterie, und ob sie schon kein a partes Corpo ausmachen, so sind sie doch eine besondere Militz, deren Verrichtung der Name anzeiget. Es sind nemlich Soldaten, welche die Granaten, sonderlich in denen Stürmen, bey Attaquirung eines verdeckten Weges, eines Aussen-Wercks, und so weiter werffen.
In Franckreich steckte man erst 4. unter eine Compagnie, an. 1670 aber nahm der König alle Granadiers von denen Regimentern, und machte eine besondere Compagnie. Vor dem Holländischen Kriege, so an. 1672 seinen Anfang nahm, musten die 30. ersten Regimenter, jedes eine Compagnie Grenadiers an der Spitze haben, hernach hatten alle Regimenter und Batailions dergleichen. Die Granadiers sind kein besonder Bataillon, sondern marchiren an der Fronte a la tete jeder Batailion. Da nun ihre Zahl sich vermehret, so haben sie auch mehr zu thun, als eine Granate zu werffen, bekommen, und man bedienet sich derselben in allen vigoureusen Actionen. Vor einem Mousquetiner hat er darinnen den Vorzug, daß man ihn, wo es gefährlich zugehet, gebrauchet. Dabey muß er noch Ober- und Unter-Gewehr tragen. Man erwählet hierzu ansehnliche, starcke, dauerhaffte, ramassirte Leute, und sucht gemeiniglich aus jeder Compagnie 8. biß 10. Mann aus, nachdem die Compagnie starck ist.
An Stat des Hutes tragen sie eine grosse Granadirer-Mütze, und in der grossen Patron-Tasche führen sie drey eiserne, gefüllte, fertige, mit Blasen verbundene Granaten. Bey dem exerciren werden nur höltzerne oder gepapte gebraucht. Die eisernen aber in der scharffen Action vor dem Feinde, und im Mittelst bey dem Stabe verwahret und aufgehoben. Forne an dem Riemen auf der Brust, ist ein blechener Luntenberger befestiget, die glimmende Lunde vor Nebel, Regen und Feuchtigkeit wohl zu verwahren.
Wird ein Regiment zur Musterung, Campirung, zum exerciren und dergleichen zusammen gestellet, so werden die Granadirer von allen Compagnien, sich auf den rechten Flügel zu stellen, commandiret. Nach geschehener Endigung gehet ein jeder zu seiner Compagnie. Man hat auch gantze Regimenter und Bataillons formirter Corps von Granadirern, die hohe Potentaten zur Garde gebrauchen, und von sonderbarer Gröse und Ansehen sind. Doch solche sind meisten Theils zur Parada, und werden in die [559] Residentzen verlegt; die Feld-Regimenter aber müssen Dienste thun.
Ein Granadirer soll nicht weibisch aussehen, sondern fürchterlich, von schwartz-braunem Angesicht, schwartzen Haaren, mit einem starcken Knebel-Bart, nicht leicht lachen, oder sich freundlich anstellen.
Vor alten Zeiten wuste man von denen Granadirern, wie bereits oben angeführet worden, wenig, und sind sie in Sachsen erst an. 1683. aufkommen, da sich deren Johann George III. bey dem Entsatz Wien mit grossem Nutzen bediente.
Die Eintheilung einer Granadirer-Compagnie ist zur Parade, zum March, und zu denen Exercitiis anders beschaffen; sie wird nemlich 3. Mann hoch gestellet, und marchiret, nachdem sie starck oder schwach, in 2. Divisionen; die Ober-Officiers stehen bey der Parade eben, wie bey der Mousquetirer-Compagnie vor der Fronte. Die Sergeanten, deren sich 4. dabey befinden, werden auf den rechten Flügel bey denen 3. Gliedern, der vierte hinter die Compagnie, die Tambours und Pfeiffer aber zusammen auf den rechten Flügel neben einander gestellet. Im exerciren ist zwischen dieser und der Mousquetirer-Compagnie kein Unterschied. Bey dem March treten die gesammten Tambours und Pfeiffer zwischen das erste und andere Glied der ersten Division. Der Capitain führet die Compagnie, der Lieutenant schlüst; marchiret sie in zwey Divisionen, so führet der älteste Sergeant die andere Division. Die übrigen drey werden auf denen Flügeln derer Divisionen vertheilet; marchiret aber die Compagnie in einer Division, so schlüssen hinten 2. Sergeanten und der Lieutenant. Der Granadirer muß eben wie der Mousquetier mit denen Füssen gleich, einen gewöhnlichen Schritt von einander, mit dem Leibe und Kopf gerade stehen, die Mousquete mit der rechten Hand, unter der Mündung um den Lade-Stock und Schafft, mit aufwärts gestreckten Daumen, der Mündung gleich halten, den Ellebogen niedersencken, den Anschlag neben dem rechten Fuß bey der kleinen Zähe, mit der Mündung etwas vorüber gesenckt, setzen, die Lunte in der lincken Hand zwischen dem kleinen und mittelsten Finger also halten, daß beyde Enden demselben aufwärts zwischen denen Fingern hervor stehen, und die Hand zur Seiten habe.
Unter denen Bewegungen derer Granadiers und Mousquetiers ist, soweit die Flinte und Baionette betrifft, kein Unterschied; die Hand-Griffe mit der Granate aber haben ihre besondere Motiones, und sind folgende: fasset den Riemen; werffet das Gewehr auf den Rücken; fasset die Lunte; blaset die Lunte ab; fasset die Granate; öffnet sie mit denen Zähnen; bedecket sie mit dem Daumen; blaset die Lunte ab; zündet und werffet; bringet die Lunte an ihren Ort; fasset den Riemen; das Gewehr hoch.
Das Commando: fasset den Riemen, wird in 2. Bewegungen gemacht. In der ersten wird mit dem rechten Fusse in eine Linie mit dem lincken hervor getreten, zugleich das Gewehr mit der rechten Hand unter dem Hahn gefast, und mit etwas gebogenem Arme das Schloß auswärts gewendet, vor sich gebracht. In der andern wird die lincke Hand loß gelassen, und damit der Riemen gefast, der Daumen daran aufwärts gestreckt, zugleich nach der lincken Seite gezogen, und in gerader Linie mit dem Gewehr gehalten.
Das Commando: werffet das Gewehr auf den Rücken, wird eben Falls in zweyen Bewegungen gemacht. In der ersten wird der Riemen mit der lincken Hand nach der rechten Schulter, vor dem Gesichte über, gedrehet, [560] zugleich mit der rechten das Gewehr unter den lincken Elle-Bogen gebracht, und der Riemen über den Kopf gethan. In der andern wird die rechte Hand loßgelassen, zugleich mit der lincken der Riemen, und dadurch das Gewehr mit der Mündung aufwärts, mit dem Anschlag herunter gezogen, daß selbiges über die rechte Schulter hange, die lincke Hand loß, und sowohl als die rechte zur Seite hängend gelassen.
Das Commando: fast die Lunte, wird in dreyen Bewegungen gemacht. In der erstern werden beyde Hände mitten vor das Gesichte aufgehoben, und die Lunte mit der rechten Hand ergriffen; in der andern solche von ihrer Stelle ab, und in die lincke Hand zwischen dem Daumen und vordersten Finger gesetzt; in der dritten die rechte Hand loß gelassen, und mit der lincken die Lunte vor sich mit der Kohle aufwärts gehalten.
Das Commando: blaset die Lunte ab, wird in einer Bewegung gemacht. Die Lunte wird gerade vor den Mund gebracht, abgeblasen, und mit ausgestrecktem Arme wieder, gleich wie vorhin, vor sich gebracht.
Das Commando: fasset die Granate, wird in 2. Bewegungen gemacht. In der ersten wird rechts umgetreten, zugleich in der Wendung mit der rechten Hand auf die Tasche geschlagen, und die Granate heraus genommen, die Lunte in der lincken Hand zur lincken Seite mit ausgestrecktem Arm vor sich gehalten. In der andern die in der rechten Hand haltende Granate, mit ausgestrecktem rechten Arm zur rechten vom Leibe, und mit der lincken Hand in einer Linie, zur rechten Seite aufgeführet und gehalten.
Das Commando: öffnet sie mit denen Zähnen, bedecket sie mit denen Daumen, wird in zwey Bewegungen gemacht. In der ersten wird die Granate mit der rechten Hand vor den Leib, und an den Mund geführet, mit denen Zähnen geöffnet, und die Brand-Röhre mit dem Daumen bedeckt; in der andern der Arm wieder in voriger Linie ausgestreckt.
Das Commando: blaset die Lunte ab, muß in einer Bewegung vollzogen werden; die Lunte wird an den Mund geführet, abgeblasen, und mit ausgestrecktem Arme vor sich gebracht.
Das Commando: zündet und werffet, wird in dreyen Bewegungen gemacht. In der ersten wird der rechte Arm mit der Granate samt dem Leibe hinterwärts zurück gesencket, selbige zugleich mit der lincken Hand angezündet, und so lange biß sie brennet, gehalten. In der andern die brennende Granate mit dem rechten Arm gerade vor sich ausgebracht, und mit denen Füssen unverrückt gestanden. In der dritten mit der lincken Hand an das Gewehr gefasst, die rechte mit der Granate hurtig zurück gebracht, eine gute Forçe gefasst, und vor sich ausgeworffen, im werffen aber mit beyden Füssen fest gestanden.
Das Commando: bringet die Lunte an ihren Ort, wird in drey Bewegungen gemacht. In der ersten wird mit dem rechten Fuß hervor getreten, beyde Hände zugleich gegen das Gesicht aufgehoben, die Lunte mit der rechten Hand vor den lincken Daumen genommen; in der andern solche an den vorigen Ort bey dem kleinen Finger gebracht; in der dritten beyde Hände an die Seite niedergelassen.
Das Commando: fasset den Riemen, wird in zwey Bewegungen gemacht; in der ersten wird der Riemen mit der rechten Hand in der mitten, und das Gewehr mit der lincken unten, ungefähr eine Hand breit vom Schlosse gefasst; in der andern das Gewehr mit der lincken Hand der Gestallt aufwärts geführet, daß der Elle-Bogen unten durch den Riemen und das Gewehr komme, [561] zugleich das Gewehr auf die lincke Schulter geleget, daß es zwischen dem vordersten Finger und Daumen der lincken Hand lieget, und mit beyden ausgestreckten Armen, nemlich die rechte Hand am Riemen, die lincke am Gewehr vor sich gehalten, daß der Anschlag voraus gerichtet sey, und der Lauff oberwärts liege.
Das Commando: das Gewehr hoch, wird in dreyen Bewegungen gemacht; in der ersten wird der Riemen und das Gewehr mit beyden Händen etwas aufwarts geführet, der Riemen mit der rechten Hand über den Kopf gebracht, mit der lincken das Gewehr hoch gehoben, und der Lauff vorwärts gekehret; in der andern der Riemen mit der rechten Hand quittiret, nach der lincken geworffen, zugleich das Gewehr mit dem Schloß auswärts gedrehet, mit der rechten Hand unter dem Hahn gefasst, der Daumen am Schafft auswärts gestreckt, die lincke Hand loß, und an ihr Seite gelassen; in der dritten wird das Gewehr vorwärts zur Seite gebracht, und hoch geführet.
Flemmings vollkommener Teutscher Soldat II. 6. III. 18.