Zedler:Hebamme
Hebamme, siehe Alte, Tom, I. p. 1535. Es hatte ein gewisser Anonymus zu Paris an. 1708. eine Schrifft ans Licht gestellet, de l'ladecence aux Hommes d'accoucher les femmes: & sur l'Obligation eux meres de nourrit leurs enfans de leur propre lait, in 12 mo. Darinnen er in Ansehung des ersten Puncts aus dem Alterthume, aus der Schrifft, aus der Vernunfft zu erweisen bemühet ist, daß der Heb-Ammen-Dienst sich nicht vor Männer schicke. Acta. Erud. 1709. p. 128. Diesem entgegen hat de la Morte eine Schrifft unter gleichem Titel ans Licht gestellet, worinnen er erweiset, wenn solche Verrichtung unanständig und unverschämt heissen sollte, solches viel mehr von Seiten derer Frauen als derer Männer, die sich hierzu brauchen liessen, herzuleiten wäre, so würde sie auch nicht leicht zu andern Folgerungen Anlaß und Reitzung geben, weil sonst alle Chirurgische Verrichtungen in heimlichen Theilen derer Weiber verboten seyn müßten. Er stellet die Nothwendigkeit solcher erfahrnen Beystände vor, und den Nutzen, den sie dem menschlichen Geschlechte leisteten; auch daß weder in denen Vätern[973] noch in einem Gesetze oder Rechtsgelehrten verboten sey, daß ein Chirurgus nicht in alle Theile des Leibes seine Verrichtungen machen dürffe; vielweniger in dergleichen Bemühungen, die zur Erhaltung der Mutter und des Kindes gerichtet wären. Er glaube, daß einem Chirurgo alle Teile des Leibes in gleichen Werth stünden und ihm gleich wäre, ob er ins Closter, oder in ein ander Haus geruffen werde, zu thun, was die Nothwendigkeit und der Wohlstand erfordere und erlaube. Die Schrifft befehle, einen Artz ohne Unterschied der Person und derer Theile zu ehren, niemahls aber, daß eine Mutter ihn und ihres Kindes Leben aus Schaam hassen solle, und würden die, so ihr Leben durch diese thörichte Schaam hassen, von keinem derer strengsten Casuisten Beyfall finden. Da auch der Anonymus keinen besondern Nutzen aus diesem männlichen Beystande zugeben will, so wiederleget solches de la Morte mit guter Vernunfft, und weiset mit grosser Geschicklichkeit alles dasjenige, was ietzo gleich gesaget worden. Journal des Pavans Mois Aout. Art. 2. p. 147. seq. Dieser Streit wird in denen Breßl. Samml. An. 1719. Mens. Sept. Class. VI. p. 387 von dem gelehrten Theologo in Wißmar Jacob Staalkopffen ausführlicher abgehandelt. Es müssen die Heb-Ammen im Alterthume in einer bessern Achtung von Kenntschafft derer weiblichen Geburts-Glieder gestanden haben, auch mit selbigen Zweifels ohne mit mehrer Behutsamkeit umgegangen seyn, weil man ihnen doch auch das Ansehen gelassen, daß sie die Unfruchtbarkeit des Frauenzimmers, die vor Zeiten so sehr verhasset war so wohl nach dem äusserlichen Ansehen der Person, als nach Handgreifflicher Untersuchung derer Geburts-Theile, entscheiden, folglich aufsagen müssen, ob sich dieses oder jenes Frauenzimmer zur Gebärung vor diese oder jene Manns-Person schicke oder nicht? Plato in Theaeteto. Solches Gutachten aber gründete sich auf die vielen Zeichen und Merckmahle, welche die alten Medici zur Entscheidung, ob eine Frauens-Person zum Kinder zeugen geschickt oder ungeschickt sey, anzugeben pflegten, wie denn hiervon Hippocrates Prothet. P. II. 33. p. 511. seq. eine lange Reihe solcher Merckmahle anführet. Doch heute zu Tage würde unsern Heb-Ammen wenig zu trauen seyn, es sey denn, daß sie ihre eigene Sünden frey heraus bekennen sollten, als die manchmahl eine Frau auf das erst-mahl so zurichten, daß sie weder ans Kinder-bringen, noch an die Herstellung ihrer vorigen Gesundheit jemahls mehr dencken darff.