Zedler:Maignan oder Magnanus (Emanuel)
Maignan oder Magnanus (Emanuel) ein geschickter Philosophe, war zu Toulouse aus einer alten adelichen Familie den 17. Jul. 1601. gebohren, und in dem Collegio der Jesuiten erzogen, worauf er in dem 18. Jahre seines Alters sich in den Orden der Minimorum begab. In der Philosophie hatte er zu seinem Anführer den Ruffatius, welcher dem Aristoteles unverrückt folgte, dabey aber Maignan keine Gelegenheit vorbey ließ, sich allem dem zu wiedersetzen, was ihm in der Physic dieses alten Weltweisen irrig für kam. Hierdurch setzte er sich bey seinem Lehrer in sonderbare Hochachtung, welche nicht wenig vermehret wurde, als gedachter sein Lehrer merckte daß er, ohne einen Lehrmeister gehabt zu haben, sehr wohl in der Mathematick beschlagen wäre. Man hatte desto mehr Ursache, dieses an ihm zu bewundern, weil er in geringsten keine Instrumente hatte, die zur Erlernung dieser Wissenschafft erfordert werden. An statt des Circuls hatte er 2. kleine Höltzergen, an deren Spitzen er 2. Schuhahl steckte, an statt des Winckel-masses aber brauchte er ein höltzern Creutz. Gleichwie er aber bey Erlernung der Philosophie nichts annehmen wolte, als was er vor wahr und deutlich erkennen konte; also zog er im Gegentheil in der Theologie nichts in Zweiffel, ausser, wenn des Aristoteles Meinungen zu Erläuterung derselben falsch an gebracht wurden. Dieses alles setzte ihn in solche Hochachtung, daß ihm eine Profeßion aufgetragen wurde, welcher er so wohl vorstande, daß sein Ruhm auch in frembde Länder erscholle. Der General der Minimorum beruffte ihn dannenhero, 1636. nach Rom, um [553]daselbst ebenermassen zu profitiren. Seine Geschicklichkeit in mathematischen Erfindungen und physicalischen Versuchen machte ihn gar bald daselbst bekannt, zumahlen sich zwischen ihm und dem berühmten P. Kircher wegen der Erfindung einer gewissen Art von Himmels-Kugeln ein Streit ereignete, in welchem die Ehre selbiger Erfindung keinem abgesprochen wurde. Sein Buch de perspectiva horaria, sive Horographia, Gnomonica, Theoretica & Practica Libri IV. darinnen er die von ihm erfundene Telescopien erkläret, und welches 1648. auf Unkosten des Cardinals Spada zu Rom in Fol. gedruckt worden, hat ihm ebenermassen nicht wenig Ruhm zu wege gebracht. Er war mit seiner Wissenschafft nicht neidisch, und pflegte den Künstlern, welche ihn deswegen besuchten, gar gern alles zu entdecken, was zu ihrer Profeßion etwas beytragen konte; von Rom gieng er 1650. wider nach Toulouse zurück, da er dann mit allgemeiner Freude empfangen wurde. In dem folgenden Jahre wurde er wider seinen Willen zum Provincial in der Provintz Guienne erwählet. Im Jahre 1626. gab er seinen Cursum philosophicum heraus, darinnen er die Physicam elementarem wiederum auf die Bahn gebracht, den er aber 1673. mit vielen Zusätzen vermehret zu Lyon in Fol. wiederum auflegen lassen. Nach diesem arbeitete er an seiner Philosophia sacra, davon auch der erste Theil 1662. und 1672. der andere herausgekommen. Als er den ersten an das Tages-Licht gestellet, bekam er einen Jesuiten, Nahmens la Louvere, zum Gegner, welcher verschiedene Meinungen von der Structur und Schwere der Cörper, von der Gleichheit der Angulorum resistentiae & reflexionis und andere Stücke an dem Maignan tadelte; dem aber dieser einen Anhang entgegen gesetzet, worauf nicht lange hernach, als der Jesuit sich zu verantworten gesuchet, der andere Anhang gefolget, darinnen er das Funckern der Fix-Sterne, die Holländische Glaß-Tropffen, und andere Stücke mehr erkläret. Als sich nun Ducasse in einer Dissertation von den besagten Holländischen Glaß-Tropffen wider ihn setzte, vertheidigte sich Maignan auch wider diesen, und kam also ein dritter Anhang heraus. Diesen folgten noch 2. andere wieder verschiedene seine Widersacher, welche fünf Anhänge nachgehends 1672. zusammen gedruckt worden. Im übrigen scheinet er auch mehr seine Ruhe als grosse Ehre gesucht zu haben, denn sonst hätte er Gelegenheit gehabt, auf des Königs Befehl, der seine Instrumente und Maschinen, so er alle selbst verfertiget, zu Toulouse 1660. mit grosser Verwunderung gesehen, nach Paris zu kommen, und daselbst seine übrige Lebens-Zeit mit weit grösserm Ruhm zu zubringen. Doch kam er 1657. bloß als ein Reisender dahin, da er dann mit den grösten Ehren-Bezeugungen empfangen, und in die philosophischen Zusammenkünffte bey dem Requeten-Meister, von Montmor, mitgenommen wurde. Die gelehrtesten Männer seiner Zeit befragten sich bey ihm, dadurch er denn fast keine viertel Stunde von der Arbeit übrig behielt, und merckt man von ihm an, daß ersuch im Schlaff nicht müßig gewesen, sondern die Lehrsätze, welche er, nachdem er erwachet, auf eine bey sich gehabte schwartze [554]Taffel, so gut als die Nacht zugelassen, gemeiniglich zu schreiben pflegen, in schönster Ordnung völlig demonstriret. Er erklärte auf eine neue Art, wie bey dem Meß-Opffer nur Brod und Wein gesehen würde, ohngeachtet man mit der Catholischen Kirche glauben müsse, daß nicht mehr würckliches Brod und Wein, sondern der Leib und das Blut JEsu Christi zugegen wäre. Nehmlich er hielt davor, daß nachdem Brod und Wein durch die Segnung des Priesters würcklich in den Leib und Blut Christi verwandelt worden, GOtt den Eindruck in den menschlichen Sinnen, welche sie sich vorhero gemacht, da noch Brod und Wein zugegen waren, fortsetzete. Memoires de Trevoux 1703. April p. 249. Weil aber diese Erklärung ein gedoppeltes Wunderwerck zum voraussetzet und daraus folget, daß GOtt die Ordnung der Sinne und deren Eindrücke und Empfindungen aufhebe; so ist Maignan von Nicolas Maria Genner und Augustin von Guidutiis, einem Dominicaner zu Rom, wiederleget worden. Er starb endlich 1676. den 29. Oct. Sem Leben hat der Pater Johann Saguens, sein Schüler unter dem titul: de vita, moribus & scriptis R. Patris Emanuelis Maignani Tolosatis ordinis Minimorum, philosophi atque mathe. matici praestantissimi, elogium, in 4. zu Toulouse 1697. herausgegeben, so er auch nachgehends 1703. seinem Werck, das den Titul führt, philosophia Maignani Scholastica mit einverleibet. Rochault entretiens sur la philosophie p. 48. 53. 55. 57. und in seiner physique P. I. c. 22. num. 47. u. ff. Baillet. viede des Cartes tom. 2. pag. 579. 380 ad an. 1649. Bayle Diction. T. III. im Artickel Maignan p. 280. Le Long in Bibl. hist. Niceron im XXXI. Bande der Memoires pour servir à l' Histoire des Hommes illustres etc.