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Zedler:Marocco, ein Königreich in Africa

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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MAROCCENSE REGNUM

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Marocco, die Hauptstadt des vorherstehenden Königreichs

Band: 19 (1739), Spalte: 1634–1636. (Scan)

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Literatur
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Marocco, Lat. Marochium, Marocconum oder [1635] Maroccense regnum, ein Königreich in Africa, in dem westlichen Theile der Barbarey. Aus diesem Reich und dem von Fetz bestunde das Kayserthum der Cherifs, welche sich desselben unter dem Vorwande eines Eifers für die Mahometanische Reliogion bemächtigten. Eben dieses Land Marocco, und Fetz ist das alte Mauritania Tingitana. Beyde Länder haben das Mittel-Meer gegen Mitternacht, den grossen Atlantischen Oceanum gegen Abend, das Gebürge Atlas und die sandigte Wüste von Numidia gegen Mittag, das Königreich Tremesen aber, so von den Alten, Mauritania Caesarea genennet wird, gegen Morgen. Marocco war die Haupt-Stadt des Reichs der Cherifs, welcher Nahme so viel heist als Durchlauchtig und Heilig: Nachgehends aber wurden diese zwey Länder von einander zertheilet, biß sie der König von Tafilet wieder unter ein Haupt brachte, wie in der Relation, so von diesem Lande in Druck heraus kommen, zu finden. Der König führet den Titul eines Kaysers der Barbarey, und von Marocco, Königs von Fetz, Sutz und Tafilet, und Herrn von Dara, Gago etc. Desgleichen lässet er sich auch den grossen Cherif von Mahomet, und einen Nachfolger des Hauses dieses Propheten tituliren, und giebt vor, daß er in gerader Linie von dessen Tochter Fatime absteige. Es ist kein Potentate in der Welt, dem von seinen Bedienten und Unterthanen, theils aus Furcht der grausamen Strafen, theils aus beygebrachtem Aberglauben, ein so grosser Gehorsam erwiesen wird als diesem. In der Länge erstrecket sich Marocco von dem Vorgebürge Noman, biß an das Gebürge, wodurch es von Segelmesse unterschieden wird, ohngefehr auf 125. Meilen; und die Breite von eben ietztgedachtem Vorgebürge Noman, biß an den Ausfluß des Strohms Ommirati, trägt fast eben so viel aus. Die Lufft daselbst gegen Morgen ist sehr gesund, hingegen nach dem Meere zu ist sie nicht gar gut; und die Erde ist fruchtbar an Korn, Obst, Gersten, Oel, Zucker, Trauben, Mandeln, Wachs und Palmbäumen, ingleichen an Gold, Silber und Kupffer. Dieses Königreich wird in 7 Provintzien, als Marocco, Sutz, Hea, Guzula, Teldes, Duccula und Hascora eingetheilet. Fetz hat einen weit grössern Ueberfluß an Getraide und Vieh, als Marocco, weil das Land nicht so sandigt ist. Heut zu Tage begreifft es nicht mehr so viel in sich, als vor Zeiten, weil verschiedene sich dieses Kaysers Botmäßigkeit entzogen haben. Die Portugiesen haben eine Festung, Masagan genannt, auf der Küste dieses Königreichs, 2 Meilen von Azamos, und werden in diesem Lande gefürchtet, als die Spanier und Engelländer in dem Königreich Fetz. Die Einwohner sind mehrentheils der Mahometanischen Religion zugethan, von guter und starcker Leibes-Statur, lassen einen herrlichen Verstand von sich blicken, sind geschickt zur Handlung, legen sich auf Künste und Wissenschafften, und lassen sich den Feldbau angelegen seyn. Ihre Kleidung ist ein enger Rock von gefärbtem Tuche, nebst einem langen weiten Rock von feinem Schamelott darüber, einer scharlachen Mütze und einem kleinen Turban. Die Weiber sind wohlgezogen, upd gehen sehr nett, haben goldene und silberne Arm-Bänder, nebst Perlen und Juwelen an den Ohren. Sie [1636] gehen niemahls aus, ausser wenn sie jemand besuchen, und in die Moschee oder auch ins Bad gehen, in welchem Fall sie noch darzu ihre Gesichter verhüllet haben. Im übrigen haben die meisten Einwohner keine gewisse Oerter zu ihrem Auffenthalt, und ist in einem ieden Dorff ein Marabou oder Ober-Officier, dem sie folgen. Ihrem König aber sind sie so sclavisch unterworffen, daß sie sich nach dessen Gefallen hinrichten lassen; wiewohl sie dadurch einen geraden Eingang zu der künfftigen Seligkeit, die sie in der Anschauung GOttes und Geniessung aller sinnlichen Lüste setzen, zu erlangen hoffen. Nach dem Alcoran nehmen sie die 5 Bücher Mosis und die Psalmen an, sprechen auch keinem Christen die Seligkeit ab, welcher vor der Ankunfft des Mahomets gestorben. Sie glauben Himmel und Hölle, die Aufferstehung der Todten und die Gnaden-Wahl, oder Prädestination, auf Türckische Art. Wenn sie iemand begraben, so geben sie fleißig acht, daß der Verstorbene nicht in eines andern Grab möge gelegt werden, weil sie fürchten, der beyden Cörper Gebeine mögten unter einander gemenget werden. Für diejenigen, welche nach Mecha gereiset, tragen sie eine sonderbare Hochachtung, so gar lassen sie die Pferde, welche dabey gebraucht worden, keine Arbeit mehr thun, und halten dieselben vor heilig, es muß auch gewißlich einem solchen Pferde allezeit ein Page nachtreten, den Schwantz aufgehoben tragen, und die Pferde-Aepffel auffangen. Noch lächerlicher ist, daß die Maroccaner, so bald sie von einem Regen auf der Reise oder im Felde übereilet werden, alsodald die Kleider ausziehen, sich darauf setzen, damit dieselben trocken bleiben mögen. Nov. Relation de l' Empire de Maroc. Nachdem der Kayser Muley Ismael nach einer langen und grausamen Regierung im Jahr 1727 gestorben, machten seine Söhne Muley-Hameth, Muley Abdelmelech, Muley Achmet und Muley Abdalah sich unter einander das Reich streitig, und erregten in demselben einige Jahre hinter einander grosse Verwirrung, bis endlich nach dem Todte der 3 erstern, der letzte Abdalah den Thron behauptete. Marmol. descript. Afric. Mouette hisp. du roiaume de Maraca. Relation de l' Empire de Maroc pour Mr. de S. Olon &c. Im Jahr 1734 rebellirten die Schwartzen wieder den Muley-Abdalla wegen der an ihnen begangenen Grausamkeit, setzten ihn ab, und seinen jüngern Bruder Muley-Ali auf den Thron; worauf sich jener mit allen Schätzen nach Tafilet retirirete, um daselbst Trouppen zu sammlen, und die Schwartzen wieder zum Gehorsam zu bringen. Diese Unruhen waren im Jahr 1736 noch nicht gestillet.