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Zedler:Mumie (Leipziger)

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Mumie (Gottorpische)

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Mumie (Menschen-)

Band: 22 (1739), Spalte: 746–750. (Scan)

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Mumie (Leipziger) Unter diejenigen sehenswürdigen Sachen, welche E. E. Rath der Stadt Leipzig auf der sehr schönen und zahlreichen Bibliotheck daselbst verwahrlich aufheben lässet, ist eine nicht der geringsten, die daselbst befindliche sehr kostbare gantze Egyptische Mumie, welche vorgedachter Hochweiser Rath der Stadt Leipzig im Jahr 1693 von einem Kauffmanne, der selbige aus Egypten erstlich nach Holland, und von da ferner nach Leipzig gebracht hatte, käufflich erstanden, und zum Zierrath auf ermeldete Bibliotheck bringen lassen. Je seltener nun dergleichen Mumien in Europa, und sonderlich in unserm Deutschlande gefunden werden; desto weniger hat man sich entbrechen können, [747] eine etwas umständlichere und genauere Beschreibung von selbiger, und allen dazu gehörigen Stücken, hieselbst mitzutheilen. Der Kasten oder Sarg, als das erste Stück, so einem bey der Besichtigung in die Augen fällt, ist gantz von harten, und wie man glaubt, von Sassafras-Holtze, und aus lauter schmalen, gröstentheils einer Hand breiten Bretern, mit vielen höltzernen Nägeln oder Pflöcken zusammen geschlagen; deren jedoch einige, der Härte ungeachtet, vermuthlich durch Länge der Zeit, und vom Wetter beym Herausbringen, beschädiget und verfaulet sind, so, daß hin und wieder einige Spalten zu sehen sind. Die Länge dieses Sarges ist 3 und 1/4 Elle; die Breite aber ist oben, um die Brust der Mumie, 1 Elle, und ein halbes Viertel, unten aber, um die Füsse nur 3/4 Ellen, welcher unterste Theil aber nach gerade in die Höhe gehet, so, daß wenn man den Sarg in die Höhe hebet, selbiger darauf stehen könne. Die Farbe des Sarges aber ist ausser denjenigen Bildern, so darauf gemahlet zu sehen sind, gantz weiß, welche aber durch das Alterthum beynahe gantz abgegangen ist, so, daß man nicht sagen kan, ob auf selbigen, insonderheit auf den Seiten-Wänden, etwas gemahlet gewesen, oder nicht. Auf dem öbersten Theil dieses Sarges, oder dem Deckel, ist das Gesicht eines Weibs-Bildes geschnitzet, welches, wie man glaubt, die Gestalt der darinn liegenden Mumie vorstellen soll. Der Kopff dieses Bildes ist mit einer Mütze oder Hüllen bedecket, mit auf beyden Seiten herabhangenden Schleyern, unter welchen jedoch die Ohren hervorragen. Auf der Brust bemeldeten Bildes aber sind verschiedene durch Alter der Zeit unscheinbar gewordene Striche zu sehen. Und wenn man dieses Bild mit der inwendig im Sarge liegenden Mumie etwas genauer zusammen hält, wird man freylich einige, aber nur sehr geringe Aehnlichkeit unter selbigen wahrnehmen; angesehen die Länge der Zeit, und die Menge der Specereyen, womit die Mumie selbst überzogen ist, selbige ziemlich unkänntbar gemachet haben. Der unterste Theil des Sarges stellet das Bild eines Menschen nebst einem daneben stehenden Vogel vor, welches vermuthlich das Bildniß der Göttin Isis seyn soll, weil nicht allein die Egyptier solche ihre Gottheit häuffig auf die Särge zu mahlen pflegeten; sondern auch Kircher in seinem Oedip. Aegypt. bezeuget, daß die Isis unter solchem Bilde vorgestellet worden. Der Kopff dieses Bildes ist mit einem Himmel-blauen Haupt-Zierrad bedecket, auf welchem eine Feder, oder wie andere dafür halten, ein Messer zu sehen ist. Die Kleidung desselben ist von grün und gelber Farbe Netz-weise gezogen, und gehet von den Brüsten bis auf die Füsse herab; die übrigen Theile des Leibes aber sind nackend, iedoch so, daß die herabhangenden Arme mit Arm-Bändern gezieret sind, und die Zähen des rechten Fusses die Hacken des lincken bedecken. Was aber der obgedachte neben diesem Bilde auf der lincken Seite stehende Vogel bedeuten solle, kan so eigentlich nicht gesaget werden, man wolte denn selbigen für den Jynx erklären, welcher nach dem Zeugniß des Kirchers l. c. der Isis Begleiter ist; wiewol auch diese Erklärung, wegen der unterschiedenen Gestalten nicht füglich angehet. [748] Die inwendige Seite des Deckels stellet die Gestalt und Einkleidung des Cörpers selbst vor, und bestehet in verschiedenen leinenen und papiernen starck über einander gewickelten Windeln, welche so fest zusammen geleimet sind, daß sie fast nicht können abgesondert werden. Auf der Brust aber sind sie queer von einander getheilet, auch hier und dar zerrissen und schadhafft. Gröstentheils aber ist sothane Einkleidung roth gefärbet, die übrige Farbe der Windeln aber ist Gold, blau, gelb, weiß, und grün. An dem Gesichte sind die Ohren, Augen-Lieder, und Braunen vergoldet; das übrige Gesicht aber mit gelber Farbe überzogen; der Mund und die Augen aber sind schwartz bemahlet, und mit halben Mondes-Circuln umgeben. Insonderheit ist die Nase etwas erhöhet, so, daß die Nase des todten Cörpers selbst geraumlich ihren Platz darinnen hat; daher man um destoweniger zu zweiffeln hat, daß dieses Bild die wahre Gestalt des todten Cörpers vorstelle. Der gantze Kopff ist überall mit einem blauen Schleyer umgeben, welcher bis an den oberwehnten Riß, oder die Helffte der Brust herunter gehet. Auf der lincken Seite erscheinet eine Gottheit, mit einer Peitsche, zur Bewahrung des Cörpers, welche aber, weil sie gröstentheils ausgelöschet, und mangelhafft ist, nicht leicht erkannt werden kan. Unter diesem Papier finden sich, wenn man selbiges, so viel sich thun lässet, aufhebet, verschiedene andere mit Gold und allerhand Farben gemahlte Figuren, daß also nicht bloß, wie es beym ersten Ansehen zu seyn scheinet, die äusserste Seite mit selbigen gezieret ist. Das Alter aber vergönnet nicht selbige genau zu unterscheiden, und zu erklären. Auf der Mitte dieser Abbildung unter dem erwehnten Bruch sind 14 in halben Circkeln gelegte Streiffen zu sehen, welche nach und nach grösser werden, auch alle mit ihren äussersten Enden an mehr ermeldeten Bruch stossen, und um einen in der Mitte stehenden und gewürffelten Raum herum lauffen. Jeder dieser Streiffen ist mit vielen theils runden, theils ovalen und dreyeckigten Figuren angefüllet, und bedeutete, wie solches Kircher l. c. erkläret, die himmlischen Kreyse, welche die Seele durchwandern muß. Unter diesen Streiffen sind 2 Gitter oder Fenster, durch welche die Seele, der Egyptier Meynung nach, in besagte Kreyse wandern soll. Hiernächst folget das Bild einer Weibs-Person, mit untergeschlagenen Beinen, welche auf den Seiten drey Reyhen Flügel und in ihren ausgebreiteten Händen zwey Federn hält. Unter diesem, vermuthlich die Göttin Isis verstellenden Bilde, finden sich verschiedene Gürtel, auf deren ieglichem gewisse Gottheiten zu sehen sind, so auf beyden Seiten mit anderen, von sie abgesonderten Figuren umgeben sind. Dieser Seiten-Bilder sind in allem 10. die vier obersten einander gegen über stehende Figuren sind gröstentheils einander gleichende Menschen Gestalten, ausser daß die erste rechter Hands einen Habichts-Kopff; die erste lincker Hands einen Meerkatzen-Kopff; die übrigen beyden aber Hunde-Köpffe haben, so alle verguldet sind. Diese Figuren sollen die Isis, Osiris, Anubas, und andere Ubel abwendende Gottheiten vorstellen; sind anbey auch mit heiligen Kleidern angethan, und führen in ihren Händen Stricke, um [749] damit nach des Kirchers l. c. Erklärung, die ihnen widrigen Gottheiten zu binden. Die dritte Reihe der Seiten-Figuren ist den vorigen fast gleich; ausser daß die zur lincken Hand in die Höhe stehende Hundes-Ohren hat. Ob aber diese beyde Figuren gleichfalls Stricke in den Händen gehabt haben, ist ietzo nicht mehr zu sehen, sondern gäntzlich ausgelöschet. Die auf dem vierdten Gürtel befindliche Seiten-Bilder stellen Hunde vor, so gleichsam auf Altaren liegen, beyde aber gleichfalls mit Peitschen versehen sind. Die beyden letzten auf dem untersten Gürtel befindliche Seiten-Figuren stellen jede zweene Schutz-Götter vor, welche einander ebenfalls in allen Stücken gleich zu seyn scheinen, ausser daß die auf der rechten Hand einander die Hände bieten, die Vereinigung ihrer Kräffte zu Beschützung des Todten dadurch anzuzeigen, da überdis der eine dieser Schutz-Götter einen Stock in der Hand hält. Was hiernächst die zwischen diesen beschriebenen Seiten-Bildern in der Mitte befindliche Gottheiten anbetrifft: so ist auf der obersten das Bildniß des Anubis zweymal in menschlicher Gestalt auf einem Stuhl sitzend, und mit einer Crone, so einer Bischoffs-Mütze nicht unähnlich siehet, auf dem Haupte, vorgestellet, wie es in der einen Hand ein Winckel-Maß, in der andern aber eine Sichel hält. Vor selbigen stehet auf ieder Seite ein Opffer-Priester. Die unterste von den mittlern Figuren aber stellet eben dasjenige Bild vor, welches Kircher Obelisc. Pamphil. Lib. IV. p. 284. und Oedip. Aegyptiac. Synt. I. p. 145. beschreibet, und selbiges von der Vermählung des Horus mit dem Momphta erkläret, wo davon mit mehrerem nachzusehen. Unter diesen Figuren sind endlich unzehliche von beyden Seiten schräge unterwerts gehende Züge und Linien zu sehen, welche alle aber von einer quer durch dieselbige gehende ziemlich breite Linie von einander abgesondert werden, und scheinet es, als ob diese Linien, wie auch andere, Kürtze halber, übergangene Kleinigkeiten bloß zum Zierrad dahin gemahlet worden. Was nun endlich den in diesem Sarge befindlichen todten Cörper selbst anbelanget: so lieget selbiger auf Meer-Schilff, und ist nach Art der Egyptier in Windeln eingewickelt, so wie etwan heutiges Tages die kleinen Kinder in Windeln geleget werden; und soll, wie man dafür hält, ein weiblicher Cörper seyn. Er ist zwey Ellen und drey Viertel lang, und oben um die Brust zwey und eine halbe Viertel-Elle, bey den Füssen aber nur eine Viertel Elle und etwas darüber breit. Das Gesicht und die Brust ist schwartz, und riechet sehr starck nach Pech. Der Hirn-Schedel ist an einigen Stellen bloß, wo nemlich durch Gewalt das Pech abgestossen worden. Von den Augen aber ist weiter nichts als die Höhlung zu sehen. Die Nase ist etwas eingedruckt; und der Mund geschlossen, iedoch so, daß man ohne Mühe die Zähne sehen und zehlen kan, deren 9. sind. Der Hals ist gröstentheils zerbrochen, und hat ein so grosses Loch, da man füglich eine Hand hinein stecken kan. Die Hände sind vermuthlich am Leibe hinunter gestreckt, wiewol man selbige nicht sehen kan. Auf der Brust sind einige Merckmahle von Weiber-Brüsten zu sehen; alles aber ist sehr starck mit [750] Pech oder Hartz beschmieret, unter welchem man doch bey dem obgedachten Loch am Halse eine ungemeine Menge von Windeln wahrnehmen kan. Die Windeln selbst aber, womit der gantze Cörper umgeben ist, haben wegen des starcken Hartzes, womit sie umschlagen sind, eine braune Farbe. Selbige sind nun zwar zum Theil zerrissen; halten aber dennoch den gantzen Cörper so vest zusammen, daß man selbigen eher für einen Stein als Fleisch halten solte. Die Füsse aber sind zu unterst ohne Windeln, so, daß man die vom Fleisch entblöste Knochen fühlen kan. Von den inwendigen Theilen dieser Mumie aber kan keine Nachricht gegeben werden, weil selbige ohne deren Verletzung nicht haben können untersuchet werden. Besiehe Kettner Dissert. de Mumiis Aegyptiacis c. II.