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Zedler:Neclan

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Necla

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NEC MANCIPI RES

Band: 23 (1740), Spalte: 1533–1536. (Scan)

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Neclan, der zehende unter denen alten heydnischen Böhmischen Hertzogen, von welchen die Geschichtschreiber, insonderheit was die Zeit seiner Regierung anlanget, nicht einerley Meynung sind. Einige setzen selbige in Carls, des Grossen, Zeit, und melden anbey, daß er wider dessen Sohn, Carln, im Jahr 805 unglücklich Krieg geführet, und sich demselben habe unterwerffen müssen. Andere hingegen halten das Jahr 852 vor das erste, da er nach seines Vaters Cremovisla Absterben zu regieren angefangen. Darinnen stimmen alle überein, daß er mit seinen Vettern, so zu Satz und Chlum als Fürsten lebten, viele Jahre lang in Streit gelegen. Denn Ulastislaus, Ober-Herr zu Satz, welcher dessen Regierung mit neidischen Augen ansahe, trachtete dahin, wie er denselben ums Regiment, ja gar ums Leben bringen möchte. Zu solchem Ende wolte er nicht allein die Stadt Satz besser befestiget wissen, sondern ließ auch 2000 wohl verwahrte Schilde, Pechwämser, Sturm-Hüte von Ochsen-Häuten mit eisernen und stählernen Reiffen samt andern Krieges-Instrumenten verfertigen. Hierauf that er 855 einen unversehenen Einfall in Hertzog Neclans Gebiet, und nachdem er sein feindseliges Gemüthe mit Rauben und Plündern genugsam an den Tag geleget hatte, fieng er an, eine sonderliche Stadt zu bauen, welche nach seinem Namen Ulastislavia genennet werden muste. Weil nun die Gewaltthaten von Tage zu Tage unleidlicher wurden, so schickte Neclan 856 zwey von seinen Geheimden Räthen an Ulastislavum, und bewarb sich um nichts mehr als um Friede und Freundschafft, wovon aber sein unruhiger Vetter so wenig hören wolte, daß er auch so gar einem jeden unter denen Abgeordneten, die er als Kundschaffter [1534] im Verdacht hatte, ein Auge ausreissen ließ, und selbige in solchem Zustande zurück sendete. So groß aber gleich diese Beschimpfung vor Neclan war, so konte er sich doch nicht entschliessen, alsobald mit dem Schwerdt drein zu schlagen, sondern er schickte 857 nochmahls einige Edelleute an denselben, denen er zugleich kostbare Geschencke mitgab, darunter ein Goldkuchen, der des Ulastislai Leibe am Gewichte die Waagschaale gehalten haben soll, wie auch 10 auserlesene Pferde, nebst 50 Pechwämsern und viele andere Rüstung befindlich war. Allein Ulastislaus nahm solche Geschencke nicht an, sondern ließ sich gegen die Gesandten voller Hochmuth und Verachtung also vernehmen, wenn Neclan den Frieden suchte, so konte er selbigen auf keine andere Weise finden, als so ferne er ihm sein gantzes Fürstenthum einräumete: falls ihnen nun die Erhaltung ihres Lebens angelegen wäre, so solten sie sich mit dieser seiner endlichen Meynung unverzüglich zurücke verfügen, oder aber den Verlust ihrer Köpfe gewärtig seyn. Als Neclan die schlechte Würckung seiner Geschencke vernahm, geriethe er in solches Erstaunen, daß ihn auch sein von Natur verzagtes Gemüthe an der Farbe unterm Angesicht verrathen muste. Inzwischen verübten die Satzer bey Schlam, Chodschow und Kladno alle ersinnliche Grausamkeit, und eroberten die Stadt Budecz im Prager-Kreysse binnen 16 Tagen, welche hierauf gäntzlich eingeäschert wurde; so ferne auch die Deutschen nicht 859 unversehens in Ulastislai Länder eingefallen wären, würde der Satzer Wuth noch weiter um sich gefressen haben. Mitlerweile aber bekam Neclan noch einen andern Widersacher an dem Hertzog von Kaurzim, genannt Krasnick, wider welchen er endlich ein ansehnliches Krieges-Heer unter dem tapfern Wschebog ins Feld stellete, dem es auch so glücklich gelunge, daß er nebst Eroberung einiger Oerter mit reicher Beute, die er allesamt unter seine Trouppen austheilete, zurücke kam. Hiedurch wurden andere mehr angefrischet, ihr Heyl im Kriege zu versuchen. Unter solchen war einer, Namens Koldog, welcher 862 von Neclan 300 bewehrte Soldaten erhielt, mit denen er die Stadt Kaurzim 4 Tage nach einander unabläßig bestürmete, so gar, daß Krasnick gezwungen wurde, sich über die Stadt-Mauren unvermerckt herunter zu lassen, und in dem festen Schlosse Skalycze seine Sicherheit zu suchen, da denn Koldog der belagerten Stadt so lange mit Sturmlauffen zusetzte, bis selbige erobert, und alles darinnen entweder niedergemacht, oder dem Hertzoge zur gefänglichen Verhafft geliefert wurde. Allein es hatte währender Zeit Ulastislaus in seinem Lande von denen Deutschen kaum wiederum einiger massen Ruhe bekommen, so fieng er 863 abermahls an, zu des Neclans Utergang alle noch übrige Kräffte dran zu strecken. Er schickte dahero seine Satzer zum Sengen und Brennen aus, denen zwar Koldog mit genugsamer Macht entgegen zog, jedennoch aber bey dem Dorffe Tuchonie so übel empfangen wurde, daß er das Leben, die Seinigen aber die Schlacht verlohren. Solches Unglücke der Böhmen wolte sich der flüchtige Krasnick ebenfalls zu seinem Vortheil [1535] bedienen, und griff 865 durch Beyhülffe der Mähren noch einmahl zu den Waffen, welches ihm aber so übel geriethe, daß er nebst dem meisten Theile seiner Mannschafft auf der Wahlstadt liegen bliebe. Also hatte sich Hertzog Neclan einen Feind von dem Halse geschaffet; der andere aber, nemlich Ulastislaus, bekam von neuen mit denen benachbarten Deutschen zu schaffen, und dieser kurtze Ruhestand verursachte, daß Neclan auf dem Wischerad zu Praag einen hohen und breiten Thurm mit gemahlten Bildern von Primislao an aufführen ließ, welcher lange Zeit gestanden, und Neklanka genennet worden. Als indessen Ulastislaus wieder freye Hände bekommen, rüstete er sich zu einem neuen Kriege wider den Neclan, und ließ zur Anzeigung einer neuen Fehde durch den gantzen Satzer-Kreyß ein grosses Schwerdt herumtragen, mit Bedrohung, daß alle diejenigen Manns-Personen, welche die Länge des Schwerdtes hätten, zum Streite hervortreten, und sich in den Krieg verfügen, die Widerspenstigen hingegen oder welche nicht zu bestimmter Zeit auf dem Sammel-Platz erscheinen würden, eben dieses Schwerdt zwischen dem Kopf u. Rumpf empfinden solten. Weil sich nun eine grössere Menge Volcks an dem bestimmten Orte versammlete, als er sich selbsten eingebildet hatte, so wuchs sein Hochmuth dermassen, daß er von denen Seinigen begehrte, sie solten nur alle ihre Schilde von sich werffen, angesehen sie derselben wider einer verzagten und flüchtigen Feind nicht würden benöthiget seyn. Diesem zu folge wurde 869 ein gewisser Tag des May-Monats zur Feld-Schlacht bestimmet, da dann Neclans angebohrne Furchtsamkeit ihm den listigen Anschlag gab, einen tapfern Ritter, der sich Syderium oder Slercium von Zainhoff nennte, und welcher ihm in allen Stücken gantz ähnlich sahe, mit denen Hertzoglichen Waffen und Rüstung an seine statt ins Feld zu stellen, als ob es Neclan, dessen Gegenwart das Volck inständig verlangete, in selbst eigener Person wäre, worzu sich denn Syderius so bereitwillig erzeigete, daß er auch so gar nichte weiters forderte, als man möchte ihn auf begebenden Todes-Fall an einem hohen Orte beerdigen, von welchem sein Vaterland Cheinow erblicket werden könte. Solcher gestalt gieng das Treffen auf dem Felde Tusco oder Tuschon mit ungemeiner Hefftigkeit an, da denn Ulastislai Kriegs-Heer die bey sich habende Falcken, Habichte und andere Raub-Vögel fliegen ließ, also, daß die Lufft davon erschwärtzte, welches entweder zur Bestätigung eines heydnischen Aberglaubens oder aber zur Verwirrung derer Feinde dienen solte. Jedoch liesen sich die Böhmen diese Quackeley wenig anfechten, sondern drungen unter dem Commando ihres tapfern Anführers immer weiter und weiter in den gegenseitigen Schwarm ein. In solchem blutigen Gefechte hatte Ulastislaus die Augen stets auf den unter des Neclans Person verborgenen Syderium gerichtet, und konte sich nicht genugsam verwundern, wie des vermeynten Hertzogs furchtsamer Geist gleichsam übernatürlicher Weise mit der scheinbarsten Tapferkeit ausgerüstet worden sey. Dahero gieng er voller Wuth auf ihn los, mit dem Vorsatz, ihm den Spieß unverzüglich [1536] durchs Hertz zu stossen. Allein Syderius, der vielleicht einerley Gedancken hatte, kam ihm zuvor, und stieß Ulastislaum so nachdrücklich vom Sattel herunter, daß er auf dem Erdboden gestrecket vollends von den Pferden zertreten wurde. Doch dieser schleunige Tod bliebe kaum einen Augenblick ungerochen, denn die Satzer fielen den Uberwinder so grimmig an, daß sie ihn nicht nur durch viele Hiebe und Stiche gleichfalls vom Pferde stürtzeten und seines Lebens beraubten, sondern auch den Kampf noch eine Zeitlang fortsetzeten, wiewohlen sie dennoch denen Böhmen letzlich unterliegen musten, welche nach erhaltenem Siege mit genugsamer Beute die Stadt Prage wiederum erlangeten. Hierauf verfügte sich der Hertzog in das Hertzogthum Satz, dessen er sich ohne fernern Widerstand gäntzlich bemeisterte, des entleibten Ulastislai hinterlassenen 7jährigen Printzen aber, Zbislaum, ließ er sorgfältig erziehen, und dessen bisherigen Hofmeister, During, einen Wenden, nicht nur eine Stadt an der Eger auferbauen, welche During genennet wurde, sondern ihn auch zum Vorsteher des Postelberger Kreyßes bestätigen. Aber During gerieth auf grausame Mord-Gedancken gegen den anvertrauten Printzen, worzu ihn theils sein Eigennutz, theils der falsche Wahn, sich dem Neclan hierdurch verbindlich zu machen, verleitete, dahero beobachtete er die Gelegenheit, als der junge Zbislaus 972 auf der Eger unter dem gebrochenen Eise Fische suchte, und hieb ihm den Kopf herunter, den er mit sich nach Prag nahm, den blutigen Cörper aber unter das Wasser steckte. Mit diesem Geschencke trat er vor den Hertzog, welcher eben über der Tafel saß, und an statt der Gnade dermassen ergrimmete, daß sich During zur Straffe selbsten an einer Erle aufknüpfen muste. Bald darauf, nemlich 873, fiel Neclan in eine tödtliche Kranckheit, welche ihm ein hefftiger Schrecken verursachte, indem er sich einsmahls bey einem nächtlichen Opfer einbildete, sein güldener Abgott blicke ihn mit entsetzlichen Augen an, worauf er am vierten Tage hernach den Geist aufgab, da dann sein ältester Sohn Hostivitius ihm 874 in der Regierung folgte. Annal. Bertin. & Metens. ad an. 805. Boregk Böhm. Chron. Haegecii Beschreibung des Königreichs Böhmen. Aen. Sylvii hist. Bohem. p. 126. Dubravius histor. Bohem. p. 18. Stransky Respubl. Bohem. c. 8. p. 393. Balbini Miscellan. dec. 1. lib. VII. sect. 1. c. 10.