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Zedler:Pariser Hochzeit, Parisische Blut-Hochzeit, Parisisches Blut-Bad, Parisische Würgerey

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Pariser Präliminar Universal Friedens-Artickel

Band: 26 (1740), Spalte: 964–968. (Scan)

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Pariser Hochzeit, Parisische Blut-Hochzeit, Parisisches Blut-Bad, Parisische Würgerey, Lat. Nuptiae Parisiacae, Nuptiae Parisinae, Laniena Parisiensis, wird das Beylager König Heinrichs von Navarra, mit Margaretha, König Carls IX in Frankreich Schwester genennet, weil alle vornehme Reformirte oder so genannte Hugonotten, auf dasselbe eingeladen, und hernach des Nachts bey vielen tausenden jämmerlich ermordet worden, welches den 24 August am Tage Bartholomäi 1572 geschahe, und daher Massacre de Barthelemi genennet wird. Mit diesem Blut-Bade hat es folgende Bewandniß. Nachdem der König in Franckreich Carl IX im Jahr 1570 den Hugonotten, nach einem langwierigen, und zu dreyen mahlen aufs neue angegangenen Kriege, endlich einen Frieden und die Gewissens-Freyheit hatte zugestehen müssen, und man also sahe, daß man mit Gewalt wider sie nichts würde ausrichten können, sanne man bey Hofe auf nichts als Mittel die Häupter derselben zu zertrennen, und solcher gestalt hinzurichten. In dieser Absicht fassete man im Jahr 1571 bey dem Beylager des Königes mit Elisabeth von Oesterreich, Kaysers Maximilian II Prinzeßin den Vorsatz, den Printzen von Bearn, Heinrich von Navarra, mit Margaretha, von Franckreich, des Königes Schwester, zu vermählen, um bey solcher Gelegenheit die vornehmsten Protestanten an den Hof zu zühen, und sie in die Falle zu bekommen. Man muß sich dabey äusserst entsetzen, wenn man bey den Geschicht-Schreibern die Verstellungen, Freundsthaffts-Bezeugungen, und die Eydschwüre des Königes lieset, die er gegen die Protestanten gebraucht, da er etliche Jahre schon mit den grausamsten Anschlägen umgegangen. Die Königin von Navarra nahm die vorgeschlagene Heyrath ihres Sohnes an, und hätte sich nicht einbilden können, daß irgend ein Mensch so treulos handeln würde, als hernach geschahe. Sie ließ vielmehr bey dem König, wegen der sowohl ihr als den Ihrigen [965]dadurch erwiesenen Ehre, ihre Dancksagung ablegen. Die Heyraths-Bedingungen wurden geschlossen, und sie eingeladen nach Paris zu kommen, der Vollziehung derselben beyzuwohnen; wie auch der Admiral und bisheriges Haupt der Hugonotten, Caspar II Graf von Coligny Matignon, um mit demselben zu überlegen, wie man sich in Ansehung des Krieges zu verhalten hätte, den man mit Spanien, wegen der durch den Aufstand der Protestanten in den Niederlanden sich ereigneten guten Gelegenheit, die ihren Feinden viel zu schaffen machten, anzufangen, verstellter weise vorgab. Dieser empfieng bey seiner Ankunfft am Hof von dem König alle erdenckliche Ehre und Freundlichkeit, wie auch Teligni, Rochefaucaud und la Noue, welche den Admiral begleiteten. Man erneuerte auch das Ansuchen bey der Königin Elisabeth im Jahr 1571 sich mit dem Hertzog von Anjou zu vermählen, um die Hugonotten dadurch desto besser hinters Licht zu führen und ihnen hernach die Hälse zu brechen. Mittlerweile sich dieses zutrug, verliesse die Königin von Navarra die Zeitlichkeit, nach einer zehen tägigen Kranckheit, nicht ohne Verdacht einer Vergifftung, in dem vier und viertzigsten Jahr ihres Alters. Nach ihrem Absterben nahm Heinrich, der Printz, den Königlichen Titel an, und die Vermählung mit Margarethen von Franckreich ward einige Zeit verschoben. Dieser Tod gab Anlaß, daß der Admiral von allen Orten gewarnet ward, sich vor den Nachstellungen des Hofes in Acht zu nehmen, allein er war durch so viele Schmeicheleyen des Hofes sicher gemacht, und schlug es in den Wind. Hierauf ward das Beylager, wiewol mit Widerwillen der Braut, vollzogen, weil der König von Navarra Heinrich ein Reformirter war, oder sie vielleicht den Hertzog von Guise, dem sie vorher sehr geneigt war, lieber gehabt hätte. Gleichwol ging alles seinen Gang, und die Hochzeit ward gehalten: Nun hatte man sich schon im vorigen Jahre zu Blois bey Hofe berathschlaget, wie man dem Admiral so wohl, als den andern Häuptern der Protestanten vom Brode helffen wolte: und es ist merkwürdig, daß die Sache in eben dem Zimmer verabredet worden, in welchem sechszehen Jahr hernach der Hertzog von Guise selbst ermordet wurde. Ja als man noch nicht alle Schwierigkeiten hatte aus dem Weg räumen können, und sich nochmals in einem Lust-Hause bey der Stadt versammlet hatte, den Bluttath zu halten, hatte man eben dasjenige Haus darzu erwählet, wo nach der Zeit Heinrich III, der als Hertzog von Anjou demselben beygewohnet, von einem Mönche ermordet wurde. Nach mancherley Anschlägen, wie man diese abscheuliche That ins Werck richten wolte, schien die bevorstehende Hochzeit am beqvemsten zu seyn. Die vornehmsten Hugonotten waren alle bey diesem Feste in Paris zugegen. Man brachte etliche Tage unter eitel Lustbarkeiten zu. Der König nennte den Admiral nur seinen Vater, und würdigte ihn eines so vertrauten Umganges, daß der sonst listige Mann sich ohnmöglich eine solche Untreue des Königes vorstellen konnte, ob er gleich von allen Seiten gewarnet wurde: und der [966]König wuste es dahin zu bringen, daß, da er ihm vorstellete, wie er sich für seine hohe Person und die Protestanten nichts guts von den unruhigen Guisen verspräche, mit Genehmhaltung des Admirals noch einige Regimenter in Paris einrücken musten. Dem Päbstlichen Gesandten hatte der König in dunckeln Worten schon die Versicherung gegeben, daß er bald die Sache zu des Pabstes Vergnügen ausführen wolte. Nachdem man nun einige Tage in Freuden zugebracht, wurde das letzte mal bey der Königin das Blutgerichte gehalten. Man beschloß mit dem Tode des Admirals den Anfang zu machen. Dieser hatte des Abends mit dem Könige gespielet, und nahm tausend Versicherungen seiner Gnade und Hochachtung mit nach Hause. Als er über die Gasse gieng, that einer, Namens Mandrevelle, aus einem Fenster einen Schuß mit zwey Kugeln nach ihm, wodurch er an der Hand und in der Schulter eine Wunde bekam. Die Bedienten lieffen alsobald nach dem Hause, woraus der Schuß gekommen, zu: allein der Thäter war schon entkommen, weil man ihm ein Pferd zu seiner Flucht fertig gehalten hatte. Der König, als es ihm der Admiral sagen ließ, bezeugte mit vielen Schwüren seinen Verdruß, und konnte sich so verstellen, daß er den Admiral, der an der Wunde gefährlich kranck lag, besuchte, und nebst der Königin von nichts als Rache über den Thäter redete. Ja er brauchte gegen den krancken Admiral so viel zärtliche Ausdrückungen, daß dieser selbst der erste war, da die Protestanten auf ungleiche Gedancken kamen, und aus der Stadt des folgenden Tages weichen wolten, ihnen solches zu widerrathen. Unterdessen konnte er doch nicht verhindern, daß dieselben nicht recht dem Hofe traueten, und sich offt unter einander berathschlageten, allermassen sie wohl muthmassen konnten, daß des Coligny Zufall nur ein Vorspiel eines weit grössern Trauerspiels seyn würde. Hierinnen bekräfftigten sie die Worte einiger Parisischen Bürger, welche gesaget hatten: Es würde bey Gelegenheit dieser Hochzeit mehr Blut als Wein vergossen werden. Doch da die Königin dieses sahe und das Gemurre der vornehmsten Hugonotten hörte, ersuchte sie den König, es hierbey nicht zu lassen, sondern diese Sache weiter auszuführen, die man so lange Zeit beschlossen hatte, nemlich in der St. Bartholomäus-Nacht alle Hugonotten umzubringen. Worauf sie den Rath zusammen ruffte, welcher aus den grösten Feinden der Protestanten bestunde, und den Hertzog von Guise, Heinrich, zum Haupte dieses Blutbades verordnete, worinnen der König von Navarra, der Printz von Condee, der Marschall Montmorancy und Damville zugleich mit umgebracht seyn würden, wenn nicht einige vom Königlichen Rath solches verhindert hätten. Ja, weil die Königin befürchtete, der König möchte auf andere Gedancken gerathen, stund sie in der Nacht auf, und nöthigte den König das Zeichen zu geben. Kein Befehl war dem Hertzoge von Guise iemals so angenehm gewesen, als dieser, welcher hierauf alle Anstalten machte und um Mitternacht mit drey hundert Mann für des Admirals Hauß zog, allwo sie die Thüren aufschlugen, und alles, was [967]ihnen in Weg kam, niedermachten. Bis ein gewisser Deutscher Namens Böhme, der bey dem Hertzoge von Guise war erzogen worden, in des Admirals Zimmer drang, ihm den Dolch in die Brust stieß, und, nachdem er ihn mit vielen Stichen das Leben genommen, zum Fenster hinunter warff. Gleich als der Mörder zur Thür hinein trat, sagte der Admiral mit erschrockenem Angesicht: So ein junger Mensch wie ihr seyd solte sich vor meinen grauen Haaren scheuen: allein thut was ihr wollet, ihr werdet mein Leben nur einige Tage verkürtzen. Der ermordete Cörper des Admirals wurde auf des Hertzogs Befehl zum Fenster herab gestürtzet. Man hieb ihm hierauf den Kopf ab, den man dem Pabste nach Rom schickete, wie man ihm denn auch die Scham und Füsse abschnitte. Den übrigen Leib wolten die Jungen ins Wasser werffen, man zog ihn aber zurücke, hieng ihn auf, und machete Feuer darunter, daß er also geräuchert nicht aber verbrannt wurde. Hierauf gab Guise Befehl, allen Hugonotten die Hälse zu brechen, die man in Paris finden würde. Welches auch auf das gegebene Zeichen von der Hof-Uhr und der Glocke zu St. Germain erfolgte, und das Morden und Blutvergießen drey Tage dauerte. Die Hertzoge von Montgommery und Chartres befanden sich damals in der Vorstadt St. Germain und flohen nach Engelland, ob man sie gleich auf dem Fusse verfolgte; und Briqvemaut und Cavagne wurden auf dem Platze Greve aufgehangen. Der König selbst schosse nach den Leichen, die in die Seine geworffen wurden, und begieng die Schwachheit, den Cörper des Admirals zu besehen, den man an den Galgen zu Montfaucon aufgehangen hatte. Die Cörper der Erschlagenen wurden gröstenthals von den Mördern für das Königliche Schloß gebracht, wo der sämtliche Hof, und besonders das Königliche Frauenzimmer die nackenden Cörper mit Freuden besahen. Unter andern waren diese so wenig schamhafftig, daß sie sich nicht scheueten, den Cörper eines vornehmen Mannes, Namens Pontius, dessen Frau sich über sein Unvermögen im Ehestande gerichtlich beschweret hatte, eigentlich zu besehen, ob sie einige Merckmahle davon wahrnehmen könnten. Der König ließ auch den König von Navarra und den Printz von Condee in sein geheim Zimmer kommen, und redete sie also an: Ich übe Rache an meinen Feinden, und hätte solche auch ietzo an euch ausüben können, weil alles unter euerm Ansehen geschehen, und der Krieg unter eurer Anführung geführet worden ist; allein ich schone das königliche Geblüte; ich vergebe es euch, in so fern ihr die Ketzerey verlasset und zu der Religion eurer Vor-Eltern zurück kehret. Hierauf antwortete der König von Navarra; Er wolte alles thun was Ihrer Majest. beliebte; Doch Condee sagte, daß man das gegebene Wort gebrochen hätte, und daß ihn keine Furcht vor dem Tode zur Veränderung der Religion bewegen solte, worauf ihn der König einen Starrkopf und Aufrührer schalt, und aus seinem Gesichte zu gehen hiesse. Auf solche Art wurden viele tausend [968]Menschen zu Paris, und zwar, wie man ihre Zahl gemeiniglich angiebet, 30000 hingerichtet, so keine Feinde, keine Missethäter, sondern lauter Unterthanen des Königes waren, die auf dessen theure Versicherung sich selbst in seine Hände gelieffert hatten. Der König selbst schrieb an den Pabst, es wären in Paris und anderen Orten in die 70000 umgekommen. Ja ein eintziger Goldschmid soll sich nachhero offtmals gerühmet haben, daß er mit diesem seinem Arm über 400 Ketzer umgebracht habe. Das gemeine Volck mag dabey unbeschreiblichen Muthwillen getrieben haben, also daß ein Straßburger, der damals in Paris gewesen, erzählet hat, sie hätten mit Knochen der erschlagenen Cörper häuffig nach ihm geworffen. Die Leichname haben sie geschunden, das Fell abgezogen, verkauffet, das übrige aber ins Wasser geworffen. Hierauf überlegte man in dem Rath, ob man diese Sache gerichtlich niederschreiben solte, als wenn sie auf Königlichen Befehl geschehen, oder daß sie von dem Hertzog von Guise ausgeführet worden, den Tod seines Vaters zu rächen; allein der König befahl, alles auf seine Rechnung zu schreiben; unter dem Vorwand, daß er Kundschafft von einer Verschwörung wider sein Haus bekommen hätte, um die Krone auf des Condee Haupt zu setzen; und mit dem Zusatz, daß man jährlich in Paris einen Umgang halten solte, Gott für die Entdeckung dieser Verrätherey zu dancken. Dieses war die erschröckliche That und das unmenschliche Blut-Bad, welches von der gantzen Welt und allen Europäischen Höfen mit dem grösten Erstaunen angesehen ward, so sehr man es auch zu verkleistern und zu schmincken suchte. Doch dieses war es nicht allein, was man vorhatte, sondern man hatte Tages vor diesem Mord in alle Provintzen Befehl geschicket, daß die Catholicken die Waffen ergreiffen, und alle Hugonotten umbringen solten; wie es auch in den meisten Städten, wo die Römisch-gesinnten die stärcksten waren, mit der äussersten Grausamkeit ins Werck gerichtet ward, so, daß man auf hundert taufend Menschen gezählet hat, die auf so schändliche Art in einer Nacht ermordet worden, bis man einige Tage hernach reitende Boten mit Befehle ausschickte, dieser greulichen Metzelung ein Ende zu machen. P. Daniel Hist. de France. Tom. V. Thuanus Hist. P. II. L. 50. 51. 52. Natal. Comes Lib. XXIII. Histor. Strada decad. I. Lib. 7. Meteran Hist. Belg. Part. I. Lib. 4. Franckenstein du Nupt. Paris.