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Zedler:Persische Philosophie

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Persische Poesie

Band: 27 (1741), Spalte: 639–648. (Scan)

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Persische Philosophie, Philosophia Persica. Von der Persischen Philosophie sind zu mercken: 1) ihre Historie, 2) ihre Haupt-Sätze, und 3) die Ketzerey, so von ihr ihren Ursprung genommen. Was die Geschichte der Persischen Philosophie anlanget, so muß man dabey das eine Auge auf die so genannten Magos, als auf die vornehmsten Philosophen der Perser, (von denen auch herrühret, daß man bey denen Persern die gesammte Weltweisheit niemalen anders als Magie genennet), und das andere auf die Philosophie selbst richten. Von denen Magis und deren Historie ist bereits das nöthigste in dem Artickel: Magus, im XIX. Bande, p. 434. u. ff. beygebracht worden. Solchemnach bleiben wir hier nur bey den Schicksalen der Philosophie selbst stehen. Es können aber selbige am füglichsten in 3 Zeitrechnungen vorgetragen werden, in der ersten der Ursprung und der Zustand der Persischen Philosophie bis auf den Ursprung der Magorum; in der andern Zeitrechnung die Schicksale dieser Philosophie unter den Magis; und denn in der dritten der Zustand der Persischen Weltweisheit nach dem Untergange der Magorum bis auf unsere Zeiten. Der Grund dieser Eintheilung ist bereits in dem obangezogenen Artickel: Magus gerechtfertiget worden, wo auch der gantze erste Zeitbegriff der Historie von der Persischen Philosophie, und darinne insonderheit abgehandelt worden, daß Elam, ein Sohn Sems, vermuthlich der erste Urheber und Stifter der Persischen Philosophie gewesen, daß daher solche ais eine Abstammung von der Hebräischen anzusehen sey, daß sie daher ferner entweder um das Ende des XVI Jahrhunderts nach Erschaffung der Welt, oder zu Anfang des folgenden ihren ersten Ursprung herleite, und endlich, daß sie an Lehren rein und nur nachher erst verderbet worden sey. Der andere Zeitbegriff enthält die Historie von denen Magis, und diese ist in dem mehr gemeldeten Artickel Magus, aus Carl Günther Ludovici Historia Philosophiae Peisicae, in MSct. so ausführlich erzählet worden, daß nichts hinzuzusetzen, zumal wenn man noch über dieses den Artickel: Weisen aus Morgenland, dabey aufschläget. Endlich ist noch übrig die dritte und letzte Zeitrechnung von dem Untergange der Magorum bis auf jetzige Zeiten. In dieser gantzen Zeitrechnung kommt nur einer zu mercken vor, der sich durch seine Philosophie berühmt gemacht hat. Solcher ist Musladinus Saadi, der im 13 Jahrhunderte floriret, und von dem im XXII Bande p. 1525. ein besonderer Artickel handelt. Jedoch muß [640] man nicht glauben, als ob mit diesem die Philosophie in Persien abgestorben sey. Denn, zu geschweigen, daß nach Hydens Bericht auch noch heutiges Tages in Persien Philosophen übrig seyn sollen, welche Anhänger und Lehrer der Sätze der alten Magorum, und bey ihnen unter dem Namen der Gewrorum (Gafri) bekannt sind; so sind auch in Persien besondere Collegia und Academien, (siehe den Artickel: Persische Universitäten) und lieben die heutigen Persier vornemlich die Geometrie, Astronomie, Ethik, Physik, Jurisprudentz, Oratorie, und vor allen andern beydes die Astrologie als Poesie. So berichtet auch der wegen seiner vielen Reisen berühmte Medicus, Frantz Bernier, in der Suite des Memoires sur l' empire du grand Mogol, am 202 Blat u. ff. in Persien gebe es eine gelehrte oder philosophische Secte, welche statuire, daß das allerhöchste Wesen nicht nur die Seele, sondern auch alle Dinge aus sich selbst hervor gebracht, wie die Spinne ihr Gewebe aus sich selbst webt, daß es auch alles wiederum an sich und in sich ziehen könne und werde, so, daß die Schöpffung nichts anders sey, als eine Extractio & Extensio, das ist, eine Auswickelung des göttlichen Wesens, und die Zernichtung eine Zurückziehung in dasselbe. Woraus sie schlüssen, daß nichts in der Welt reel, sondern lauter Betrug, Spiegelfechten und ein Traum sey, indem alle vielfältige Dinge, die wir sehen, hören, schmecken, fühlen und empfinden, nicht mehr als ein einiges Wesen, GOtt selbst, seyn, und dennoch sey dieser Gott unzerstöhrlich, und wie ein grosses Meer, in welchem die Substantzen als viele gefüllte Wasserschaalen schwimmen, welche das Meerwasser in sich halten, und wenn sie zerbrechen, das Wasser in das Meer fliesset, oder wie ein Licht, das überall seine Strahlen hinwirft und sich nach den Objecten modificirt, siehe Bayle Dict. T. IV art. Spinoza not. A. p. 254. der sich dieser Nachricht bedienet, den Persianern, zumal den Soufys unter ihnen, den Spinozismum aufzubürden. Nun erinnert zwar der Herr Reimann Hist. Ath. Sect. I. c. 10. §. 5. p. 89. aus Thomas Hyde Relig. Vet. Pers. c. XXVIII p. 348. daß die Perser noch heutiges Tages fest an dem Zoroastreischen Systemate hangen, welches, da es das Systema Dualisticum dem Systemati Emanationis, oder auch Modificationis, das das Systema Monadisticum ist, entgegen stehet. Allein, gleichwie überhaupt diejenige, welche die Schöpffung aus nichts nicht begreiffen können, nothwendig auf die Emanation fallen müssen, wenn sie nicht zwey principia independentia statuiren wollen, auch diese Lehre je and allezeit in Asien und Persien im Schwang gegangen und noch unter der Parther Regierung, und nach ihnen unter den Römischen Kaysern durch die Sectam Eclecticam, so auch in Persien eingenistelt, unter dem Vorwand der alten Persischen Original-Lehre ausgestreuet worden: Also ist nicht unwahrscheinlich, daß eine gelehrte und geheime Secte, welche die Ungereimtheit des Systematis Dualistici eingesehen, und vielleicht noch ein abstammender Ast von der Secta Eclectica ist, das Systema emanationum, das auch den Jüdische Cabbalisten, die in Persien nicht gantz unbekannt [641] gewesen, in eben solchen Terminis beliebet) sich habe gefallen lassen, wann man auch dem Hyde zugebe, daß die gemeine Lehre noch heutiges Tages Zoroastrisch sey, wie schon oben gemeldet. Jedoch ist nach andern der heutigen Perser gröster und allgemeiner Lehrer der Aristoteles. Von der Epicurischen und Democritischen wissen sie gar nichts. Die Pythagorische wird in Persien vornemlich von der Mahometanischen Secte, die von Sefi den Namen hat, gelehret; Und sie erklären den Alcoran nebst allen seinen Lehrsätzen und Gottesdienstlichen Ceremonien nach derselben, z. E. die Cörperliche Reinigung machen sie zwar wie die Mahometaner mit, achten sie aber doch nicht für ein wesentliches Stück des Gottesdienstes, weswegen sie auch als Ketzer angesehen und gehasset werden, da sie doch, nach ihrer Bekänntniß, jederman lieben, und alle Menschen als Kinder eines allgemeinen Vaters ansehen auch keinen eintzigen hassen sollen, dieweil sie alle einem Gott und Herrn dienen, ob sie schon in Meynungen und Gebräuchen unterschieden sind. Die Freuden des Paradieses, die der Alcoran fast fleischlich vorstellet, glauben sie nicht einmal sinnlich, sondern schlechterdings geistlich zu seyn, die vornemlich in einer vollkommenen Erkänntniß Gottes, und in genauer Vereinigung mit ihm, bestehe, gleichwie hingegen eine ewige Traurigkeit über die Beraubung des göttlichen Anschauens die Höllen-Straffe ausmache. Die Sitten-Lehre ist in Persien hoch geachtet, sie hat einen starcken Eindruck in die Gemüther, und erweiset denselben auch im gemeinen Leben, im Regiment und eines jeden Familie; Man unterwirfft sich unglücklichen Zufällen, ohne viel Widerstreben, man redet vom Tode, sieht ihn mit unerschrockenen Augen an, und gehet ihm wohl entgegen. Sie haben für die meisten Tugenden eine Hochachtung, doch suchen sie sich in Gedult und Tapfferkeit fürnemlich hervor zu thun. Und in Gast-Freyheit lassen sie sich auch nicht gern übertreffen. Alle Weißheit ist in den Morgenländern jederzeit in kurtze Sätze, die sie Sprüche nennen, gefasset: ihre Redekunst aber tragen sie auch wohl weitläufftiger in anmuthigen Gleichnissen, oder lehrreichen Fabeln vor, sonderlich den Theil der Sittenlehre, der bey Regenten, und bey Weibern will geübt und belobt seyn. Im ersten Fall darum, weil allen Orientalischen Völckern eine Ehrfurcht gegen eine despotische Regierung tief eingepflantzet, davon sie nicht anders als behutsam reden dürffen, nicht allein deswegen, weils gefährlich wäre, sondern auch weil sie glauben, ihre Regenten vertreten die Stelle der Gottheit, hätten daher was Göttliches, könnten nicht irren, und hätten mit allem Recht die Gewalt, die Menschen mit einem Worte zu tödten; In dem andern Fall aber, weil es unhöflich wäre, dem Frauenzimmer die Wahrheit allzu ernstlich, und nicht vielmehr, da sie an sich bitter ist, gleichsam unter Küssen und Caressen zu sagen; Und das muß man den Persern, nach Sansons Urtheil, lassen, daß sie die Sitten- und Vernufft-Lehre wohl inne haben. So viel von dem heutigen Zustande der Philosophie in Persien. Nach der Historie kommen wir nunmehro [642] zu den Lehrsätzen der alten Persischen Philosophen. Es ist aber bey denen Alten alles so voll Unrichtigkeit, Dunckelheit und Widerspruchs, daß may unmöglich etwas gewisses davon sagen kan. Wann man alles zusammen klaubt, was man hin und wieder findet, so möchte es darauf ankommen.

I. Es seyn zwar zwey grosse Principia oder Wesen, eines licht, so sie Oromasdes nennen, und eines finster, so sie Arimanius heissen, zwischen welchen ein drittes Wesen sey, so sie Mythram geheissen. Oromasdes herrsche über die ewige Naturen, Mythra über die ewig gemachte(aeviterna), Arimanius über die irrdische und vergängliche (corruptibilia). Plutarchus de Isid. & Osirid. p. 369. dem man diese Nachricht meistens zu dancken hat. Diog. Laertius in procoem. s. 8. und welche von den Alten daselbst angeführet werden. s. Joh. Christ. Wolff de Manich. ante Manichaeos p. 51. ff.

II. Oromasdes seye Licht, Arimanius Finsterniß, Mythra aber das Mittel zwischen beyden. Von dem ersten komme alles Gute, von dem letzten alles Böse her. Clericus Indic. Phil. über Stanlejus Hist. Phil. orient. unter diesen Wörtern. Thomas Hyde führt in seinem Buch de Relig. vet. Persar. c. IX. p. 163. ein Stück aus einer Schrifft eines Persianischen Scribenten an mit Namen Ibn Schana de primis & postremis, wo berichtet wird, die Gelehrte unter den Persern heissen Keiomarsii, diese lehren, daß ein ewiger Gott sey, welchen sie Vezdor nennen, und ein anderer Gott, der aus der Finsterniß entstanden, welchen sie Ahrenam benennen; sie machen auch sehr viel aus dem Licht, verehren das Feuer, und fliehen die Finsterniß, und das thaten sie, bis Zerdusht gekommen, und sich für einen Propheten ausgegeben. Aus diesen Worten muthmasset der berühmte Johann Christ. Wolff de Manich. ante Manich. sect. II. §. 1. p. 52. daß die Perser von Zoroaster das Principium mali für erschaffen gehalten, und erst dieser Lügen-Prophet dieses doppelte Principium einander entgegen gesetzt. Nun läßt sich zwar von so eißgrauem Alterthum und sehr entlegenen Zeiten wegen Mangel der gehörigen Nachrichten nichts zuverläßiges sagen; indessen, wann man doch einigen wahrscheinlichen Muthmassungen Gehör geben mag, so ist allerdings zu vermuthen, daß die Tradition von dem Fall der ersten Menschen, und ihrer Verführung vom Teufel, und die darauf versprochene Erlösung der Menschen von der Gewalt des Satans durch seinen Sohn unter die Völcker gekommen, hernach aber verderbt worden sey, und zu dieser schändlichen Hypothesis Gelegenheit gegeben habe. Dann daß auch die älteste Völcker ausser den guten Geistern auch böse erkannt, deren Natur ist, den Menschen zu widerstreben, und welchen die guten Geister widerstehen, wann man gleich behauptet, daß die Theurgia der jüngern heydnischen Platonicker, und die darauf gegründete Lehre von den Würckungen der guten und bösen Geister ihre eigene Erfindung sey, liesse sich leichtlich erweisen, wann es der Absicht gemäß wäre; nun aber haben sie diesen Unterscheid nicht [643] aus dem Licht der Vernunfft, auch nicht einmal aus der Erfahrung hinlänglich wissen können, und müssen sie also solche Nachricht aus einer Tradition gehabt haben, welches nicht nur dem genio der ältesten Zeiten gemäß ist, sondern auch allerdings zu vermuthen, daß die erste Menschen die Historie von ihrem Fall auf die Nachkommen werden gebracht, und sie vor den Tücken der bösen Geister werden gewarnet haben. Man besehe was Tob. Pfanner Syst. Theol. gentil. purior. c. VI. §. 5. ff. p. 175. ff. von der heydnischen Lehre von den bösen Geistern beybringt und P. D. Huetius Alnet. Quaest. I. II. c. 4. p. 103. ff. angeführt hat. Demnach nun war es allerdings unter diesen Völckern bekannt, daß ein Geist von grossem Ansehen von Gott abgefallen, und die Ursache des Bösen unter den Menschen worden, daher mag es auch kommen, daß die Perser statuirt, Oromasdes werde den Arimanius endlich zernichten, und ein glückseligers Leben alsdenn entstehen. Nachdem aber solche ingenia darzu gekommen, welche angefangen eigene rationes von denen Traditionen der Alten zu erdencken, selbige aber gefunden, daß ein böser Effect von einer guten Ursache nicht herkommen könne, folglich dieser böse Geist kein Werck des guten Gottes seyn könne, so sind sie darauf gefallen, er müsse für sich selbst jederzeit gewesen, und seiner Existentz nach von Ewigkeit dem andern principio zuwider gewesen seyn. Und weil diese Leute noch über das sahen, daß die Materie einer gantz widrigen Natur sey, als ein Geist, und zu aller eigenen Bewegung ungeschickt, so verfielen sie darauf, daß sie die Materie zu dem andern independenten principio machten, ob sie gleich dabey die Ungereimtheit nicht einsahen, daß sie so wohl die Natur eines principii independentis, als auch das Wesen der Materie (welche, weil sie pur leidenhafft und ohne Vermögen zu einer Verrichtung ist, unmöglich ein principium efficiens und causale abgeben kan) dadurch umgekehret. Und so mag der Manichaeismus ante Manichaeos vermuthlich (denn für mehr als eine Muthmassung kan man es nicht ausgeben) entstanden seyn. Hieraus nun läßt sich einiger massen ausmachen, in wie weit man die Perser von dem Irrthum eines doppelten principii befreyen könne oder nicht, wovon das erstere Hyde l. c. das andere Bayle Dict. Tom. IV. Art. Zoroastre not. F. p. 558. ff. behauptet, wo er auch die fürnehmste Passagen aus Hyde anführt, welche die Lehre der Perser von dem guten und bösen principio erläutern. Man kan nemlich unter den ältesten und nachfolgenden Zeiten unterscheiden, daß jene nicht so wohl als diese auf den Irrthum eines independenten doppelten principii gefallen sind. Daß aber Zoroasters Lehre nicht wohl könne auf solche Art entschuldiget werden, als wann das Böse nach Zoroasters Lehre aus der Vermischung des Lichts und der Finsterniß hergekommen wäre, wie es ein anderer Arabischer Scribent Shahristani bey Hyde l. c. p. 299. erkläret, ist, anderer von Bayle angemerckter Umstände zu geschweigen, daher zu ersehen, weil die Finsterniß nothwendig hat vorher existiren müssen, wann sie Gott mit dem [644] Licht hat vermischen sollen. Und widerspricht sich dieser ohne dem in seinen Begriffen sehr confuse Scribent darinnen augenscheinlich, daß er vorgiebt, die Finsterniß sey als ein Consequens des Lichts, als des originalis entstanden, da er doch vorher gesagt, es habe Gott Licht und Finsterniß mit einander vermischt, damit die Welt hervor kommen könne, und sey erst so dann das Licht Herr worden und habe sich von der Finstersniß abgesondert. Doch man darf solche wunderliche Gedancken solchen Leuten, die ihren Verstand nicht aufgeräumt haben, eben nicht vor übel haben, aber sich doch dabey hüten, daß man solche Erklärungen dieser von Zoroasters Zeiten weit entfernten Leute, nicht für ächt halte, da wahrscheinlich ist, daß diese Erklärung bloß deswegen erdacht worden, damit diese absurde Hypothesis von einem gedoppelten principio nicht so grell und verhaßt heraus kommen möchte. So viel ist richtig und gestehet Hyde l. c. p. 163. selbst, daß es in Persien Dualisten genug gebe. s. Gundling Histor. Phil. Mor. c. III. p. 23. Ob die Perser durch Mithra die Sonne verstanden, und dieselbe angebetet, folglich für Abgötterey zu halten sey, hat gedachter Hyde zu fragen Gelegenheit gegeben, als welcher sie davon loßzusprechen und zu behaupten gesucht hat, sie hätten zwar dem Feuer sonderlich der Sonnen auf Orientalische Weise mit Niederfallen Ehre erwiesen, das sey aber keine göttliche, sondern eine menschliche und bürgerliche Verehrung gewesen. Hist. Vet. Pers. c. 1. p. 5. ff. Wie er dann auch behauptet, Zoroaster, der in der Erkänntniß des einigen wahren Gottes erzogen worden, habe durch Mithra nur eine Eigenschafft Gottes anzeigen, und ihn unter einem andern Symbolo vorstellen wollen, und deswegen habe er den cultum Mithriacum in einer Höle nicht zum Anbeten, sondern zur Vorstellung des in der Welt und ihrer Beschaffenheit und Einrichtung waltenden Gottes auf eine Philosophische und Mathematische Weise geordnet. l. c. c. 4. p. 118. Er berufft sich auf Porphyrius Zeugniß de antro Nympharum, welche in verschiedenen Stellen dieser Mithra der Perser gedacht hat, wie er dann p. 108. ff. der Römischen Edition aus Eubulus anmerckt, Zoroaster habe zu erst in einem Persischen Gebürge eine anmuthige, mit Blumen, Gebüschen und lebendigen Quellen versehene Höle zur Ehre des Schöpffers und Vaters aller Dinge, der Mithra gewidmet, so daß solche Höle die Gestalt der von Mithra erschaffenen Welt vorgestellt, in der Höle selbst aber seyn gewisse Absätze gewesen, worinnen die Elemente und Climata der Welt durch gewisse Symbolische Vorstellungen abgebildet worden, und daher sey so dann die Gewohnheit kommen, in den Hölen den Gottesdienst geheimer Weise zu halten, wie er auch l. c. p. 120. erinnert. Nun läßt sich dieses gar wohl hören, wie denn Bayle l. c. not. G. p. 569. f. nicht ungeneigt sich bezeugt, dieser Vorstellung Glauben zu geben. Allein es finden sich noch ein paar wichtige Schwürigkeiten, welche den Beyfall bey vorsichtigen Leuten billig zurück halten. Dann erstlich so ist das von der Person Zoroasters hergenommene Argument noch gar was [645] ungewisses, und ist noch nicht einmal wahrscheinlich bwiesen, daß Zoroaster bey den Ebräern in der Erkänntniß des wahren GOttes erzogen worden, und ist also dieses ein Beweis, der nicht gilt, weil incertum per aeque incertum bewiesen wird. Hernach, was Porphorius Zeugniß anlangt, so ist zwar richtig, daß die Perser Mithra für den Schöpffer aller Dinge und den Vater der Welt gehalten, und ihm auch in dieser Absicht gedienet haben: allein der Knote bleibt doch immer, ob sie durch Mithra was anders als das natürliche Welt-Feuer, dessen entweder Qvelle oder doch Ausdruck die Sonne ist, verstanden haben. Diese Frage zu verneinen giebt selbst Porphyrius Gelegenheit, welcher l. c. pag. 124 berichtet, die Perser hätten der Mithra ihren Sitz und Wohnung bey den Aequinoctiis angewiesen, wie sie das Zeichen des Widders in der Hand habe, nemlich einen Degen des Mars, weil der Widder dem Monat Mertz angewiesen sey; sie sitzen auf dem Stier, mit dem Zeichen der Venus, weil so wol Mitra als Taurus, welches wohl zu merken die hervorbringende Ursache aller Dinge u. der Erzeugung seyn. Es stehe aber Mithra zwischen dem Mitternächtigen u. Mittägigen Halbkreis, weil sie warm sey. u. d. g. Man ersiehet hieraus 1. daß Mithra und der Vater und Hervorbringer aller Dinge einerley sey, und 2. daß Mithra und die Sonne ebenfalls einerley seyn. Demnach hat man, wann es auf Porphyrius Zeugniß ankommt, auf welches sich Hyde beruft, Ursache zu glauben, daß sie die Sonne als einen Ausfluß des höchsten GOttes, und einen zu dem Wesen Gottes gehörigen Theil, das ist, als ein Stück des Natur-Feuers angesehen, und göttlich verehret haben. Dann dieser gelehrte Mann gestehet ein, daß sie in den arcanis sacris Mithrae den Vater und Schöpffer aller Dinge göttlich verehret haben; Porphyrius aber, sein eigener Mann, gestehet, daß dieser Vater und Urheber aller Dinge bey den Persern die Sonne sey. Indessen ist demselbigen leicht zuzugeben, daß sie das Symbolum und imaginem Mithrae, das bey den Persern in solchen Höhlen vorgestellet worden, nicht selbsten angebetet, sondern dadurch eine göttliche Eigenschaft verstanden haben: allein darinnen steckt der Knote, ob sie nicht die Sonne für eine solche göttliche Eigenschaft und Ausfluß von GOtt gehalten, und als eine Gottheit und principium divinum angesehen haben, wie ihnen so viele der Alten beygelegt, welche alle mit Hyde des Irrthums beschuldigen wollen, ziemlich verwegen gehandelt ist. Wenigstens findet man hier abermals Ursache über Ursache, den Pyrrhonismum Historicum herfür zu suchen, und seinen Beyfall zurück zu halten.

III. Oromasdes und Arimanius seyn einander beständig zuwider.

IV. Der Ursprung des Bösen komme daher, Oromasdes habe so wol als Arimanius sich Götter gemacht, jener gute, dieser böse; jener hätte die seinige in ein Ey eingeschlossen; dieser aber in das Ey ein Loch gemacht, und daher sey die Vermischung des Guten und Bösen, gleichwie die Welt aus der Vermischung des Lichts und Finsterniß entstanden.

V. Arimanius werde endiich von Oromasdes [646] umgebracht, und so dann ein viel glückseligers Leben hergestellet werden.

VI. Die Götter seyn nicht mit Tempeln, Altären und Statuen zu verehren, weil die gantze Welt ihr Haus sey. Herodotus l. I. c. 131. Strabo Lib. XV. Clerc. l. c. unterm Wort: Statua.

VII. Es sey eine Theogonia, oder Generatio Deorum l. c. Clerc. unterm Worte: Theogonia, welches Diogenes Laertius l. c. aus dem Clitarchus also erkläret: Eos de Deorum substantia & ortu sententias proferre; und TH. Burnet. Arch. Phil. c. V. p. 353. von dem Ursprunge der Welt verstehet, so aber starck nach seiner behaupteten Meynung schmeckete. Es läst sich zwar des Burnets Meynung, daß die Theogonia der Perser die generationem partium mundi anzeige, in so weit mit der Wahrscheinlichkeit vergleichen, wann man es de partibus mundi per animam divinam animatis verstehet. Dann daß dieses der alten Scribenten Theogoniarum Absicht gewesen sey, ist schon längst angemercket worden. Dann weil diese Leute dem principio: ex nihilo nihil fit, festanhiengen, und demnach den Ursprung der Materie nicht anders begreifen konnten, als daß sie statuirten, sie sey, wie GOTT, von Ewigkeit her gewesen, auch wohl sahen, daß zur Bildung der Welt aus der leblosen sich selbst nicht bewegenden, und so zu reden, todten, ja wol gar widerspenstigen Materie selbst nichts hervor kommen könne, ohne ein principium activum, movens et plasticum; so verknüpften sie die Materie mit der aus GOtt geflossenen Welt-Seele, welche dann, da sie einen Theil der Welt nach dem andern in diese Gestalt bildete und hervorbrachte, in welcher sie ist, auch einen Theil ihrer göttlichen Natur nach dem andern zugleich mit zeigte, und offenbarte, und so zu reden, erzeugete, woraus dann die Theogoniae entstanden. Wenigstens ist dieses die raisonnabelste Erklärung der allerältesten Theogoniarum, welche aus denen von den ältesten Völckern angenommen principiis von selbst fliesset.

VIII. Die Menschen werden wieder lebendig werden und unsterblich seyn. Diog. Laertius l. c. s. 9. aus Theopompus Historiis Philippicis. Daß die Menschen werden wieder lebendig werden, gründet sich auf den Sieg, den das Licht über die Finsterniß, oder das gute principium über das böse davon tragen solte. Dann sie rechneten den Tod guch unter die Früchte und Würckungen des Arimanius. Siehe Bayle l. c. Ob aber dieses Wieder-Leben von einem gewissen periodischen Umlauf der Zeiten zu verstehen oder nicht, läst sich nicht ausmachen. Bruckers kurtze Fragen aus der Philosophischen Historie, Th. I. und II. Das letzte, so wir noch von der Persischen Welt-Weisheit beyzubringen haben, ist das Verzeichniß dererjenigen Ketzereyen, welche aus der Philosophie der alten Persischen Magorum in der ersten Kirche entstanden sind. Es sind aber vornemlich unter solche Ketzereyen zu zählen 1) Die Ketzerey der Gnosticker, und dann 2) die Ketzerey der Manichäer. Da von beyden schon besondere Artickel handeln, so ist hier nicht nöthig ein mehrerers von ihnen beyzubringen, [647] als was ihren Ursprung aus der Persischen Philosophie betrift. In Ansehung der Gnostischen Ketzerey können folgende Gründe angegeben werden, 1) daß die Gnosticker weit jünger seyn als die Magi der Perser, und es also möglich, daß jene von diesen entstanden; 2) daß der Gnosticker und der Magorum Lehrsätze einerley, als z. E. a) zwischen denen Göttern und den Menschen giebt es noch eine mittlere Art von Substantien, welches beyde gelehret, b) es giebt ein Principium malum, von welchem die materielle Welt entstanden, c) die Perser sagten, es sey das Principium der immateriellen Dinge dem Lichte und das Principium der materiellen Dinge der Finsterniß ähnlich: die Gnosticker nennten sehr ofte das materielle die Finsterniß und das immaterielle das Licht, u. a. m. 3) daß diese und dergleichen Lehren, wo nicht alle, doch die meisten, den Persischen Magis eigen gewesen; 4) daß nach dem Zeugniß des Porphyrius in vita Plotini, die Gnosticker sich selbsten Schüler der Persischen Magorum genennet; 5) daß, wie Clemens Alexandrinus Strom. I. meldet, die Gnosticker sich gerühmet, wie sie die gemeinen Bücher des Zoroasters im Besitz hätten; 6) daß der Urheber der Gnostischen Ketzerey, Simon Magus, aus der Schule der Persischen Magorum gewesen; 7) daß die Gnosticker sich dahin mit allem Fleisse bestrebet, daß ihre Lehre vor die Lehre des alten Zoroasters möchte angeschen werden, Porphyrius l. c. 8) daß die Guosticker sowol als der Zerdudht und die Magi barbarische Wörter geliebet haben; endlich 9) daß die Gnosticker nicht weniger als die letztern Magi bey den Persern, der teufelischen Magie ergeben gewesen. Die Manichäische Ketzerey anlangend, so ist diese nach den Zeugnissen vieler gelehrter Männer ebenfalis aus der Philosophie derer Magorum bey denen Persern entstanden. Es sind diese z. E. Voßius de Orig. et progr. idolol. Tollius ad Insignia itin. Ital. Jac. Thomasius in Hist. Sap. et Stult. Wächtler in singulari Epistola ad Boeraerum, Wolf in Manich. ante Manich. Sect. II. §. 54. Dieser ihre Haupt-Argumente sind 1) weil Manes, der Stifter der Manichäischen Secte, ein Perser gewesen, und 2) weil einige Bücher, welche Scythianus, ein Saracene, verfertiget, an ihn gekommen sind. Epiphanius haeres. 66. Carl Günth. Ludovici in Hist. Philosoph. Persic. P. III. in Manuscript, wo auch in Prooem. folgende Schriftsteller von der Persischen Philosophie und ihrer Historie angeführt werden: Hermippus Smyrnäus de Magis. Pallas de Mythrae mysteriis. Osthanes in Octateuch. Eubulus in Histor. Mithrae et Magor. Theodorus Mopsvestenus πεϱὶ τῆς ἐν Πεϱὶδι μαγιχῆς. Hermodus de disciplin. der Verfasser des Buchs Μαγιχον. Xanthus Lydius in Magic. Sotio de Success. Dino de reb. Persic. Eudorius. Theopompus. Eudemus Rhodius. Clearchus Solensis. Thomas Hyde in hist. religion. veter. Pers. eorumque Magor. Mehrere Schriftsteller, die entweder in ihren Historien der Philosophie, oder auch nur bey Gelegenheit [648] in ihren Schriften von der Persischen Philosophie gehandelt haben, zu geschweigen.