Zedler:Piastus
Piastus, Hertzog in Polen, war anfangs ein geringer Bürger zu Crußwick in Groß-Polen, allwo er sich von dem Acker- und Honig-Bau ernährte. Sein Vater soll Goßisco und die Mutter Repicha geheissen haben. Als er einst seinem Sohn das Haar abscheren ließ, welcher Gebrauch bey den Heyden so viel heissen solte, als bey den Christen die Tauffe; so fand sich bey dem dazu angestellten Gast-Gebote auch der Polnische Hertzog Popielus II ein. Ob nun wohl Piastus nichts mehr im Vermögen hatte, als eine Sau und ein [13] Fäßlein Meth, so ward doch die Hofstatt damit reichlich versorget; es sollen aber unter den Gästen 2 unbekannte Männer sich befunden haben, welche die Speisen wunderbarer Weise vermehret. Nachdem hierauf in dem Zwischen-Reiche nach des erwehnten Popieli II Tode grosse Hungers-Noth in Polen war, daß sich der lezte Wahl-Tag, aus Mangel der nöthigen Speise, abermal hätte zerschlagen müssen, so kamen die gedachten 2 Männer wieder zu dem Piasto, und segneten seinen Vorrath dergestalt, daß er die gantze Polnische Völckerschafft, so viel derer auf dem Wahl-Platz waren, mit Speise und Tranck versorgen konnte, dieses brachte zu wege, daß Piastus selbst zum Hertzog erwählet wurde, welches nach einiger Meynung 830 oder 870, wie die meisten aber wollen, 842 geschehen. Seine Residentz soll er zu Gnesen gehabt, und eine löbliche Regierung geführet haben. Durch seine Tapferkeit richtete er das bey nahe gantz verfallene Polnische Wesen wieder auf, und starb 861, nachdem er sein Alter auf 120 Jahre gebracht hatte. Ihm folgte sein Sohn Ziemovitus. Seine Nachkommen haben sich in 2 Linien getheilet, 1) in die Hertzogliche oder Königliche in Polen, das ist, welche die Polnische Hertzoge und Könige in sich begreifft, davon der männliche Stamm 1370 mit Casimir III, der weibliche aber 1669 abgegangen; 2) in die Fürstlich-Schlesische, das ist, welche die Schlesischen Fürsten in sich fasset, und welche Uladislaus II angefangen und männlicher Seits 1675 mit George Wilhelm, Hertzoge zu Liegnitz und Brieg, weiblichen Stammes aber mit Charlotten, vermählter Hertzogin zu Holstein-Wiesenburg, 1707 aufgehöret. Es hat also dieses Piastische Geschlecht gantzer 842 Jahre in Königlichem und Fürstlichem Stande geblühet. Heut zu Tage wird von diesem Piasto ein ieder einheimischer König Piaste oder Rex Piastaeus genennet. Dlugoss. hist. Pol. Curäi Beschr. Schles. P. I. p. 34. Lucä Schles. Chron. p. 40. Pastorius von Hirtenberg Flor. Pol. I. 1. c. 10. Hartknoch. hist. Pol. I. 1. c. 2. Hübners Geneal. Tabell. I Theil, p. 93. 94. 95. 99. u. ff.