Zedler:Plau, Plaw, Plaue, auch Blaue
Plau, Plaw, Plaue, auch Blaue (wiewohl
öffter mit P als mit B) Lat. Plavia oder Blovia,
eine kleine Stadt nebst einem alten Schloße auf
einem Berge, die Ehrenburg genannt, liegt in
Thüringen zwischen Arnstadt und Ilmenau sehr
lustig, an dem bekannten Fluße Gera, welcher
von dar auf Arnstadt, Erfurt, u. s. w. flüsset; ist
mit Bergen auf beyden Seiten, gegen Morgen
und Abend umgeben, gegen Mittag ist der so genannte
Spring und Thüringerwald, gegen Mitternacht
sind Wiesen, Auen, und die vormahls
berühmten Saltzquellen, gegen Abend Weinberge
und Gäͤrten. Zum Unterscheid anderer Städte,
die auch Plaue genennet werden, kan man hinzusetzen
Plaue in Thüringen oder in der Grafschaft
Schwartzburg. Woher der Name dieses Orts
komme, ist nicht gewiß. Man könnte wohl sagen,
1) Plaue sey so viel als Plaga, eine Gegend, Gau,
oder Revier eines guten Stück Landes, massen
die rechten Thüringer die Buchstaben ag meistens
in au verwandeln im Aussprechen, z. E. ein
Wagen wird ausgesprochen ein Waun u. s. w.
2) Plau möchte so viel als Plau Aue, eitele ebene
Auen, dergleichenb bey diesem Orte häufig zu
finden; 3) Andere treffen es nach ihrer Meynung
besser, wenn sie Plaue von blauem Prospect
und Ansehen in der Fern des Ortes, herführen,
massen es bekannt, daß der Ort dergestalt im Thale
lieget, daß er recht blaulicht von ferne scheinet,
wie denn auch Plauen im Voigtlande den Namen
a cœrulea vel cyanea valle, vom blauen
Thale soll haben, weil selbige Stadt im Thal gelegen.
Peckensteins Theatr. Sax. P. II. p. 40.
oder auch 4) etwan von dem daselbst befindlichen
blauen Saltzgraben. Paulini de pagis p. 27.
Anfangs ist der Ort ein Dorff gewesen, und wird
also in gewissen Urkunden noch im Jahr Christ
1324, gleichwie im Lateinischen PACUS PLAVIENSIS
geheissen. Darauf aber findet man,
daß Plaue im Jahr Christi 1335 eine Stadt, die
Einwohner Bürger, nachgehends auch die Obersten
aufm Rathhause Rathsmeister sind genennet
worden, die anjetzo Bürgermeister heissen. Man
haält dafuür, es habe dieser Ort vormals als ein geringes
Dorff denen Edlen von Witzleben gehöret,
welche daselbst ihr Fuhrwerck, Scheunen
und Ställe gehabt, darauf sey es kauffweise an
die Herren Grafen von Schwartzburg kommen,
welche den Ort in Aufnehmen gebracht, und das
Schloß daselbst erbauet. Im Jahr Christi 1381
[769] haben Gr. Heinrich und Günther, Gebrüdere,
Grafen zu Schwartzburg, Herren zu Blanckenberg
und zu Ranis, die Stadt und Schloß Plaue
samt Arnstadt mit allem Zugehörigen an ihre Vettern,
Graf Heinrich und Günthern, Grafen zu
Schwartzburg, Gebrüdere, Herren zu Arnstadt
und Sondershausen, fur 12500 Marck löthiges
Silbers Erfurtisches Zeichens, Wiß und Gewichtes
verkaufft. Im Jahr Christi 1420 hat
Heinrich von Witzleben das Schloß und Stadt
Plaue, samt aller Zubehör, für ein gewisses Stück
Geldes, Lebenszeit zu genüssen, von denen
Schwartzburgischen Herren Grafen überkommen.
Der jetzige regierende Herr über Plaue ist Günther,
Fürst zu Schwartzburg-Sondershausen.
Das Schloß daselbst ist im Jahr 1324 erbauet
worden, davon in einem alten Codice folgende
Nachricht stehet: „Es hat 1324 Friedrich,
Landgraf in Düringen, Marggraf zu Meissen,
zu dem Osterlande u. s. w. seinen lieben Ohmen,
Graf Heinrichen zu Schwartzburg und seinen
Erben, durch sonderliche Freundschafft und
Gunst erlaubet, daß er zu dem Dorffe Plau,
das gelegen ist jenseit Arnstadt, gegen Ilmena,
eine Veste oder Haus bauen möge etc.“ Anjetzo
stehet das Schloß wüste, nachdem es durch
vielerley Krieges- und Feuers-Noth ruiniret worden.
Es muß ein herrliches und kostbares
Werck gewesen seyn, massen noch jetzo viel fremde
und gereiste Personen nebst Einheimischen sich
daran ergötzen. Solches ist jedes mal vor Alters
Ehrenburg genennet und geschrieben worden,
andere aber wollen es Gehrenburg heissen, weil
es eine Burg an der Gera wäre. Die Kirche,
(welche zur L. Frauen heißt) ist sehr alt, stehet
etwas abgelegen von dem Orte; dieselbige wurde
im Jahr 1700 renovirt, erweitert und am XIX
Sonntage nach der Heil. Dreyfaltigkeit eingeweihet.
Allwo jetzo derer Bürger Häͤuser seyn,
hat vormals nichts, als gedachtes Witzlebisches
Gut gestanden, bey der Kirche aber das abgebrannte
Dorff, davon nichts sonderliches mehr
übrig. Bey der Kirche ist das Pfarrhaus und
Schule. Oben bey dem Schlosse Ehrenburg ist
eine alte Capelle St. Siegmunden geweihet, welche
vermuthlich dieselbige ist, davon in Johann Christoph Olearii
Arnstäd. Historie p. 229
deß der Altar St. Andreas aus der Arnstädtischen
L. Fr. Kirche wäre verwechselt worden mit
dem Altar St. Siegmunds, in der Capelle auf
der Ehrenburg. Vor diesem ist alles Catholisch
daselbst gewesen, wie in der Kirche und Capelle
genugsame Anzeigungen und hinterlassene Reliquien
davon zu finden. Als aber Luthers Reformation
in Schwartzburgischen Landen eifrig
fortgegangen, so wurde Plaue auch gut Lutherisch,
in welcher Religion es noch jetzo stehet.
Als im Jahr 1553 bey völliger Einführung Luthers
Lehre, die allgemeine Schwartzburgische Kirchen-Visitation
ergieng, und die Herrn Visitatores
nach Plaue kamen, so wurde Herr Matthäs,
damahliger Pfarr, der zuvor allda ein Röͤmisch-Catholischer
Priester gewesen, sehr willig
und löblich angetroffen, denn er hatte sich vorher
belehren lassen, ein Weib zu nehmen, Deutsch zu
tauffen, Deutsch dad H. Abendmahl zu handeln,
[770] und solches unter beyder Gestalt auszutheilen,
dabey ihn die Gemeine lobete, daß er sehr fleißig
im Amte wäre, bestund auch im Examen wohl,
Herr Johann Tholle, damaliger Vicarius, übergab
sein Lehn in den gemeinen Kasten, davon er
jährlich etwas zum Unterhalt bekommen, bis nach
seinem Abgange, die Kirche und Capelle nur einem
Pastor übergeben wurde. Damals waren
unter andern Kirchen-Ornat und Kostbarkeiten
5 Kelche, eine silberne Monstrantze, u. v. m. welches
aber die Soldaten meistens entführet haben.
Anjetzo dependiren alle Kirchen-Sachen vom Consistorio
in Arnstadt. Die Priester, welche zu
Plaue im Pabsithum gelebet, sind nirgends aufgezeichnet
gefunden worden, ausser, daß ohngefehr
von selbigen bey gewissen Gelegenheiten genennet
werden im Jahr Christi 1471 Cyriar Lange,
Pastor zu Plaue, und Johann Crulter, Vicarius
S. Sigism. in der Capelle. Darauf im Jahr 1533
Matthäs Pastor, und Joh. Tholle, als gewesener
bey der gedachten Visitation auch bekannt
worden. Nach Luthers Reformation hat man
bessere Nachricht, wie viel nemlich Pastores zu
Plaue gewesen. In der Ordnung war der 1)
Matthäus Zimmermann, 1532, welcher ohne
Zweiffel vorgedachter Päbstl. Priester, (den
man Herr Matthäs nennte) und auch in Reimsfeld
gewesen; 2) Johann Lödel oder Lödey,
kam von Grawinckel nach Plaue, 1541, starb
1556; 3) Jonas Wacker, folgete 1557; 4)
Nicolas Landgraff, 1569; 5) Casp. Möller,
1614; 6) Val. Geisthard, 1622; 7) Andreas Schuckel,
1643; 8) Erhard Wilhelm Wächter;
9) Just Nic. Kühr, 1680; 10.
Johann Christoph Ernesti, 1691; 11) Nicol. Kempff,
1692; 12) Polycarp Tentzel,
1698. Hier hört das Verzeichniß der Prediger
beym Oleario in dessen Thüringischer Historie
und Chronicke I Th. p. 291. u. f. auf. Nachdem
Plaue eine Stadt worden, hat im Jahr 1335
Kayser Ludwig durch fleißiges Bitten derer Herren
Grafen Heinrichs und Günthers, Grafen zu
Schwartzburg und Herren zu Arnstadt, aus besonderer
Gnade, die er ihnen gehabt, denen weisen
Leuten, dem Rath und denen Buͤrgern gemeiniglich,
einen ewigen Wochenmarckt gegeben, wöchentlich
solchen zu haben und zu halten, an dem
guten Tage, und hat demselbigen Marckte und
allen denen, die ihn suchen, alle die Rechte, Ehre,
alte und gute Gewohnheit gegeben, welche die
Reichs-Stadt Mühlhausen vor Alters gehabt.
Vormals hat Plaue gute Nahrung von Saltzwerck
gehabt, davon aber anjetzo nichts, als die mit Holtz
eingefaßten Saltzbrunnen vorhanden, darinne wildes
Wasser stehet, wiewohl gute Hoffnung und
Anzeigung vorhanden, solches Saltzwerck durch
Gottes Segen, Fleiß und Arbeit wiederum in guten
Stand zu bringen. Zu Ende oder mit dem
Anfange des XVIII Jahrhunderts wurde ein
Stück von einer starcken eisernen Kette in einem
Saltzbrunnen allda gefunden, welches sehr zerfressen
und verrostet war, und vielleicht von derjenigen
Kette gewesen, daran die Eymer gehangen.
Man saget, als wären die Saltzquellen mit einem
seidenen Rocke verstopffet worden von einem leichtfertigen
Saltz-Knechte. Es handeln hiervon einige
[771] alte Deutsche Reimen, welche Valeutin Geißhard,
Pastor zu Plaue, ohngefehr 1640 Lateinisch
und Deutsch verfertiget, und sind sie Deutsch beym
Oleario l. c. p. 293. u. f. zu finden. Es ist aber
dieser Ort sehr ruiniret worden, nachdem das
Saltzwerck eingegangen, so auch durch das öfftere
Kriegswesen und vielfältige Feuersbrünste, davon
nachgesetzte für andern denckwürdig. Nemlich
1) vor 300 und etliche und dreyßig Jahren
brannte Plaue, da es noch ein Dorff war, gäntzlich
ab, davon nichts, als die Kirche stehen blieben.
Darauf baueten die Einwohner wieder auf an einem
andern Orte, nach dem Schlosse zu, welche
Häuser 2) im Jahr 1524 in der Nacht vor Lichtmesse
auch völlig durchs Feuer zernichtet worden.
Damals gieng das Rathhaus, und zugleich ohne
Zweiffel die besten Urkunden auch fort, und bliebe
nichts stehen, als eine Stube und kleines Haus
bey dem Thore. Im Jahr 1638 den 6 Jun. unterfieng
sich ein verwegener Soldaten-Junge, vor
dem Chur=Sächsischen Regiment des Obersten
Hanau, weil er war gestraffet worden um gewisser
Schande willen (als er nemlich des Bürgermesters
K. Tochter hatte nothzüchtigen wollen) die
Stadt Plaue anzustecken, brachte es auch in Abwesenheit
des Bürgermeisters, wie auch seines
Weibes und Kinder dahin, daß von brennender
Lunte und Schwefel, so in dessen Dach geleget,
3) ein schnelles Feuer entstanden, dadurch Mittags
von 1 bis 3 Uhr 33 Häuser und 18 Scheunen
abermals weg brannten. Das Feuer ergriff
auch das Haus auf dem einen Thor, welches bis
auf die Thor-Flügel fortgieng. Wenige Zeit
hernach 4) im Jahr 1640 den 17 April, Freytags
nach Quasimod. hat aus des Schwedischen Feld-Marschalls
Baniers Volck, das Regiment des
Obersten Duglassen die Stadt Plau plündern
wollen, da sich denn die Einwohner zur Wehre
stellten und einen Officier erschossen, worauf die
Soldaten ein Feuer anlegten in der Vorstadt
vorm Ober-Thore, bey Otto Rörens Scheune, da
es von einem starcken Winde in die Stadt gieng
und in 2 Stunden daselbst das Gräfliche Fuhrwerck
mit schönem Viehe, das Rathhaus mit den
übrigen Häusern in der Stadt, und Scheunen und
Ställen, so gar auch die Häuser vorm Unter=Thore
in die Asche legte. Es ist damals wenig stehen
blieben, nemlich 13 Häuser und 13 Scheunen von
dem Ober-Thore, die Capelle, Mühle und Brauhaus
in der Stadt, vor dem Unter-Thore 5 Häuser,
und jenseit des Wassers die Kirche, Pfarre
Schule und 2 Häuser. Damals wohnte der
Pfarr in der Stadt in seinem eigenen Hause, das
auch mit wegbrannte, und zugleich die Kirchen-Register,
samt allerhand andern Urkunden, die er
bey sich gehabt. Es hatten auch viel Leute vom
Lande ihr Vieh nach Plaue geschickt, daß es für
denen Soldaten möchte sicher seyn, welches aber
bey diesem grossen Feuer jaͤmmerlich umkommen
ist. Zum Gedächtniß des letzten Brandes hat
Clauß Roth, gewesener Günthers-Müller in Arnstadt,
30 Gulden Capital verordnet, daß von dem
Zinse jährlich den 17 April dem Herrn Pfarrer für
eine Brand-Predigt zu halten 2 Thaler und dem
musicalischen Chore 13 Groschen und 6 Pfennige
durch den Rath zu Plaue gereichet werden muß
[772]
Solche und andere Unglücks-Fülle haben diesen
Ort sehr entkräfftet, wiewohl bey nachherigem
Friedens-Zeiten, Segensvollem Ackerbau und
fleißiger Arbeit derer Einwohner, Holtz- und Papier-Handel,
der Ort sich ziemlich wieder erholet
und gebessert hat. Die Stadt Plaue führet einen
aufgerichteten güldenen gekrönten Loͤwen im grünen
Felde unter einer gezierten Decke, dabey die
Worte: Der Rath zu Plawe. Olearii Thüringische
Historien und Chronicken, I Theil pag.
288. u. ff.