Zum Inhalt springen

Zedler:Polnische Mahlzeiten und Speise-Arten

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
unkorrigiert
<<<Vorheriger

Polnische Magnaten

Nächster>>>

Polnisch-Moscowitische Frieden vom Jahr 1634

Band: 28 (1741), Spalte: 1254–1259. (Scan)

[[| in Wikisource]]
in der Wikipedia
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Linkvorlage für WP  
Literatur
* {{Zedler Online|28|Polnische Mahlzeiten und Speise-Arten|1254|1259}}
Weblinks
{{Wikisource|Zedler:Polnische Mahlzeiten und Speise-Arten|Polnische Mahlzeiten und Speise-Arten|Artikel in [[Johann Heinrich Zedler|Zedlers’]] [[Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste|Universal-Lexicon]] (1741)}}


Polnische Mahlzeiten und Speise-Arten. Von solchen schreibet Connor in seiner Beschreibung des Königreichs Polen p. 671 folgender massen: Die Polen essen ordentlich Rind- und Kalbfleisch, hingegen achten sie Schöpsenfleisch nichts, und geben es meistentheils ihren Bedienten; sie haben sehr viele graue, aber keine rothen Rebhüner; von Haasen giebt es ebenfalls bey ihnen eine grosse Menge, hingegen wenig Caninichen, als vor welchen sie einen Abscheu haben; An Rehböcken ist in Polen ein grosser Uberfluß, von Hirschen aber so viel weniger. Ferner giebt es viel wilde Bären und Schweine, wie auch Federwildpret und Tauben; doch hat man jene nur im Sommer, keinesweges aber im Winter, ungeachtet es in solcher Zeit am besten zu seyn pfleget. Von wilden Ochsen haben sie einen treflichen Vorrath, und wann das Fleisch davon ein wenig eingesaltzen worden, so ist es sehr delicat. An denen Ungarischen Gräntzen giebt es auch wilde Ziegen, die sie vor eine Haupt-Delicatesse [1255] halten; ingleichen die Bieberschwäntze, das übrige aber von solchen Thieren werffen sie weg. Die Bärenklauen lassen sie mit Eßig und Saltz wohl zurichten, und halten es alsdenn für eine niedliche Speise. Wenn sie Elendthiere fangen, so lassen sie dieselben alle mal vierzehen Tage und im Winter offt einen gantzen Monat liegen, ehe sie einen Bissen davon essen. Die vornehmen Herren, wenn sie auf den Reichstag zühen, bringen gemeiniglich solche Thiere unabgezogen und unausgeweidet mit sich, hängen sie hernach zu fünf und sechs, auch wohl mehr Stücken auf ein mal zu ihren Fenstern heraus, und zwar so lange, bis sie anfangen zu rüchen; worauf es denn theils gebraten, theils en boeuf à la mode zugerichtet, und von ihnen für unvergleichlich delicat gehalten, auch nur auf grosser Herren Tafel gespeiset wird. In Polen giebt es auch viel Feld-Hüner, die mehrentheils so groß sind als ein Capaun; In Litthauen hingegen findet man viele Fasanen, und in Preussen eine grosse Menge von Trappen. Um Lowitz herum haben sie eine Art von kleinen Vögeln, die fast wie ein grosser Sperling aussehen; weil sie zugleich mit dem Schnee kommen, und mit demselben auch wieder aufhören, so werden sie Schneevögel genennet, und sind von einem sehr angenehmen Geschmacke. Was das zahme Geflügel anbelanget, so pflegen es mit demselben die Polen also zu halten, daß dasjenige, so sie zu Mittage essen, früh morgens noch muß lebendig gewesen seyn. Von Seefischen haben die Polen gar wenig, indem keine andere, als die Ostsee an das Königreich gräntzet; hingegen wird dieser Mangel reichlich ersetzet, durch die vielen Fische, welche man in den Flüssen und Teichen fänget, deren einige in andern Ländern gar nicht gefunden werden: worbey kürtzlich zu mercken, daß die Fische aus der See und aus den Teichen nicht so schmackhafft sind, als diejenigen, so man aus den Flüssen bekömmt. Die Polen haben eine sonderliche Art, Kraut einzulegen: Erstlich schneiden sie es gantz schmal, legen es hernach in ein Faß, und streuen Saltz dazwischen; wann dieses geschehen, so pressen sie es so sehr, als sie können, und güssen warm Wasser darauf, welches denn verursachet, daß es gantz sauer wird. Auf diese Art erhalten sie es den gantzen Winter, ja, bißweilen wohl das gantze Jahr hindurch, und ob schon der Geruch auch noch von weiten ziemlich unangenehm ist, so bilden sie sich dennoch ein, es sey etwas delicates. Von Geträncke haben sie unterschiedene Gattungen; der gemeinste Tranck aber ist Bier, welches in Preussen von blossem Maltz, an den übrigen Orten aber des Königreichs Polen von klein gemahlenem Korn und Hopfen gemacht wird. Bißweilen mischen sie auch Speltz, eine Art von Getreide, die sonderlich in Italien und Flandern bekannt ist, ingleichen Haber darunter. Ihr Bier ist durchgehends von brauner Farbe, und von einem sowohl lieblichen als nachdrücklichen Geschmacke; absonderlich das von Varka, und dasjenige, so die Edelleute brauen, welches um ein gut Theil stärcker und besser zu seyn pfleget, als das andere. In Litthauen, Reussen und in der Ukraine haben [1256] sie zweyerley Arten von Geträncke, mit Honig gemacht, deren die eine roth, und die andere weiß ist; so wohl diese als jene heißt bey ihnen Meth, obschon in Engelland nur dem letztern dieser Name beygeleget, hingegen die erste Metheling genennet wird. Preussen und Masovien hat gleichfalls etwas von Honig; allein zu Warschau wissen sie den Meth auf eine sonderliche Art zuzurichten, indem sie nicht nur den Safft von Kirschen und schwartzen Beeren, sondern auch Gewürtze mit darzu nehmen: und eben daher kommen die unterschiedenen Namen Kerstrang, Maleinicz und Croinicz. Nebst dem Biere und Meth haben die Polen und Litthauer mancherley Weine, welche aus Ungarn, Italien, Franckreich und Deutschland gebracht werden. Der Ungarische übertrifft der Stärcke nach den Spanischen, und wird in grossen Fässern über das Carpatische Gebürge mit Ochsen nach Cracau geführet. Von dem besten Ungarischen Weine kostet eine Polnische Kanne, welche ohngefehr so viel machet, als drey Engelländische, bey die fünf Thaler. Dannenhero man sich leichtlich einbilden kan, daß diejenigen, so nicht bey Mitteln sind, den Appetit nach diesem kostbaren Geträncke sich werden müssen vergehen lassen. Der Italiänische wird zwar auch in Polen gebraucht, aber nicht so starck, als der Ungarische getruncken; theils weil er zu gelinde, theils auch, weil er zu theuer ist, indem er ziemlich weit muß geführet werden. Der Frantz- und Rheinwein kommt auf der Ostsee nach Dantzig; diese beyden, gleichwie sie an sich selbst schwächer sind, als die zuvor gemeldeten, also verlieren sie noch überdieses viel von ihrer natürlichen Stärcke, indem sie über die See geführet worden. Was insonderheit den Rheinwein anlanget, so kommt derselbe gar selten weiter, als bis nach Dantzig, und einige andere Oerter in Preussen, und zwar pflegen sie ihn wegen seiner Schärffe niemals ohne Zucker zu trincken. Ausser diesen jetzt erzählten Geträncken gebraucht man in Polen auch gebrannte Wasser, die von Korn, Gersten, Haber, Birnen, Aepfeln und dergleichen abgezogen werden; doch pfleget nur das gemeine Volck solch gebrannt Wasser zu trincken, ausgenommen im Winter, da auch die von Adel selbiges gebrauchen: wiewohl sie alsdenn mit Anis und anderem Gewürtze den Geschmack zu verbessern suchen. Die Polen frühstücken gar selten, oder niemahls; sie pflegen auch von kalten Speisen nichts zu halten. Des Morgens nehmen so wohl Manns- als Weibs-Personen warm Bier zu sich, worein sie Zucker, Ingber und Eyer thun. Gebratene Spanferckel essen sie über alle massen gerne, wiewohl ihre Brühen gemeiniglich einen wunderlichen Geschmack haben. Bey der Mittagsmahlzeit lassen sich fast alle vornehme Leute eine Schüssel mit Erbsen aufsetzen, und gelb gebratenen Speck darüber streuen, welches letztere ihnen am besten zu schmäcken scheinet. Von Erdschwämmen essen sie alle Arten, auch so gar die Baumschwämme nicht ausgenommen, weiche sie trocknen und hernach aufheben. Die so gleich in einer Nacht aufwachsen, halten wir gemeiniglich vor gifftig, und es kan auch wohl [1257] seyn, daß sie bey uns würcklich gifftig sind; Allein in Polen sind sie es eben so wenig, als der Mohnsaamen, welchen sie gleichergestalt häuffig essen, und hernach Milch darauf trincken; Wiewol sie auch sonst mancherley Brühen und Gerichte davon zu machen wissen. Sie pressen auch Oel aus diesem Mohnsamen, eben sowohl als aus dem Hanfe und Flachssaamen, welches sie nachgehends an ihren Fasttägen gebrauchen. Von Potagen essen sie wenig, ohne was von Frantzösischen Köchen zugerichtet worden; welches sie mit besonderm Appetit zu genüssen pflegen. Ihre Speisen lassen sie nicht allzu sehr kochen, und eben dieses giebt denselben einem bessern Geschmack. Ihre Brühen sind von den unsrigen gar sehr unterschieden; Etliche sind gelbe, und mit Safran gemacht; Etliche sind weiß und bestehen hauptsächlich aus Milchrahm; Etliche grau, und werden mit Zwiebeln zugerichtet; Etliche sind auch schwartz, welche mit Pflaumenmuß gemachet werden: In diese Brühen thun sie sehr viel Zucker, bisweilen auch Pfeffer, Zimmet, Ingber, Würtznelcken, Muscatennüsse, Oliven, Capern und Pflaumen. Ihre Fisch-Brühen sind besser, als die, so bey uns und auch in Franckreich gemachet werden. Von Gewürtze brauchen die Polen dermassen viel, daß man Exempel von einigen Grossen hat, welche davor über sechzehen tausend Thaler jährlich ausgegeben. Von allerley Gartenkräutern haben sie einen grossen Uberfluß, davon unterschiedene sonsten an keinem andern Orte gefunden werden. Von Confituren haben sie gleichfalls vielerley Gattungen und alle Arten von eingemachten Sachen, absonderlich von Pistacien. Fast durchgehends essen die Polen zu ihren Speisen sehr wenig Brodt, ungeachtet in ihrem Lande das Korn häufig wächset, auch weit besser ist, als in andern Ländern. Von Wurtzeln sind sie treffliche Liebhaber, wissen auch dieselbigen auf unterschiedene Art, und zwar sehr schmackhafft zuzurichten. Sie haben ein geringes Essen, so sie Cachat nennen, dasselbe wird gemacht von geringen Weitzen- Gersten- Hirschen- oder Habermehle, oder auch bisweilen von einer Gattung kleiner Körner, so bey ihnen Manna heisset. Dieses Cachat schmäcket sehr gut, wenn es nur recht zugerichtet wird; An Fleisch-Tagen essen es mit Milch und Butter, an Fasttagen über nur mit Oele; Wiewohl auch einige sind, die sich eben nicht so genau hieran binden lassen, absonderlich an Sonnabenden. Das gemeine Volck pfleget, in Ermangelung des Korns und dergleichen Getreydes, aus gedörreten und gemahlenen Eicheln Brodt zu machen. Wenn die Polen eine Gasterey ausrichten, so pflegen sie niemals weder Löffel, noch Messer, noch Gabeln, auf den Tisch zu legen, sondern die Gäste müssen dieses alles mit sich bringen oder durch ihre Bedienten mit bringen lassen. An statt der Servietten haben sie ein breit Stück von gestärckter Leinwand, welches um das Tafel-Tuch rund herum angenähet wird, aus Beysorge, daß es sonsten möchte hinweg gestohlen werden. So bald die Gäste sich gesetzet, werden ohne Verzug die Haus-Thüren [1258] feste zugemacht, und nicht eher wiederum eröffnet, als bis die Anwesenden aufgestanden, und man umgezählet, ob auch das Geschirre und Gefässe noch alles vorhanden; Denn wenn dieses nicht geschehen solte, so würden einige Herrendiener, welche theils ihre fünff Finger wohl zu gebrauchen wissen, ohnfehlbar eines und das andere hinweg nehmen, welches auch die Ursache ist, daß man keine Löffel, Messer und Gabeln auf den Tisch legt. Bey einer jedweden Person, die etwas vornehmes heissen will, trifft man einen absonderlichen Gast- und Speise-Saal an; daselbst ist ein Platz mit Gittern vermacht, worinnen auf einem Tische eine grosse Menge von Silber-Geschirr aufgestellet ist. Das Tafel-Tuch von solchem Tische pflegt niemals hinweg genommen zu werden, bevor es recht schwartz und unrein ist. Uber diesem Platze ist eine Gallerie vor die Musicanten, welche mehrentheils eine Violin streichen, oder auf dem Positiv spielen. Diejenigen, welche geladen sind, bringen allemal ihre Laqveyen mit sich. So bald sie sich zu Tische gesetzet, schneiden sie ihr Brodt halb von einander, und nehmen von dem übrigen Essen, das ihnen vorgeleget worden, ebenfalls die Hälffte und geben es über die Achseln diesen ihren Bedienten; Diese bleiben alsdenn hinter ihren Herren stehen, und verzehren, was sie bekommen haben. Wenn der Herr ein Glas Wein verlanget, so trincket der Bediente es zuvor aus; Hernach schencket er es wieder ein, ohne daß er sich die Mühe nehme, es vorher ein wenig auszuspülen, und bringet es demselbigen. Obgleich von Speisen eine sehr grosse Menge aufgetragen wird, so kömmt dennoch gar selten etwas davon wiederum in die Küche; Denn die Bedienten pflegen sich stracks zuzueignen, was übrig geblieben ist, und ihre Weiber geben ihnen ordentliche Schnupftücher mit, worinnen sie alles, was von trockenen Confituren oder Früchten von der Tafel kömmet, einpacken, und mit nach Hause nehmen müssen. Nach geendigter Mahlzeit sind die Polen gewohnet, noch eine gute Weile sitzen zu bleiben, und eines herum zu trincken. Die Speisen pflegen sie, aufs wenigste diejenigen, so vor höflich wollen angesehen seyn, niemals mit dem Finger anzurühren, und wissen sie z. E. ein Rebhuhn, gleichsam in einem Augenblicke, auf der Gabel in sechs Stücken zu zertheilen. In währendem Essen sind ihre Gedancken auf nichts anders gerichtet, und wenn sie etwan jemand zu sprechen verlanget, so stehen sie nicht eher auf, als bis sie sich vollkommen gesättiget. Wenn sie nun gnug gegessen und getruncken haben, so rauchen sie gemeiniglich eine Pfeife Toback. Es geschiehet aber dieses auf eine solche Art, daß sie weder ihrem Kopffe noch ihrem Magen Schaden thun. Sie stecken nemlich die Pfeife durch ein kleines rundes Löchlein, und legen vorhero in dasselbe einen Schwamm, welcher mit abgezogenem Eßig angefeuchtet ist; Dieser Schwamm benimmt vermittelst eines kleinen Lochs, so durch die Pfeife gehet, dem Toback alles Oel, und verursachet, daß nicht nur der Kopf eine treffliche Erleichterung bekömmt, sondern auch der Geschmack dieses Krauts um ein [1259]gut Theil angenehmer wird. Wenn sie noch über dieses den Geruch wollen anmutig machen, so nehmen sie noch eine kleinere Büchse, legen Wolle darein, die zuvor in eine wohlrüchende Essentz getuncket worden, und stecken nachgehends die Pfeife hinein, welche ebenfalls vermittelst eines Lochs den guten Geruch an sich zühet, und dem Rauche alle Widerwärtigkeiten benimmt. In beyden Arten von Büchsen pflegen sie die Pfeifen also zu stecken, daß der Kopf von der Tobacks-Pfeife bey der ersten Gattung zehen Daumen, und bey der andern nur fünf Daumen von der Büchse zu stehen kömmt. Dergleichen Gastgebote werden von den Fremden und Anverwandten, die nicht weit von einander wohnen, Wechselsweise angerichtet. Es erscheinen aber auf denselben so wohl Manns- als Weibs-Personen, denn man muß wissen, daß in Polen auch noch junges Frauenzimmer ohne die geringste Aergerniß mit Manns-Personen umgehen könne, woferne nur dessen Eltern oder nächste Bluts-Freunde dabey zugegen sind; Durch dieses Mittel wird manche Heyrath und Bekanntschafft gestifftet, und die schon angefangene Freundschafft erhalten und fortgesetzet. Nichts desto weniger wenn von dem vielen Trincken den guten Herren die Köpffe warm zu werden angefangen, so setzt es je zuweilen Schlägereyen, davon mancher ein blutiges Denckmahl mit nach Hause nimmet. Wobey zu mercken ist, daß es dem Wirthe als etwas höchst schimpffliches ausgeleget wird, wenn er nicht in solchen Fällen seinen Gästen alle Freyheit giebt, ihre Händel nach ihrem eigenen Gefallen auszumachen. Das starcke Gesundheits-Trincken gehet unter den Polen gar sehr im Schwange, und wer nicht redlich Bescheid thun kan, mag nur ihrer Gesellschafften sich enthalten. So wohl bey Gastereyen, als in öffentlichen Trinckhäusern, pflegen sie sich auf diese Weise zu übernehmen, und auch die Sonn- oder Festtage sind disfalls in ihrem Sauf-Calender nicht ausgenommen; worzu man deswegen durch die Finger siehet, weil die Accise, so auf das Geträncke gelegt worden, dem Lande ein grosses einbringet. Heutiges Tages aber hat unter den Vornehmern und Verständigern von Adel dieses Laster ziemlich nachgelassen, ob gleich in andern Stücken die alte Verschwendung unverändert geblieben.