Zum Inhalt springen

Zedler:Quacker, eine bekannte Fanatische und Enthusiastische Secte

aus Wikisource, der freien Quellensammlung


Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
korrigiert
<<<Vorheriger

QUACKENBURGUM

Nächster>>>

Quacker, eine Art Seehörnger

Band: 30 (1741), Spalte: 8–10. (Scan)

[[| in Wikisource]]
in der Wikipedia
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für WP  
Literatur
* {{Zedler Online|30|Quacker, eine bekannte Fanatische und Enthusiastische Secte|8|10}}
Weblinks
{{Wikisource|Zedler:Quacker, eine bekannte Fanatische und Enthusiastische Secte|Quacker, eine bekannte Fanatische und Enthusiastische Secte|Artikel in [[Johann Heinrich Zedler|Zedlers’]] [[Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste|Universal-Lexicon]] (1741)}}


Quacker, ist eine bekannte Fanatische und Enthusiastische Secte, welche 1649 in Engelland entstanden, und sich von dar sehr ausgebreitet hat. Ihr erster Urheber war George Fox, ein Schuster seines Handwercks in Engelland, der sich göttlicher Offenbahrung rühmte, und durch seine eingezogene und sonderbahre Lebens-Art bekannt machte. Weil derselbige von Jugend auf die Schrift fleißig gelesen, und dabey ein gut Gedächtniß hatte, konnte er von göttlichen Dingen mit grossem Nachdruck reden, und bekam dadurch hin und wieder in Engelland einen grossen Anhang. Es wurde ihnen der Name der Quacker in Engelländischer Sprache, und in dem Frantzösischen der Name Trembleurs, im Lateinischen Trementes oder Tremuli von dem Zittern gegeben, weil einige unter ihnen, wenn sie in Entzückung fielen, ein ungemeines und ausserordentliches Zittern des Leibes und der Gliedmassen dabey hatten, welches jedoch anfänglich öffter unter ihnen soll verspüret worden seyn, als in den folgenden Zeiten, und soll durch ein gewisses Pulver verursachet werden. Man bemühete sich zwar in Engelland beyzeiten sich diesen Leuten zu widersetzen, und sahe ihre Lehre und Aufführung für irrig und gefährlich an; gleichwohl konnte man nicht verhindern, daß sie sich nicht sehr vermehret hätten, so gar, daß sie 1656 an verschiedenen Oertern bey tausenden zusammen kamen. Die Regiments-Veränderung in Engelland kam ihnen auch wohl zu statten. Denn ob zwar der Protector Cromwell ihre öffentliche Zusammenkünffte untersagte, so verbot er doch zugleich in eben demselbigen Edict, daß ihnen kein Mensch einiges Leid zufügen solte, so lange sie nicht gegen das Regiment oder die Obrigkeit was anfangen würden. Der König Carl II erzeigte sich anfänglich ihnen sehr gnädig, und versicherte Richard Huberthorn, einen der vornehmsten Quacker, in einem Gespräche, daß er es mit ihm hielte, und den Quackern kein Leid wiederfahren solte. Nichts desto weniger musten sie unter diesem Könige nachgehends eine harte Verfolgung ausstehen, weil sie den Eyd der Treue nicht ablegen wolten, indem sie überhaupt für unrecht hielten, einen Eyd zu thun, wozu noch dieses kam, daß sie vor keinem Menschen den Hut abnehmen wolten; indem sie solche Zeichen der äusserlichen Ehrerbietung als Eitelkeiten verwurffen, welches ihnen aber als eine Verachtung der Obrigkeit ausgedeutet wurde. Die Verfolgung wider sie war ziemlich hart, und wurden viele derselben in Gefängnisse geworffen, auch sonst sehr übel gehalten. Einige unter ihnen fiengen gar seltsame Händel an, und gaben dadurch [9] Gelegenheit zu ihrer Verfolgung, worunter sonderlich Jacob Naylor, den einige auch vor den Stiffter dieser Secte halten, bekannt ist, als welcher sich selbst vor Christum ausgab, und geschehen ließ, daß ihm seine Anhänger solche Ehre erzeigten, wiewohl er anch wegen dieser seiner Gottlosigkeit zu gebührender Straffe gezogen wurde. Unter dem König Jacob II haben sie gute Ruhe und Friede gehabt, wie auch im den folgenden Zeiten. Sie sind aber nicht allein in Engelland geblieben, sonder haben sich auch in andern Ländern eingefunden. Schottland und Irrland waren die nächsten Provintzen, da sie ihre Secte vermehren konten. Nach America ist auch keine geringe Anzahl gekommen, und zuvörderst haben sie in der Landschafft Pensylvanien in Neu-Engelland sich feste gesetzt. Diese Landschafft hat ihre Benennung von William Penn, der sie von seinem Vater geerbet, und weil er einer der vornehmsten Quacker war, hat er gleichsam eine Colonie dieser Leute dahin geführet, auch sich 1682 selbst dahin begeben, und auf Erlaubniß vom Königl. Hofe gleichsam eine besondere Quacker-Republic aufgerichtet. Sie haben eine besondere Stadt daselbst angeleget, die sie Philadelphien genennet, von der brüderlichen Liebe gegen einander, deren sie sich rühmten, wiewohl die Erfahrung gelehret hat, daß diese Liebe nicht bey allen müsse gewesen seyn, indem sich Neid, Mißgunst, und allerley böse Neigungen unter ihnen herfür gethan. Sie nahmen auch andere Leute, ohne Unterscheid der Religion unter sich auf, wenn sie nur ein geruhiges und stilles Leben führen, und sich aller Erbarkeit befleißigen wolten. Uber dieses haben sie sich in Holland, in West- und Ost-Frießland und an andern Orten eingefunden, auch hin und wieder unterschiedene zu ihrer Parthey gezogen. In Franckreich wolte es ihnen nicht gelingen, sich feste zu setzen, und die Reisen einiger unter ihnen nach Italien und Griechenland konten eben so wenig diesen Endzweck nicht erreichen, daß sie ihre Secte daselbst ausgebreitet hätten. In Hamburg thaten sie auch einen Versuch, das Ministerium aber setzte sich beyzeiten darwider, und schrieb das bekannte Buch, so den Titul führet: Quackerey, so von dem dasigen Pastor, Johann Müllern, aufgesetzt worden. In Dantzig wolte es auch mit ihnen nicht fort, und obgleich 1661 der bekannte Wilhelm Ames dahin kam, muste er doch gar bald wieder diesen Ort verlassen. Die besondern Lehren, die sie führen, sind bekannt genung. Die vornehmsten darunter sind: daß allen Menschen von Natur ein innerliches Licht eingepflantzt worden, welches eine von der Vernunfft unterschiedene Substantz, ein Stück des göttlichen Wesens; und die eintzige Regel unserer Handlungen, und unsers Glaubens sey. Von der Erbsünde lehren sie, daß dieselbe ein von dem Teuffel in dem Menschen erschaffenes Wesen sey; legen anbey Christo einen doppelten, nemlich einen geistlichen und irrdischen Leib bey; aus welchen Irrthümern nachgehends noch viele andere geflossen sind. Die Kindertauffe verwerffen sie, wie auch das Studiren, und alle Obrigkeit, erzeigen niemand eine besondere Ehrerbietung, heissen iedermann Du, schweren nicht, lassen alle, auch die [10] Weiber in ihren Versammlungen reden. Christus vereinige sich nicht mit uns nach seiner Menschheit. Sie verstehen durch den Geist ein von der Seele unterschiedenes allen Menschen gemeines Wesen und Saamen. Verhöhnen das Vater unser, und sagen gotteslästerlich, Christus sey eben wie ein anderer Mensch, und hätte seine Fehler gehabt. In der Kirche solte man das Vater unser gar nicht beten, es gehöre nur das Predigen und Discuriren dahin. Es ist also der Quackerismus ein rechter Inbegriff und Zusammenfluß aller Ketzereyen. Ihre Lebens-Art war Anfangs sehr ernstlich; indem sie alles, was nur einen Schein der Eitelkeit hatte, und dabey auch solche Dinge, die, ob sie zwar gemißbraucht werden, dennoch an sich gut sind, und wohl können beybehalten werden, ohne Unterschied verwarffen. Nachgehends haben sie von ihrer Strengigkeit ziemlich abgelassen. Der vornehmste unter ihren Lehrern, so ihre Lehre am ordentlichsten vorgetragen, ist Robert Barclajus, welcher erstlich 1675 gewisse Theologische Sätze verfertigte, und selbige allenthalben herum schickte, in dem folgenden Jahr aber die so genannte apologiam theologiae verae christianae heraus gab, und dem Könige in Engelland, Carln II, zuschriebe. Er hat selbige in Lateinischer Sprache geschrieben; sie sind aber nachgehends in die Engelländische, Holländische und Deutsche Sprache übersetzt worden. Sonst haben sich noch ferner unter ihnen Samuel Fischer, George Keith, William Ames, Eduard Burrough, William Caton, und viel andere durch unterschiedene Schrifften bekannt gemacht. Unter diesen ist am merckwürdigsten George Keith, der auch einer der Gelehrtesten unter ihnen gewesen; denn er hat sich nicht allein mit unterschiedenen Schrifften bekannt gemacht, die bey den Quackern in grossem Ansehen waren, sondern auch mit einem andern Quacker, Namens Stockad, grosse Streitigkeiten gehabt, so gar, daß unter den Quackern selbst eine Spaltung daraus entstanden, und diejenigen, die es mit George Keith hielten, Keithianer genennet wurden. Endlich hat dieser Keith sich wiederum zu der Reformirten Kirche gewandt, und 1702 zu Londen einen Tractat wider Robert Barclajus heraus gegeben, unter dem Titul: the standard of the Quackers examined, d. i. das untersuchte Pannier der Quacker. Lassenii Entdeckung der Quackerischen Secte. Crösii hist. Quacker. Philaleta in dilucidat. in Croesii hist. Quacker. Histoire du Kouakerisme. Bentheim im Kirchen- und Schulen-Staat. P. I. c. 17. Auctor diss. de statu ecclesiae Anglicano. Caroli in memorab. eccl. sec. 17. Arnold Ketzer Hist. P. 2. l. 17. c. 20. Colberg. in Hermet. Plat. Christenthum. P. I. c. 7.