Zedler:Quivira
Quivira, eine Landschafft in Nord-America, liegt zwischen Neu-Mexico, Mouunt Suala und Florida; wie weit sie sich erstrecket, weiß niemand. Einige haben sie vor den nordlichen Theil von California, so gegen das unbekannte Land zu, nahe bey der Meer-Enge von Jesso liegt, gehalten. Diese Landschafft hat an der See-Seite gut Graß. Die darinnen in grosser Menge befindlichen Kühe haben einen Höcker auf den Rücken, wie die Cameele, und die Hunde sind so groß, daß sich die Einwohner derselben, an statt der Pferde gebrauchen. Die Einwohner selbst sind Menschen-Fresser, und bestehet ihr Reichthum in der Vieh-Zucht, von welchem Vieh sie alles machen, was sie nöthig haben. Mit den Ochsen-Häuten decken sie ihre Hütten; aus den Knochen machen sie sich Pfriemen; aus den Haaren Garn; aus den Spann-Adern Stricke; aus den Kalb-Fellen Eymer; aus den Schaafs-Fellen Kleider: aus den Hörnern Trompeten; das Blut trinken sie, als wenns der beste Wein wäre; und mit dem Miste heitzen sie ein, als wenns Torff oder Stein-Kohlen wären. Einige Spanische Soldaten wolten unter der Anführung ihres Capitains, Vasquius Coronatus, ihr Glück versuchen, und fiengen dahero an, durch dieses Land zu gehen, [404] in Hoffnung, gute Beute darinnen zu finden. Es kam ihnen aber sauer an, über den vielen Sand, und durch die Wüsteneyen zu gehen; zumal da sie in diesen Gegenden dutch eine gewisse Art von Hagel geplaget wurden, dessen Stücke so hart wie die Steine, und so groß als die Gänse-Eyer waren. Endlich gelangeten sie an einen Ort, wo ein König war, Tartarappus genannt. Als sie nun hingiengen ihn zu sehen, fanden sie einen alten Mann, welcher über den gantzen Leib nackend war, und einen Kragen von Ertz zum Zierrad um den Hals hatte. Dieses zeigte, wie sehr sie betrogen worden, da sie grosse schätze in dieser Gegend zu finden, vermeynt hatten. Dannenhero kehrten sie in aller Eil wiederum zurück nach Mexico. Baudrand.