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Zedler:Räuchern, Selchen

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Räuchern

Band: 30 (1741), Spalte: 589–592. (Scan)

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Räuchern, Selchen, heisset das grüne Fleisch, oder Fische durch untergemachten Rauch trocknen, damit es sich länger halte, und zum verspeisen tauglich bleibe. Alles Mittelfleisch, so nemlich weder allzu jung, noch allzu alt ist, tauget besser, und ist vorträglicher zum Räuchern, als das alte Fleisch, weil dieses, da es an sich selbst schon zähe ist, in der Dürre oder vom Rauche noch zäher wird. Das Fleisch, welches man räuchern will, pflegt man nur in Wannen und Mulden zu saltzen, und darinnen liegen zu lassen, bis das Saltz zerschlichen ist: nach diesem wird das Fleisch noch etliche Tage mit Saltzwasser begossen, und wenn sich dieses wohl hinein gezogen, hernach in die Feuermauer, Camin, oder Rauchkammer aufgehängt. Die es noch besser machen wollen, zerstossen Coriandersaamen, und Wacholderbeere, gröblich unter einander, wenn sie nun das Fleisch einsaltzen, so streuen sie eine Lage oder Schicht von gedachten zerquetschten Sachen darauf: legen wieder Fleisch und Saltz, und von erst erwehntem Coriander- und Wacholderpulver wieder eine Handvoll darauf. In dieser Beitze wird das Fleisch eine Zeitlang liegen gelassen, und endlich in den Rauch gehängt; Wenn man nun auf diese Weise Hammelfleisch räuchert, so wird es gar gut, doch muß man es, wenn es nicht häßlich werden soll, über ein Jahr nicht halten: Wer ein recht niedlich geräuchertes Rindfleisch haben will, schlachte einen wohlgemästeten Ochsen von vier oder fünff Jahren, zerhaue ihn in Stücke, und weil die Wärme noch im Fleisch, so bestreue man es in Mulden oder andern flachen Gefässen über und über mit gnugsamen Saltz. So bald nun dieses zergangen, und in das Fieisch gedrungen, so hänge man es unverweilt in den Rauch, und lasse es so lange darinnen hängen, bis es getrocknet, aber nicht erhärtet ist. Da man es denn herunter nehmen, in einem Schrancke verwahren, und nach Gefallen davon kochen kan. Im Speisen wird man erfahren, um wie viel wohl geschmackeer und milder dieses, gegen einem andern geräucherten Fleische sey. Mit den Schincken wird auf folgende Weise verfahren: Wenn sie von dem Schweine wohl abgelöset worden, so werden sie etliche Tage, bis sie ein wenig erstarren, liegen gelassen, alsdenn eingesaltzen, und das Saltz absonderlich um die Knochen, wo sie sonst zum ersten modericht und madicht zu werden pflegen, wohl eingerieben, und in diesem Saltze müssen sie wieder eine Woche verharren; sodann werden sie auf ein Bret gelegt, und mit einem andern Brete zugedeckt, damit man auf dieses obere etliche schwere Steine oder Bley legend, das Saltzwasser oder die angreiffende Feuchtigkeit auspressen, und davon lauffen lassen könne. Ist nun diese Feuchtigkeit heraus, so befreyet man den Schincken wieder vom Brete und Gewichte, saltzet ihn noch ein mahl auf der fleischigten und der zähen Schwarte entgegen gesetzten Seite, läßt ihn [590] wieder drey Tage so liegen, und wandert denn erst mit ihm in den Rauch. Wenn man unter das Saltz ein klein wenig Salpeter mischet, so wird das Fleisch nicht allein schön roth davon, sondern erlangt auch einen lieblichen Geschmack. Andere gehen mit den Schincken also um: Sie lassen sie erstlich wohl klopffen und bläuen, daß sie mürbe werden, oder wenn kaltes Wetter ist, lassen sie solche wohl ausfrieren, und reiben sie hernach mit Saltze; oder sie sieden rothe Rüben in Eßig, und reiben die Schincken wohl damit, legen sie hernach in eine Wanne oder Faß, so offt eine Lage Schincken, so offt eine Schicht rothe Rüben, und güssen zuletzt den Eßig, darinnen die rothen Rüben gesotten, darüber, beschwehren sie mit einem Brete und saubern Steinen, lassen sie also vier Wochen liegen, und räuchern sie hernach fein gemach. Oder sie lassen die Schincken fein groß lösen mit sammt der Schwarte, nehmen eine Pfrieme oder Schuhahle, stupfen sie so viel sie können, aber nur ins Fleisch und nicht in die Schwarten, machen Saltz in einer Pfannen heiß, und reiben die Schincken so warm als möglich damit ein, das thun sie den ersten Tag drey mal, hernach legen sie die Schincken in eine Wanne, und besprengen sie mit heissem Eßig, legen gestampffte rothe Rüben darzwischen, setzen sie wohl beschweret an ein kühles Ort, und hängen sie nach drey Wochen in den Rauch. Die Zungen werden auf Westphälische Art also geräuchert: Nehmet gantz frische Zungen, leget sie in eine Mulde, daß das obere scharffe Theil der Zungen unter sich komme, nehmet zwo Hände voll Saltz auf jede Zunge, schwinget sie eine Zeitlang in der Mulde, damit das Saltz wohl eindringe, und allezeit der obere scharffe Theil unter sich gekehret sey, laßt sie also über Nacht in einer Stube stehen, sprenget sie hernach mit Eßig ein, und lasset sie wieder drey oder vier Tage an einem kühlen Orte stehen, leget sie denn auf die vorige Weise in ein Gefässe, schneidet gesottene rothe Rüben zu dünnen Scheiben, und leget auf eine jede Zunge drey oder vier derselben, nachdem sie groß sind, streuet mehr Saltz auf die Zungen; und nehmet endlich auf jede Zunge ein halb Nössel Wein, ein Nössel Wasser, und ein Nössel Eßig, vermischet es mit der gesaltzenen Lacke von den Zungen, güsset es also darauf, daß es ein wenig darüber gehe, beschweret sie mit einem Stein, und hänget sie, wenn sie also drey Wochen gestanden, in den Rauch, aber nicht zu nahe über das Feuer, welches auch bey anderm Fleisch zu beobachten; sie müssen steten Rauch und Anfangs ein paar Tage von Wacholderstauden haben, und also in die drey Wochen hängen, Auf diese Weise räuchert man auch die Schincken, welche aber mehr Saltz bedürffen, auch etliche Tage länger in der Lacke liegen, nicht weniger acht Tage länger im Rauche hängen müssen, als die Zungen. Etliche lassen die Ochsen- oder Rindzungen nicht netzen, sondern zühen und dehnen sie so lang, als möglich, legen sie hernach in eine Mulde, saltzen sie ein, schwingen sie starck, und reiben das Saltz aufs beste ein, zühen sie wieder um, und schlagen sie bisweilen über den Tisch, dehnen sie hierauf abermal aus, so starck und so lang sie können, und lassen sie sodann drey oder vier Tage in [591] der Mulde im Saltze liegen, unterdessen sieden sie rothe Rüben, machen sie reine, schälen und schneiden sie Scheibenweise, machen hierauf in einem Gefässe eine Lage solcher in Scheiben geschnittenen rothen Rüben, und auf diese eine Lage Zungen, denn wieder rothe Rüben, und wieder Zungen, und so fort, lassen sie also vierzehen Tage beitzen, und hängen sie hernach in den Rauch. Andere aber waschen die Zungen vorher wohl ab, saltzen solche wohl, und lassen sie drey bis vier Tage im Saltzwasser liegen, hernach nehmen sie die Zungen heraus, waschen Saltz und Blut wohl davon ab, und legen sie in ein sauberes Geschirre, lassen hierauf die Lacke oder Saltzbrühe in einem Kessel übern Feuer sieden, und schäumen sie von Anfang des Sudes so lange, bis sie keinen Schaum mehr giebt. Diese Brühe lassen sie kalt werden, und güssen sie wieber über die Zungen, daß sie vierzehen Tage darinnen liegen. Aus dieser werden sie endlich genommen, getrocknet, in die Feuermauer oder Rauchkammer gehänget und mit Wacholdereßig alle Morgen und Abend geräuchert. Die Speckseiten, ehe sie in den Rauch kommen, werden fein sauber ausgelößt, eine nach der andern auf ein langes Bret gelegt, und so lange mit Saltz durchgerieben, bis dasselbe wohl eingekrochen. Nach diesem müssen sie auf einander in lange Mulden geschlichtet, und in diesem Lager etliche Tage gelassen, ferner in eine frische Mulde ausgeladen, die obersten zu unterst gelegt, mit frischem Saltz von neuen besprengt, und von Wochen zu Wochen so tractiret werden, so lange bis eine jede Speckseite durchsichtig wird. Die Knackwürste muß man von Rechtswegen zwey mal stopffen lassen, ein mal, wie sonst gewöhnlich, und den andern Tag wieder etwas nachgestopfft, daß sie recht derb werden, denn sonst, wo sie nicht recht derb gestopfft, bekommen sie Lücken. Man kan auch etwas Salpeter darunter nehmen, daß sie roth davon werden. Die Blutwürste werden in die Netze, die andern Würste aber nur so frey hingehangen. Die Gänse muß man erstlich brav fett mästen, hernach, wenn sie geschlachtet, einsaltzen, einen Tag oder acht im Saltze stehen lassen, hierauf dieselben im Leinwand nähen, in die Feuermäuer hängen, und darinnen etwan vierzehen Tage, nachdem viel oder wenig Rauch ist, hängen lassen, auch zu Zeiten darnach sehen. Die Fische, die man räuchern will, muß man sauber aufmachen, und aus etlichen frischen Wassern auswaschen, daß sie nicht blutig seyn, hernach legt man sie auf ein reines neu gewaschenes Tuch, läßt sie fein abtrocknen, und saltzt sie inwendig, je länger sie bleiben sollen, je stärcker ein, legt sie in ein Fäßlein, und beschweret sie, nimmt sie nachgehends heraus, und räuchert sie mit lauter faulem Holtze. Man kan die Fische auch auf folgende Art räuchern; Nehmet ein sieben oder acht eimerigtes Faß, nur von schlechten Tauben, von weichem Holtz abgebunden; unten darff es keinen Boden haben, denn es muß den Rauch fangen, oben aber eine halbe Spanne vor dem Ende des Fasses, machet inwendig zwey Höltzer Creutzweis über einander, die durch vier Löcher im Fasse stecken, an diese hänget die Fische, die ihr räuchern wolt, laßt auch vier [592] einer starcken Spannen lange Höltzer, zween quer Finger breit übers Faß oben ausgehen, und häfftet solche übers Creutze mit kleinen Nägeln im Faß an, darnach leget den obern Boden, der ein wenig kleiner, als sonst zugerichtet und gemacht seyn muß, ledig auf, und breitet über den Boden, und einer Spannen lang über das Faß herunter ein grob leinen Tuch, welches den Rauch halte, daß er nicht ausgehe, und machet über das Tuch zween oder drey ledige Reife, daß sie das Tuch wohl hinan halten, vorhero aber laßt mit Leinen und Ziegeln ein rundes Mäuerlein aufmauern, nach der Weite des Fasses, ohngefehr einer guten Spanne hoch, und eines halben Ziegels breit, oben fein gleich, damit das Faß recht darauf stehen kan; das Mäuerlein aber muß nicht um und um gantz seyn, sondern an einem Orte eine Oeffnung haben, daß man daselbst vermodertes und faules Holtz, Späne, Laub etc. oder anders, so sehr rauchet, aber keine helle Flammen giebet, damit das Faß nicht brennend werde, hinein schieben könne. Auf dieses Mäuerlein nun setzet das Faß mit dem Orte, wo kein Boden ist, und haltet mit dem Rauche so lange an, bis die Fische genug geräuchert sind. Zum Räuchern des Fleisches ist das Wacholder- und nächst diesem das Tannenreisig am besten, in Ermangelung deren aber thut das eichen- und büchene Holtz, auch das Eichenlaub, ingleichen das faule Holtz gute Dienste. Ein anderes Räuchern ist, wo man nur einen guten Geruch in ein Zimmer machen will, davon siehe folgende Artickel. Sonst ist überhaupt noch von allen geräucherten Speisen zu mercken, daß sie für zarte Märgen nicht, als eine ordentliche Kost, taugen; grobe Handwercks- und seefahrende Leute, ingleichen Drescher und Tagelöhner, die es wieder ausarbeiten können, mögen sie noch wohl verdauen. In Dännemarck, Norwegen und Schweden, auch in anderen an die Ostsee gräntzenden mitternächtigen Ländern, machet ein guter Schincken und ein grosses Stück geräuchertes Rindfleisch, eine geräucherte Gans, eine gute maßive Met- oder Knackwurst, das beste Essen und vornehmste Stück; Ihres so genannten Gammelmats, oder derjenigen Schüssel, die mit allerhand Fleisch angefüllet, die gantze Woche durch auf den Tisch kommt, und sonderlich den fremden Durchreisenden vorgesetzet wird, nicht ein mal zu gedencken. Ein Italiänischer Magen aber will etwas weichlicheres haben; Daher als jener in Italien am Fieber todtkranck darnieder liegende Westphälinger, durch Genüssung eines Stückes rohen Schincken wieder davon befreyet wurde, der Italiänische Medicus aber, den er gebrauchte, ein gleiches Mittel, einem an eben derselben Kranckheit darnieder liegenden Italiäner verschrieb, dieser aber davon starb, machte der Medicus in seinem Tagbuche folgende Marcke dazu: daß Speck und Schincken gut und gesund für einen Westphälischen, tödtlich und schädlich hingegen für einen Italiänischen Magen wären.