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Zedler:Rübsaamen, Rübesaat, Rübsen, Riebsen

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Rübsen

Band: 32 (1742), Spalte: 1686–1689. (Scan)

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Literatur
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Rübsaamen, Rübesaat, Rübsen, Riebsen, Rapistrum, Semen rapicium, ist ein sehr nützliches Feld-Gewächse und eine Gattung wilder Rüben, die an einigen Orten in Deutschland, wie auch in Flandern und Engelland, häuffig wächset, davon aber die Wurtzel unbrauchbar ist, also, daß sie nur um des Saamens willen gebauet wird. Das Kraut, welches dem Rübenkräutig sehr gleich ist, pfleget um Ostern zu schossen, oder einen fetten Stängel, eine bis anderthalbe Ellen hoch zu treiben; dieser bringet viel gelbe vier blätterige Blüten, die einen sehr starcken Geruch von sich geben, also, daß man den Rüdsaamen von weitem rüchen kan, und siehet ein damit besäetes Feld in der Blützeit von ferne nicht anders, als ob es mit gelbem Tuche überzogen wäre. Diese Blüte ist eine treffliche Nahrung für die Bienen. Auf dieselben folgen lange und runde Schötlein, in welchen ein kleiner runder Saame lieget, der um Johannis auswendig braun, und inwendig gelbe wird, und also reiff ist. Der Rübsen ist warm und trocken, hat einen scharffen Geschmack, und thut, wegen seines flüchtigen Saltzes, im [1687] Gedlüte starcke Würckung, dringet durch, verdünnet, zertheilet, öffnet, treibet den Urin und Stein, und dienet im Scharbocke. Es giebet des Rübsens zweyerley Gattungen, nemlich Winterrübsaamen, und Sommerrübsaamen oder Rübsen; denn also wird das Wort insgemein ausgesprochen. Der Winterrübsen erfordert ein Feld, welches eben so wohl, als das Weitzenfeld gedüngt, auch eben so offt als dasselbe gepflügt, und dabey fein klar zubereitet seyn muß, zuförderst aber ist nöthig, daß der Rübsenacker in warmer Gegend liege. Weil auch der Saame nicht ein Jahr wie das andere geräth, und offt geringe Körner bringt, so muß man nach vollkommenen Saamen trachten, um sich des kräfftigen Wachsthums desto mehr zu versichern. Man säet ihn im September noch vor Creutzerhöhung in das frisch gepflügte Land, und zwar unter allem Wintergetreyde am ersten, damit er einen guten Stock und starcke Wurtzel bekomme, und im Winter nicht erfriere. Am Saamen nimmt man etwan den achten Theil gegen den Roggen, als wenn man zwey Scheffel Roggen auf ein Stücke Felds säet, so braucht man auf dasselbe nur einen Viertelscheffel Rübsen. Er will einen geschickten Säemann haben, welcher ihn nicht so dicke säet, man braucht insgemein vier Finger zum Griff, und nimmt nur so viel darein, als man unten in die Kuppen fassen mag. Daferne die Rübsenstücke nicht hefftig mit Unkraut bewachsen, soll man ja keine Gräser darauf lassen, denn sie nicht allein mit dem Ausrauffen, sondern auch mit dem Niedertreten, mercklichen Schaden, verursachen, dergleichen auch von ungeschwungenen Leuten geschiehet, die heimlicher Weise sich Rübsensalat pflücken. Obwohl es fast unnöthig und vergebens scheinen mögte, den Rübsen gegen die Reifzeit, wegen der Tauben und anderer Vögel hüten zu lassen, weil sie, wenn man sie an einem Orte weg scheucht, am andern wieder kommen, so ist doch solche Hütung, worzu man ohnedem nur kleine Jungen, die des Herumlauffens nicht müde werden, zu gebrauchen pfleget, und die man um einen geringen Lohn haben kan, allerdings so nöthig als nützlich, denn die Tauben und Vögel werden doch verhindert, daß sie sich niedersetzen, oder beständig an einem Orte bleiben, und ihren Kropff zum Schaden desjenigen, dem der Rübsen gehöret, füllen können. Bey der Reiffung muß man genau acht haben, daß man das Abschneiden zu rechter Zeit treffe, denn kommt man zu bald, so werden die grünen Körnlein taub oder sehr leicht; wartet man aber zu lange, so thun nicht allein die Vögel Schaden, sondern man rühret auch viel aus, daß offtmahls doppelt Saamensdicke die Körner auf dem Felde liegen. Die beste Zeit ist, wenn er meistentheils reiff. Das Abschneiden muß mit aller Behutsamkeit geschehen, so daß nicht etwan grob damit verfahren, das Abgeschnittene im Hinlegen derb niedergedrückt, oder auch im Aufnehmen hefftig beweget werde, daß sich der Saame davon ausrühre. Beym Einführen muß man Flechten oder Wagenkörbe aufsetzen, und grosse ohnschadhaffte Tücher einhängen, darein der Rübsen gelegt, und also der Saamen, so im Fahren ausfället, erhalten und nicht verlohren wird. Er soll nicht allzugrüne, nech im Regenwetter eingeführet [1688] werden, weil er sonst leicht in Pansen anläufft und dumpffigt wird. Wenn er über einander verschwitzet, und die Wärme diejenigen Körner, so noch nicht gantz reiff sind, zu ihrer Tüchtigkeit und Zeitigung gebracht, wird er ausgedroschen, reine gemacht, und fein dünne auf einen guten Boden geschüttet, auch fleißig und fast täglich gewendet, weil er sonst leichtlich verderben kan; doch wenn damit etliche Wochen, und zwar so lange, bis er recht trocken, verfahren worden, so kan man hernach das Umwenden länger, und wohl vierzehn Tage anstehen lassen. Ist er zum ersten mahl nicht rein genug, muß man ihn, wenn er abgetrocknet, noch einmahl wurffen, wie er denn auch nicht ehe richtig gemessen werden kan, als bis er wohl reine gemacht, und recht trocken worden. An vielen Orten wird der Rübsen nicht in die Scheunen gebracht, sondern auf dem Stücke, darauf er gewachsen, in grosse Feimen gesetzt, und diese wohl mit Stroh bedeckt, damit nicht das einfallende Regenwetter ihm etwan einigen Schaden verursache. Der Platz, wo der Feimen angeleget wird, muß zuvor abgeschauffelt und derb getreten seyn. Nach etlichen Tagen, wenn man mercket, daß die unreiffen Körner richtig, und das Wetter, Regens halber, beständig scheinet, wird das Dreschen vorgenommen; die Tennen müssen nächst an den Feimen ausgeschaufelt, mit Gersten-Spreu überdroschen, dichte getreten, und nicht lange zuvor gemacht werden, denn sonst reisset die Erde wieder sehr auf; ist es aber noch sehr feucht, so schläget sich viel ein. Das Stroh verbrennen ihrer viele darum im Felde, weil sie besorgen, es möchte sich in den Gebäuden entzünden; allein wenn es wohl abgetrocknet, und nicht bald wieder feuchte wird, hat man dergleichen gar nicht zu besorgen. Man streuet es in den Mist mit ein; wiewohl es auch Leute giebt, dieses vor ihr Rind- und Schaafvieh verfüttern, und zwar entweder in Ermangelung andern Futterstrohes, oder damit sie was vom Futterstrohe erübrigen und solches verkauffen können; weil es aber wenig sättiget und schlechte Nahrung giebet, so lassen vernünfftige Hauswirthe dergleichen Fütterung lieber unterwegen. Mit dem Sommerrübsaamen oder Sommerrübsen, wird eben so, wie mit dem Winterrübsen, verfahren, nur mit diesem Unterscheid, daß der Sommerrübsen im Frühlinge, wenn die meiste Kälte vorbey, und keine besondern Fröste mehr zu besorgen, auch von einigen erst um Johannis gesäet wird. Nach Winters muß das Feld zum Sommerrübsen zwey mahl darzu geackert werden, damit es desto klärer, und diesem Gewächse zuträglicher werde. Das Feld muß von dem besten, und noch kräfftiger, als das zur Sommergerste seyn. An manchen Orten wird der Acker, wenn der Sommerrübsen vom Felde, noch vos Winters wieder mit Roggen besäet, jedoch gehet es nicht überall an, weil es an wenig Orten dergleichen warme Felder giebet. Es wollen zwar einige, als ob der Sommersaame besser als der Wintersaamen, wenn aber dieser nicht etwan einen sonderlichen Schaden erlitten, so gehet er, verständiger Hauswirthe Meynungen nach, dem Sommerrübsen an der Güte ziemlich vor. Der Rübsaamen [1689] gehöret nach Sachsen-Recht zu dem so genannten Mustheile, wovon im XXII Bande, pag. 1563. u. f. gehandelt worden. Ubrigens siehe auch den Artickel Zehenden.