Zedler:Rauch
Rauch, Fumus, ist derjenige flüßige Cörper, welcher durch das Feuer aus einer brennenden Sache getrieben wird, allmählig aufsteiget, und sich [1066] in der Lufft zerstreuet. Die Flüßigkeit desselbigen, beweiset man aus dem Augenschein, daß wenn eine gläserne Röhre mit Rauch angefüllet, an beyden Enden verstopfft, aufrecht gestellet wird, so sieht man, wie sich der Rauch dem Wasser gleich unten setze. Die Theilgen sind nach dem Unterscheid der Sachen, davon er aufsteiget, unterschieden. Daß er aus wässerigen Theilen bestehet, siehet man daher, daß er viel stärcker wird, wenn er von einer feuchten brennenden Sache aufsteiget. Aus seiner Farbe, Geruch, Geschmack und andern Würckungen kan man auch andesre Arten der Theilgen schlüssen, sonderlich die ölichten und saltzigten; wie denn die Saltzigkeit die Ursache, warum die Cörper, die man im Rauch aufgehänget, vor der Fäulniß bewahret, und wenn sie lange darinnen hängen, zugleich hart werden. In der heiligen Schrifft wird mit dem Rauche das menschliche Leben verglichen, Psalm CII, 4. um unterschiedlicher Ursachen willen: 1) Wegen der Entzündung. Das Feuer, wenn es seine Kräffte äussert im Holtze, Stroh oder Busch, daß es sich entzündet und brennet, so giebts Rauch und Dampff. Da Gottes Zorn entbrannte über den Sündenfall unserer ersten Eltern, da griff er des Menschen Leben an, da gab es Rauch, und eine schnelle Hinfarth, wie Moses Psalm XC, 8-10 sagt: Das macht dein Zorn, daß wir so vergehen etc. 2) Wegen der Aufsteigung und Ausbreitung. Wenn z. E. der Böttger ein Faß pichet, so thürmet sich der Rauch auf, erfüllet eine gantze Gasse, steigt gen Himmel, und thut, als wolte er was grosses werden; Also steiget des Menschen Leben immer höher, und kommt mancher gar hoch ans Bret, Esth. III, 1. iedoch, wie der Rauch nichts dichtes ist, sondern nur ein Dampff, also ist auch des Menschen Leben: es steige derselbe so hoch, als er wolle, so ist er doch nichts als Eitelkeit, Pred. Sal. I, 2. 3) Wegen der Verschwindung. Wenn der Rauch am höchsten gestiegen, und sich weit ausgebreitet, so wird er durch den Wind zerstreuet, daß man in kurtzen nichts mehr davon siehet: Also gehets auch mit dem Menschen, wenn es scheinet, als wäre es aufs höchste mit ihm gekommen, so ists aus mit ihm, Jac. IV, 14. Syr. XIV, 20, 21. 4) Wegen der Ausdörrung. Was mit Rauch beräuchert wird, das verliehret alle Feuchtigkeiten, und wird gantz trocken und dürre, daher pflegt man Fische und Fleisch in Rauch zu hängen, da wirds dürre und hart genung: Also wenn das Leben der Menschen im Alter in die Höhe steiget, da wird es gantz dürre, die Kräffte des Leibes vertrocknen, da giebts Runtzeln, wie man an alten Leuten siehet, darum klagt der Elende: Meine Gebeine sind verbrannt wie ein Brand, Psalm CII, 4. 5) Wegen des Beissens und der Augen Verletzung. Der Rauch ist verdrüßlich, und beißt die Augen, daß sie offt übergehen: Also ist des Menschen Leben voller Mühseligkeit und Unglück, welches uns plaget und beisset, daß uns offt die Augen übergehen, und wir heisse Thränen vergüssen; da netzet David mit Thränen sein Lager, Psalm VI, 7. da weinet Abraham [1067] über seine verstorbene Sara, 1 B. Mose XXIII, 2. Hiskias über die traurige Todes-Post, die ihm der Prophet Esaias brachte, Esa. XXXVIII, 2. 3. Rahel beweinet ihre Kinder, und will sich nicht trösten lassen, Jerem. XXXI, 15. Matth. II, 18. etc. Und also wird die Mühseligkeit des menschlichen Lebens unter dem Gleichnisse des Rauchs entworffen. Sonsten ist der Rauch zuweilen ein Zeichen des Zorns, 2 B. Sam, XXII, 8. 9. Psalm XVIII, 9. Esa. LXV, 5. zuweilen ein Zeichen der Macht und Herrlichkeit Gottes. Mit einem dicken Rauch erschien der Herr bey der Gesetzgebung auf dem Berge Sinai, 2 B. Mose XIX, 18; mit einem dicken Rauch erfüllete der Herr die Hütte des Stiffts in der Wüsten, Cap. XL, 34. den Tempel in Canaan, 1 B. der Kön. VIII, 10. 11. So wurde im Anfange des Neuen Testaments des Herrn Haus voll Rauchs, als die Seraphim die Herrlichkeit des Herrn ausriefen, Esa. VI, 1-4. vergl. Offenb. XV, 8. Als dorten der Engel Abaddon Macht hatte, den Abgrund zu eröffnen, wolte er nicht weniger seyn, als der Herr, er ließ auch den Rauch aufgehen, Offenb. Joh. IX, 2. nemlich eine verführische Lehre, gestärcket mit lügenhafften Zeichen und Wundern, welche der rechte Abgrunds-Rauch ist, wodurch verfinstert wird die Sonne des Worts der Gnaden, und die Lufft, des geistlichen Lebens Nahrungs-Krafft, welches durch den Geist des Worts genähret und erquicket wird, wie dieß natürliche Leben durch eine gesunde Lufft. Ferner wird Offenb. Joh. XIV, 11. von denen, die das Thier anbeten, gesagt: Der Rauch ihrer Quaal steiget auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und ist der Raach ihrer Quaal das äusserliche Zeichen des inwendig in ihnen brennenden Feuers. Der Rauch ihrer Quaal wird gesehen 1) an der versengten und verdorreten äusserlichen Gestalt dieses unglücklichen Volcks: Auf sie fällt kein Himmels-Thau; der Heilige Geist ist von ihnen gewichen; der Fluch ist über sie gekommen, weil sie des Segens nicht gewolt haben; sie sind mit Schwefel und Saltz verbrannt, wie Sodom und Gomorrha, die der Herr umgekehret hat. 2) An den mannigfaltigen Irrthümern, die von Zeit zu Zeit ärger sind geworden, und wie aufsteigende Dämpffe das Licht der Wahrheit verdunkeln. 3) An den Fluch-Sprüchen, welche als Donnerschläge einen stinckenden schweflichten Dampff zurück lassen. Es ist ein Rauch, der von Ewigkeit zu Ewigkeit aufsteiget. Sie werden in der Quaal stets bleiben; die Quaal wird nicht ab- sondern von Zeit zu Zeit zunehmen, bis sie in dem ewigen Feuer-Pfuhl wird vollendet werden. Scheurmanns Erklär. der Offenb. Joh.