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Zedler:Reichs-Tag in Pohlen

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Reichs-Tag in Schweden

Band: 31 (1742), Spalte: 180–184. (Scan)

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Reichs-Tag in Pohlen, Comitia Regni Poloniae, ist eine Versammlung des Adels an einem Orte oder Platze, um daselbst über Sachen, so die Republic betreffen, zu berathschlagen. Dieser soll nach denen Reichs-Satzungen alle zwey Jahre gehalten werden, und ordentlicher Weise länger nicht, als sechs Wochen, währen, wo er nicht mit allgemeinem Belieben verlängert wird. Und dieses wird so denn ein feyerlicher Reichs-Tag genennet. Um wichtiger Vorfälle willen mag auch ein ausserordentlicher Reichs-Tag angestellet werden, der aber nur 14 Tage stehen darff. Der König hat die Macht den feyerlichen oder allgemeinen Reichs-Tag anzustellen, und zwar in einer Stadt, wo es ihm beliebet; ausgenommen wenn es seine Krönung angehet, denn diese kan nirgend als zu Cracau geschehen. Die übrigen alle sind iederzeit an solchen Orten gehalten worden, welche die Könige haben benennen wollen. Zwar bißher hat man sie alle zu Warschau gehalten; jedoch weil zu Ausgang des vorigen Jahrhunderts die Litthauer sich beschwereten, daß sie einen so weiten Weg dahin kommen müsten; so wurde eine Verordnung gemacht, daß von drey Reichstägen einer, zur Bequemlichkeit der Litthauer, in Grodno solte angestellet werden, die zwey andern sollen zu Warschau gehalten werden. Ehe noch ein großer Reichstag in Pohlen gehalten wird, so ist die Gewohnheit, daß man vorher kleine Reichs- oder Landtäge anstellet. Es müssen aber diese Landtäge drey Wochen vorher, ehe sie ihren Anfang nehmen, und 6 Wochen vor dem Anfang des grossen Reichstags, publiciret und kund gemacht werden. Zu diesem Ende schicket der König seine Universal-Ausschreiben dahin, damit die Weywodschafften ihre Landtäge halten, und die Zeit, wenn der grosse Reichstag vor sich gehen soll, wissen mögen. In diesen Universal-Ausschreiben sind alle die Sachen vorgelegt, worüber man auf dem grossen Reichstage zu handeln hat. Auf diesen kleinen Reichs- oder [181] Landtägen, denen alle Edelleute beyzuwohnen das Recht haben, werden ihre Abgeordneten, so man Landboten nennet, erwählet, welchen man eine Instruction, die alles in sich hält, was sie bey dem allgemeinen Reichstage verwilligen, oder verweigern, oder abschlagen sollen, giebet. Diese Landboten sind unter der Regierung Königs Casimir III aufgekommen und eingeführet worden, als der König, um Mittel zur Bezahlung der Armee aufzubringen, Befehl gab, daß jede Weywodschafft ihre Abgeordnete zu dem Reichstage absenden möchte: welches denn verursachet hat, daß von solcher Zeit an kein allgemeiner Reichstag ohne die Landboten von jeder Weywodschafft hat gehalten werden können. Man pflegt bey allgemeinen Reichstägen 16 Senatores zu deputiren, welche aus denen Bischöffen, Weywoden und Castellanen erwählet werden; und zwar zu dem Ende, damit allezeit deren vier um und bey dem Könige seyn, und Achtung geben mögen, daß nichts wider die Gesetze vorlauffe. Von 1649 her hat man noch einen Deputirten aus dem Adel mit darzu genommen, welcher von allen Weywodschafften erwählet wird. Alles nun, was diese Deputirte mit und nebst dem Könige thun und schlüssen, das hat die Krafft eines Gesetzes. Wenn sie aber bey Hofe sich aufzuhalten unterlassen, oder sonst ihre Pflicht und Schuldigkeit nicht beobachten, so werden sie zu einer Geldstraffe, und zwar die Weltliche auf 2000, die Geistliche aber auf 6000 Pf. condemniret. Alle grosse Reichstäge werden jederzeit mit Erwählung eines Landboten-Marschalls angefangen, welcher aus einer von den dreyen Nationen genommen werden muß. Das erste mahl aus den Landboten von Ober- oder Klein-Pohlen, das andere mahl aus denen von Unter- oder Groß-Pohlen, und das dritte mahl aus dem Litthauischen. Welche Wahl dann ohne vieles Disputiren und Zancken, so offtermahls viele Tage währet, nicht abgehet. Wenn nun der Landboten-Marschall erwählet ist, so lässet der König denselben zum Handkuß und nachgehends auch alle Landboten. Darauf trägt der Cantzler alle diejenigen Puncte im Namen des Königs vor, darüber bey dem Reichstage zu rathschlagen ist. Nachdem dieses geschehen, so kommt der Landboten-Marschall im Namen des Adels, und proponirt auch dem Könige dasjenige, was selbiger von ihm verlanget, welches dahin ausgehet, daß er soll die Excesse, so wider den Staat, oder wider Privat-Personen begangen worden, aufheben, die Königliche Güther, Beneficien und ledige Aemter vergeben, und selbige nach denen Gesetzen austheilen, welche verbieten, einer einigen Person deren zwey, die nicht beysammen seyn, oder stehen können, zu geben. Worauf der Cantzler an statt des Königes antwortet, daß S. Majestät hierinnen Vergnügung geben wolle, nachdem sie der Senatoren Stimm und Meynung werde vernommen haben. Der Marschall von den Landboten hat eine grosse Autorität über sie bey dem Reichstage. Denn er heist sie stillschweigen, und führet das Wort bey dem König und dem Senat. Und gleichwie [182] er durch seine Autorität die Landboten nicht wenig anfrischen und reitzen, oder auch im Zaume halten kan: also hat man nicht zu zweiffeln, daß er in grossem Ansehen stehe, und daß der Hof ihm ein und andere Gnade erweise, damit er dessen Gunst überkomme. Welches dann verursachet, daß die Wahl eines solchen Landboten-Marschalls zu befördern allezeit viele und mancherley Griffe gebraucht werden, und selbige offtermahls mit grossen Schwierigkeiten ihre Endschafft erreichet. Denn auf einer Seite will der Hof einen Marschall haben, der ihm gantz ergeben und bereit sey, alles dasjenige bey dem Reichstage zu thun, was jener verlanget: und auf der andern Seite haben die Landboten, so den Marschall erwählen, ein solch Interesse davon, welches von demjenigen bey Hofe gantz unterschieden ist, und fürchten sie immerzu, sie möchten durch eine Verordnung, die ihren Privilegien zuwider laufft, ihre Freyheit verlieren, oder doch vermindert sehen. Diese unterschiedene Absichten und Interessen machen offtermahls. daß einige von den Landboten, die auf nichts als ihren eignen Nutzen und Vortheil gedencken, um keiner andern Ursache der Wahl desjenigen, den der Hof gern erwählet haben möchte, sich widersetzen, als daß der König sie befriedigen soll, mit Verehrung entweder eines Amts, oder Beneficii, oder eines Königlichen Guths. Es giebt aber nicht alleine Landboten, welche bey Erwählung eines Marschalls ein grosses Wesen und Geschrey machen, sondern auch einige deren, welche den währenden gantzen Reichstag über gleichfalls solches thun, nur damit sie von dem Hofe ein und andere Gnade haben und überkommen mögen. Ja es sind wohl einige unter ihnen, welche mit Gewalt dasjenige, was sie begehren, erzwingen, mit Bedrohung, den Reichstag zu zerreissen, wofern man ihnen nicht geben werde, was sie haben wollen. Solcher gestalt aber kan nicht allein der Hof alles, was er verlanget, mit Gelde erhalten, oder machen, daß ein Reichstag sich zerschlägt, wenn solcher nicht zu dessen Vortheil gereichen und ausschlagen wolte: sondern auch die Benachbarte und Feinde selbst können durch dieses Mittel eben dergleichen Vortheil haben, und ein Loch in den Reichstag machen, wenn sie sehen, daß man solche Resolutiones darauf nehmen will, wodurch ihrem Vorhaben Widerstand und Hinderung gethan würde. Wenn eine Verordnung auf dem Reichstage gemacht werden soll, so müssen die Landboten selbige vortragen, und der König nebst dem Senat solche gut heissen und bestätigen. Ehe sie aber die Krafft eines Gesetzes bekommt, muß sie vorher durch den Landboten-Marschall und zwey Deputirte oder wohl durch 3 Senatores und 6 Landboten wieder durchgesehen und überlesen worden seyn. Wenn dieses also geschehen ist, muß sie in dem Senat in Gegenwart des Königes gelesen werden, und die Cantzler mit lauter Stimme fragen, ob der König, die Senatores und die Landboten wollen, daß man das Siegel darauf drucke? Worauf man nachgehends selbige siegelt, [183] und denen Acten-Registern von Warschau, oder denen von der Cantzley des Königreichs einverleibet. Hiernächst hat einer von des Königs Secretarien die Anstalt zu machen, daß solche Verordnung auf der Republic Kosten, die aus deren Schatz genommen werden, im Druck herauskomme, damit sie denen kleinen Reichs- oder Landtägen, und den Gericht- oder Schüppenstühlen von allen Weywodschafften können zugesandt und communicirct werden. Bey allen Reichstägen wird nicht allein über Sachen gehandelt, so die Republic, sondern auch, welche die Privat-Personen angehen; wie solches damahls geschahe, als man die Streitigkeit erörterte, welche die Johanniter-Ordens- oder Maltheser-Ritter mit dem Fürsten Demetrius Urcznswieski hatten, weil dieser diejenigen Güther besasse, welche von seinem Schwager, dem Hertzog von Ostrog, denen Maltheser-Rittern waren geschencket worden. So erhellet auch solches aus demjenigen Proceß, den der Reichstag ehemahls denenjenigen machte, die den Litthauischen Unter-Feldherrn Gonczeski ermordet hatten, und welche dahin verurtheilet wurden, daß ihnen der Kopff abgeschlagen werden solte. Sonsten ist hier noch beyzufügen, daß bey den Lastern beleidigter Majestät die Pohlen prätendiren, daß ihr König der Beurtheilung des Processes nicht beywohnen, und dabey gegenwärtig seyn soll. Und aus dieser Ursache beklagte sich der Marschall Lubomirski über den König Johann Casimir, der ihn propter Contumaciam, oder wegen Halsstarrigkeit auf dem 1664 zu Warschau gehaltenen Reichstage verurtheilen ließ. Es ist auch dem Adel nicht erlaubt, in solchen Processen, die besagtes Laster betreffen, mit dabey zu seyn. Gleichwohl aber findet man, daß der König Stephan Bathori 1582 auf einem Reichstage zu Warschau die Landboten in den Senat hat hinein kommen lassen, damit dieselbe bey der Verurteilung des Sborowski, welcher der beleidigten Majestät angeklagt worden, gegenwärtig wären: welches dann dieser Printz darum gethan, auf daß der gantze Adel von der Billigkeit des Urtheils Zeuge seyn könnte. Bey einem allgemeinen Reichstage giebt man auch denen Fremden und Ausländern das Indigenat, oder das Recht des Pohlnischen Adels, also daß sie hernach einige kleine Güther von der Republic haben und besitzen mögen. Dieses Recht wird heut zu Tage denen gegeben, welche wohl bey Hofe oder unter dem Schutz eines grossen Herrn stehen: da hingegen ehedem solches nur denen Officiers, zur Belohnung ihrer der Republic geleisteten Dienste angediehe. Welches so gewiß ist, daß auch diejenige, so keine Officiers sind, und dennoch das Indigenat verlangen, aus Vergünstigung des Königes oder des Landboten-Marschalls ihre Namen in die Instructionen von der Armee, das ist, unter die Namen derer Officiers, die um das Recht des Pohlnischen Adels ansuchen, mit beysetzen lassen. Jedweder aber, der solches Recht zu überkommen verlanget, giebt ein Stamm Register, und ein Memorial [184] von seinem Namen, Vornamen, Geschlecht, und seinen geleisteten Diensten, wobey er in die Mitte sein Wapen setzet. Wenn nun diejenige, so um das Indigenat angehalten, selbiges auf einem Reichstage erlanget haben, und ihre Provisiones oder schriftlich darüber ertheilte Urkunden besiegelt worden, so legen jene gegen dem Landboten-Marschall den Eyd der Treue ab, krafft dessen sie schwören, dem Vaterlande und dem Könige getreu zu seyn. Und der Marschall giebt eine schriftliche Attestation, daß die Reichs-Versammlung diesen N. N. zu einem Sohn auf- und angenommen, und derselbe den Eyd der Treue gegen ihm abgeleget habe. Jedoch ist dieses noch zu wissen, daß, obgleich ein Fremder zum Polnischen Edelmann ist gemacht worden, nichts desto weniger der König weder ihm noch seinen Kindern biß in das dritte Glied einige ansehnliche und wichtige Aemter, oder geistliche Beneficien und Pfründen geben und verleihen könne. Denn die Republic hat es deswegen also eingerichtet, damit sie sich der Treue von denjenigen, so die Aemter verwalten, und die Pfründen genüssen, desto besser versichern möchte.