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Zedler:Schachspiel

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Schacht, Puteus

Band: 34 (1742), Spalte: 684–686. (Scan)

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Schachspiel, Schach, Königs-Spiel, Ludus regius, Ludus Schachius, Ludus Sebaccorum, Ludus Scaccorum, Ludus Latrunculorum, Jeu des Echecs, ist eines der edelsten und nachdencklichsten Spiele, so die Persianer erfunden haben sollen, welches fast unter allen Nationen, ja so gar bey den Russen, Jüden und Americanern üblich, und sind unter den Deutschen die Bauren zu Ströpke im Halberstädtischen sonderlich darinnen erfahren.

Von der Beschaffenheit dieses Spiels hat Hertzog August von Braunschweig-Lüneburg unter dem verdeckten Namen Gustavi Seleni ein ganzes Werck geschrieben. Dieses Spiel wird mit gewissen Steinen, die auf dem Schachbrete gegen einander gezogen werden, geführet. Das Schachbret ist ein Viereck, so in vier und sechzig kleine Felder, die wechselweise schwartz und weiß sind, abgetheilet. Die Steine sind gleichfalls, die Helfe schwartz, und die andere weiß, auf jeder Seite sechzehn von unterschiedenen Namen und Gestalt. Dieselben werden auf den zwey hintersten Reihen, gegen einander in Ordnung gestellet, also daß zwischen beyden vier Reihen Felder ledig bleiben. Der König (le Roy) als der Hauptstein, stehet auf der hintersten Reihe in der Mitte, und nimmt ein Felod ein, das von seiner Farbe unterschieden ist, so daß der weisse König auf ein schwartzes und der schwartze auf ein weisses Feld zu stehen kommt. Die Königin (la Dame) nimmt ihren Ort zu nächst an dem König, und hält ihre Farbe. Zu beyden Seiten an dem Könige und der Königin kommen die Läufer, Pfaffen oder Schützen (les Fous) neben diesen die Springer (les Cavaliers) und zuletzt die Rochen oder Elephanten (les Rocs) zu stehen. Die fördere Reihe wird von acht gleichen Steinen, so man die Bauren (les Pions) nennet, eingenommen.

So manche Namen, so mancherley sind auch die Figuren, und so unterschieden ist auch der Gang, den sie auf dem Schachfelde haben. Wenn sie zu beyden Seiten also in Ordnung gestellet, alsdenn fängt man an zu zühen, und fährt also fort, bis das Spiel zu Ende kommt. Im Spielen kommt es hauptsächlich auf diese vier Stücke an, daß man seine Steine fortrücke, beschirme, die gegentheiligen eintreibe, und den König besetze. Wenn ein Stein genommen wird, tritt der, so ihn hebt, an seine Stelle. Der König pflegt nicht zu rucken, er werde denn getrieben, denn es rücke ihm ein feindlicher Stein so nahe, daß er davon kan getroffen werden, und alsdenn wird er gewarnet, welches man Schachbieten heisset, worauf er entweder sich bedecken oder weichen muß. Die Königin wird vor den besten Stein gehalten, weil sie weit und nahe, vor und hinter sich, über zwerch und auf die Seite rücken kan. Im Gedränge hält man die Springer, im raumen Felde [685] aber die Schützen vor die besten. Die Elephanten kommen selten zum Treffen. Wenn ein Bauer sich bis zum äussersten Felde des Gegentheils durchschlägt, erlöset er denjenigen von seinen Steinen, dessen Feld er auf dem feindlichen Boden eingenommen, und wenn er auf seiner Seiten dergleichen nicht verlohren, kan er einen andern wählen. Wenn der König den Anfällen des Gegentheils nicht mehr entweichen kan, wird er Schachmatt, und denn ist das Spiel verlohren, ob gleich noch viel Steine übrig wären: ja wenn der König alle seine Steine verlohren, und allein überblieben wäre, kan das Spiel nicht gewonnen werden, sondern wird aufgehoben. Wiewohl diese Hauptregeln nach dem Unterscheid der Orte zuweilen eine Aenderung leiden. Das gantze Spiel kommt auf die Kunst an, und hat das Glücke dabey nichts zu thun.

Es ist ein uraltes Spiel, und wird dessen Erfindung von einigen bis an den Trojanischen Krieg hinaus gesetzet, und ein Griechischer Befehlshaber Palamedes, zum Urheber angegeben. Andere machen es jünger, und behaupten aus glaubhafften Schreibern der Morgenländischen Geschichte, daß es von einem Indianischen Könige, dem berühmten Persischen Könige Cosroes mitgetheilet worden: wodurch zugleich die Indianer, als Erfinder desselben angesehen werden. Den Griechen, Römern und übrigen Europäern, scheint es bis in das sechste Jahrhundert unbekannt geblieben zu seyn, wiewohl es nunmehr bey allen Völckern gebrauchet, und in grossem Werth gehalten wird. Im gantzen Orient bey den Türcken, Persern, Tsinesern, ist es sehr gemein, wiewohl das, so man bey den letztern davor ansiehet, nicht eben dasselbe seyn soll. Die Indianer haben gar andere Figuren als die Europäer, denen sie auch andere Namen geben, wiewohl sie im Gebrauch mit einander überein kommen.

Die Steine werden gemeiniglich von Holz, Horn oder Bein, und das Schachfeld ingleichen gemacht. Doch hat man dieses auch auf Papier oder in Leinwand gewircket, welche Gattung bey den Türcken und Persern sehr gebräuchlich, indem sie das Schachspiel gerne bey sich tragen, und wo sie zu sitzen kommen, mit einander spielen. Der König Ludwig XIII in Franckreich hat eines gehabt, so wie ein Küssen ausgestopfft, und die Stein in dem Fuß mit Nadeln versehen gewesen, mit welchen sie auf das Küssen gesteckt feste stehen blieben, und man also auch im Wagen oder in der Senffte spielen können. Es haben sich auch solche gefunden, die über diesem Spiele gekünstelt, wie denn Tamerlan seine Scharffsinnigkeit daran geübet, und bald ein rundes, bald ein längliches Schachbrett gebrauchet, bald auch die Fächer desselben bis auf hundert und zehen vermehret, wie er denn auch mit den Steinen gethan, und derselben bis zwölffe unterschiedliche angegeben. Der obgedachte Gustav Selenus hat ein Schachbret erfunden, so in die Länge zwölff, in die Breite aber nur acht Fächlein gehabt. Weichmann ist noch weiter gegangen, und hat ein Schachbret vorgeschlagen, da vier, sechs und bis acht Personen zugleich spielen können. Harsdorffer lehret, wie der Boden eines Zimmers [686] einem Schachfelde gleich belegt, und darauf mit lebendigen Personen gespielet werden könne, dergleichen Don Juan d’Austria würcklich soll angelegt, und sich dessen also bedienet haben.

Von diesem edlen Spiele haben ausführlich geschrieben Gustav Selen, oder Hertzog August zu Braunschweig; der vorgenannte Weichmann in seinem Buche vom Königsspiel. M. Hieron. Vida in seiner Schachia; ein ungenannter in seinem Stein- oder Schachspiel; Rui Lopez vom Schachspiel, und noch ein ungenannter, in einem Buch, betittelt: Divertissemens innocens, ou les regles du jeu des Echecs, der durch viele Exempel zeiget, wie man mit Vortheil zühen, und seinen Gegner angreifen, hinwieder auch dem Angriffe begegnen solle.

Die Römer hatten ebenfalls eine Art vom Schach-Spiel, darzu sie 30 Steine, so diese Soldaten hiessen, nemlich 15 schwartze und so viel weisse, gebrauchten. Wer nun dem andern seine Soldaten, und den Vornehmsten, so Rex hieß, darzu gefangen nehmen konnte, der hatte gewonnen. Wenn man einen Stein fortsetzen konnte, das hieß calculum ciere, ein Stein aber, der eingeschlossen und versetzet war, daß er nicht weiter fort konnte, der hieß calculus incitus, daher die Redens-Art kommt: ad incitas redactus, wenn einer in solchen Zustand versetzt ist, daß er nicht weiß, wo aus oder ein. Senftleb de alea cap. II. Bulenger de ludis vet. cap. 60. Pitiscus l. 325.

Es wird das Schachspiel von denen mehresten Rechtsgelherten unter die erlaubten Spiele gesetzet, weil es mit besonderer Kunst und vielem Nachdencken gespielet werden muß; jedoch, daß es gleichwohl nicht höher, als um die in denen Landes-Gesetzen sonst noch bey andern vergönnten Spielen bestimmte Summe gespielet werde. Clarus in § ludus n. 3 Heigius Lib. II. qu. 10. n. 47.

Wiewohl es auch andere eben daher, weil allzu vieles Nachdencken darzu erfordert wird, mithin ein guter Theil der Zeit, die man unstreitig auf Erlernung bessere Künste und Wissenschafften verwenden könnte, dadurch verderbet wird, schlechterdings verwerffen. Heiguis l. c. Emanuel Soarez in Thesauro Sentent v. Ludus. n. 197. Castiloneus in Libro Aulico, Klock de Contrib. c. 17. n. 226. Carpzov in Pract. Crim qu. 134. n. 31. Besold in Thes. Pract. h. v. und in Contin. eod.