Zedler:Usan-Quei
Usan-Quei, ein Chinesischer General ums Jahr 1668. Er ist wegen seiner Treue merckwürdig, die er der abgesetzten Kayserlichen Familie, Mim genannt, erwiesen. Er war Commendant in einer Festung der Provintz Leaotung, und war der eintzige, der dem Haupt-Rebellen Li die Stirne both. Doch endlich kam es so weit, daß dieser Aufrührer ihn in seiner Festung belagert hielt. Der Vater des Usan.Quei befande sich als ein Gefangener in den Händen des Rebellen, und weil der Rebell wuste, daß die Chineser ihre Eltern und Anverwandten über die massen zärtlich zu lieben pflegen, schwur er, den alten Vater ums Leben zu bringen, daferne sich der Sohn nicht ergeben würde. Es wurde auch der Vater an den Fuß der Mauer von der Festung geführet, und man sagte seinem Sohene, was der Tyrann befohlen habe. Der Sohn aber ließ sich oben auf der Mauer auf die Knie nieder vor seinen untenstehenden Vater und bat ihn inständigst er möchte sich gefallen lassen, daß er seine Schuldigkeit allen andern Betrachtungen vorzöge. "Ich bin, sprach derselbe, meinen Vaterland weit mehr, als meiner eigenen Familie verbunden, kan mich folglich nicht entschliessen, einen Plat zu übergeben, der meiner Treue anvertrauet ist." Mittlerweile schickte er Couriers über Couriers an die Tartarn, welche sich in der Nachbarschafft befanden, und bat dieselben, daß sie zu seinem Beystand erscheinen möchten. Denn hierinnen bestunde, das eintzige Hülfs-Mittel, welches für ihn annoch übrig gewesen. Cum-Te, ein Tartarischer König, war 1635. zur Regierung gekommen, und war in seiner Kindheit heimlich nach China geschickt worden, um daselbst die Sprache und Sitten einer Nation zu erlernen, deren Bezwinger er dereinstens seyn sollte. Dieser ließ keine Zeit verlohren gehen, sondern eylte zum Beystand des eingeschlossenen Generals herbey, und befreyete die Festung von der Belagerung. Ja er that noch mehr. Indem er sich nicht begnügte mit einigen Vortheilen, welche er über den Li erhalten, triebe er ihn bis in das Hertz des Reichs, in welches er zugleich mit eindrunge, indem er seinen Feind verfolgte. Usan-Quei, dem dieser glückliche Succeß der Tartarn über die massen wohl gefiele, hatte es gerne gesehen, wenn sie nunmehro ja ihr eigenes Land wieder zurücke gekehret wären. Allein solches war die Meynung gar nicht. Sie bemachtigten sich vielmehr des gantzen Kayserthums und Usan-Quei, der sie geruffen, [841] sie aber zum Rückweg nicht zwingen, noch ihnen wiederstehen konnte, erkannte sie nunmehro selber für seine Souverains; wogegen er eine Vice-Königs-Stelle von ihnen erhielte. Sein Exempel machte, daß die Tartarn noch viele andere neue Unterthanen bekamen. Im Jahr 1673. gewonn es das Ansehen, als ob sich sehr grose Troublen in dem Chinesischen Reiche ereignen wollten. Usan-Quei lebte dazumahl noch, und war schon lange des Tartarischen Joches überdrüssig: er machte derowegen eine Parthey, brachte Trouppen auf die Beine und ließ sein Haar wachsen, um zu zeigen, daß er der Dienstbarkeit müde wäre. Er bemeisterte sich Anfangs vier Provinzen gegen Westen und brachte den Unter-König, von Fockien dahin, daß er sich mit ihm in seinen Aufstand vereinigte. Bald darauf bekam er auch die gantze Macht des Unter-Königs in Kangtun zu Hülffe, der in dem südlichen Theil von China regierte. Allein das gute Verständniß, das zwischen ihnen war, währte nicht lange. Denn, weil ein jedweder unter ihnen Vorhabens war, sich selbst groß zumachen; so fand der Unter-König in Fockien einen Weg, sich mit Xumhi, dem damahligen Chinesischen Kayser aus der Tartarischen Familie, zu versöhnen, und verließ also die gemeine Sache. Da nun der Unter-König, in Kangtun schwach, oder vielmehr in Furcht war, Land und Leute zuverliehren, lud er die vornehmsten in seinem Bezirck zu einem Mahl ein, und hatte, ohne sich weiter zu erklären, sein Haar abgeschnitten und einen Tartarischen Habit angezogen. Usan-Quei sahe wohl, daß, ob er shon Quansi und Huquang hatte, es dennoch schwer fallen würde, aus diesem Kriege zukommen. Es regierte Usan-Quei mit einer ziemlich unumschränckten Gewalt die Landschafft Yunan, und wurde mit der Zeit, als der allgemeine Beschützer der Grossen angesehen, welche der Tartarischen Regierung müde waren, und sich unter seiner Regierung in Yunan sicher hielten. Da ihn also der Kayser dieserwegen nach Hofe verlangte, um daselbst seine Aufführung zurechtfertigen; so wollte er zwar erscheinen, doch mit einem Gefolge von 80000. Mann. Er erweckte auch kurtz darauf einen gefährlichen Aufstand, ungeachtet einige von seinen Kindern als Geisel seiner Treue bey Hofe in Verwahrung waren. Er machte sich in kurtzer Zeit zum Meister von verschiedenen Landschafften, weswegen sein ältester Sohn auf des Kaysers Befehl enthauptet ward. Usan-Ouei hielt so gar an Kayserlichen Hofe Verständniß mit vielen heimlich mißvergnügten Chinesern, welche einen Anschlag machten, den Kayser zu ermorden, und das Tartarische Joch abzuwerffen: allein die Sache kam aus, und kostete vielen Schuldigen das Leben. Hernach vereinigte sich mit dem Usan-Quei der Fürst von Quamtum, der sich nach seines Vaters Tode der Regierung angemasset hatte. Es wäre kein Zweifel gewesen, daß diese mit vereinigten Kräfften viel Nachtheil den Tartarn würden zugefügt haben: allein da dem Fürst von Quamtum der Usan-Quei nicht genung Ehre erzeigte: so ergab sich der erstere nebst seiner gantzen Landschafft und Armee den Tartarn. Endlich kam es doch so weit, daß der Usan-Quei [842] im Jahr 1679. von den Chinesern gegen die Tartarn zum Kayser ausgeruffen ward. Er bot auch diesen noch einige Zeit behertzt die Stirne. Doch wie sich auf solche Weise alles zu einen Bürgerlichen und innerlichen Krieg anschickte, legte sich Usan-Quei, der shon ein sehr alter Mann gewesen, hin, und starb. Sein Sohn Hum-Hoa wurde an seine Stelle von demjenigen Theile von China für einen Kayser erkannt, welcher sich den Tartarn noch nicht unterworffen hatte. Doch bald darauf wurde auch dieser Theil von China überwältiget, und dieser unglückliche Sohn eines Patriotischen Vaters muste in seiner Haupt-Stadt Yunan eine Belagerung ausstehen, und wie die Stadt im Jahr 1681. an die Tartarn übergieng, ergrief er einen Strick und erhenckte sich selbst. Die Gebeine seines Vaters Usan-Quei wurden ausgegraben, und an verschiedenen Oertern zur Schande öffentlich ausgehangen. Martiniere Historie von Asien p. 286. u. ff. Allgemeine Chronicka im X Bande, p. 338. u. f. im XI Bande, p. 712. u. ff. im XII. Bande, p. 597. u. f.