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Zedler:Ven. Marie von Mailliaco, oder von Mailly

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Marie Manuelis

Band: 19 (1739), Spalte: 1518–1520. (Scan)

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Literatur
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Ven. Marie von Mailliaco, oder von Mailly, eine Wittwe und Jungfrau, wurde 1331 dem 14 April zu Roche St. Quintin, 8 Frantzösische Meilen von Turin gebohren, in der Tauffe Johanne; bey der Confirmation aber Mariä genannt. Ihr Vater war Harduin von Mailly; die Mutter aber Johanne von Mont-Basson, eine Tochter Marie von Droeux. Sie gab bald in der Jugend Kennzeichen einer zukünfftigen Frömmigkeit und freywilligen Armuth von sich, und als sie lesen gelernet, studirte sie stets in geistlichen Büchern, und war auch schon im zwölfften Jahre ihres Alters sehr eifrig im Gebet, bekam eine sonderliche Liebe zum Leiden Christi; und als sie von einer Kranckheit überfallen wurde, davon ihr kein Artzt helffen konnte, wurde sie durch ein dem heiligen Jacob gethanes Gelübde auf einmahl gesund. Nach ihres Vaters Tode nahm sie durch fleißige Anhörung derer Predigten in der Gottesfurcht sehr zu. Als sie sich auf ihres Groß-Vaters Einrathen mit Robert von Silley verheyrathen muste, beredete sie ihn, daß er sammt ihr die Keuschheit bewahrte, und sich des ehlichen Beyschlaffs enthielt. Als hernach die Engeländer ihren Mann gefangen bekamen, machte sie ihn durch ihr Gebet und Casteien frey, und bewieß nachgehends samt ihrem Mann, daß sie die Welt gar [1519] nicht mehr achtete, that auch denen Armen, Waysen und Gefangenen viel Guts. Nach ihres Mannes Tode 1362 muste sie sich bald aus ihrer Wohnung wegbegeben, kehrte darauf wieder zu ihrer Mutter nach Mailly, weigerte sich, wieder zu heyrathen, begab sich nach Tours, wartete denen Priestern auf, und betete vor sie, wenn sie predigen musten, und nicht viel Zeit zum Studiren gehabt hatten, da denn ihr Gebet so kräfftig war, daß sie ihre Predigten ohne Anstoß ablegten. Sie war immer am längsten in der Kirche, und muste von dem Thürschliesser allezeit mit Zancken hinaus getrieben werden; nahm öffters die armen Leute von der Gasse mit sich nach Hause, und speisete sie, heilete auch einsmahls einen Aussätzigen. Endlich legte sie auf der heiligen Mutter GOTTes Befehl den Ordens-Habit Ord. Tertii S. Francisci an, vermachte ihr Schloß S. Qvintin denen Carthäusern, schenckte alles eigene weg, begab sich in eine gemiethete Wohnung, und suchte die Huren zu bekehren. Nach dem ihr Beicht-Vater Johann Hyemis gestorben, begab sie sich unter die Mägde im Spital, und weil man sie von da auch vertrieb, muste sie in denen Kirchen über Nacht bleiben, wurde aber von denen Nonnen zu Beaumont aufgenommen, begab sich aber bald zur Capelle S. Valeriani, nährte sich allda von Betteln unter denen Bauern, und endlich gieng sie zu denen Minoriten. Weil sie nun wegen ihrer Heiligkeit berühmr wurde, so muste sie des Hertzogs von Anjou, Ludewigs, neugebohrnen Sohn aus der Tauffe heben. Sie wuste auch zukünfftige Dinge zuvor, und verkündigte verschiedenes dem König Carl VI. Sie hatte ihre besondere Lust an der Betrachrung des Leidens Christi, und steckte sich allezeit in der Char-Woche einen grossen langen Dorn ins Haupt. Sie laß auch fleißig die Lebens-Beschreibungen derer Heiligen, trieb viele an, daß sie Busse thaten, suchte die Zauberer und Hexen zu bekehren; erhielt vom König, daß er die Gefangenen los ließ, und als die Bedienten noch mit Eröffnung des Gefängnisses verweilten, eröffnete sich solches durch ein Wunderwerck. Zur Zeit des Schismatis ließ sie öffentliche Gebete anordnen. Als sie einsmahls St. Stephans Steinigung innerlich betrachtete, wurde sie unsichtbarer Weise gesteiniget, und als sie auf diese Art 1414 starb, sahe ihr Leib wieder gantz schön und jung aus. Sie wurde ehemahls von einigen B. auch S. genannt, und ist ihr Bildniß in der [1520] Kirche mit einer Crone gezieret. Ihr Leib wurde in grossen Ehren gehalten, ist aber von denen Hugonotten ausgegraben und zerstreuet worden; doch sind davon noch einige Reliqvien errettet, mit grosser Ehrerbietigkeit verwahret und aufbehalten worden. Zu der Canonisation ist gleich nach ihrem Tode Anstalt gemacht, der Proceß, so dazu erfordert wird, schrifftlich aufgesetzet, und ihrem Vetter, Jacob von Bourbon, so die Neapolitanische Königin, Johanne, geheyrathet hatte, zur ferneren Ausführung und Vollziehung übergeben worden. Doch ist nachgehends nichts weiter erfolget. Ihr Gedächtniß begehet man den 28 Mertz.