Zedler:Wüsten
Wüsten, Gr. ἔϱημος, deren fande man im Gelobten Lande zweyerley. Erstlich werden diejenigen Oerter Wüsten genennet, welche wegen des hitzigen Sandes nicht konnten bewohnet werden, Hiob XXXVIII, 26. weil weder Blumen noch Gras daselbst aufkommen können. Dergleichen 1) die Wüsten Simeon gewesen, die mit vielem hitzigen Sande dermassen [1413] angefüllet war, daß es demjenigen ein Schrecken einjagte, welcher solche nur anschauete; 2) die grosse Wüsten, durch welche die Kinder Israel gezogen, Jer. II, 6. Diese Wüsten lag zwischen Egypten und dem Gelobten Lande, war zwar eben so groß nicht, wenn man gerade zugehen wolte. wie solche denn von Alexandern dem Grossen und andern wohl ehe mit gantzen Armeen, ohne grosse Mühseligkeit durchzogen worden: Allein, wie solche die Kinder Israel ehmahls durchwanderten, brachten sie gantzer viertzig Jahr damit zu, dagegen sie aber auch bald auf, bald nieder, bald vor, bald hinter sich zogen, und ist denn die Gegend, durch welche sie gegangen, bis jetzo noch dergestalt öde, daß man weder Kraut noch Graß, weder Baum, noch Busch, und im Gegentheil, nichts als dürren Sand darinnen antrifft, welcher denn ohne seine sonstige Beschwerlichkeit, auch wohl noch ehe durch den Wind also aufgetrieben wird, daßer alles, was er antrifft, überschüttet, und gantze Compagnien der Reisenden lebendig begräbet, wo man anders den Reise-Beschreibungen, die die Dinge gerne grösser machen, als sie sind, glauben darf. Ferner 3) die Wüsten Bersabe, in welche Hagar mit Ismael geflohen, 1 Buch Mos. |XXI, 14. und Elias, als ihm Jesabel nach dem Leben gestanden, 1 B. der Könige XXX, 3.
Hernach wurden auch diese Oerter Wüsten geheissen, da sich nur hin und wieder etliche Leute mit Graß und Laub erhalten konnten. Dergleichen war die Wüsten Ziph, wo sich David aufgehalten, 1 Buch Sam. XXIII, 24; die Wüsten Engeddi C. XXIV, 2; die Wüsten Juda, wo Johannes der Täufer geprediget, Matth. III, 1, oder wie das Land Kedar oder Arabien eine Wüsten heisset, darinnen doch Städte und Dörfer waren, Es. XLII, 11. Joab hatte sein Hauß in der Wüsten, 1 Buch der Könige II, 34, da sie Schaafe hielten, Ezech. XXXIV, 25, Luc. XV, 4.
Im verblümten Verstande wird auch ferner durch das Wort Wüste ein recht elender, kümmerlicher und trübseliger Zustand angedeutet, darinne die Menschen als in einer Wüsten leben. Solche Wüsten ist Elend, Creutz und Trübsal, Jammer, Angst und Noth, da GOtt die Seinigen von ihrem Ueberfluß und guten Tagen abführet, und sis ins Jammerthal leitet, und ihren Wohlstand in einen Creutzstand verwandelt, wie etwann das bedrängte Zion klaget: GOtt habe es zur Wüsten gemachet, daß es täglich trauren müsse. Also drohete GOtt der HErr seinem sündigen Volck, daß er es zur Wüsten und zur Schmach machen wolte unter den Heyden, Ez. V, 14. Eine solche Wüsten ist dem Volcke GOttes gewesen der klägliche Zustand in der Babylonischen Gefängniß; ingleichen der jetzige Zustand der Jüden, da sie müssen unter den Heyden, (wie sie uns Christen nennen) leben, und von einem Volcke zum andern im Elend herumziehen, ehe ihr Meßias sie wieder werde in das Land Israel bringen. Wir sagen, daß GOtt diejenigen, welche er zur Busse locken und reitzen wolte, in eine solche Wüsten führe, da es ihnen kümmerlich und trübselig ergehe, also daß sie die [1414] Welt nicht mehr achtet, noch sie herrlich tractiret, sondern sie in allerhand Creutz und Trübsal leben müssen.