Zedler:Weibs-Person, (versoffene)

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Weibs-Person, (Versprechen einer)

Band: 54 (1747), Spalte: 176. (Scan)

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Weibs-Person, (versoffene). Die Erinnerung, daß man nicht zu wenig trincke, und die Warnung vor überfiüßigen Trincken, sind nach dem gewöhnlichen Lauf, der wenigstens ehrbaren Welt so beschaffen, daß erstere grösten Theils dem weiblichen, letztere aber dem männlichen Geschlechte angehet; weil jenes gemeiniglich zu dem sparsamen, dieses zu dem übermäßigen Trincken geneigt ist. Nichtsdestoweniger kehret sich öffters das Blat um, und wie keine Regel ohne Ausnahme ist, so gehet es auch hiermit; daß man solchergestalt bisweilen Ursache findet, auch dem so sogenannten schönen Geschlechte von dem Nutzen der Nüchternheit, und dem Schaden des Saufens was vorzupredigen. Wenn ein Frauenzimmer die männlichen Tugenden besitzt; gereicht es demselben zu einer weit grössern Ehre, und seltenern Ruhme, als denen Männern; weil man von ihnen, als einem schwachen Werkzeuge, dergleichen nicht gewohnt ist. In Gegentheile wird es denenselben für eine weit größre Schande ausgeleget, wenn sie die denen Männern eigentlich gewöhnliche Laster, worunter die Völlerey eines der vornehmsten ist, mit eben der Geschicklichkeit ausüben; weil es heutiges Tages fast der verkehrte Gebrauch oder neue Mode mit sich bringet, daß man sich von dem Frauenzimmer mehr Ehrbarkeit vermuthet, als von Mannspersonen, und diesen öffters eine Sache, die an sich unanständig ist, nicht übel ausleget, die bey jenen, als ein grosses Verbrechen mit spitzigen Erklärungen aufgenommen wird. Aus diesem Grunde verdencket auch die Welt einem ehrbaren Frauenzimmer gar sehr, wenn sie sich betruncken hat; und man nennet diejenigen, die den Trunck lieben, versoffene Weiber, oder Saufpullen; welcher letzte Nahme diesem Geschlechte fast allein zuzukommen scheinet, und nicht nur bey dem Pöbel, oder niedrigsten Sorte der Menschen stehen bleibet, sondern sich auch unter höhern ausbreitet. Unser Vorsatz ist aber nicht, über dieses Laster des weiblichen Geschlechts moralische Anmerkungen zu machen: sondern wir wollen hier nur aus den Gründen der Artzney-Kunst zeigen, daß das übermäßige und bis zu einem wircklichen Rausche gebrachte Trincken denen Weibes-Personen weit mehr als den Männern schade. Es hat der belesene und gelehrte Herr Hofrath Alberti in Halle eine besondere Disputation de ebrietate foeminarum gehalten; und wird uns hoffentlich niemand verdencken, wenn wir frey bekennen, daß eben diese Disputation uns nicht nur Gelegenheit zu diesem Artickel gegeben, sondern auch zur Ausführung hülfliche Hand geleistet hat. Wie es eine ausgemachte Sache ist, daß aller Rausch wenn es auch ein kleiner ist, der Gesundheit keinen Nutzen bringe; so wollen wir hier zeigen, daß derselbe dem Frauenzimmer viel schädlicher sey. Zuförderst ist bekannt, daß ein Frauenzimmer nicht nur viel geschwinder berauschet werde, als eine Manns-Person; sondern es sind auch bey demselben die Wirckungen des Rausches, vornehmlich an den Kräften des Verstandes weit empfindlicher und gewaltsamer. Sie fangen daher an, ehe man sichs versieht, die lächerlichsten Possen zu machen, Comödien zu spielen, bald wütend im Hause herum zu lauffen, und der Magd ein Bund-Schlüssel an Kopf zu werffen, bald sich äußerlich verliebt zu stellen, und denen etwa gegenwärtigen Personen auf eine ausnehmende Art zu schmeicheln; bald auch sich auf öffentliche Strasse zu begeben, daselbst in unnütze Zänckereyen einzulassen, und bisweilen in ein scharfes Haargefechte zugerathen, daß sie in Begleitung vieler Zuschauer mit entblösten Häuptern und zerkratzten Gesichtern ihre Häuser widersuchen müssen, zu welchen ausserordentlichen Geschichten eine Manns-Person, wenigstens durch einen geringen Rausch, nicht leicht gebracht wird. Man kan die Ursache davon leicht einsehen, wenn man untersuchet, wie ein Rausch entstehet. Kein Getränck wircket einen Rausch, als das geistige Theile bey sich hat, welche das Blut ins Wallen bringen; und kein Rausch ist ohne damit verknüpfte Wallung. Es ist auch nicht nur wahrscheinlich, sondern auch beweislich daß die durch geistige Geträncke verursachte Wallung des Blutes eine Ursache des Rausches sey. Hieraus folget, daß, je leichter das Blut in eine grosse Wallung kan gebracht werden, je leichter und geschwinder man sich berausche. Die Erfahrung aber lehret, daß das Blut bey denjenigen den Wallungen am mehresten unterworffen sey, bey welchen die festen Theile, und folglich auch die Gefässe, keine gehörige Spannung haben, sondern schlapp sind; weil sie alsdenn nicht gnugsame Krafft haben, dem sich aufblähenden Blute zu widerstehen. Daher krieget ein Bauer nicht leicht Wallungen; wohl aber ein vollblütiger Müßiggänger, oder einer, der erstlich von einer schweren Kranckheit genesen, von dem man sehr oft die Klagen höret, daß er nicht einen Tropfen hitziges Geträncke zu sich nehmen dürfe, oder er bekäme gleich Wallungen und flügende Hitze. Hieraus schliessen wir weiter: daß, je weicher, schlapper und schwächer, die festen Theile eines Menschen sind; je leichter, geschwinder und stärcker er sich berausche, weil eine desto grössere Wallung bey ihm gewircket wird. Da nun der Augenschein lehret, daß Frauens Personen mehrentheils weichere, zärtere und schwächere Theile haben, als Mannsleute: so erhellet die Ursache aus obigen, durch die Erfahrung bekräfftigten Satze, von selbsten. Und hierzu kommen bey einigen noch zwo Nebenursachen; nemlich: 1)Die Ungewohnheit zu trincken, von welcher mehr als zu bekannt ist, was sie für Krafft habe, einen Rausch zu befördern; 2) Die Schwatzhaftigkeit, an welcher sie den Männern weit überlegen zu seyn pflegen; denn diese vermehret die Wallung des Blutes, und daher findet man, daß auch Männer, die beym Truncke viel reden, sich eher berauschen. Hiernächst lehret die Erfahrung, daß Frauens-Personen den einmahl gefasten Rausch länger behalten, und nicht so leicht ausschlaffen, als Mannsleute. Was heist einen Rausch ausschlaffen, und wie verliehrt sich derselbe? Ein Rausch läst nach, wenn die Wallung aufhört; diese hört auf, wenn die ins Blut gebrachten geistigen Theile, als die Ursache derselben weggeschafft werden. Im Schlafe dunstet und schwitzet der Mensch mehr, als wenn er wachet, welches die berühmtesten Männer durch die gründlichsten Versuche bekräftiget und bewiesen haben, daß die Ausdünstung im Schlafe doppelt so starck geschehe, als bey Wachenden. Durch die Ausdünstung müssen eigentlich die in unserm Blute vorhandene geistige, und andere Unreinigkeiten weggebracht werden; und da dieses im Schlafe stärcker geschiehet, erhellet die Ursache, warum der Schlaf einen Rausch hebe, und warum diejenigen, die leicht schwitzen, am ersten ihren Rausch ausschlaffen. Es folget aber hieraus weiter, daß diejenigen den Rausch länger behalten, die zur genugsamen Ausdünstung und Schwitzen nicht geneigt sind. Wenn wir nun dieses von dem Frauenzimmer beweisen, so ist die Ursache obigen Satzes abermahls klar. Unter der auswendigen Haut, in deren äusserster Oberfläche sich die schwammichten Schweiß-Löcher, oder Ausdünstungs-Röhren öfnen, lieget um den gantzen Cörper eine dünne, zarte, und mit Fächern begabte Haut, welche das Fett in sich hält, und von denen Alten panniculus adiposus, genennet wird. Je mehr Fett darinn ist, je mehr werden die Ausdünstungs-Röhren davon gleichsam zusammengedrückt, und je schwächer geschiehet also die Ausdünstung selbst. Daher kommts, daß fette Leute mehrentheils eine schwache Ausdünstung haben, und deswegen ihren Rausch nicht so leicht ausschlaffen, als magere und hagere Personen. Beym Frauenzimmer ist oberwähnter panniculus adiposus, nach dem Zeugnisse der Erfahrung, insgemein stärcker, dicker, und angefüllter, als bey Mannsleuten. Daher haben sie eine sparsamere Ausdünstung, und schlaffen folglich ihren Rausch nicht so geschwinde aus. Je stärcker die Wallung des Bluts unter dem Rausche ist, und je länger sie anhält; je mehr Schade für die Gesundheit ist daher zu befürchten: und da sich dieses beym weiblichen Geschlechte also verhält; so wird von selbst daraus folgen, daß die Völlerey ihnen mehr schade. Daher bekommen sie auch die denen Männern gewöhnliche Kranckheiten desto leichter; die Kräffte des Gemüths und Verstandes werden viel eher geschwächt, und die Kennzeichen kommen am Gesichte viel eher zum Vorscheine. Denn die Augen werden gläsern, triefend und fuchsroth; die Nase schwillt an und wird mit verschiedenen Nebennäsgen von allerhand Farben gezieret; das Gesicht mit Rubinen bekleidet, und die lebhaffte Farbe desselben in eine kupferne verwandelt; und weil es alsdenn einen Glantz von sich giebet, welcher ungefähr dem Scheine derer an sich dunckeln, von der Sonne aber erleuchteten Planeten gleich kömmt; so pfleget man im Sprüch-Worte zu sagen, daß einer solchen Person der Brandtewein- Wein- oder Bier-Planete aus dem Gesichte herausleuchte. Mit einem Worte: alle Kranckheiten, die den Männern von vielem Saufen begegnen können, stellen sich bey den Frauens-Personen geschwinder und stärcker ein; ja sie unterwerffen sich dadurch solchen Zufällen, davon sie sonst, vermöge ihres Geschlechts, befreyet seyn sollten, als z. E. dem leidigen Podagra; daher Seneca nachdrücklich saget: Quia foeminam exuunt, damnatae, sunt morbis virilibus; weil sie die weibliche Natur gleichsam ablegen, kan es nicht anders seyn, sie müssen sich auch männlichen Kranckheiten unterwerffen. Alles dieses ist noch nicht genug, die schädlichen Vortheile, welche das Frauenzimmer vor den Manns-Personen vom vielen Saufen erhält, zu beweisen; es giebet deren noch mehr, die sie für sich allein behalten. Das Vornehmste ist, daß sie sich dadurch ihre monatliche Reinigung in die gröste Unordnung bringen. Wie viel aber an derselben gehörigen Abgange zur Erhaltung der Gesundheit liege, ist so bekannt, daß es unnöthig wäre, Worte davon zu machen. Die schädlichen Wirckungen des Saufens in diesem Falle äussern sich nach Verschiedenheit des Temperaments, und der Art des Getränckes auf unterschiedene Art: Hitzige, vollblütige Personen, die starcke Weine in Ueberflusse geniessen, erhitzen sich ihr Blut dermassen damit, daß es nicht nur zu gewöhnlichen, sondern auch andern Zeiten in gar übermäßiger Menge wegschiesset, Ohnmachten nach sich ziehet, und kaum kan gestillet werden, und dieses erfolget so wohl in dem gewöhnlichen Orte der Reinigung, als auch an andern. Daher unter andern gefährliches Blutbrechen und Blutspeyen entstehet. Wenn dieses anhält, setzen sich in der Mutter Stockungen des Bluts an; aus diesen erfolgen nach und nach Verhärtungen, und krebshaffte Schäden, welche nicht nur das Leben durch den unerträglichen Gestanck sehr sauer machen, sondern auch endlich unter grausamen Schmertzen und erbärmlichen Zufällen den Tod herzuziehen. Andre, die eine phlegmatische und träge Beschaffenheit des Leibes besitzen, und dicke schwere Biere in übermäßiger Menge zu sich nehmen, oder die Nase zu oft und zu tief in das Brandtwein-Fläschgen stecken, ziehen sich dadurch eine Verschleimung und Verdickung des Bluts auf den Hals; vermöge deren es ungeschickt wird, zu denen gewöhnlichen Zeiten abgeführet zu werden. Daher erfolgen Verhaltungen der monatlichen Blume. Das übrige Blut häufet sich in denen erschlappten Theilen des Unterleibes an, bringet Verhärtungen der Miltz und Leber hervor; und diese brechen die Bahne zu Wassersuchten und andern unheilbaren Krankheiten. Auf diese Art erfolget ferner aus vielem Saufen beym weiblichen Geschlechte die Unfruchtbarkeit. Denn es ist in der Artzney-Kunst was ausgemachtes, und durch unzählige Erfahrungen bekräftigtes, daß die Weiber unfruchtbar sind, bey welchen oft erwehnte Reinigung unordentlich, und entweder zu häufig oder zu sparsam, oder gar nicht abgehet; und daß also das Vermögen, Kinder zu zeugen, mit solchem monatlichen Zolle so genau verbunden ist, daß keines ohne das andre geschehen kan. Wenn auch dergleichen Personen schwanger werden; so gehet entweder die Frucht unzeitig unter den gefährlichsten Blutstürtzungen weg; oder das zur Welt gebrachte Kind ist klein, schwächlich, kränklich, unvollkommen, blödes Verstandes, und hat den Saufgeist, als was angebohrnes, bey sich; daher man bisweilen das Sprüchwort höret: Mir ist das Saufen angebohren, mein Vater und Mutter haben sich zu tode gesoffen. Die Natur hat der menschlichen Fruchtbarkeit beym weiblichen Geschlechte in unsern Ländern die gewöhnlichen Grentzen ungefähr bis zum neun und vierzigsten Jahre gesetzt; bisweilen werden diese Grentzen erweitert, und man findet Exempel, daß Weiber auch nachdem funftzigsten Jahre gebohren. Oefters aber höret dieses Vermögen frühzeitiger, und bisweilen nach dem dreysigsten Jahre gäntzlich auf; wozu, wie erwähnt, ein unordentlicher Abgang, oder gar eine Wegbleibung des davor monatlich zu entrichten Zolles, vieles beyträget. Wenn aber die Fruchtbarkeit, nebst der monatlichen Reinigung zu frühzeitig wegbleibet, gleichwohl ein hitziges, verliebtes, und blutreiches Naturell zurückbleibet, durch eine gute Küche, wollüstige Lebensart, und übermäßiges Geträncke unterhalten wird: so gehet doch der Zufluß des wallenden Blutes noch immer zu denen Geburts-Theilen, und wenn es keinen Ausgang findet; entstehet daher die wahre rechte Mutterbeschwerung, wie auch der so genannte Mutterfräyß, welches die Aertzte das Mutterwüthen, oder Epilepsie der Mutter nennen. Hieraus wird nun vermuthlich begreiflich genug seyn, wie und warum das übermäßige Trincken beym weiblichen Geschlechte mehrern und grössern Schaden thue, als bey dem männlichen: Ja es erstrecket sich derselbe noch weiter, wenn sie dabey Kinder säugen, indem alsdenn das unschuldige Kind die Fehler der lasterhafften Mutter auf eine empfindliche Art büssen muß: Immittelst da so wohl das gar zu wenige, als auch das gar zu viele Trincken der Gesundheit schädlich ist; so wird dadurch bekräftiget, daß die Mittel-Strasse die beste sey.