Zedler:Weiden-Rosen

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Weiden-Schwämme

Band: 54 (1747), Spalte: 246–257. (Scan)

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Weiden-Rosen. Daß Bäume und Pflantzen gar offte an Stängeln, Blättern, Blüten und Früchten monströs wachsen, und so wohl an der Anzahl, als Gestalt, von ihrer ordentlichen Art und Eigenschafft abweichen, solches ist eine gar gewöhnliche Sache, und in der täglichen Beobachtung der Gärtner und Landleute bekannter, als in der Erfahrung und Erkundigung der Gelehrten. Jede Pflantze hat zwar ihr würckendes und bauendes Wesen, so man mit dem Aristoteles in gehöriger Bestimmung mit recht eine Seele, ja, in klugen Verstande, eine vernünfftige oder verständige Seele nennen kan, als die aus einer von GOtt ertheilten, anhabenden, beständigen und wesentlichen Eigenschafft, nach ihrer besondern Eindrückung und Idee vermögend ist, in gehöriger Mutter, einen grossen besondern und künstlichen Bau auszuführen, die Materie hierzu aus einerley und für gantz verschiedene Pflantzen geschicktes und überhaupt gleiches Erdreich, Wasser und Lufft, auszulesen, und in benöthigter Anzahl zu sammlen, solche gantz ordentlich auszutheilen, fest an einander zu setzen, und in eine, sowohl nach Art, als Theilen verschiedene Bildung zu bringen, die innerlichen Theile, insonderheit zu ihrer Erhaltung verschiedentlich, doch ordentlich zusetzen, in diesem Baue, bis zu einer gewissen Zeit, fortzufahren, und von dessen Erweiterung, auch bey dem größten Vorrathe der Nahrung und gnungsamer Beyhülffe der hülffreichen Ursachen, abzustehen, die vorfallenden Verletzungen, auch wider die Forme des ordentlichen Baues, doch zu hinlänglicher Erhaltung, zu verbessern, das Aufschütten in die Höhe, entweder mit einem gnungsamen Grunde zu unterstützen, oder bey dessen Ermangelung, nach einer nächst gelegenen Stütze zu greiffen, und sich alsbald feste an selbige zu halten, nach dem äusserlichen Anfalle der Empfindungsmachenden Dinge sich verschiedentlich und empfindlich zu richten, und bey der Wärme sich munter, bey Kühle und Kälte aber sich eingezogen und und verdeckt zu halten, die Frenheit zu suchen, und überhaupt ihre in sich habende Wachsthumsfähigkeit mit einer gar besondern Krafft und verwunderungswürdigen Gewalt zu behaupten, in der Fortpflantzung sich vernünfftig nach ihrer eigenen Erhaltung zurichten, in Summa, alles nach einer gar besonderen, und von den allgemeinen Bewegungen gantz abgehenden Ordnung, Grade, Beständigkeit, Nachlassung und dergleichen anzustellen. Dieses alles sind Thaten und Ausführungen eines würckenden Wesens, die so gewiß eine vernünfftige Regierung anzeigen, als überhaupt bey den Thieren, ohngeachtet sie bey den letztern von noch mehrern und vortrefflichern, nach Göttlicher Bestimmung vergesellschafftet werden. Bey beyden fallen auch Miß- und unzeitige Geburten vor, und zu den erstern rechnen wir billig auch die so genannten Weiden-Rosen, wann nemlich ein jeder Ast und Zweig, ja ein jedes, sonderlich holtziches Theil desselben, bis an seinen Knoten für ein Kind des Stammes, wie billig, angesehen werden soll. Es haben von diesem Gewächse die Gelehrten, insonderheit die Herren Curiosi, in den Miscellan. hin und wieder, beysammen aber der curiöse Schlesische Theologe in Massel, im Fürstenthum Oels, Herr Leonhard David Herrmann, in seiner Maslograph. P. II. c. 12. p. 232. u. ff. verschiedene Beobachtungen und Gedancken aufgeführet; Auf welche Weise auch Christian Lehmann im Historischen Schauplatze des Meißn. Ober-Ertzt-Gebürges, p. 482. folgendes erzehlet: "Landkündig ist es, daß im Jahre 1693 bey Altenburg allerhand grosse und kleine Rosen auf den Weiden gewachsen, die zwar grün an der Farbe, dennoch den unaufgeblüheten Rosen sehr gleich gewesen, etc. Die Blätter waren in- und auswändig weißwollicht und oben gezänckt, als die bunden Mohnblättlein, doch bräunlicht." Die beygesetzte Figur aber ist Zweiffels ohne eine Blume aus dem Phantasiegarten des Mahlers oder Kupfferstechers, als welche die Blätter in gewisse Ordnungen getheilet, und jeder Reihe fünff Blätter, auch den Blättern eine nelckenförmige Gestalt zugeeignet, Krafft deren man sie mehr für Weiden Nelcken als Rosen ansehen solte. Da nun die Breßlauer zu Anfange des Monats Junii 1719 ein gleichmäßiges Gewächse von solchen Rosen aus einer zwey Meilen von Breßlau, an der Oder liegenden Gegend, Sandberg genannt, an einer und der andern Strauchweide wahrgenommen, so haben sie diese ihre Beobachtung, ihren Naturgeschichten, Vers. VIII. p. 715. einrücken lassen. Es saß nemlich auf der Spitze des Aastleins, und auf deren nicht wenigen, ein schwärtzlicher dürrer Busch, so einer aufgeblüheten Rose oder vollen Ranuncul, der Völligkeit nach, nicht ungleich sahen, in unterschiedener Grösse, und von verschiedener Menge der Blätter; die Blätter aber waren nicht platt auf einander geleget, wie in benannten Blumen, sondern unordentlicher und etwas verdrehet, doch dieses letztere ohne Zweiffel meist von Dürre werden und Einschrumpffen; sonst hatten sie die Gestalt der andern Weiden-Blätter, nur, daß sie kleiner und kleiner waren; von der Farbe aber, die an gegenwärtigen, wegen des Verdorrens nur schwartzbraun war, sind die Breßlauer berichtet worden, daß sie den übrigen Weiden Blättern gleich sey. Das Stänglein war der ordentliche Vorstoß des Aestleins, und gantz holzich, mit bis an die Blume ordentlich befindlichen Knoten oder Blättlein; den Kelch bildeten drey, vier, bis fünff breite und kurtze ordentliche Weiden-Blätter, über denen hart an, die übrigen dichte, wie in einer Rose, mit Hauffen saßen, und immer kleiner wurden, bis sich in der Mitte die kleinesten subtilspitzig zeigeten, und die Antheram oder Stamina vorstelleten, fast wie an der Stöbe. Diese sämtlichen Blättlein selbst aber hatten Fasern, und die übrige Gestalt, wie die Ast-Blätter, und waren auch auf der umgewannten Seite rauch, doch nicht so sehr, als die grossen Ast-Blätter, sonst an der übrigen Gestalt diesen gantz gleich. Von diesen Rosen ist in der That, nach unsrem Begriffe, nichts anders zu glauben, als daß sie entweder für verhaltene Stängel, oder überflüßige Spitzen des ordentlichen Weidentriebes anzusehen seyn, ohne sie in die Achtung eines wahren Blumbaues zu ziehen, als den sie mit keinem andern Stücke, als mit den hauffenweise am Ende beysammen stehenden wahren Weiden-Blättern vorzustellen scheinen, ohne alle sonst wahre Eigenschafft einer Blume, als deren Blätter an Farbe und Gestalt von den Zweig- und Stiel-Blättern unterschieden seyn müssen, zu geschweigen des besondern Baues der andern Theile einer Blume, dergleichen hier gar nicht anzutreffen. Daß man also zu schliessen berechtiget ist, die Natur habe hier mit nichten eine wahre Blume, sondern blos eine grosse Menge von Blättern aus besonderer Veranlassung des Safft- und Blättertriebes zusammen setzen wollen, worzu sie entweder von Ueberfluß des Safftes, oder von einer Verhinderung des eigentlichen Stängeltriebes gebracht worden; so wie ebenfalls die so genannten Hunger-Rosen, bey gedachtem Lehmann am angeführten Orte, so einst um Meissen auf den Weiden, wie ein gehobelter Span auf einem langen Stiele sollen gewachsen seyn, und theure Zeit nach sich gezogen haben; wiewohl zu dieserley Mißgeburt unter andern auch das Ungeziefer etwas mag beygetragen haben. Inzwischen können die Weiden-Rosen, wie vielleicht andere dergleichen Gewächse mehr, Früchte eines warmen Herbstes seyn, der mehr zu Treibung zarter und geschwinder wachsender Blätter, als harter und langsamer Asttriebe, fähig gewesen. Ob inzwischen die Menge solcherley Weiden-Rosen einige Vorbedeutung auf erfolgendes allgemeines Glück oder Unglück gebe, solches überlassen wir eines jeden Entscheidung. Die hierüber vorgefallene Streitigkeit zwischen obbenannten Masselischen Theologen, und dem Verfasser der Observat. miscellan. oder vermischten Gedancken, wollen wir, wegen ihrer Wichtigkeit, aus den Breßlauer Naturgeschichten, Vers. VIII. p. 752 hier mit anführen. Sie ist Briefmäßig abgefasset, und lautet von Wort zu Wort also; "Es ist bekannt, schreibet obgedachter Theolog, L. D. Herrmann, daß ich in meiner Maslographie, Part. II. c. 12 p. 232 bis 234 von denen zu einiger Zeit häuffig geblüheten, und insgemein für ominös gehaltenen grünen Weiden-Rosen eines und das andere angeführet, auch da mir von den Herrn Naturae Curiosis, so wohl in Ansehung des Nahmens, als der Vorbedeutung, Zweiffel gemacht worden, nach Vermögen, als ein Selbsterfahrner, jedoch durch deren eigene Beyhülffe, behauptet, daß ich ferner kein Bedencken getragen, solches mit an das Licht gehen zu lassen. Weil aber eben zu einer Zeit, im Jahre 1712 da die Maslographie nicht zu Breßlau, sondern zu Brieg, durch den Druck bekannt gemacht wurde, der Herr Verfasser der Observationum miscellanearum, oder der vermischten Gedancken, Part. VIII. No. VI. p. 665 Belieben getragen, meine Gedancken seinem Urtheile zu unterwerffen, auch mein Kupfferblatt von den Weiden-Rosen und Wunder- Aehren vorzusetzen. Ich aber befunden, daß er meinen Sinn nicht gefasset, sondern mir etwas aufgebürdet hat, welches meiner Meynung gantz zuwider, und aus der Maslographie ein unpartheyischer Leser selbst gar anders finden wird; So habe ich damahls solches eben nicht sonderlich geachtet, darauf zu antworten, oder den Leser besser zu unterrichten. Jedoch mir vorbehalten, zu seiner Zeit, wenn ich zehen Jahr lang die so genannten Weiden-Rosen werde besser und genauer beobachtet haben, mit diesen Beobachtungen zugleich zu erinnern. Und das geschicht in diesem Briefe, jedoch mit geziemenster Bescheidenheit, und bitte, der Herr Verfasser der Observat. miscellan. für welchen und seine gelehrte Arbeit ich sonst alle Hochachtung habe, und der Zweiffels ohne auch noch leben wird, wolle meine unmaßgeblichen Gedancken gleichfalls mit unpassionirtem Gemüthe annehmen, und erkennen, daß ich nichts, als was die Wahrheit ist, anmercken und erinnern werde. Weil aber diese gelehrte Arbeit der Vermischten Gedancken nicht in jedermanns Händen seyn dürffte, als habe ich die sechste Numer von Wort zu Wort mit beygesetzet: Nun spricht der Herr Verfasser obbelobter Observat. miscellan. Ich wäre mit denenjenigen nicht zu frieden, die unsre in Kupffer gestochenen Rosen für Auswachsungen der Blätter, und also für nichts besonders halten wollen, sondern suche, etc. zu erweisen, daß sie nicht nur wahre Rosen, sondern auch etwas besonders wären. Worinne aber meine Unzufriedenheit bestehen solle, das weiß ich nicht. Denn einmahl ärgere ich mich gar nicht, daß meine Gedancken dem gewöhnlichen Urtheil: Laudatur ab his, culpatur ab illis, unterworffen worden. Es ist der Welt Lauff also, wenn einer will Häuser auf die Gasse bauen, und Bücher in Welt schreiben. Hätte ich das gescheuet, würde ich seyn zu Hausse geblieben, so aber habe ich beydes, auch des Herrn Sammlers Urtheil, mir ohne alle Leidenschafft gefallen lassen. Hernach, was ich von den Weiden-Rosen geschrieben, sind ja nicht so wohl meine, als anderer Gedancken. Ich würde auch nicht vermögend seyn, weil es den Bezirck meines Studiens überschreitet, etwas vernünfftiges davon zu behaupten, viel weniger andern aufzudringen oder übel zu deuten, daß man meiner Meynung nicht wolte Beyfall geben. Sondern ich erzehle erstlich, was so wohl in Ansehung des Nahmens, als der Vorbedeutung, von den Weiden-Rosen gehalten werde; hernach beruffe mich auf das Gutachten vornehmer und curiöser Leute, die mich ihrer Correspondentz, Besuchs, Raths und That, mit vielen Nutzen gewürdiget, als in Breßlau: Inspector Neumann, D. Roltschmidt, D. Mayer, Rector Krantz, und Rector Stieff; in Liegnitz: D. Volckmann; in Leipzig: D. Wolff, D. Rivin, und D. Lehmann etc. Und was diesen hocherfahrnen Männern für sich zu glauben, als anderer curiöser Leute Urtheile aus beygesetzten Beobachtungen anzuführen, beliebet, das habe ich mir vollkommen gefallen lassen. Auch da ich an meinen Vetter D. Mayern, Naturae Curiosum, die Weiden-Rosen in einem Hochzeitcarmen vorstellete, geschahe es mit Bitte, solche in seine gelehrte Beobachtung zu nehmen, und mir, was davon zu halten sey, Nachricht zu ertheilen. Ich sage demnach mit wenigem so viel: 1) Ist es aus meiner Maslographie, p. 236 gar nicht zu erweisen, daß ich mit denen nicht zu frieden seyn solte, die meiner Meynung nicht wolten Glauben geben. Denn es giebet solches die Beschaffenheit des Streites, p. 232 weil ich selbst mit andern noch anstehe, ob die Weiden-Rosen also recht genennet? Ob sie was besonders, oder gemeines seyn? Und ob sie in Wahrheit etwas vorbedeuten sollen? Wie kan ich apodictisch, oder auch apologetisch von einer Sache schreiben, daran ich selbst noch zweiffele? 2) Daß ich sie solle für wahre Rosen halten, stimmet weder mit dem vorhergehendem, noch nachfolgendem überein: weil ich p. 236 nur gleichnißweise davon rede, und sie, um ihrer rosenförmigen Gestalt und Aehnlichkeit willen, nur den Rosen vergleiche. 3) Läugne ich ja nicht, daß sie blätterichte Auswachsungen seyn: Denn was wären sie sonst? Uno ich stimme hierinne den curiösen Beobachtern bey, die selbst diese Rosen zwar nicht für gemeine, sondern für eine besondere Gattung der Auswachsungen halten, die nicht jährlich, sondern selten jemahls häuffig blühen. 4) Nehme ich es gar nicht übel, daß sie in Ansehung der Vorbedeutung, weder á priori, noch á posteriori etwas bedeuten sollen. Denn so viel ich in meiner Theologie durch die Gnade GOttes geübet worden, bin ich, wegen der Wunderwercke, des Herrn Verfassers gäntzlicher Meynung, p. 667. Massen mit der Apostelzeit die ausserordentliche Gabe, Wunder zu thun, und durch natürliche Dinge, was künfftig ist, zu erforschen, gäntzlich aufgehöret hat. Man kan aber nicht läugnen, daß nicht zuweilen Dinge geschehen solten, die á priori, aus natürlichen Ursachen nicht zu erweisen sind, doch aber á posteriori geschehen; oder ein und das andere mahl eingetroffen sind. Müssen es doch eben nicht allemahl eigentliche Wunder oder Wunderwercke seyn, so sind es doch wunderbare Dinge, die als ein Wunder vor unsern Augen angesehen werden. 5) Da der Herr Verfasser spricht: Wie kan man doch Vorbedeutungen nehmen von Begebenheiten, die ihre natürliche Ursache haben? Wundere ich mich sehr, solches zu behaupten, weil doch die Physic, Astrologie, und tägliche Erfahrung gar was anders lehret, und in Wahrheit Cometen, Sonn- und Mondenfinsternisse, auch andere Erscheinungen, alle aus natürlichen Ursachen entstehen, aber ohne Vor- und alle Bedeutung nicht schlechterdings verworffen werden. Natürliche Ursachen kan man wohl leichter geben, aber desto schwerer moralische vorbedeutende. Es ist kein Zweiffel, die Weiden-Rosen haben ihre natürliche Ursachen, woher sie entstehen, und ist es wahrscheinlich gnug, was p. 236 in der Maslographie von andern geurtheilet wird. Aber, daß sie mit ihrem häuffigen Aufblühen den Kirch- und Landfrieden oder sonst etwas gutes bedeuten und bringen sollen, wird niemand leichte eine moralische Ursache anzuführen, sich unterstehen. Was ich aber á posteriori muthmasse, das ist auch etliche mahl geschehen. Im Jahre 1647 nach dem langwierigen dreyßigjährigen Kriege, ist auf dieses häuffige Rosen blühen im Jahre 1648 der längstgewünschte Friede erfolget, und ein Chronosticon gemacht worden, welches Sinapius Olsnagr. P. II. p. 542 angeführet, und in der Maslographie, P. II. c. 12. p. 242 zu lesen. Im Jahre 1698 als der glorwürdigste Kayser Leopold mit dem Türckm zu Carlowitz Frieden machte, wurde geschrieben, daß die Weiden-Rosen sehr geblühet hätten. Im Jahre 1707 habe ich und viel andere die ersten in grosser Menge blühen sehen. Dazu mir ein alter achtzigjähricher Korbmacher Anlaß gab, und betheurete, er hätte so viel lange Jahre dergleichen nicht gesehen, gedächte aber an seine alten Eltern, die davon geredet, daß, wenn die Weiden häuffig Rosen trügen, bedeuteten sie was gutes, ich solte Achtung geben. Darauf ich eine unzählbare Menge abgebrochen, und in viele vornehme Hände geliefert, unter denen der seel. Herr Inspector Neumann sich höchlich darüber verwundern müssen, schreibende: Er hätte sein Lebetage davon weder was gesehen, noch gehöret, und wünschte, daß des alten Mannes Prophezeyung möchte erfüllet werden. Da aber in einem Monate hernach durch GOttes und des Kaysers Gnade der Kirchenfriede in Schlesien verneuret wurde, besuchte ich diesen beliebten Mann, und mußte er gestehen, daß á posteriori das geschehen, und es ein Wunder vor unsern Augen wäre. Im Jahre 1708 blüheten sie wieder etwas reichlich, sonderlich auch um Breßlau, Brieg und Liegnitz, darauf doch auch wieder etwas folgete, da nemlich aus allerhöchster Kayserlicher Hulde, noch sechs Gnadenkirchen verordnet worden. Das heisse ich nun á posteriori geschehen; doch mag ich es nicht behaupten, daß es allemahl und nothwendig geschehen müsse. Weil es aber etliche mahl geschehen ist und eingetroffen hat, so lässet man es, als eine bewunderungswürdige Suche gelten. Eben wie das damahls geschehene Schlesische Kindergebet, davon viele Schrifften ans Licht gekommen, und welches einige gelten liessen, andere verwarffen, einige gut, andere aber übel davon urtheilten. Es mag dieser Kinder Gebet eine gute oder böse Vorbedeutung gewesen seyn: Es mag nach der gemeinen Rede heissen: Sie beteten um die Kirchen und Kirchenfreyheit, oder es bedeutete Pest und ansteckende Seuche, wie man es deuten will; á posteriori ist beydes geschehen. Die Wiederhergebung der Kirchen ist im Jahre 1708 erfolget, und im Jahre 1710 wurde Schlesien mit der Pest heimgesuchet. Anderer Exempel zu geschweigen. Es siehet der Herr Verfasser Observat. miscellan. aus diesen Umständen, daß er weder meine Maslographie gnugsam angesehen, noch meinen Sinn daraus muß gefasset haben: weil er mir eine gantz andere Meynung von den Weiden-Rosen andichtet, als ich davon habe, und nach den Worten meiner Maslographie kan geurtheilet werden. Ich aber, so lange niemand, in Ansehung des Nahmens und der Vorbedeutung, was gründlichers vorbringet, bleibe bey meiner und anderer curiösen Leute Meynung. 1) Daß die so genannten Weiden-Rosen, nicht wahre Rosen, sondern rosenähnliche Figuren seyn. 2) Daß sie nicht Mißgeburthen, auch nicht gemeine, sondern eine gar besondere Gattung blättrichter Auswachsungen sind. 3) Daß sie nicht jährlich, sondern selten jemahls blühen und sich zeigen. Ich will andern nicht zuwider seyn, die ein jährliches Wachsthum glauben, nur daß niemand darauf acht hätte, und der Herr Verfasser Observ. miscell. selbst ein Exempel anführet, daß sie im Jahre 1694 um Altenburg sehr häuffig geblühet und nichts bedeutet hätten; sondern, weil ich mich verbunden, in zehen Jahren, als ein Selbsterfahrner oder Selbstzeuge, weiter von den Rosen Nachricht zu geben, rede ich allein von meiner selbst eigenen jährlichen Besichtigung und Beobachtung, die mich nicht trügen kan, wie andere, welche nur von Hörensagen haben, und mit fremden Augen etwas ansehen. Denn ich kan mit GOtt und bey meinen Ehren betheuren, daß ich vom Jahre 1707. 1708. 1709 bis 1720 nicht eine einige Rose mehr an denen Orten, wo ich sie in den erst benannten drey Jahren gefunden, ansichtig worden, ungeachtet ich für meine Person, also auch durch bestellte Leute auf wohl fünff Herrschafftlichen grossen Wiesen jährlich genaue Achtung geben lassen. 4) Habe ich einige Jahre von diesen beobachtet, die gewiß sehr geschickt gewesen, Rosen hervor zu bringen, massen sie anfangs sehr dürre und trocken, der Herbst aber sehr naß gewesen, und doch hat sich auf den Aestaen, von den zurückgebliebenen Blättern keine Rose ansetzen wollen. Auch ist es fast unmöglich, daß diese Saalweiden, die mitten im Sumpffe stehen, und es ihnen an Wasser und Feuchtigkeit nicht ermangeln kan, einige Rosen bringen solten: Denn, weil nach vieler Meynung die Rosen erst aus Ursache der Trockenheit, und hernach aus Ueberfluß der Feuchtigkeit erzeuget werden sollen, weiß ich nicht, wie beydes zusammen zu reimen ist. A posteriori aber geschiehet es, wie ich denn selbst zu Krischanowitz um Breßlau und auch in dem Olauischen Walde an sehr sumpfigen Oertern, im Jahre 1712. hin und wieder einige Rosen gefunden, die unmöglich die Trockene zu ihrer nähesten Ursache müssen gehabt haben. 5) Endlich ist doch zu verwundern, daß vor vielen undencklichm Jahren diese Weiden-Rosen in sonderlicher Achtung gewesen sind. Man hat nicht nur im Jahre 1647. ein gemein Sprüchwort davon gehabt: Wenn die Weiden Rosen tragen, wirds Friede werden, sondern dieses haben sie auch dazumahl schon als ein altes, noch ältern Leuten bekanntes Sprüchwort angeführet: Wie viel Mühe haben sich sowohl inn- als ausländische Liebhaber gegeben, sich ihrer Beobachtung als was sonderliches zu unterwerffen, davon die Ephemerid. German. in ihren beobachteten Nachrichten Bild und Beschreibung beysetzen, Und also, da sie nicht jährlich, sondern dann und wann einmahl blühen, dürfften sie noch mancher gelehrten Untersuchung unterworffen werden. So lange ich lebe, werde ich nicht unterlassen, von einem Jahre zum andern diese Curiosität zu beobachten, und ihnen, nebst andern Liebhabern natürlicher Dinge ferner mitzutheilen." So schliesset sich Herrmanns Brief, den er an die Breßlauer ergehen lassen, die aber in ihren Naturgeschichten, Vers XVI. p. 518. u. f. eine anderweitige Beobachtung von den Weiden-Rosen aufgezeichnet. Denn, da sie im Monat May 1721. dergleichen Gewächse an sehr vielen Bäumen in grosser Menge wahrgenommen, halten sie es nicht für überflüßig, ihre nunmehro etwas umständlicher hierüber gemachte Beobachtung hiermit mitzutheilen, unter andern auch der hierüber entstandenen Streitigkeit einige nähere Erläuterung zu geben. Wir fanden nemlich, schreiben sie, in angeregtem Monate, in dem nahe an Breßlau, südwärts gelegenem Dorffe Gabitz, wie nicht weniger in dem benachbarten Neudorffe, ja auch anderwärts, am meisten aber am erstern, zu beyden Seiten des Dorffs an den Gräben, eine grosse Menge junger und fortwachsender Weiden-Rosen. Mil selbigen hatte es diese Bewandniß, und folgende wahre Umstände und Eigenschafften waren hierbey wahrzunehmen: 1) Sie waren an sehr vielen Bach- und Baumweiden befindlich, wie solche an den hiesigen Dorff- und Feldgräben zu wachsen oder gepflantzet zu werden pflegen; 2) Am allermeisten auf denen Weiden, die an denselben Gegenden der Gräben stunden, wo noch Wasser war, ober wo sich solches am längsten zu halten pfleget; 3) sonderlich auf jungen Weiden, oder die noch nicht alt, doch dickstämmig und völlig waren; 4) Sie befanden sich nur auf blühenden Weiden, und 5) auf manchem Baume sehr häuffig; worauf sämtlich zugleich auch die ordentliche Blüte häuffig zu finden war. 6) Sie waren an keinem andern Orte des Baumes zu finden, als an den Blüten selbst, und in der That waren sie nichts anders, als eintzig und allein luxurirende Blüten, da nemlich an dem Blühestängel oder Schwantze die untersten Stamina, Striolae, Clavi oder Cuspides, oder auch alle mit einander in lauter neue Schnaten, oder junge Zweigansetzlinge erwuchsen und also luxurirten, an deren jeden Zweiglein man alle Blätter ordentlich aufs deutlichste sehen und zählen konnte, wie sie denn auch forthin mehr und mehr wuchsen, sich ausbreiteten, und grosse solche, sogenannte Rosen, offt einer kleinen Hand groß vorstelleten. 7) Sie waren anfangs lang, wie die Blüten, doch drehete sich der obere Theil, ja zuweilen die Helffte herunter, und wund sich in einander, daß von diesen vielen also in einander gekrümmten Schnaten oder Zweiglein, mit blossen Augen, nur ein dicker Klump oder Busch zu sehen war, wie eine dickbüschige Rose. 8) An einigen war nur die Helffte der Blüte so ausgewachsen, die obere Helffte aber stellete die würckiiche gelbe Blüte dar, die daher, wenn sie abfiel, dem untern gewächsigen Theile, welcher, weil er nun nicht mehr die Natur der Blüte, sondern eines Zweigleins hatte, grüne blieb, fortwuchs, und das Ansehen eines büschigen Knauels gab. 9) Einige solche Gewächse stelleten einen Julum Nucis Juglandis, oder Nußschwantz, oder auch langen Tannzapffen vor, da nur immer ein klein Blättgen dichte auf dem andern stunde, die rund herum, in ein Schwäntzlein, in die Höhe, und immer dünner und dünner zuliefen. 10) Der Farbe nach waren diese Gewächse wie die andern Weidenblätter, als dergleichen sie auch in der That selbst waren, folglich keine andere Farbe haben konnten, ausser daß 11) wie am Weidensprosse, wegen des jungen und geilen Gewächses, die Spitzen der Blättlein röthlich waren. 12) Der innere Stiel dieses Zwittergewächses war dicke, und geil, mit vielen groben die Länge hinauf lauffenden Fasern versehen, nicht anders, als wären viel kleine Stiele an einander gewachsen. So viel beobachteten die Breßlauer in diesem Monate; in folgenden aber befanden sie, daß 13) diese kleine Aestlein zwar einige Zeit hin fortwuchsen, doch aber zu keinem würcklichen Aste erstarckten, sondern bey erfolgter Hitze und Austrocknung der Gräben sitzen blieben; Und 14) endlich nach und nach safftlos, dürre und schwartz wurden; doch aber 15) den Winter über in Gestalt eines verdorreten Knauls oder Blume bis auf künfftiges Jahr zu sehen war. Die Breßlauer nennen dieses Gewächse nicht unbillig ein Zwittergewächse, well es theils Blüte, theils Zweiglein darstellet, oder aus der Blüte in lauter Zweiglein abgehet; das ist, den Trieb und Hauptansatz der Blüte, aus selbiger aber lauter junge Zweige und Sprößlinge vorstellet, ja offt halb die Blüte, und halb den Zweig. An sich selbst ist es nichts anders, als ein luxurirendes Gewächse, da der Safft so häuffig anschüsset, daß die Natur aus den Spitzen oder Clavis der Blütschwäntzlein lauter neue Zweiglein bildet. Woraus man denn unter andern eine deutliche Widerlegung derjenigen Meynung nehmen kan, daß alle Theile des Baumes von seinem ersten Triebe an, bis zum Tode im Grundrisse und gebildet bereits im Baume, ja schon im Saamen enthalten: Angesehen aus diesem Gewächse deutlich erhellet, daß die wahre und völlige Blüte zwar ansetze, aber sich alsbald in Zweige erweitere, folglich von einem überflüßigen Saffte herkomme, und also sich nach der Zeit, Witterung und Nahrung richte; da sonst dieserley Gewächse zu aller Zeit, und alle Jahre hervorbrechen solten, zu welcher Zeit nemlich die Ordnung des Hervorwachsens auf solcherley Grundrisse träfe. Die eigentliche Ursache aber dieses Gewächses vermeynen die Breßlauer zu seyn: 1) Der vorhergegangene heisse Sommer, da zwar die Triebe angeschossen, aber zum Auswachsen nicht Safft genung gehabt; wie denn diese Gräben das Jahr vorher zeitlich ausgetrocknet, und bis gegen den späten Herbst trocken geblieben; 2) Die gnungsame Winterfeuchte; 3) Der warme Januar, da die Weiden sehr ins Treiben gekommen, und einige Strauchweiden bereits die sogenannten Palmen oder Kitschlein gekriegt; 4) Die darauf folgende lange Kälte, da der starck austreibende Safft am Wachsthume verhindert und verhalten worden, und Knospen, Holtz und Rinde aufgeschwellet; 5) Wornach endlich bey gedachter Mayzeit dieser angehäuffte Safft mit Hauffen ausgetreten, und mehr in safftige Blätter und Sprossen, als trockene Blüten ausgetrieben; worzu noch 6) geholffen, das folgende frische, aber dabey feuchte Wetter, da die Säffte nicht nur häuffig eintreten, sondern auch kräfftig erhalten werden können, ohne von Hitze und Dürre verzehret zu werden. Hier hat die Natur was mehreres gewiesen, als was Agricola in Regenspurg mit seinen Blattsenckern durch eine vermeynte neue Kunst auszurichten verspricht, da er aus jedem Blatte einen Zweig und Baum erzwingen will; welches aber gleichwohl nicht, als vom Blatte alleine, sondern von dem ansitzenden Auge muß verstanden werden; welches denn eben nicht so was sonderliches ist: angesehen aus jedem Auge ein Zweig, und aus jedem Zweige ein neuer Baum werden kan, wenn man nur die Wartung, nach der Natur des Baumes recht verstehet; Da hingegen hier aus einer Blüte lauter neue Zweige entstanden. Inzwischen vermeynen die Breslauer, daß dieses gantze Gewächse für sich nichts zu bedeuten habe, ausser was etwan aus der Beschaffenheit und Fortgange der Witterung erfolgerlich seyn dürffte. Zum Beschluß führen wir noch an, was D. Henning aus Budißin, den Breßlauer Naturgeschichten, Vers. XXV. p. 298. u. f. von den Weiden-Rosen, einrücken lassen und folgendes Inhalts ist: Es sey bereits bekannt, was für ein Wunderwerck von einigen aus den Weiden-Rosen oder blühenden Weiden gemacht werde. Was aber die Ursache sey, daß jetziger Zeit selbige öffterer, als ehemals beobachtet würden, scheine wohl in nichts anderem, als in der genaueren Beobachtung der Liebhaber zu beruhen. Denn, wie es im Sprüchwort heisse: Ignoti nullo cupido; also habe auch niemand voriger Zeiten diese Blüten beobachtet, weil man vielleicht geglaubet, daß selbige niemahls anders, als wundernswürdiger Weise angetroffen würden. Deshalben auch niemand sich die Mühe gegeben, zu untersuchen, ob selbige nicht viel öffterer, als man geglaubet, befunden werden könnten. Nachdem sich aber lehrbegierige Leute mehr Mühe gegeben, so wohl andere, als diese vermeynte Wunder zu entdecken; Als habe man nicht allein dergleichen Zeugnisse bereits verschiedene in Händen, sondern der Schrifftsteller selbst könne aus eigener Erfahrung melden, daß im Jahre 1721. vor seinem Garten drey Weiden gewesen, welche jede sehr viel dergleichen sogenannte Rosen getragen; die er aber zur Zeit für nichts anders, als monströse Auswachsungen an den Blättern halte, so aus einem irrenden Baue so wohl der Blätter, als der Säffte selbst, bestünden, wie es denn auch geschehen, daß diese Bäume das Jahr darauf verdorben und eingegangen. Wir fügen hier aus dem Hrn. von Rohr Phyto-Theologia. p. 339. u f. noch folgendes bey: "Die hin und wieder bekannten Weiden-Rosen haben auch schon mehrmahls, ohne ihr Verschulden, Propheten abgeben müssen. Einige haben sich rechte Blüten und Blumen dabey eingebildet, wie denn mancher Leute Vorgeben nach, im Jahr 1648. zu Brieg in Schlesien ein Weiden-Baum voller Blumen wie Rosen geblühet haben soll. Manche haben die Ursache dieser seltzamen Gewächse, dem überflüßigen Weiden-Saffte zugeschrieben; Doch der fleißige Natur-Forscher, der gelehrte Herr Fritsch in Berlin, hat aus eigener Erfahrunq befunden, daß vielmehr der entzogene Safft Ursache daran sey. Er sagt auf der achten Seite des zwölfften Theils seiner Beschreibung der Insecten: Diese Rosen hätten keine Rosen-Farbe, es wären die ordentlichen Weiden-Blätter, die Gleichheit wäre nur von der Gestalt der Rosen genommen. Wie die Zeugung dieses wunderbahren Gewächses entstehe, lehret er uns an angezogenem Orte mit folgenden Worten: Es kömmt ein Insect, und legt an die Spitze des Zweiges ein Ey in eine Oeffnung, die es daran gemacht. Dieser lebendig gewordene Wurm fängt an, allen zuschiessenden Safft, welcher zur Verlängerung dieses Zweiges dienen solte, an sich zu ziehen, denn es ist zu mercken, daß dergleichen an keinen völlig gesunden Weiden-Baum geschehen wird. Denn es ist entweder der gantze Baum, oder dergleichen Zweig schwach, daß der Zuschuß des Safftes eben so hefftig nicht ist, wo ein solcher Wurm ansetzt. Dieses an sich saugen des Saffts zur Verlängerung solches Auges des Zweiges wird nun zwar verhindert, aber die Augen unterwärts werden doch fortgetrieben, und weil sie am fördersten stille stehen müssen, werden sie da zusammen in eine Rosen-Gestalt geschoben. Die Blätter müssen deswegen auch breiter, und die nächsten dabey wegen des Drucks der nachfolgenden, kürtzer werden, bis der jährige Safft aufhöret, und nach dem fünften oder sechsten Schub die Blätter wiederum zu ihrer ordentlichen Breite und Länge kommen." In dem Mertz-Monate dieses 1747. Jahres hat man gleichfals Weiden-Rosen blühen gesehen, wovon eine Beschreibung im Druck heraus, unter dem Titel: Curiöse Nachricht von denen im Monat Mertz a. c. geblühten Weiden-Rosen, Leipzig 1747. in 4.