Zedler:Wein-Händler, und Wein-Schencken

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Band: 54 (1747), Spalte: 780–783. (Scan)

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Wein-Händler, und Wein-Schencken, Lat. Vinarii, oder Vini venditores, und Oenopolae. Sind diejenigen, welche den entweder aus ihren eigenen Weinbergen selbst genommen oder bey grossen Stücken und Partheyen anderwärts gekaufften Wein hernach wieder bey gantzen Stück-Fässern, Ahmen und Eymern, ins Grosse wieder verkauffen oder auch bey Kannen und Maassen auszapffen, und noch darzu sitzende Trinckgäste halten, denen sie bey gantzen und halben Maassen auszapffen, und ihnen darzu bequeme Stübgen oder Cabinete einräumen, da sie ein gut Gespräche bey einem guten Glaß Weine mit einander halten können. Jene nennet man insbesondere Wein-Händler; diese aber Wein-Schencken, oder Wein-Wirthe, und nachdem sie etwann gar im Raths-Keller zu gebieten haben, Keller-Meister oder Hauptleute, keinesweges aber Wirthe, vielweniger Krüger, weil jener Nahme denen Herbergirern, dieser denen Bier-Schencken, und welche gemeine Bier-Gäste setzen, zukommen kan; Da hingegen der Weinschencke ein weit fürtreflicher Object, nemlich den edlen Wein, unter den Händen hat, mehrentheils von honetten Leuten in seiner Behausung besucht wird, und dabey auch gemeiniglich ins Grosse mit Weinen handelt, und daher für einen ansehnlichen Kauffmann, sonderlich in grossen See-Städten, mit paßiren kan; Worzu noch an vielen Wein-Schencken die Wissenschafft des Löblichen Küper- und Faßbinder-Handwercks oder vielmehr Kunst erfordert wird, welche wie dieselbe sehr viel mit der Geometrie oder Algebra zu thun hat, wenn sie anders recht aus dem Grunde will ausgegrübelt werden, also auch denjenigen, der sie rechtschaffen inne hat, zu einem gelehrten und angesehenen Manne machen kan. Dannenhero diejenigen Eltern nicht übel thun, welche, wenn sie ihre Kinder das Küper- oder Faßbinder-Handwerck, und folglich die so genannte Weinverlasser-Profeßion, wollen lernen lassen, damit sie heut oder morgen den Weinhandel oder Schanck desto besser verstehen mögen, selbigen erstlich die Fundamente in der Zeichnung und Geometrie beybringen lassen, damit sie bey dem Meister so viel leichter die Kunst fassen, und in die Vortheile, die ihnen dabey gewiesen werden, sich besser schicken und finden können. Was den Weinhandel an sich selbst betrifft; so ist solches ein gesegneter, anmuthiger, ehrlicher und uralter, dabey aber auch ein kostbarer, künstlicher, nützlicher, sorgfältiger und vielen Gefährlichkeiten und Betrug unterworffener Handel. Gesegnet ist er, weil er den aus der Erde, aus einem dürren und unansehnlichen Holtze, hervorgequollenen Seegen Gottes, nemlich den Wein, zum Objecte hat, und mit einer Materie umgehet, in welcher vielmahls der augenscheinliche Seegen Gottes sich hervor gethan, bey welchem mancher Weinhändler sich auch so wohl befunden, daß grosse Capitalien auf solchem Weinhandel verdienet werden. Anmuthig ist er, weil der Wein, welcher des Menschen Hertz erfreuet, auch dem Weinhändler vornehmlich auf seinem Tische wohl zu statten kommt. Die Ehrlichkeit dieses Handels erhellet daraus, weil wir sehen, daß die Weinhändler in grossen Städten einen ansehnlichen Rang unter denen Kaufleuten besitzen, und gantze Magistraten, ja selbst Fürsten und Herren und Prälaten, gantze Klöster und Gottes-Häuser, die auf ihren Domainen und Cammer-Kirchen und Kloster-Gütern gewonnene Weine verkauffen und verhandeln lassen, welches nicht geschehen würde, wenn solcher Handel nicht löblich und ehrlich wäre. Das Alterthum dieses Handels wird daraus erhärtet, weil gleich nach der Sündfluth diejenigen, welche mehr Wein gebauet als sie zu ihrem Haußgeräthe nöthig gehabt, solchen Zweifels ohne werden verkaufft und andern überlassen haben. Also hohlten die von Damascus allerley Waaren, vornemlich aber starcken Wein, von Tyrus, wie zu lesen im 18. Vers des 27. Cap. Ezechielis. Kostbar ist dieser Handel, weil ein grosses Capital in solchem steckt, und viel Fracht und Unkosten dafür müssen bezahlt werden. Künstlich mögen wir ihn nennen, weil er vielfältiger Zubereitung, sonderlich aber das so genannte Verschneiden oder Versetzen nöthig hat; da nemlich ein geringer Wein mit einem bessern vermischet wird, daß er hernach in einem gewissen Preiße kan verkaufft werden, welchen Preiß, und wieviel des schlechten zu dem geringern beygesetzt werden muß, die künstliche Regula Allegationis lehret: z. E. 3 Ahm a 10 Rthl. 1½. Ahm a 11 Rthl. und 9¼. Ahm a 13½. Rthl. werden in ein Faß abgestochen, aus diesem Fasse und aus einem andern, davon die Ahm 16½. Rthl. gilt, will einer 10. Ahm haben, und also vor die Ahm durcheinander 15 Rthl. geben; fragt sichs, wie viel aus jedem Fasse muß gezogen werden? Antwort, aus dem ersten 3¾. aus dem andern 6¼. Ahm. Ingleichen ein Weinschencke hat viererley Francken-Weine, davon der Eimer A. 22. B. 18. C. 20 und D. 12. St. werth ist. Von diesem Weine will er ein Stück von 60. Eymern mischen und füllen, also, daß der Eymer auf 17 St. zu stehen kommt: Fragt sichs, wie viel Eymer jegliches Weins müsse genommen werden? Antwort: von A. B. C. eines so viel, als des andern, und von D. 22½. Eymer. Künstlich ist ferner der Weinhandel wegen der Zubereitung, daß ein Weinhändler wisse, wie er seine guten Weine erhalten, die verdorbenen wieder zu rechte bringen, ihnen einen sonderlichen guten Geschmack geben, und was er für Ingredientien hierzu gebrauchen müsse. Nützlich ist dieser Handel, weil dem gemeinen Wesen zu Ehren und in Freuden-Fällen, (indem der Wein des Menschen Hertz erfreuet) und auch denen Patienten, als welchen er vielmahls eine Artzeney ist, desgleichen den Apotheckern, die ihn zur Bereitung vielerley Artzneyen gebrauchen, damit gedienet wird. Sorgfältig ist auch der Weinhandel, theils wegen der Ueberfahrt, daß solche nicht zu Lande oder Wasser gehindert, der Wein vor contraband erkläret, Preiß gemacht, bezwickt, von Schiffern und Fuhrleuten verfälscht, ein Faß leck, oder demselben gar der Boden ausgestossen werde, daß der Wein nicht in die Arbeit komme, versäure oder andere Zufälle habe, welches eben die Gefährlichkeiten sind, denen der Wein unterworffen ist; Der Betrug aber, der bey dem Weinhandel vorgehet, wird entweder von den Schiffern oder Fuhrleuten, die solchen mit Wasser verfälschen, nachdem sie des erstern eine gute Portion abgezapft, oder von denen Weinhändlern selbst verübet, wenn sie die guten Weine auf vielerley Manier umtauffen, auch wohl gar solche Ingredientien zu ihrer Wein-Brauerey nehmen, welche beydes, so wohl der Gesundheit, als dem Leben der Menschen selbst, schädlich sind. Es wird auch betrüglich im Weinhandel verfahren, wenn man quid pro quo, schlechte für gute, geschmierete vor pure, Francken- vor Rhein- Landwein vor Champagner, Rosinen-Wein vor Ungarischen, oder Italienischen und Spanischen verkaufft. Vielmahls trägt es sich auch zu, daß vornehme Weinhändler grosse Lieferungen an Fürstliche Höfe bekommen, und desfalls mit dem Titel der Hof-Factors beehret werden, zugleich aber auch in dem Stande seyn müssen, daß sie eine solche Quantität und Qualität von Weinen, als verlanget wird, jederzeit im Vorrath haben, oder doch, wo solche bald anzuschaffen, die Wege wissen mögen. Kauffm. Lex. IV. Theil. Von dem Wein verfälschen und verwechseln siehe besser untern, bey den Worten: Wein verfälschen, einen besondern Artickel; wie auch Weinschanck.