Zedler:Wein im heiligen Abendmahl
Wein im heiligen Abendmahl, ist das andere sichtbare Zeichen, (Symbolum terrestre,) in diesem Hochheiligen Sacrament, und muß solcher wahrer natürlicher Wein seyn, ob er aber roth oder weiß, daran ist nichts gelegen. Vermuthlich ists, daß der HErr Christus wohl mag rothen Wein gebrauchet haben, der im Lande Canaan wuchs, und eine mehrere Aehnlichkeit mit dem Blute hatte. Einige haltens vor erlaubt, denselben mit Wasser zu diluiren, zumahl an solchen Orten, wo derselbe sehr starck ist, und auch ordentlich nicht ohne Vermischung mit Wasser kan getruncken werden. Andere aber halten es nicht für erlaubt, zum wenigsten in unsern Gegenden, nicht für nöthig. Die Griechische Kirche hat bey der Administration des Abendmahls unter beyderley Gestalt darinnen was besonders, daß sie nicht nur den Wein mit Wasser vermischet, sondern auch das Brod in den Wein thut, und die Communicanten mit einem Löffel Brod und Wein zugleich bekommen. Die Vermischung des Weins mit Wasser geschiehet bey der Einseegnung und zwar erst mit kalten; hernach mit warmen Wasser. In der alten Kirche that man das auch; wie man aber daraus nichts nothwendiges machte; also thun hingegen dieses die Griechen, und sehen die, welche solche Vermischung nicht annehmen wollen, vor irrige Leute an. Sie wollen selbige aus der Schrifft beweisen, und beruffen sich sonderlich darauf, daß aus der geöfneten Seite Christi Blut und Wasser heraus gegangen. Joh. XIX, 34. Denn so heißt es in der confession. orthod. part. I quaest. 107. p. 166. "Man muß in acht nehmen, daß die gehörigen Sachen da seyn, nehmlich aus Getraid gebackenes und gesäuertes Brod, so rein, als man es bekommen kan; und Wein, der mit keinerley andern Safft vermischet und an sich selbst rein ist. In der Zurichtung wird auch Wasser hinzu gegossen, zur Erfüllung der Schrifft, die da sagt, Joh. XIX, 34. Der Kriegs-Knechte einer öfnete seine Seite mit einem Speer, und alsbald gieng Blut und Wasser heraus." Nimmt man den Metrophanem Critopolum hinzu, so findet man in seiner confession. cap. 9. p. 90. gleich Anfangs folgende Worte: "Bey dem Abendmahl ist die von GOtt verordnete Materie nöthig, nehmlich gesäuert Brod und Wein mit Wasser vermischet." Sie suchen unter solcher Vermischung allerhand Geheimnisse; worinnen aber selbige bestehen sollen, darüber haben sie sich nicht vergleichen können. Bald soll dadurch abgebildet werden, daß der Leichnam des HErrn Christi von der Gottheit nicht getrennet worden; bald soll es ein Zeichen des heiligen Geistes seyn: bald giebt man andere Muthmaßungen an. Die St. Thomas-Christen in Indien gebrauchen gar an statt des Weines, den sie in ihrer Landschafft nicht haben können, einen Safft gewisser Beeren. So bedienen sich auch eines solchen Safftes die Cophiten oder Coptiten, welche in Egypten wohnen. Walchs Religions-Streitigk. ausser der Evangel. Luther. Kirche V Th. p. 378 380. und p. 460. u. f. Der von Christo in der Einsetzung des heil. Abendmahls gebrauchte Wein ist von allen, die bey der ersten Einsetzung gegenwärtig waren, genossen worden, nach dem ausdrücklichen Befehl JEsu Christi Matth. XXVI, 27. Trincket alle daraus. So sagt auch Paulus von allen Gläubigen, sowohl Layen als Geistlichen, daß sie den Kelch des HErrn trincken, 1 Cor. X. 21. und Cap. XII, 13. heisset es: Wir sind alle zu einem Geiste geträncket. Es hat aber der HErr JEsus dieses sichtbare Zeichen oder Symbolum zu dieser Handlung sehr weißlich verordnet; Denn gleichwie der Wein der edelste Tranck ist, also ist auch Christus die vornehmste Erquickung unserer Seelen. Der Wein hat die Krafft, den Durst zu löschen, die Lebensgeister zu ermuntern, und das Hertz zu erfreuen, wenn er mäßig gebrauchet wird, Ps. CIV, 15. Also ist er ein Zeichen der Gnade, durch Christum erworben, und erlanget, welche auch 1) den Durst unserer Seelen löschet, das ist, ihr Verlangen nach dem wahren Troste stillet, Ps. XXXVI, 9; 2) Das Hertz getrost machet, und die natürliche Kaltsinnigkeit desselben in eine brennende Liebes-Hitze verwandelt; 3) Die Seele erfreuet, und den Mund zum Lobe GOttes öfnet, Ps. IV, 8. Doch wie die Weintrauben vorher gekeltert und durch die Kelter zerquetschet werden müssen, wenn dieser stärckende Safft dem Menschen zu Nutz kommen soll; so ist auch das Blut Christi aus seinem heiligen Cörper in seinem letzten Leiden ausgepresset, und zum Tranck unserer Seelen zubereitet worden. Doch muß man deswegen nicht etwa dem Weine eine blose bedeutende Krafft, vim significativam, der nur das abwesende Blut Christi bedeute oder repräsentire und vorstelle, zueignen, wie die Herren Reformirten thun; sondern man zeiget nur die Weisheit des HErrn Christi in Erwehlung dieser äusserlichen Zeichen und Symbolorum, und daß dieselben dieser Handlung am allergleichförmigsten gewesen: Denn es ist mit dem geseegneten Wein sein wahres Blut sacramentirlich vereiniget, und wird zugleich mit dem äusserlichen Zeichen allen Communicanten realiter und wahrhafftig dargereicht, und von allen Communicanten wahrhafftig empfangen. Dahero auch allen und ieden Communicanten an Seiten des Ministerii beyde Symbola und Zeichen, Brod und Wein, distribuiret und an Seiten der Communicanten von allen und jeden angenommen und getruncken werden müssen. Denn der Gebrauch des Kelches ist keinesweges ein Privilegium geistlicher Personen, sondern die Kirche ist verbunden, denselben allen Communicanten, ohne Unterscheid des äusserlichen Standes, zu reichen. Diese Wahrheit erweiset man wider die Römische Kirche, welche den Wein im Abendmahl denen Layen entziehet, mit folgenden wichtigen Argumenten; Und zwar A) aus der Einsetzung Christi; da das Argument dieses ist: Wenn Christus das heil. Abendmahl unter beyderley Gestalt eingesetzt so folget, daß er auch beyderley Gestalt verordnet hat. Nun ist das erstere wahr, also auch das nachfolgende. Die Ursache dieser Folge ist: Weil die Einsetzung eine solche Krafft des Gesetzes und Gebothes hat, davon man in den wesentlichen Stücken (Essentialibus,) nicht abgehen darf. Nun aber erzehlen alle Evangelisten einmüthiglich: a) Daß Christus das Abendmahl unter beyderley Gestalt des Brodes und Weines eingesetzet habe, b) Erzehlen sie, daß er den Aposteln nicht nur das geseegnete Brod, sondern auch ὡσἀυτως, similiter, zugleich den geseegneten Kelch gegeben habe; Luc. XXII, 20. c) Daß er bey Uberreichung des Kelchs ausdrücklich hinzu gesetzet: Trincket alle daraus, Matth. XXVI, 27. welches Wort, πἀντες, er bey dem geseegneten Brod nicht ausdrücklich hinzu setzet, weil er nach seiner Allwissenheit wohl vorher gesehen, daß die Beraubung des Kelchs die Römische Kirche dermahleinst begehen werde. Sie erzehlen d) daß darauf die Apostel alle aus dem Kelch getruncken, Marc. XIV, 23. e) Daß Christus darauf einen allgemeinen Befehl hinzu gesetzet: Dieses thut, zu meinem Gedächtniß, Dadurch er diese seine Einsetzung zu einem immerwährenden Gesetz erkläret, und befohlen, daß nach dieser Form das heilige Abendmahl künfftig iedesmahl unter beyderley Gestalt gehalten werden soll. Dahero es nun billig heisset: Was GOtt zusammen gefüget hat, das soll der Mensch nicht trennen. Die Antwort der Papisten hierauf, ihre Zerstümmelung zu rechtfertigen, bestehet insonderheit in zwey Einwürffen, die aber von schlechter Wichtigkeit sind. Denn (I) sagen sie, eine institutio und Einsetzung habe nicht nothwendig die Krafft eines Gesetzes und Geboths, die wir doch behaupten. Sie sagen z. E. GOtt habe den Ehestand eingesetzt, deswegen aber habe er niemahls befohlen, daß ein ieder Mensch nothwendig in den Ehestand treten müsse. Die Antwort hierauf ist diese: Man muß einen Unterschied machen unter der Einsetzung eines gewissen Standes, und unter der Einsetzung eines gewissen Kirchen-Gebrauchs oder ritus. Die Einsetzung eines gewissen Standes, z. E. des Ehestandes, verbindet nicht alle und iede Menschen, sondern nur diejenigen, die in demselben Stande leben wollen. Allein die Einsetzung eines gewissen geistlichen Ritus und Kirchen-Gebrauchs verbindet alle diejenigen, die solchen Gebrauch beobachten sollen, daß sie nehmlich denselben auf keine andere Art verrichten dürffen, als der Einsetzer es haben will. Nun aber hat der Sohn GOttes bey der Einsetzung des heil. Abendmahls den ausdrücklichen Befehl hinzu gethan, dieses thut, war ich gethan habe, also stehet es in niemands Macht, eine andere Form des Abendmahls einzuführen. Denn was zu dem Ende vorgenommen wird, daß es von andern nachgethan werden soll, das hat ohne Zweifel die Krafft eines Gesetzes und Befehls. (II) Sagen sie: Christus habe zwar allen Aposteln gesagt: Trincket alle aus diesem Kelch, und sie hätten auch daraus wircklich alle getruncken; allein man müsse bedencken, daß die Apostel lauter Geistliche gewesen, und also sey nur allen Geistlichen befohlen, daß sie aus dem Kelche trincken solten, welches aber auf die Layen und Weltliche nicht gezogen werden könne. Hierauf antwortet man: So müste man auch die Worte: esset, das ist mein Leib, auf die Geistlichen restringiren, und folglich würde das gantze Abendmahl allein für die Geistliche eingesetzet seyn, und dürffte man den Layen weder Brod noch Wein geben, welches sehr ungereimt seyn würde. Will man nun dieses vermeiden, so muß man nothwendig zugeben, daß die Apostel bey dieser Handlung nicht als Geistliche, sondern als Gläubige, Fideles, betrachtet werden müssen. Nehmlich Christus hat bey der Einsetzung des Abendmahls die Stelle aller Kirchen-Diener vertreten, die künfftighin das Abendmahl austheilen solten. Hingegen die Apostel haben die Stelle aller künfftigen Communicanten, sowohl derer Geistlichen als Layen, vertreten, welche folglich einerley Recht an dem Kelch haben, der ihnen also nicht entzogen werden kan. Zu diesen Objectionen und Einwürffen der Papisten kan man noch hinzu setzen (III.) da sie sagen: Wo Fleisch ist, da ist auch Blut. Allein man antwortet: a) so müsten auch die Geistlichen das geseegnete Brod nehmen und nicht auch den Wein. b) War denn Christus nicht so klug, als wir mit unserer armen Vernunfft, daß er eben dieses gewust hätte? In den Schmalkaldisch. Artick. 3 Theil Art. 6. p. 50. edit. Münden, heißts: "Wir bedürffen der hohen Kunst nicht, die uns lehre, daß unter einer Gestalt so viel sey, als unter beyden, wie uns die Sophisten und das Concilium zu Constantz lehren etc." c) Wird uns allhier Christi Leib vorgestellet, als wie er am Creutze gehangen, und aus demselben das Blut abgezapfet worden. Ingleichen (IV.) es könten leicht einige Tröpflein verschüttet werden. Die Antwort darauf findet man in D. Rambachs Erklärung der Epistel an die Römer, Cap. I, 21. p. 99. und deren Anmerckung. B) Erweiset man die Wahrheit, daß nehmlich der Wein allen Communicanten zu reichen sey, aus der Wiederhohlung des Apostels Pauli der Worte der Einsetzung, 1 Cor. XI, 23. u. ff. allwo er bezeuget, daß er solche von dem HErrn selbst empfangen habe, damit sie durch ihn, als einen Apostel der Heyden, auch denen aus dem Heydenthum bekehrten Heyden statt eines immerwährenden Gesetzes übergeben würden. In dieser seiner Wiederhohlung nun thut er ausdrücklich v. 24. 25. der Communion unter beyderley Gestalt Meldung, und macht darauf v. 26. diese Erinnerung: So offt ihr nun von diesem Brod esset, und von diesem Kelch trincket, sollt ihr des HErrn Tod verkündigen, biß daß er kommt, und v. 28. Der Mensch prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brod, und trincke von diesem Kelche. Da thut er mit keiner Sylbe eines Unterschieds unter den Geistlichen und Layen Meldung, sondern er verknüpfft essen und trincken, als zwey essential sacramentirliche Theile, unzertrennlich zusammen. C) Aus der Natur und Endzweck des Sacraments. Denn a) Christus hat das Abendmahl eingesetzt zu seinem Gedächtniß, und zwar insonderheit zum Gedächtniß seines Todes. Daher muste das heilige Abendmahl nothwendig also eingerichtet werden, daß es dienen könte, das Andencken des Todes Christi den Gläubigen ins Gedächtniß zu bringen, ja den Tod Christi gleichsam vorzustellen. Dieses aber kan unmöglich durch eine Gestalt des Sacraments geschehen; sondern es werden zwey Gestalten dazu erfordert, davon eine von der andern abgesondert ist, um also vorzustellen die Separirung und Trennung des Blutes von dem Leibe Christi, welche in seinem Tode geschehen ist. b) Christus hat gewolt, daß das Abendmahl dienen solte zur geistlichen Ernährung des innerlichen Menschens, dazu aber nicht allein das Essen, sondern auch das Trincken gehöret. Wenn man einen Geistlichen zur Mahlzeit einladen, und ihm nichts zu trincken vorsetzen, sondern nur zu essen geben wolte, so würde er sich gewaltig darüber beschweren, daß er keine gantze und völlige Mahlzeit geniessen solte. Eben so grosses Recht haben auch die Layen im Pabstthum, sich über ihre geistliche Nahrung zu beschwehren, weil ihnen zwar das geistliche Essen verstattet, aber der geistliche Tranck versaget wird. So beweiset man es auch D) aus der Beschaffenheit des Testaments. Das Abendmahl ist anzusehen als das Testament des HErrn JEsu, darinn er seinen Leib und Blut uns vermachet hat. Nun hat aber in einem richtigen Testament, das durch den Tod des Testators einmahl befestiget ist, niemand die Freyheit, etwas zu ändern, nach Gal. III, 15. Also muß auch dieses Testament Christi unverändert und unverstümmelt bleiben. Endlich und E) so erweiset man auch die beyderley Gestalt im Abendmahl aus der beständigen Ubung der Lateinischen und Griechischen Kirche. Denn was a) die Lateinische Kirche anbelanget, hat selbige bis ins XIII Jahrhundert die Communion unter beyderley Gestalt begangen; wie selbst der französische Abt Fleurv in seiner historia Ecclesiast. aus einem Brief des Pabsts Paschalis II. erwiesen hat, daß die Communion unter beyderley Gestalt noch im XIII Jahrhundert gebräuchlich gewesen, ja sie war bis auf das Concilium zu Constantz im Gebrauch, welches Concilium mit den ausdrücklichen Worten: Non obstante institutione Christi, den Gebrauch des Kelches aufgehoben hat. b) In der Griechischen Kirche wird noch bis auf den heutigen Tag das Sacrament unter beyderley Gestalt gebrauchet und ausgetheilet, wie allbereit oben erinnert worden. So kan man auch noch drey Schlüsse, daß denen Layen der geseegnete Wein zukomme, hier mit bemercken. Der erste ist: Diejenigen, welche Paulus von dem Kelch der Teufel bey dem Götzen-Opffer abmahnet, denen gebeut er auch den Kelch des HErrn zu trincken. 1 Cor. X, 21. Nun verbeut er den Kelch der Teufel überhaupt allen Christen in der Corinthischen Gemeine, denen Layen sowohl als den Geistlichen; Also hat er den Kelch des HErrn allen und ieden geboten. Der andere Schluß ist: Diejenigen, welche in der Wüsten im Vorbilde nicht nur geistliche Speise gegessen, sondern auch geistlichen Tranck getruncken, 1 Cor. X, 3. 4. die müssen auch im Neuen Testamente die wahre geistliche Speise und den wahren geistlichen Tranck genießen. Nun haben alle Israeliten, nicht nur die Priester, sondern auch das gemeine Volck, nicht allein gestliche Speise gegessen, sondern auch geistlichen Tranck durch das Wasser aus den Felsen getruncken; Dahero müssen auch im Neuen Testament alle Christen, und nicht nur die Priester, den geistlichen Tranck im heiligen Abendmahl geniessen. Der dritte Schluß ist dieser: Diejenigen, für welche Christus sein Blut vergossen hat, denen soll auch Christi Blut im heiligen Abendmahl nicht vorenthalten werden. Nun hat er sein Blut sowohl vor die Layen als Geistlichen vergossen; Also soll es auch beyden im heiligen Abendmahl gereichet, keinesweges aber zurück gehalten werden. Schlüßlich ist noch dieses zu mercken, daß selbst einige Bischöffe und Päbste die Entziehung des geseegneten Weines für einen grossen Kirchen-Raub erkannt haben. Der Römische Bischoff Gelasius schreibet im Jahr 495. am Ende des fünfften Jahrhunderts: Aut integra sacramenta percipiant, aut ab integris arceantur, quia divisio unius ejusdemque mysterii non sine grandi sacrilegio potest fierie. Und ein anderer Pabst Julius I. schreibet im Jahr 340. an die Egyptische Bischöffe: Esse mutilationem illam contrariam ordini divino & apostolicis institutis. Daß man also die Herren Papisten hierinn mit ihrem eigenen Schwerdt schlagen kan, wenn sie vor die Entziehung des geseegneten Weines noch immer zu streiten fortfahren. D. Johann Jacob Rambachs dogmatische Theologie II Th. p. 1367. u. ff.